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hpr

Plotten ohne Plot

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Ob Fräulein Smilla geplottet wurde, mag ich nicht beurteilen. Aber mir geht es wie hpr, der Schluss ließ mich unbefriedigt zurück. Und das, nachdem ich vorher voller Begeisterung gelesen hatte. Mir passiert das häufiger. Ich nenne jedoch keine Titel, denn das würde hier nur ein Für und Gegen hervorrufen.

Vielleicht liegt es bei vielen Büchern gar nicht am Plot, wenn sie die Leser zum Schluss unbefriedigt zurücklassen, sondern an der Prämisse. :-?

 

wagt Gertraude eine andere These

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Entschuldigt bitte, wenn ich stur werde, aber

"Peter Hoeg hat vor dem Schreiben nicht geplottet",

"Die Auflösung von 'Fräulein Smilla' hat mich nicht überzeugt" und

"'Fräulein Smilla' hat keinen Plot" -

das sind doch drei völlig unterschiedliche Aussagen.

 

Die dritte halte ich persönlich für abwegig. Über die zweite kann man vermutlich streiten - mir ging es nicht so. Ich fand den dritten Teil zwar auch am schwächsten, aber nur weil mir der Roman zu sehr ins James-Bond-Artige umschlug. Krimitechnisch fand ich alles gut aufgelöst.

 

Und was das Plotten angeht: Dass man nicht alles im Voraus plant, heißt doch nicht, dass man überhaupt nicht plant. Bei mir läuft das sehr häufig parallel zum Schreiben ab. Wenn ich anfange zu plotten, bevor ich mir die Personen und die Erzählsprache einigermaßen erschrieben habe, fallen mir nur Sachen ein, die ich hinterher wegwerfen kann. Hier wurde öfter darüber gestaunt, dass manche Leute ihre Romane anscheinend nur im Kopf entwerfen. Mich verblüfft viel eher, dass viele offenbar ihre Personen entwerfen können, ohne gleich zu erzählen. Da sind die Temperamente offenbar sehr verschieden.

 

Schöne Grüße

 

Barbara

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... oder weil der Moderator häufig gleich mit dem großen Hammer eingreift' date=' anstatt vorher einmal kurz, freundlich und bestimmt "zur Sache!" zu rufen[/quote']

 

Wie lange bist du jetzt Mitglied in diesem Forum? Drei Jahre? Ich weiß nicht, wie viele freundliche Hinweise du gekriegt hast, ohne dass sich dein Diskussionsverhalten geändert hat. Irgendwann ändert sich dann eben der Ton.

 

Falls du noch etwas dazu sagen willst, bitte per PN.

 

Christoph

 

Warum muss das hier eigentlich immer so aggressiv werden?

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Aber im Fieberrausch plottet man höchst selten bewußt ;-)

 

Ist klar.

Nein, was ich meinte, ist, das King vermutlich ausgiebigst geplottet hat, ehe er angefangen hat, wie im Fieberrausch zu schreiben.

Aber diese Plotterei ist natürlich ödes Handwerk, weshalb man das lieber unter den Teppich kehrt und den Mythos vom genialen und spontanen Genie pflegt. ;)

Dabei ist ein guter Plot eine sichere Stütze. Jeder von uns kennt das vermutlich: Es gibt Momente, da taucht man so in seine Geschichte ein, dass man alles um sich herum vergisst. Ein ebenso schöner wie gefährlicher Moment, denn wenn man dann der roten Faden verliert, kann man ganz schön in Schwierigkeiten kommen. Mitgerissen von einer bestimmten Szene, die aber in eine völlig falsche Richtung führt, kann man alles noch mal neu schreiben - oder damit anfangen, Flickschusterei zu betreiben.

 

Zu der Geschichte von Fräulein Smilla möchte ich eines anmerken: Ich habe nur den Film gesehen und fand ihn schrecklich. Mag sein, dass die Figur im Buch faszinierend ist, die Geschichte selbst hat mich nicht vom Hocker gehauen. 'Hanebüchen' ist glaube ich das Wort dafür. Es besteht eben ein Unterschied, ob eine Geschichte einfach nur so vor sich hin handelt, oder ob eine durchkomponierte Struktur dahintersteckt, die mit Doppelbödigkeiten und überraschenden Wendungen aufwarten kann. Und genau das verstehe ich unter 'Plot'.

 

Gruß,

Thomas

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Es besteht eben ein Unterschied, ob eine Geschichte einfach nur so vor sich hin handelt, oder ob eine durchkomponierte Struktur dahintersteckt, die mit Doppelbödigkeiten und überraschenden Wendungen aufwarten kann. Und genau das verstehe ich unter 'Plot'.

Klar, ich denke dass die meisten das auch so verstehen und wenn jemand schreibt, dass ein Roman "ohne Plot" sei, dann heißt das eben dass eben diese durchkomponierte Struktur fehlt (oder er sie nicht erkennt). Richtig ohne Plot ist wahrscheinlich nur das Telefonbuch ;D

Rabe

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Dabei ist ein guter Plot eine sichere Stütze. Jeder von uns kennt das vermutlich: Es gibt Momente, da taucht man so in seine Geschichte ein, dass man alles um sich herum vergisst. Ein ebenso schöner wie gefährlicher Moment, denn wenn man dann der roten Faden verliert, kann man ganz schön in Schwierigkeiten kommen. Mitgerissen von einer bestimmten Szene, die aber in eine völlig falsche Richtung führt, kann man alles noch mal neu schreiben - oder damit anfangen, Flickschusterei zu betreiben.

 

Das ist es, was ich ja auch immer seufzend versuche rüberzubringen - der Plot, die vor dem Schreiben durchgeführte Planung - ist das Gerüst, in dem sich die Kreativität austoben kann.

Auch wenn's Euch aufstößt, aber nur so kann man professionell, nämlich auf gleichbleibendem Niveau, themen- und termingerecht, schreiben.

 

Was man als Auslöser für seine Geschichte nimmt - die Figur, das Thema, die Handlung - wurscht ist es. Geplant muss es sein, wenn es auch nur einen mindesten Anspruch von Tiefe und Komplexität haben soll.

 

Gruß

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Da ich hier hoffentlich noch Welpenschutz genieße, stelle ich einmal die ketzerische Frage, was hier eigentlioch diskutiert wird. Vor dem genüsslichen Lesen dieser Beiträge im Thread, dachte ich immer der (oder "das", auch das verwirrt mich...) Plot, sei der gedankliche Höhepunkt einer Erzählung, also die geniale Basisidee, die die Geschichte zu dem macht, was sie ist.

Wikipedia sagt zu "Plot": Plot = Handlung bezeichnet den ursächlichen Zusammenhang eines vorgestellten Ereignisverlaufs in Literatur, Theater, Film oder Computerspiel zu einem bestimmten Ende. Indem die Geschehnisse eines Verlaufs nicht isoliert, sondern in ihrer wechselseitigen Bedingtheit dargestellt werden, ist dieser kausale Bezug die Handlung oder der Plot einer Erzählung.

 

Nachdem ich das gelesen habe, würde ich mal behaupten, es gibt keine Geschichte ohne Plot. Ob Einlassbegehr in einen Country-Club und die Beschreibung der inneren Abläufe des Protas oder aber eine in knallengen Shorts bekleidete Dame, die ein Rätsel löst. Das ist doch alles Plot (=HANDLUNG). Es mag sein, dass die Leinwand, die vor dem geistigen Auge zur Abbildung des Plots gewählt wird eine andere ist, aber no plot, no story, oder?

 

Die subtile Entwicklung einer Figur (um die es Hans-Peter nach meiner Auffassung ursprünglich ging) kann sicher eine (absichtlich) belanglose Rahmanhandlung substituieren, aber eine Handlung ist es trotzdem. Wäre die Lösung nicht die Trennung in figürlichen und handlungslastigen Plot oder habe ich hier etwas grundlegend niocht verstanden?

 

Danke für die (hoffentlich) nachfolgende Erläuterung für einen, der nun nicht mehr weiß, ob seine kommende Geschichte einen Plot hat  ;D

 

Gruß, Alf.

"Man muss noch Chaos in sich haben,

um einen tanzenden Stern zu gebären."

Friedrich Nietzsche

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Manchmal erwischen auch Welpen den richtigen Wurstzipfel.

 

Nein, es gibt keine Geschichte ohne Handlung. Es gibt nur innere oder äußere oder gemischte Handlung.

 

Auch eine Figur, die sich entwickelt, tut das von A nach B.

 

Und natürlich kann man, wenn man den Charakter und die Schrulligkeiten einer Figur für sich erarbeitet, daraus hervorragend ableiten, wie sie sich in welchen Situationen verhält oder in welche verzwickten Lagen sie sich bringt.

Das ist dann der Plot - die Handlung - der Geschichte.

Selbst wenn es dabei nur darum geht, ein Papier mit Strichmännchen zu füllen. (Das aber mit unterschiedlichen Stiften und bei jedem ergänzt um einen mehrseitigen inneren Monolog über den Grund der gewählten Strichdicke.)

 

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Da habe ich ja was angerichtet. Jetzt haben wir schon drei Themen:

 

(1) Ob man aus einer Figur einen Plot entwickeln kann und ob es Geschichten gibt, bei denen die Figur die Geschichte bestimmt (die gleichwohl einen Plot haben) wie es auch Geschichten gibt, die durch den Plot bestimmt sind (auch wenn sie Figuren haben) und das verbunden mit einer Diskussion über Simenon

 

(2) ob man ohne vorherige Plotplanung einen Roman schreiben kann (das ist eine ganz andere Frage, wie ich mittlerweile erkannt habe)

 

(3) ob Fräulein Smilla einen Plot hat oder einen chaotischen Plot oder was man überhaupt von dem Buch halten soll. Tut mir leid, ich habe das aufgebracht, weil ich dachte, die Diskussion ist zu ende, sozusagen als Anmerkung zum Schluss. Mein Vorschlag: Fräulein Smilla bitte in die Buchkritiken verschieben.

 

Hans Peter, der vorschlägt, hier nur noch Frage 2 zu diskutieren, für 1 und 3, falls gewünscht, lassen sich ja neue Threads eröffnen.

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Hallo zusammen,

 

zu Punkt 2: Ich schreibe alle meine Kurzgeschichten ohne Plot, weil ich während des Schreibens plotte. Eine notwendige Recherche gehört für mich dazu, wenn ich aus der Grundidee z.B. "Sippenhaft" eine Geschichte gestalten möchte- was ich aber davon nehme, merke ich beim Schreiben, wo ich dann manche Fakten, die sich beim Schreiben ergeben, nachrecheriere. Die Basis der Geschichte ist immer der erste Satz, der die Geschichte dominiert, und der letzte geschriebene Satz. Ich plotte also nicht, sondern habe eine Grundidee, zu der ich eine Figur suche und dann geht es los.

Fast alle Kurzgeschichten oder Erzählen schreibe ich übrigens in der Erstfassung runter, korrigiere zweimal nach und bin dann fertig. (Gelegentlich überarbeite ich jedoch 6 Monate später nah).

 

Bei der Arbeit an meinen Romanmanuskript war diese Vorgehensweise sehr problematisch und hat zu vielen Problemen geführt- ich verweise mal darauf, dass ich immer wieder ganze Kapitel oder auch in größerem Umfang bis 100 Seiten gekürzt habe. Inzwischen habe ich das im Begriff: ich verliere manchmal noch 4-5 Seiten, aber ich überlege mir inzwischen vor einer Szene, ob diese taugen wird und gehe es kurz beim denken durch, dann noch einmal nach einer Seite, zwei Seiten. Es funktioniert für mich.

Ich habe inzwischen auch einen "Plot", der letztlich in ein, zwei Sätzen die weitere Romanrichtung vorwegnimmt- in meinem aktuellen Manuskripten als Bsp.: Die Figur reist zu ihrem Vater, um die Probleme zu klären; Figur gerät in einen mysteriösen Mordfall. Dazu kommen ein paar Einfälle, die jedoch unkonkret sind und entweder hineinkommen können, oder eben nicht. Diese verändern sich enorm während des Schreibens.

Meine Geschichten sind trotzdem komplex, teilweise sehr komplex, dafür brauche ich jedoch keine Vorplanung, weil ich danach suche, was in der bisherigen Geschichte drin ist, und dadurch Komplexität schaffe und weiteres mit hinein nehme.

 

Ob man damit professionell arbeiten kann: Man kann, aber es erfordert viel Übung und genug Ruhe über Jahre viel Material wegzuwerfen, wenn es dann mal nicht klappt. Es erfordert viel Arbeit an der inneren Stimme- also der Entwicklung von Erfahrung in vielen Bereichen, die zuverlässig sagt: Taugt oder taugt nicht.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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(2) ob man ohne vorherige Plotplanung einen Roman schreiben kann ...

 

Natürlich kann man. Nur, ob der lesbar oder besonders gut wird, das ist die Frage. Das ist wie Hänsel und Gretel, die durch den Wald irren. Oder wie der Film mit Michael Douglas (ich habe den Titel vergessen, in dem er den schrulligen Professor spielt, der nach 2500 Seiten immer noch nicht weiß, wie er seinen Roman enden soll.

 

Ein gute Geschichte hat Figuren mit Tiefe und eine Erzählstruktur mit Höhen und Tiefen, Spannungsaufbau, Wendepunkte, klare, typische Phasen, die jede etwas anderes bewirken. Wie könnte man das ohne Plan erzeugen, indem man nur so vor sich hin-meandert? Selbst wenn es einem mal gelingt, ist es doch fast eher als Zufallserfolg zu sehen und schwer wiederholbar. Nur ein System und ein klares Muster ist wiederholbar. Der Inhalt ändert sich von Geschichte zu Geschichte, aber die Erzählstruktur bleibt.

 

Natürlich wenn jemand wie Simenon seine Erzählstruktur gefunden hat, weil er schon x Romane verfasst hat, dann genügt ihm vielleicht eine interessante Figur, ein Thema, ein neuer Mord und dann schreibt er das so runter, weil er es zig-mal gemacht hat. Aber es ist trotzdem ein vernünftiges Plot. Wenn man es unter die Lupe nimmt, bin ich sicher, findet man die altbewährten Elemente wieder.

 

Stephen King ist vielleicht ein Sonderfall. Ich habe kaum etwas von ihm gelesen und bin da kein Experte. Aber so wie er es selbst darstellt, geht die Sache so: Er erfindet ein paar Figuren (immer wichtig) und ein grundsätzliches Thema. Dann denkt er sich eine verzwickte Lage aus, in die er seine Figuren quasi "aussetzt" (Frau findet sich in einsamen Haus plötzlich in Gegenwart ihres psychpatischen Ehemannes wieder, der einen Hass auf sie hat, weil er wegen ihr jahrelang im Knast gesessen hat). Und jetzt? Was tun diese Figuren? Da lässt er sich von seiner Intuition leiten. Er erfindet also ein konfliktreiches, mörderisches Szenario und lässt sich überraschen. Das ist aber fast wie ein Kammerspiel, die Akteure bewegen sich in einer fast isolierten Welt. In jedem Fall wäre das für einen historischen Roman nicht anwendbar, sicher auch nicht für einen Krimi.

 

Also, ich glaube, selbst wenn das detaillierte Plotten mühsam sein kann, so birgt es doch die Chance, wie Anna sagt, dass man termingerecht, professionell und wiederholbar arbeiten kann. Rein aus dem Bauch zu arbeiten ist sicher verführerisch, aber ich vermute, es ist viel risikoreicher und kann zu vielen Fehlrichtungen führen. Oder einem MS, das irgendwie nicht recht zusammenpassen will und an dem man dann nachher noch lange rumdocktern muss.

 

So, das ist die eine Meinung ... :) ... und jetzt bitte ich alle, die vom Gegenteil überzeugt sind, richtig super Argumente zu liefern. Damit wir möglichst viel dabei lernen. Viellciht werd ich ja noch Bauchschreiber. ;D

 

Liebe Grüße

Ulf

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Wenn mich mein Gedächtnis nicht völlig täuscht, gibt es hier im Forum durchaus erfolgreiche Autoren, die sich offen zum Drauflosschreiben bekennen. ;) Das funktioniert also offenbar auch. Ich denke, man muss da einfach herauszufinden versuchen, was für einen selbst am besten ist.

 

Ich komme - wie schon erwähnt - mit dem Vorausplotten nicht gut zurecht. Vor gut einem Jahr habe ich begonnen, einen Krimi zu schreiben, und weil der Verlag es so wollte, habe ich die Handlung bis zum Schluss im Voraus entworfen und jede Szene mit ein bis fünf Sätzen skizziert.

 

Das fand ich überhaupt nicht schwierig und auch nicht mühsam - im Gegenteil, es hat Spaß gemacht. Die Probleme fingen an, als ich versuchte, diesen Plot in einem Roman zu verwandeln, den irgendjemand auch lesen mag. Ich hatte das Gefühl, ich sollte meine Hauptfigur durch ein Klettergerüst schicken, in dem sie völlig unsinnige Kunststückchen vollführte. Obwohl die Handlung durchaus sauber motiviert war. Eine Zeitlang war ich davon völlig gelähmt. Bis sich eine Nebenfigur meldete und sagte: Hallo, ich bin noch ausbaufähig. Über diese Nebenfigur habe ich mir dann die ganze Handlung noch mal erschlossen - von innen heraus, schrittchenweise, wie ich es sonst eben auch mache. Dabei habe ich ganz viel über sie und viele andere Nebenpersonen erfahren. Plötzlich war Schreiben wieder möglich und machte sogar Spaß.

 

Der grobe Handlungsrahmen hat sich dabei witzigerweise kaum geändert. Der Mörder ist derselbe geblieben, der Ablauf der Ermittlungen und die Auflösung ebenfalls. Wenn ich wieder einen Krimi schreibe, werde ich auf jeden Fall versuchen, das Vorausplanen sehr stark zu reduzieren.

 

Schöne Grüße

 

Barbara

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Nein, was ich meinte, ist, das King vermutlich ausgiebigst geplottet hat, ehe er angefangen hat, wie im Fieberrausch zu schreiben. Aber diese Plotterei ist natürlich ödes Handwerk, weshalb man das lieber unter den Teppich kehrt und den Mythos vom genialen und spontanen Genie pflegt. ;)

Also ich denke, diese Verschwörungstheorien brauchen wir wirklich nicht. Die gibt es auch umgekehrt, angeblich stimmt das mit dem Plotten gar nicht, weil die fertigen Werke dann doch ganz anders aussähen als der Plot vorher. Solche Unterstellungen halte ich für albern.

 

King hat ja seine Arbeit dokumentiert. Astrid hier hat ganz richtig angemerkt, dass auch Bauchschreiber vor der Frage stehen: Was passiert als nächstes? Du musst einen roten Faden hineinbringen.

 

Was King getan hat, war ausgiebigst über seine Figuren nachzudenken und ein Ziel im Kopf zu haben, wohin die Reise geht. Damit hat er natürlich einige Elemente des Plots bereits in der Hand, aus den Figuren lässt sich eine ganze Menge für den Plot erschließen.

 

Tony Hillerman, Autor der Navajo Krimis, hat seine Methode ebenfalls vor ca 7 Jahren im Writers Digest dokumentiert mit Beispielen aus einem seiner Krimis. Leider habe ich das Exemplar nicht mehr, ich habe daraus einen Artikel für den Tempest gemacht (den habe ich auch nicht mehr). Kann da jemand aushelfen? Er hat es anhand eines Hutes mit Navajoband erläutert, der später im Krimi eine wichtige, für ihn aber auch überraschende Rolle spielte.

 

Eines scheint mir klar: Bei Bauchschreibern spielen Figuren eine sehr wesentliche Rolle und da wird schon viel vorher - ja was eigentlich? Ich denke, das Wort Planung ist da sehr wichtig, unter dem jeder etwas anderes versteht. Eine Planung kann am Reißbrett erfolgen, sehr bewußt, aber auch im Kopf, nur halb bewußt, in dem du deine Figur dir selbst immer und immer wieder erzählst.

 

Was BarbaraS hier postete, dürfte wohl ein Knackpunkt sein. Manche verbinden Planung mit Reißbrett und das bremst sie aus. Ob dieses Gefühl zu Recht oder Unrecht besteht, sei dahingestellt, es besteht auf jeden Fall. Und dann wird der Plot auf dem Papier zum Käfig. Bitte erklärt mir jetzt nicht, dass er das für euch nicht ist, das ist mir klar.

 

Dabei ist ein guter Plot eine sichere Stütze. Jeder von uns kennt das vermutlich: Es gibt Momente, da taucht man so in seine Geschichte ein, dass man alles um sich herum vergisst. Ein ebenso schöner wie gefährlicher Moment, denn wenn man dann der roten Faden verliert, kann man ganz schön in Schwierigkeiten kommen.

 

Richtig, das hat auch Hillerman beschrieben. Aber genau dieser Moment kann auch das Gegenteil sein, nämlich eine Idee, die den roten Faden weiterbringt, etwas, das beim bewußten Plotten nicht eingefallen ist. Möglicherweise hängt das mit genau diesem "Eintauchen" zusammen: Du hast mehr überraschende Einfälle - von denen aber viele nicht brauchbar sein, einige dafür um so mehr. Vielleicht können Bauchschreiber leichter bei solchen Momenten unterscheiden, wo der rote Faden weiterläuft - und wo nicht?

 

Wenn es eine gesicherete Erkenntniss der Kreativitätstheorie gibt, dann die, dass Ideen unvermutet kommen - und voraussetzen, dass man die Kritik ausschaltet. Firmen wissen das schon lange.

 

Plotten und Planen ist aber bewußte Arbeit an einer Idee. Im Idealfall ließe sich das natürlich kombinieren.

 

Was ich seltsam finde, dass hier pauschal behauptet wird, dieses Bauchschreiben gäbe es nicht, weil es das nicht geben darf. Dann wird bewiesen, dass es unmöglich sei, so zu arbeiten. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

 

Mir scheint es zuviele und zu gut dokumentierte Fälle zu geben, bei denen es funktioniert. Dass es unendlich viele gibt, bei denen es nicht funktioniert, ist natürlich auch richtig. Trotzdem interessiert mich natürlich, wie das abläuft, wann und bei wem es klappt und wann eben nicht.

 

Dass Bauchschreiber gar nicht plotten, ist natürlich Unsinn.

 

Noch eine Frage habe ich dazu: Die Plotter betonen meist das Plotten der Handlung. Was ist mit den Figuren? Offenbar sind die bei der Methode weniger wichtiger? Oder entstehen die während des Plottens nebenbei? Sind die Plotter, was die Figuren angeht, also "Bauchschreiber", bei denen keine bewußte Planung der Figur stattfindet?

 

Hans Peter

 

PS: Ich will hier niemand zu einer anderen Methode überreden. Nicht jeder kann mit jeder Methode arbeiten. Das muss man wirklich selbst herausfinden.

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Noch eine Frage habe ich dazu: Die Plotter betonen meist das Plotten der Handlung. Was ist mit den Figuren? Offenbar sind die bei der Methode weniger wichtiger? Oder entstehen die während des Plottens nebenbei? Sind die Plotter' date=' was die Figuren angeht, also "Bauchschreiber", bei denen keine bewußte Planung der Figur stattfindet?[/quote']

 

Da möchte ich nicht falsch verstanden werden. Ich hatte zuvor schon erwähnt, dass die Figuren das A zund O sind. Damit fange ich an, und zwar sehr detailliert. Für das Plot habe ich zunächst nur ein Grobgerüst, dann denke ich mir die Figuren aus und lasse alles Plotten sein, bis die Figuren stehen. Dafür nehme ich mir sehr viel Zeit und versuche wirklich die 10 wichtigsten Figuren in allen Details zu erforschen, inklusive die Beziehungen untereinander. Daraus ergeben sich enorm viele Ideen für das Plott, die ich dann nach und nach in mein Plottgerüst einfüge, das dann immer vollständiger wird. Aber wie gesagt, erst wenn die Figuren ausgearbeitet sind.

 

LG

Ulf

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Ich bin ein typischer Plotter. Ich entwickle meine Geschichte strukturell und schreibe mir tatsächlich ein Storyboard mit Kapiteln und Szenen. Ich bin aber auch ein typischer Nicht-Plotter. Das habe bei der Arbeit an meinem MS gemerkt (leider erst ziemlich spät). Meine tolle (ironisch) Struktur, die Szenen, die Ereignisse, die sich in den Szenen zutragen sollten, damit Bögen gespannt und Handlungsstränge fortgeführt werden, haben sich teilweise in Luft aufgelöst. Und wann geschah das? Immer dann, wenn ich meinen Figuren das Geschirr abgenommen habe. Dann sind die einfach drauflos gespurtet oder wussten manchmal auch nicht, was sie in dieser Szene eigentlich sollen. Ihnen (und damit zwangsläufig auch mir) fehlten die Worte.

 

Was ich damit sagen möchte: Sicher gibt es Autoren, die fast ohne Plotten auskommen, weil sie das evtl. sogar in der Ausdrucksweise ihrer lebenden Figuren behindert, aber da gehört schon ein hohes Maß an Begabung oder Übung dazu, denn letztlich kommt da dann doch eine gute Geschichte heraus, die sehr wohl einen Plot aufweist. Ich kann das nicht (entweder zu unbegabt oder noch zu ungeübt). Ohne eine Struktur, in die ich meine Figuren entlasse, fühle ich mich äußerst unwohl und hätte Bedenken, dass die Geschichte in einer Bahn mit akzeptabler Breite verläuft.

 

Allerdings werde ich bei meinem nächsten MS es nicht mehr so extrem angehen mit der szenischen Planung des Plots, da ich die Problematik erkannt habe. Ich stimme UlfSch voll zu, denn ich glaube mittlerweile auch fest daran, dass es dem Erschaffer einer guten Geschichte nur ganz subtil erarbeitete und ausgereifte Charaktere, über die man als Autor erheblich mehr wissen muss, als man schreibt, erlauben, dadurch einen hervorragenden Plot zu erzeugen.

 

Mein Rezept (für mich) ist: 1. Definiere einen Rahmen (wo, was, wann). 2. Entwickle ausgreifte Charaktere. 3. Wirf diese Charaktere in den Rahmen und lass sie leben. Leite sie, stups sie an, aber zwinge sie nicht.

 

Alf

"Man muss noch Chaos in sich haben,

um einen tanzenden Stern zu gebären."

Friedrich Nietzsche

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Hallo,

 

ich denke, es gibt kein Schwarz/Weiß, wie das hier in den Beiträgen immer wieder durchklingt. In der Schilderung von Barbara habe ich genau meine Arbeitsweise wiedergefunden:

 

Die Probleme fingen an, als ich versuchte, diesen Plot in einem Roman zu verwandeln, den irgendjemand auch lesen mag. Ich hatte das Gefühl, ich sollte meine Hauptfigur durch ein Klettergerüst schicken, in dem sie völlig unsinnige Kunststückchen vollführte. Obwohl die Handlung durchaus sauber motiviert war. Eine Zeitlang war ich davon völlig gelähmt. Bis sich eine Nebenfigur meldete und sagte: Hallo, ich bin noch ausbaufähig. Über diese Nebenfigur habe ich mir dann die ganze Handlung noch mal erschlossen - von innen heraus, schrittchenweise, wie ich es sonst eben auch mache. Dabei habe ich ganz viel über sie und viele andere Nebenpersonen erfahren. Plötzlich war Schreiben wieder möglich und machte sogar Spaß.

 

Wenn ich ein MS vorplane, dann weiß ich genau, dass über mehr oder weniger Zwischenstufen am Ende ein MS steht, das sich in vielen Details von meiner Vorplanung unterscheidet - manchmal sogar auch in geänderten Protagonisten.

 

Je nach Betrachtungsweise kann man jetzt sagen, ich plane überhaupt nicht (sondern benutze die Planung als Ersatzhandlung). Aber ich brauche dieses Gerüst eben als Orientierung, um die Gedanken für die "laufende Kreativität" frei zu halten.

 

Hans-Jürgen

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Hallo, zusammen,

 

ich finde mich in einigen Beiträgen hier wieder. Bei mir war das eine Entwicklung, die ich mal kurz auflisten will.

 

1. Roman: Der Plot war vorgegeben, da es ein biografischer Dichterroman war.

 

2. Roman: Der Plot umfasste nur ein paar Sätze, es war alles aus dem Bauch heraus geschrieben. Das lief alles über "Kopfkino".

 

3. Roman: Es gab ein umfangreiches Exposé und eine Art "Klappentext".

 

4. Roman: Exposé und Klappentext (Handlungsverlauf)

Ein Kapitelexposé war für mich nicht so hilfreich, da es von dem Fließtext dauernd durcheinander gebracht wurde.

 

Hans-Peter stellte noch die Frage nach den Figuren, ob die aus dem Bauch heraus entstünden. Die plane ich seit Roman 3 ebenfalls, und zwar, so lernten wir es in unserer Exposé-Arbeistgruppe, vor allem mit ihren Motivationen.

Diese Vorgehensweise war für Roman 4 ausschlaggebend, und ich muss sagen, das war optimal.

Die Figuren werden allerdings erst lebendig und beginnen zu laufen, wenn ich losschreibe.

Plotten heißt also für mich, wenn ich das mal mit einem Bild ausdrücken darf, einen Pflock einschlagen, um den herum sich die Geschichte entwickelt. Oder ein elastischer roter Faden, der mir hilft, mich nicht zu verzetteln.

 

Herzlichst

Christa

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