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AstridV

Klaus von Anderen: Der Megaseller ...

Empfohlene Beiträge

... oder Alle Sünden dieser Welt.

 

Der Klappentext versprach kurzweilige Lektüre aus der Verlagswelt:

 

"War es Mord? War's ein Unfall? Oder war es einfach nur eine glückliche Fügung? Die haarsträubende Geschichte eines genialen Verkäufers und seines größten Deals,

 

Im Krieg und in der Buchbranche ist alles erlaubt - wer hier nicht mit harten Bandagen kämpft, bleibt leicht auf der Strecke. Gut, dass Literaturagent Merlin Petrow nicht nur Einfallsreichtum, sondern auch eine gehörige Portion Skrupellosigkeit besitzt. Was ihm noch fehlt ist eigentlich nur eines: Ein richtiger Megaseller. Doch woher nehmen, wenn nicht stehlen?

 

Der rasante Gesellschaftsroman über das schillernde Geschäft mit Büchern: Skurril, respektlos und verdammt nah an der Wahrheit."

 

Klang super. Eine kurze Recherche ergab, dass der Autor wohl ein "Insider" der Verlagsbranche ist, und ich vermute mal, dass hier und da schon fleißig gerätselt wird, wer wohl hinter dem Pseudonym steckt. Ich weiß nur eins: Wer auch immer es ist, ich möchte mit ihm niemals im Leben geschäftlich oder sonstwie zu tun haben. Was in diesem Buch an Hass, Verachtung, Hohn und Häme über Autoren ausgeschüttet wird, geht auf keine Kuhhaut. Dazu kommt ein Frauenbild, das schlicht zum Kotzen ist.

 

Ok, worum gehts? Literaturagent Peter Meier alias Merlin Petrow ärgert sich gerade mal wieder über den unbrauchbaren Mist, den hoffnungsvolle Nachwuchsautoren ihm andauernd auf den Schreibtisch kippen. Wobei "unbrauchbar" für ihn alles bedeutet, was ihm keine abartigen Mengen Geld bringt. Da klingelt das Telefon, ein großes Verlagshaus braucht dringend Ersatz für den gerade weggebrochenen Spitzentitel im nächsten Frühjahr. Petrow wittert Geld, fischt das nächstbeste Manuskript aus dem Müll und verkündet, er habe hier DIE absolute Sensation am Haken, nur leider sei auch ein anderer Verlag bereits interessiert. Innerhalb kürzester Zeit hat er die beiden Kontrahenten bis fast zu einer Million Euro aufgestachelt, bevor auch nur einer einen Blick auf Text oder Autorin werfen konnte. Das tut Petrow dann selbst, und ihn trifft fast der Schlag. Das Manuskript ist monströs schlecht, und die Autorin hat nicht nur einen blöden Namen, sondern kommt auch noch aus Grevenbroich und wiegt knapp hundert Kilo. Damit ist sie für ihn natürlich absolut untragbar. Also versucht er jetzt alles, um sein Lügengespinst aufrechtzuerhalten und "doch noch" irgendwie an die Kohle zu kommen.

 

Das Ganze hätte lustig sein können, wenn der Herr Autor darauf verzichtet hätte, einen ganzen Kübel von Verachtung und Hohn über existierende Personen auszuschütten und lediglich ein paar Namen zu verändern. So habe selbst ich sehr schnell einige seiner Opfer wiedererkannt, obwohl ich wirklich nicht "in der Szene" bin. Alles, was jemals auf der Bestsellerliste stand, wird hier als unfähig, schwachsinnig oder - und das scheint ihn noch am meisten zu wurmen - "nicht vorzeigbar" niedergemacht. Die arme Frau, deren Manuskript der Agent wie einen blutigen Köder ins Haifischbecken wirft, mutiert im Lauf der Geschichte von einer etwas simplen rheinischen Hausfrau zu einem wabbelnden Fettmonster, das ihm seinen "sauer verdienten" Erfolg und vor allem SEIN Geld "nicht gönnt". Die Praktikantin ist dumm wie - Entschuldigung - Scheiße, alle anderen Frauen taxiert er auf Bettfähigkeit und versucht sie gleichzeitig zu verführen und zu betrügen. Alle männlichen Autoren sind Versager, die weder vom Schreiben noch vom "wirklichen" Leben die geringste Ahnung haben, und wenn diese Geschichte wirklich "verdammt nah an der Wahrheit" ist, dann möchte ich mich am liebsten sofort von der Buchbranche verabschieden. Ist DAS die Sicht der Leute auf der anderen Seite, mit denen wir zusammenarbeiten? Vielen Dank, Herr "von Anderen", für diese wahrhaft vertrauensbildende Maßnahme zwischen Agenturen und Autoren. Wer war's? (...) Schön zu erfahren, dass wir für irgendwen - oder alle? - "da drüben" nichts anderes sind als herumstümpernde, hässliche Vollidioten, deren einziger Nutzen in ihrer Markttauglichkeit besteht.

 

"Alle Personen und Unternehmen in diesem Roman sind frei erfunden und haben keinerlei Vorbilder im wirklichen Leben. Sollten Sie dennoch den Eindruck haben, dass Sie sich in einer der beschriebenen Figuren wiedererkennen, so sollte Ihnen dies zu denken geben."

 

Ich habe mich wiedererkannt, nur auf andere Weise, als er es gemeint hat. Und ja, es gibt mir zu denken.

 

Wer's lesen will:

 

Amazon-Link (Link ungültig) (Link ungültig)

 

edit: Namen gestrichen. Gruß, Tin

Meine Homepage

 

Rabenzeit 1 gibt's als E-book und gedruckt bei Amazon. :)

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So, nach vielen Monaten des Schweigens möchte ich mich doch mal hier im Forum zu Wort melden.

"Megaseller" habe ich um die Frankfurter BM herum gelesen, war also gerade ganz passend. Vielleicht fand ich den Roman deshalb so unterhaltsam, weil er einen schönen Ausgleich zu dem meist überfreundlichen Smalltalk der Messe darstellte. Den Sprachwitz fand und finde ich jedenfalls köstlich. An vielen Stellen habe ich laut gelacht, die nicht unbedingt etwas mit realen Personen zu tun hatten - ich erinnere mich spontan an eine Szene, in der irgendwelche schlüpfrigen Spam-Mails vorgelesen werden. Auch das Herziehen über bekannte Autoren, Bücher und Verlagsleute habe ich eher schmunzelnd aufgenommen, denn es war offenbar mit einem Augenzwinkern gemeint. Erst später wurde es mir ein bisschen zu einseitig negativ, und mit der armen Hausfrau/Autorin wurden dann nicht nur Hobbyschreiber angegriffen, sondern auch Hausfrauen, Dicke und ländlich Wohnende. Aber das Buch ist ist eine Parodie und parodiert stellenweise auch sich selbst. Ganz ernst genommen werden will es gar nicht.

Trotzdem: Wenn ich daran denke, wie blauäugig ich als Teenager mit dem Schreiben anfing, und welche umfangreichen Bekenntnisse meiner "außergwöhnlichen Liebe zur Literatur" ich den amren Eingangslektoraten der Verlage aufhalste, hätte mir eine so freche Lektüre wahrscheinlich ganz gut getan. Jetzt hat der Roman mich jedenfalls gut unterhalten. Und wer sich tatsächlich hinter dem Pseudonym "Klaus von Anderen" verbirgt, lässt mich immer noch gerne rätseln. Vielleicht kennen wir ihn ja alle? Vielleicht steckt ein bisschen von ihm in jedem Typ aus der Verlagswelt? ;)

 

Liebe Grüße,

Jenny

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