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Imre

Macht das Internet doof?

Empfohlene Beiträge

Zweifellos tragen diverse Faktoren dazu bei, wenn Qualitätsstandards bei Wortbeiträgen sinken. Sparzwänge, das Kriterium der Verkaufbarkeit (Preis) unternehmerische (Fehl-)Entscheidungen, Verdrängungswettbewerb etc., wie in den obigen Beiträgen ausgeführt.

Die plakative und provokante Anfangsfrage, ob das Internet doof mache, lässt sich ja nicht nur auf Beiträge im Internet münzen, sondern impliziert die Frage, ob andere Medien und ihre Produkte auf Umwegen betroffen seien. Auf der Seite der Konsumenten und auf der Seite der Anbieter, der Worturheber.

 

Wobei berufliche Urheber in eine Zwickmühle geraten.

 

Haben sie das Ziel, nach bestem Wissen hohe Qualität zu erarbeiten und anzubieten, stoßen sie eben an die Grenzen, die von Buch- oder Zeitungsverlagen gesetzt werden: Der hohe Arbeitsaufwand (des Autors, des Lektorats, des Korrektors) sei nur bis einem gewissen, geringeren Umfang zu finanzieren. Weil der Konsument den Preis für Qualität nicht mehr in dem Umfang wie früher bezahlen würde. Weil er sich schließlich im Internet kostenlos informieren oder kostenlos angebotene Gedichte, Texte holen könne.

 

Printmedien und ihre Produzenten, so auch wir Autoren, stehen in einem Konkurrenzverhältnis zum Internet. (Abgesehen von seinem Nutzen für alle.)

Dieses Konkurrenzverhältnis bezieht sich auf das Miteinander oder Gegeneinander von Amateuren und Profis.

Und das besonders in einem Punkt.

Wenn professionell arbeitende Worturheber mit ihren Produkten, von der Kolumne bis zum Roman, beweisen müssen, dass das "Kostnix" im Internet ein gefährliches Argument ist.

 

Die Bedenken richten sich überhaupt nicht gegen gute Amateure, die aus welchen Gründen auch immer es sich leisten können oder wollen, ihre Wortkunst kostenlos der Öffentlichkeit anzubieten. Es ist aber ein Argument dafür, dass professionelle Worturheber in der Regel mit ihren Produkten Geld verdienen müssen. Es ist schließlich ihr Beruf.

UND. Wenn sie professionell sein und bleiben wollen, kostet das zusätzlich Geld. Einen gut recherchierten Roman kann man sich nicht aus den Fingern zu saugen. Autoren besuchen zudem Tagungen, Seminare, um sich fortzubilden. Sie wenden Zeit auf, um ihr handwerkliches Können zu verbessern. Das alles sind berufsbezogene Kostenfaktoren, die sich rechnen müssen. Es kommen noch Kostenfaktoren hinzu, die jeder Freiberufler tragen und einkalkulieren muss. (Oder ein Autor hat einen sog. Brotberuf bzw. andere Erwerbsquellen, so dass es ihm relativ egal sein kann, zu welchem Preis sich seine Werke verkaufen.)

 

Ohne also Amateure verallgemeinerd in eine Schmuddelecke stellen zu wollen, sie könnten Qualität nicht bieten, stellt sich mir im Zusammenhang mit den positiven Möglichkeiten des Internets eine beunruhigende Frage:

Trägt die Unzahl an Amateuren, die durch das Internet erst möglich geworden ist, nicht zum Honorardumping bei? Und drückt das dann nicht, weil der Profi in weniger Zeit, für weniger Geld eine Leistung erbringen muss, letztlich auch auf die Qualität?

 

Es ist für mich keine Frage, was in dieser Diskussion verschiedentlich betont worden ist:  

 

@Spinner: Und als einzige Lösung sehe ich eigentlich, dass die professionellen Produzenten schlichtweg ihre Standards einhalten - und der Versuchung widerstehen, sich durch qualitätsrelevante Einsparungen einen kleinen, temporären Vorteil zu verschaffen.

 

Nur sehe ich den beruflich (professionell) arbeiten Worturheber in die besagte Zwickmühle zu geraten, nämlich bei der literarischen, journalistischen Qualität oder bei der Lebensqualität Abstriche vorzunehmen.

 

Wie seht ihr das?

 

Liebe Grüße

Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Hallo Imre,

 

ich verstehe Qualitätsminderung durch das Internet im Sinne von ... Artikel in Online-News sind meist hastig geschrieben im Vergleich zu fundierten Artikeln in der Wochenpresse. Ich verstehe auch, dass Amateure selbst erstellte Fotos, Videos, Blogs usw. ins Internet stellen, die oft nicht einmal geringsten Qualitätsstandards entsprechen.

 

Ich verstehe aber nicht so recht dein Argument, dass durch Amateure Romanautoren davon betroffen sein sollen. Von einigen Ausnahmen abgesehen, kann ich mir nicht vorstellen, dass kostenlose Romane aus dem Internet der Renner werden.

 

Druck auf die Qualität sehe ich eher im journalistische Bereich, und dort weniger durch Amateure, sondern durch andere zeitgeplagte und ressourcenarme Professionelle, die sich den gleichgroß-bleibenden Kuchen mit immer mehr Kommunikationskanälen teilen müssen.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Ich verstehe aber nicht so recht dein Argument, dass durch Amateure Romanautoren davon betroffen sein sollen. Von einigen Ausnahmen abgesehen, kann ich mir nicht vorstellen, dass kostenlose Romane aus dem Internet der Renner werden.

 

Hallo Ulf,

 

den Zusammenhang sehe ich auch nicht so direkt, wie Du danach fragst, sondern mittelbar.  

Ein Beispiel, das z.T.  schon in einem anderen Thread zur Sprache gekommen ist.

Autorenlesungen in diversen Kultureinrichtungen. Ein Kuchen, von dem viele etwas abhaben wollen. Ich habe den Eindruck, dass dabei oft nicht nach Qualitätskriterien ausgewählt wird. Wer oft genug beim Veranstalter auf der Matte steht, kommt zum Zug. (Ähnliches wird auch bei Malern etc. beklagt.)

Hobbykünstler, Amateure (ich verwende hier das Wort immer nur in der Bedeutung, dass das Engagement nicht beruflich ausgeübt wird) haben oft alle Zeit der Welt, sich zu präsentieren. Sollen sie auch, keine Frage. Doch entsteht dabei nun mal eine Konkurrenzsituation, bei der - ich überspitze! - nicht selten Klasse gegen Masse zu bestehen hat.

Also müssen Profis noch und noch besser werden. Befinden sich jedoch in der Zwickmühle, die ich oben ausgeführt habe.

 

Das mal als Anmerkung.

LG

Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Die Konkurrenzsituation Profi <-> Amateur sehe ich nicht. Wenn sich jemand selbstständig macht (gleichgültig ob Freiberufler oder Gewerbetreibender), begibt er sich immer in eine Konkurrenzsituation und auf einen Markt, auf dem er sich behaupten muss (und auf dem es, je nach Berufszweig, mehr oder weniger Amateure gibt). Qualität ist nur ein Merkmal unter anderen, mit Hilfe derer man sich behauptet.

Ein anderes Merkmal ist die Bereitschaft, sich selbst dem Markt anzubieten. Wenn man das Gefühl hat, bei kulturellen Trägern würde am ehesten der beachtet, der am häufigsten auf der Matte steht - was hindert einen, selbst auf der Matte zu stehen?

 

Ob man sich in einem Berufszweig behaupten kann, hängt von vielen Faktoren ab (auch vom Faktor Glück), vor allem aber von der eigenen Einstellung und dem eigenen Einsatz. Dass ich mich selbst versichern und kostendeckend arbeiten muss, weiß ich, bevor ich mich selbstständig mache (gleichgültig ob als Freiberufler oder Gewerbetreibender).

Dass ich als durchschnittlicher Selbstständiger heute nur noch unter erschwerten Bedingungen meinen Lebensunterhalt bestreiten kann, liegt an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung, nicht daran, dass Amateure mit mir konkurrieren. Deshalb landen immer mehr Selbstständige auf Hartz IV - warum sollte es Wortproduzenten anders gehen?

 

Die Nicht-Qualität von Literatur wurde immer schon bemängelt:

 

"Wenige schreiben, wie ein Architekt baut, der zuvor seinen Plan entworfen und bis ins Einzelne durchdacht hat – vielmehr die meisten nur so, wie man Domino spielt. Wie nämlich hier, halb durch Absicht, halb durch Zufall, Stein an Stein sich fügt – so steht es eben auch mit der Folge und dem Zusammenhang ihrer Sätze. Kaum daß sie ungefähr wissen, welche Gestalt im Ganzen herauskommen wird und wo das alles hinaussoll. Viele wissen selbst dies nicht, sondern schreiben, wie die Korallenpolypen bauen: Periode fügt sich an Periode, und es geht, wohin Gott will. Zudem ist das Leben der "Jetztzeit" eine große Galoppade: in der Literatur gibt sie sich kund als äußerste Flüchtigkeit und Liederlichkeit."

 

Zitat: Schopenhauer: Ueber Schriftstellern und Stil. In: Parerga und Paralipomena Bd. II

Als PDF hier: http://www.uni-muenster.de...schopenhauer.pdf (Link ungültig) (Link ungültig)

Moderneres Schriftbild hier: (Link ungültig)

 

Das Internet (oder/und der Amateur) als Qualitätskiller ist Augenwischerei. Finde ich.

 

LG - Barbara

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Die Konkurrenzsituation Profi <-> Amateur sehe ich nicht. Wenn sich jemand selbstständig macht (gleichgültig ob Freiberufler oder Gewerbetreibender), begibt er sich immer in eine Konkurrenzsituation und auf einen Markt, auf dem er sich behaupten muss (und auf dem es, je nach Berufszweig, mehr oder weniger Amateure gibt).

 

Na ja, es gibt da einen großen Unterschied:

Schreiben kann halt jeder. (Angeblich.)

Einen Ofen bauen oder eine Erkrankung behandeln können im Prinzip auch viele. Trotzdem würdest auch du vermutlich einen ausgebildeten Handwerker oder Mediziner vorziehen.

Aber schreiben kann eben jeder  :s22.

 

Deshalb landen immer mehr Selbstständige auf Hartz IV - warum sollte es Wortproduzenten anders gehen?

 

Kann ich allgemein nicht beantworten.

Kann  rur aus der Position des Berufsverbands der Worturheber argumentieren. Und jeder Berufsverband hat nun mal die Aufgabe, die verdammte Pflicht, sich dafür einzusetzen, dass möglichst kein Selbstständiger in diesem Beruf auf Hartz IV angewiesen ist.

 

Die Nicht-Qualität von Literatur wurde immer schon bemängelt.

 

Das Internet (oder/und der Amateur) als Qualitätskiller ist Augenwischerei. Finde ich.

 

Ja das stimmt, dass in allen Berufen, so auch in allen Künsten, die Qualitätsfrage schon immer konträr diskutiert worden ist und von vielen Faktoren abhängt.

Das Internet ist auch kein Qualitäts k i l l e r.

Aber indem es den fragwürdigen Umstand enorm verstärkt, dass doch jeder schreiben und publizieren könne, unabhängig von Qualitätskriterien, trägt es durch die zuvor nie da gewesene Präsentationsmöglichkeit von Schreibergebnissen dazu bei, dass

a) die einen über Qualifikation weniger nachdenken,

b) die anderen, die Qualität durchsetzen wollen, schlechtere Karten haben.

 

LG

Imre

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Einige Auszüge aus Leserbriefen im SPIEGEL (Nr. 34 / 18.8.08):

 

 Gegenfrage: Macht eine Bibliothek doof, nur weil es da viele Bücher gibt? (Karsten Schramm)

 

 Solange es Menschen gibt, wird es auch Bücher geben. Denn ein Buch vermittelt Wärme, Behaglichkeit und Gemütlichkeit. Was ein elektronisches Medium so niemals kann. (Jürgen Moosmann)

 

 Die Gedanken sind zu unser aller Glück frei, und ich entscheide, was ich lese und im Internet anklicke. Jeder entscheidet für sich allein, ob er sich bilden oder verblöden will. (Wolfgang Jörgens)

 

 Die Antwort auf die Frage, ob das Internet doof macht, hängt davon ab, wie weit sich der Mensch von diesem Medium manipulieren lässt. Ein starkes Individuum kann sich durch seine geistige Leistungsfähigkeit, der Versuchung stumpfsinnig zu werden, widersetzen. (Christopher Wolters)

 

 Zunächst einmal bietet das Internet keine Informationsflut, sondern eine Datenflut. Information entsteht erst durch eine Trennung der relevanten Daten von den irrelevanten, und diese Leistung liegt beim Rezipienten. Das Internet "macht" also zunächst mal gar nichts. Aber es könnte schon sein, dass es zunehmende intellektuelle Leistungen bei den Rezipienten voraussetzt, um überhaupt Information aus der Datenflut zu extrahieren. Ein so umfangreiches Datenmedium ist auch weniger anfällig für Manipulation. Das Internet bewährt sich durch die Datenmasse gerade da, wo Zensur und vorgegaukelte Interpretationen durchbrochen werden, und deshalb würde ich verneinen, dass es dumm macht. (Ekkehard Droba)

 

 

(Was mir aufgefallen ist, dass – im Gegensatz zu Montségur – sich nur Herren der Schöpfung   :s22  zu Wort gemeldet haben. Oder ausgewählt worden sind?)

 

LG

Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Das Internet ist auch kein Qualitäts k i l l e r.

Aber indem es den fragwürdigen Umstand enorm verstärkt, dass doch jeder schreiben und publizieren könne, unabhängig von Qualitätskriterien, trägt es durch die zuvor nie da gewesene Präsentationsmöglichkeit von Schreibergebnissen dazu bei, dass

a) die einen über Qualifikation weniger nachdenken,

b) die anderen, die Qualität durchsetzen wollen, schlechtere Karten haben.

 

Ich verfolge diese Argumentation mit einem leisen Gefühl im Bauch, das murrt: "Nee. Da stimmt doch was nicht dran." Ich kann nur noch nicht den Finger drauflegen.

 

Im Grunde lautet die Behauptung doch: Weil mehr Konkurrenz herrscht, sinkt die Qualität.

 

:-? :-? :-? :-? :-? :-? :-? :-? :-?

 

Seit wann soll das so sein? Konkurrenz belebt doch das Geschäft! Konkurrenz stachelt die Teilnehmer derselben doch dazu an, ihre Bestleistungen zu bringen!

 

Welche Länder bringen Top-Fußballer hervor? Doch immer Länder, in denen Fußball Volkssport ist, in denen "jeder" bolzt, und sei es eine leere Coladose im staubigen Hinterhof, oder? Wollte man eine gute Fußballszene, würde das Rezept dafür doch sicher nicht lauten: "Hindert die Amateure daran, zu spielen oder gar eigene Mannschaften zu bilden, die gegeneinander eigene Wettkämpfe austragen, womöglich vor Zuschauern."

 

Und Fußball spielen "kann auch jeder". :)

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Na ja, es gibt da einen großen Unterschied: Schreiben kann halt jeder. (Angeblich.)

Einen Ofen bauen oder eine Erkrankung behandeln können im Prinzip auch viele. Trotzdem würdest auch du vermutlich einen ausgebildeten Handwerker oder Mediziner vorziehen. Aber schreiben kann eben jeder :s22.

Aber genau das ist es ja: ICH würde bestimmt einen ausgebildeten Handwerker (schon wegen der Haftung) oder Mediziner (leider ist das da mit der Haftung etwas problematisch) vorziehen. Nicht-professionelle Angebote gibt es aber auch in den von dir genannten Bereichen zuhauf. Ich kenne Fälle, da sind ganze Häuser zusammengestürzt wegen "kann ich ja auch". Und die "Mediziner" im Graubereich - da gibt's ebenfalls ne Menge (Besuche beim Heilpraktiker haben meine Schwägerin drei Zehen gekostet).

 

Das "Schreiben kann jeder" findest du im normalen Buchmarkt genauso wie im Internet. Wenn ich nur an die vielen Ratgeber denke ... aber eben auch an sogenannte Bestseller im Bereich Roman ... auch ein Profi-Lektorat verhindert schlechte Qualität nicht.

 

Überhaupt - Lektorat! Das Internet ermöglicht auch in diesem Berufszweig jedem Amateur, seine Dienste anzubieten. Wenn du dich im Verlag als Lektor bewirbst (oder dich als freier Mitarbeiter verdingen willst), werden selbstverständlich Leute mit einer Ausbildung bevorzugt, die irgendetwas mit Sprache oder Literatur zu tun hat. Im Internet findest du zuhauf "Lektoren", die aus völlig anderen Berufszweigen kommen. Denn lektorieren kann auch jeder ;)

Auch Autoren scheinen zu glauben, die Tatsache, dass sie selbst schreiben, befähige zum Lektorieren.

 

Was ist schon "Qualifikation"? Und was ist ein professioneller Text? Solange die Textproduktion kein Ausbildungsberuf ist, kann man von Qualifikation überhaupt nicht reden, finde ich. Wenn ich einige Wände tapeziert habe, bin ich noch lange nicht qualifiziert, auch dann nicht, wenn mir noch keine selbstgeklebte Tapete von der Wand gefallen ist, ich dafür Geld nehme und das Malern als Beruf ausübe, ohne je eine Maler-Lehre gemacht zu haben.

Wem ich in Nicht-Ausbildungsberufen eine Qualifikation bescheinige, ist mein ganz persönliches Ding.

 

Selbstverständlich kann ich im Internet Qualität durchsetzen: nämlich indem ich sie produziere. Oder das, was ich dafür halte. Das Internet macht es Amateuren leicht, ihre Produkte vorzuzeigen. Aber es macht es auch dem Profi leicht. Ob der dann diese Chance so ausgiebig nutzt wie der Amateur, ist des Profis Sache.

 

Nachtrag: Habe ich gerade erst gesehen:

Konkurrenz belebt doch das Geschäft! Konkurrenz stachelt die Teilnehmer derselben doch dazu an, ihre Bestleistungen zu bringen!

Welche Länder bringen Top-Fußballer hervor? Doch immer Länder, in denen Fußball Volkssport ist, in denen "jeder" bolzt, und sei es eine leere Coladose im staubigen Hinterhof, oder? Wollte man eine gute Fußballszene, würde das Rezept dafür doch sicher nicht lauten: "Hindert die Amateure daran, zu spielen oder gar eigene Mannschaften zu bilden, die gegeneinander eigene Wettkämpfe austragen, womöglich vor Zuschauern."

 

Genau das meine ich auch. Die meisten Schriftsteller haben als Amateure angefangen.

Und ich finde es klasse, dass ich Texte jetzt direkt vom Erzeuger lesen kann, ohne dass von Verlagen "vorgefiltert" wird. Damit habe ich die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, was mir gefällt. Spinner hat es schon gesagt: Wenn sich der Profi da nicht vom Amateur unterscheidet, ist es nicht des Amateurs Problem. :s20

 

LG - Barbara

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Hallo Andreas,

 

zuerst dachte ich, du hast den Nagel auf dem Kopf getroffen, aber bei näherer Betrachtung ist das Thema doch komplizierter, meine ich. :)

 

Mehr Konkurrenz sollte die Qualität steigern, sicher. Und dass mancher Etablierte sich der Haie erwehren muss, um den Kopf über Waser zu halten, hat sicher damit zu tun und nicht, weil die Qualität unbedingt sinkt. Im Gegenteil. Hat ein Amateur Erfolg mit seinem Text, dann kann es so schlecht nicht sein. Und das ist gut so, belebt das Geschäft.

 

Andererseits kommt es ja auch auf den Konsumenten an. Je breiter das Publikum, je mehr wird Qualität auf den Geschmack einer breiten Masse heruntergezogen. Aber das ist ja kein spezifisches Internetproblem. Allgemein werden unsere Kinder heute mit Medien-Inhalten gefüttert, die ihren Geschmack beeinflussen. Die lesen halt nicht mehr Rilke. Das widerum kehrt sich auf den Autor um, der Bücher verkaufen will. Der Autor selbst wird natürlich auch vielfach beeinflusst. Film, Fernsehen, andere Autoren.

 

Also, das Argument, das Internet macht alles schlechter, kaufe ich nicht. Aber wechselseitige Beeinflussungen verschiedenster Art sind sicher gegeben (hat es auch schon immer gegeben), mal zu Besseren, mal zu Schlechteren. Es ändern sich Erzählstil, Genres, Herangehensweise und ohne sich vorübergehenden Moden zu unterwerfen, kann ein Autor sich doch dem Zeitgeist und Zeitgeschmack nicht völlig entziehen, ob er will oder nicht. Zu keiner Epoche. Doch darin sehe ich nichts Negatives.

 

Eine Gefahr der Verflachung sehe ich noch eher in der Marktmacht der Verlage, die um den kommerziellen Erfolg zu sichern, immer wieder in die gleiche Kerbe hauen wollen und nur noch Einheitsmüll ermutigen. Das ist im Musikgeschäft ja ähnlich oder noch schlimmer.

 

Aber auch da taucht dann ab und zu eine neue Stimme auf und der Trend dreht sich.

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Bei dieser Diskussion (und ähnlichen hier im Forum) frage ich mich, was das eigentlich ist "Qualität". Wer entscheidet das? Worüber reden wir?

 

Wir befinden uns nicht im Bereich Materialwirtschaft, wo man Grenzwerte festlegen kann (die sich mit dem Fortschritt sehr schnell ändern). Es geht bei Texten in einem gewissen Sinn um Kunst. Jeder mit etwas Geschichtsbewusstsein weiß, dass Texte/Bilder, die mal sehr hoch angesehen waren, inzwischen in der Versenkung verschwunden sind. Umgekehrt wird manches, was zu Lebzeiten der Künstler als unwichtig bewertet wurde, heute als Qualität gehandelt.

 

Das liegt nicht daran, dass ein Gremium, eine Jury, ein Verlag das so entschieden hätte. (Kann man überhaupt "von oben" entscheiden, was Qualität ist?)

Es liegt daran, dass es von Menschen entdeckt worden ist und geschätzt wird. Und zwar von einer gewissen Menge an Menschen.

 

Ist Qualität evtl. das, was eine gewisse Menge an Menschen, nachdem sie den Text genossen haben, sagen lässt: "Das war gut! Das hat genau das getroffen, was ich jetzt brauchte."

Dabei ist es egal, ob derjenige, der den Text produziert hat, davon lebt oder nicht. Oder ob der Text tiefsinnig ist, viele kluge Wörter verwendet, im Internet steht oder auf Papier...

 

Klaus

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Bei dieser Diskussion (und ähnlichen hier im Forum) frage ich mich' date=' was das eigentlich ist "Qualität". Wer entscheidet das? Worüber reden wir?[/quote']

 

Das kann man nicht definieren, wie viele fruchtlose Diskussionen gezeigt haben. Mit viel Glück kann man's erkennen, wenn man's vor sich hat.

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Andererseits kommt es ja auch auf den Konsumenten an. Je breiter das Publikum' date=' je mehr wird Qualität auf den Geschmack einer breiten Masse heruntergezogen. Aber das ist ja kein spezifisches Internetproblem. Allgemein werden unsere Kinder heute mit Medien-Inhalten gefüttert, die ihren Geschmack beeinflussen. Die lesen halt nicht mehr Rilke. [/quote']

 

Wann hat denn die Mehrheit der Leser Rilke gelesen? Diese Zeit hat es nie gegeben.

 

Ich entsinne mich immer noch lebhaft eines Nachmittags vor langer Zeit, den ich in einem interessant bestückten Antiquariat verbrachte (es war in Stuttgart in der Wagenburgstraße, wer's genau wissen will; allerdings existiert der Laden heute meines Wissens nicht mehr), unter anderem damit, Romane durchzublättern, die - manche in Fraktur gedruckt - teilweise noch vor dem ersten Weltkrieg erschienen waren, verfasst von Autoren, von denen ich (zu Recht) noch nie etwas gehört hatte, mit Titeln, die (auch zu Recht) das Schlimmste fürchten ließen... Allem Anschein nach der "Mainstream" von damals, geschrieben auf eine Art und Weise, dass Hedwig Courths-Mahler dagegen wie Goethe wirkte. Wirklich schlimm, praktisch unlesbar. Aber der einzige Schluss, zu dem ich (unter Berücksichtigung der Innenwerbung, der Aufmachung usw.) gekommen bin, war der: Das müssen Bücher gewesen sein, die damals große Knaller waren.

 

Gute Bücher überdauern mit größerer Wahrscheinlichkeit als schlechte: Nur deswegen kommt es uns so vor, als habe es früher (in der Zeit, als die Welt noch schwarz-weiß war :s21 ) nur gute Bücher gegeben.

 

Tatsächlich, so bin ich überzeugt, ist das Gegenteil richtig: Je größer das Publikum, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich darunter auch Leute finden, die Qualität zu schätzen wissen.

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Tatsächlich' date=' so bin ich überzeugt, [b']ist das Gegenteil richtig: Je größer das Publikum, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich darunter auch Leute finden, die Qualität zu schätzen wissen[/b].

 

Ich hoffe inständig, du hast recht, Andreas! ;D

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Welche Länder bringen Top-Fußballer hervor? Doch immer Länder, in denen Fußball Volkssport ist, in denen "jeder" bolzt, und sei es eine leere Coladose im staubigen Hinterhof, oder? Wollte man eine gute Fußballszene, würde das Rezept dafür doch sicher nicht lauten: "Hindert die Amateure daran, zu spielen oder gar eigene Mannschaften zu bilden, die gegeneinander eigene Wettkämpfe austragen, womöglich vor Zuschauern."

 

Und Fußball spielen "kann auch jeder".  :)

 

Danke, Andreas, für diese Steilvorlage  :).

 

Man stelle sich vor, bei einem Bundesligaspiel kicken plötzlich Spieler vom Bolzplatz mit. Klar können sie Fußball spielen. Trotzdem wird das Publikum pfeifen.

 

Es gibt nun mal so etwas wie "Qualifikation", für die man auch einiges tun kann und muss. Auch wenn das bei Fußballern anscheinend eher eingesehen bzw. akzeptiert (und bezahlt) wird als bei Schreibenden.

 

 

Im Grunde lautet die Behauptung doch: Weil mehr Konkurrenz herrscht, sinkt die Qualität.

 

:-? :-? :-?  :-? :-? :-?  :-? :-? :-?

 

Seit wann soll das so sein? Konkurrenz belebt doch das Geschäft! Konkurrenz stachelt die Teilnehmer derselben doch dazu an, ihre Bestleistungen zu bringen!

 

Konkurrenz belebt natürlich das Geschäft. Und je mehr Leute Fußball spielen oder Literatur schreiben, um so größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Zahl der Profis wächst.

 

Die kritische Überlegung richtet sich ja nicht gegen Konkurrenz grundsätzlich. Sondern zielt auf die Verwaschung (weit oben im Thread) der Unterschiede zwischen Amateuren und Berufsakteuren.

Ein Stadion lässt diese Verwaschung nicht zu.

Ist das im Internet ebenso eindeutig?

 

 *

 

Das führt wieder zu der verflixten Frage nach der Qualität.

Es stimmt, dass im künstlerischen Bereich Kriterien der Qualität, der Qualifikation der Künstlerin/des Künstlers ungemein schwer zu beantworten, zu definieren sind. Auf jeden Fall schwerer als zu beurteilen, ob jemand ein Profifußballer oder ein Amateur ist.

 

Was beim Schreiben Qualität sei und ob es Möglichkeiten der Qualifikation gibt, das führt zu weit weg vom Thema. Nur so viel: Es wird seit der Antike diskutiert. Ich glaube kaum, dass wir die endgültige Lösung der Frage finden werden.  :)

(Siehe AndreasE # 85)

 

Doch das lässt den Schluss nicht zu, dass für Künstler, für Worturheber, das Gebot, sich (immer weiter) zu qualifizieren und Qualität anzubieten, weniger gelten würde als z. B. für Fußballer.

Das Internet, so meine Sicht, bietet Worturhebern eine nie zuvor da gewesene Plattform. Trägt aber zu wenig ANREIZ zur Steigerung der eigenen Qualifizierung bei.

So entsteht eine verzerrte Konkurrenzsituation: Wenn Akteure und Publikum zu wenig beachten, dass es zwischen Amateuren und beruflich Agierenden Unterschiede gibt.

 

 

LG

Imre

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Man stelle sich vor' date=' bei einem Bundesligaspiel kicken plötzlich Spieler vom Bolzplatz mit.[/quote']

 

Aber genau das passiert doch nicht - auch nicht, wenn man es auf Schreibende überträgt! Da ist das verlegte Buch die Bundesliga, der Selbstverlag die Kreisklasse und der Text im Internet der Bolzplatz hinter'm Haus. (Dass das so ist und auch so empfunden wird, lässt sich leicht daran erkennen, dass jeder bemüht ist, "aufzusteigen". Biete jemandem, der Texte auf seine Website stellt, einen ordentlichen Buchvertrag an: Wie stehen die Chancen, dass er "och, nöö" sagt?)

 

Es gibt nun mal so etwas wie "Qualifikation", für die man auch einiges tun kann und muss. Auch wenn das bei Fußballern anscheinend eher eingesehen bzw. akzeptiert (und bezahlt) wird als bei Schreibenden.

 

Aber eine derartige Qualifikation muss sich doch zeigen - gerade im Vergleich! Der durchtrainierte Profi vom Bundesligisten, der mal wieder seinen Heimatort besucht und aus Jux und Dollerei ein Spiel zusammen mit der Dorfmannschaft bestreitet - den Unterschied sieht man doch! Selbst ein absoluter Laie würde sehen, dass der Mann einer ganz anderen Liga angehört!

 

Die kritische Überlegung richtet sich ja nicht gegen Konkurrenz grundsätzlich. Sondern zielt auf die Verwaschung (weit oben im Thread) der Unterschiede zwischen Amateuren und Berufsakteuren.

Ein Stadion lässt diese Verwaschung nicht zu.

Ist das im Internet ebenso eindeutig?

 

Ich sehe nicht, wie das Internet diesbezüglich eine besonders negative Rolle spielen sollte. Wie? Auf welche Weise? Irgendwie siehst du da was, was ich nicht sehe.

 

Das Internet, so meine Sicht, bietet Worturhebern eine nie zuvor da gewesene Plattform. Trägt aber zu wenig ANREIZ zur Steigerung der eigenen Qualifizierung bei.

 

Wieso denn? Jeder Text muss seinen Leser fesseln - und das ist von einem Bildschirm aus eher schwieriger als von einer gedruckten Seite aus. Und die Konkurrenz im Internet ist doch enorm; da spürt man doch intuitiv, dass man sich ins Zeug legen muss. Wo soll da ein Anreiz fehlen? Im Gegenteil.

 

So entsteht eine verzerrte Konkurrenzsituation: Wenn Akteure und Publikum zu wenig beachten, dass es zwischen Amateuren und beruflich Agierenden Unterschiede gibt.

 

Nochmal: Wenn man diese Unterschiede nicht sieht, dann stimmt was nicht. Wenn der oben erwähnte Bundesligaprofi eine Kopie seines Vertrages aus der Tasche ziehen und sagen muss, "he, du darfst mir den Ball nicht wegnehmen; ich bin nämlich Profi und du bloß Amateur" - dann ist er vielleicht gar kein Profi?

 

:s21

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Danke Imre, danke Andreas, für das Beispiel vom Fussball. Es ist so schön anschaulich und erklärt sogar noch mehr über Qualität.

 

Selbst wenn man Qualität nicht allgemeingültig definieren kann - Qualität wird erkannt! Auch von Laien. Jeder interessierte Laie erkennt, ob ein Spieler gut spielt oder nur herumbolzt. Wobei es natürlich passieren kann, dass "das Volk" eine andere Meinung hat, als "die Fachleute". Aber was wäre das Leben ohne solche Überraschungen?

 

Weitergeführt auf die Frage des Thread hin: Qualität wird erkannt - und wer sich damit beschäftigt, bildet sich.

(Der Grad der Bildung hängt natürlich davon ab, wie intensiv ich mich mit der Qualität beschäftige. Wer 99% seiner Zeit auf Schrott-Seiten verbringt... Nun ja, der gehört wohl nicht zu unserer Zielgruppe  ;))

 

Klaus

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Ich sehe nicht, wie das Internet diesbezüglich eine besonders negative Rolle spielen sollte. Wie? Auf welche Weise? Irgendwie siehst du da was, was ich nicht sehe.

 

Wieso denn? Jeder Text muss seinen Leser fesseln - und das ist von einem Bildschirm aus eher schwieriger als von einer gedruckten Seite aus. Und die Konkurrenz im Internet ist doch enorm; da spürt man doch intuitiv, dass man sich ins Zeug legen muss. Wo soll da ein Anreiz fehlen? Im Gegenteil.

 

 

Ja, DU siehst, dass ein Text fesseln muss. Du weißt, dass man trainieren muss.

Dem Profi fehlt es natürlich nicht an Anreiz.

Weil er aus Erfahrung, aus innerer Einstellung, aus der Notwendigkeit, sein Geld mit der Profession verdienen zu müssen, angespornt wird.

 

Wenn ich aber meine Texte bloß auf meiner Homepage stehen habe und davon träume, was für ein toller, viel gelesener, faszinierender Schriftsteller ich sei, ist das ebenso OK, wie wenn ein Junger auf dem Bolzplatz kickt und in seiner Phantasie ein Michael Ballack ist. So weit OK.

Wenn aber dieser Junge und ich uns anschicken, es wirklich mit Profis aufzunehmen, zeigt das Leben sehr schnell die Grenzen auf: entweder man trainiert und legt sich ins Zeug, oder man bleibt ein Träumer.

 

Das virtuelle Leben zeigt diesen Unterschied nicht.

Darin sehe ich die Krux. Ja, geradezu die Anleitung zum Murks.

Das ist das Trügerische. Und der Selbstbetrug, zu dem das Internet gnadenlos verleitet.

Weil es eben nicht reizt, die eigenen Fertigkeiten zu hinterfragen. Man muss sich ja an nichts messen, ist Queen und King der Welt.

 

Das wäre egal, wenn es stimmen würde, dass sich Qualität grundsätzlich durchsetzt. Ich teile da Deinen Optimusmus nicht. Jedenfalls nicht in der Kunst und bezogen auf die Gegenwart.

 

Und da Profis aber jetzt das Geld fürs Leben brauchen, nicht in hundert Jahren, kann es ihnen nicht egal sein, ob sie "nur" mit anderen Profis konkurrieren, oder ob noch mit einer Masse an freundlichen Träumern. Die Queens and Kings, die aus der virtuellen Welt in die handgreifliche Welt spazieren.  

Und dort stehen dann jene ahnungslosen Entscheidungsträger in der Kultur, auf deren Urteil Profis leider angewiesen sind (weil die das Kulturgeld verwalten), denen aber längst Masse wichtiger ist als Klasse.

Dass die Kasse klingelt, ist doch die Hauptsache. Wo Qualität abbleibt, ist scheißegal.

 

Sehr kulturpessimistisch drauf heute,

aber herzlich

Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Wenn ich aber meine Texte bloß auf meiner Homepage stehen habe und davon träume, was für ein toller, viel gelesener, faszinierender Schriftsteller ich sei, ist das ebenso OK, wie wenn ein Junger auf dem Bolzplatz kickt und in seiner Phantasie ein Michael Ballack ist. So weit OK.

Wenn aber dieser Junge und ich uns anschicken, es wirklich mit Profis aufzunehmen, zeigt das Leben sehr schnell die Grenzen auf: entweder man trainiert und legt sich ins Zeug, oder man bleibt ein Träumer.

 

Das virtuelle Leben zeigt diesen Unterschied nicht.

Darin sehe ich die Krux. Ja, geradezu die Anleitung zum Murks.

Wieso siehst du das im virtuellen Leben nicht? Klick mal die Leseproben all dieser Möchtegern Dan Browns an, da siehst du sofort die Unterschiede. Nicht anders als im Fußball.

 

Wobei es auch im Fußball Amateure gibt, die einfach saugut sind (und irgendwann dann doch in der Bundesliga landen). Nicht anders als bei Autoren auch. Ist ja nicht so, dass die Leser jetzt voller Begeisterung millionenfach lesen, was einfach schlecht und langweilig geschrieben ist.

 

Das ist das Trügerische. Und der Selbstbetrug, zu dem das Internet gnadenlos verleitet.

Weil es eben nicht reizt, die eigenen Fertigkeiten zu hinterfragen. Man muss sich ja an nichts messen, ist Queen und King der Welt.

Okay, es gibt keine Tabelle, an der die harten Tatsachen eindeutig abzulesen sind. Andererseits sprechen die Amazon-Ränge auch eine deutliche sprache und dass manche Blogs und Seiten massenhaft angeklickt werden und sich Leute darauf beziehen und andere nur versehentlich.

 

Und da Profis aber jetzt das Geld fürs Leben brauchen, nicht in hundert Jahren, kann es ihnen nicht egal sein, ob sie "nur" mit anderen Profis konkurrieren, oder ob noch mit einer Masse an freundlichen Träumern. Die Queens and Kings, die aus der virtuellen Welt in die handgreifliche Welt spazieren.

Glaubst du ernsthaft, dass der österreichische Dan Brown das Einkommen des Echten im Geringsten bedroht? Oder das anderer Krimischriftsteller?

 

Eher sind es die Amateure, die ihre Sache ernst nehmen, die die Rückmeldungen sich ansehen, die überlegen, wenn es Widerspruch gibt und die irgendwann wirklich gut werden. Das Montsegur Forum hat mittlerweile einen Ruf und es gibt auf allen Gebieten solche Foren. Die werden dann ernst genommen.

 

Allerdings das mit der Bezahlung, das ist wirklich die Krux im Internet. Wer täglich 7 Stunden trainieren will, muss das bezahlt bekommen, sonst geht es nicht. Und da sehe ich ein Problem, dass viele sich gute Recherche gar nicht leisten können, weil sie - egal wie gut sie sind - im Internet eben nichts verdienen können.

 

Im Moment fangen das noch die Printmedien auf, die ihre Leute zahlen. Aber auch immer weniger. Und wenn das wegfällt?

 

Hans Peter

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jene ahnungslosen Entscheidungsträger in der Kultur, auf deren Urteil Profis leider angewiesen sind (weil die das Kulturgeld verwalten), denen aber längst Masse wichtiger ist als Klasse.

Dass die Kasse klingelt, ist doch die Hauptsache. Wo Qualität abbleibt, ist scheißegal.

 

Hmm. http://www.smilies.4-user.de/include/Denken/smilie_denk_09.gif Dann ist das doch das Problem: Dass die Geldbeutelhüter der Kultur keine Ahnung (mehr?) haben. Und man müsste diskutieren, was man tun kann, damit die's lernen.

 

Ich sehe bloß nicht, dass hieran das Internet schuld sein soll. Wär das nicht genauso, wenn's das nicht gäbe?

 

Denkst Du, es ist so, dass der Kulturbeauftragte der Stadt Durchschnittshausen so viel im Internet herumsurft, dass er sich sagt, er veranstaltet besser eine Lesung mit Siggi Schweinkram, der eine Internetseite mit eigenen, schlechten Gedichten zwischen vielen nicht ganz so schlechten Busenbildern betreibt, die mächtig hohe Besuchsraten aufweist (nicht wegen der Gedichte, klar, aber: Hat man überhaupt ein Bewusstsein dafür, ob man auf einer viel oder wenig besuchten Seite ist??), anstatt eine Lesung mit Erich Ernsthaft, der seinen ersten Erzählband bei einem traditionsreichen Verlag herausgebracht hat und dafür im Feuilleton der FAZ gelobt wurde, was der Kulturbeauftragte bloß nicht mitgekriegt hat, weil er eben so viel auf der Seite von Siggi Schweinkram surft?

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Wieso siehst du das im virtuellen Leben nicht? Klick mal die Leseproben all dieser Möchtegern Dan Browns an, da siehst du sofort die Unterschiede. Nicht anders als im Fußball.

 

Hallo, Hans Peter,

 

das sehe ich schon.

Meine Überlegung war, ob das Internet dazu beitrage, die Zahl der Möchtegerns immens zu steigern. Und was passiert, wenn solche Marktschreier sich dann ohne eine Spur von Selbsteinschätzung auf allen Märkten tummeln.

 

 

Wobei es auch im Fußball Amateure gibt, die einfach saugut sind (und irgendwann dann doch in der Bundesliga landen). Nicht anders als bei Autoren auch. Ist ja nicht so, dass die Leser jetzt voller Begeisterung millionenfach lesen, was einfach schlecht und langweilig geschrieben ist.

Glaubst du ernsthaft, dass der österreichische Dan Brown das Einkommen des Echten im Geringsten bedroht? Oder das anderer Krimischriftsteller?

 

Eher sind es die Amateure, die ihre Sache ernst nehmen, die die Rückmeldungen sich ansehen, die überlegen, wenn es Widerspruch gibt und die irgendwann wirklich gut werden. Das Montsegur Forum hat mittlerweile einen Ruf und es gibt auf allen Gebieten solche Foren. Die werden dann ernst genommen.

 

Ja, Du hast recht, dass man die Frage "Amateure - Profis" differenziert sehen muss. Bestsellerautoren werden sich um solche Fragen weniger kümmern müssen als ein Elefant um eine Maus, die sich breitbeinig vor ihm aufbaut.

 

Wenn es aber zum Beispiel um Lesungen, Schullesungen geht, sehe ich eine Gefahr aufkommen. Nicht jeder professionell arbeitende Autor ist gleich ein Dan Brown.

Ein Berufsanfänger steht in einer positiven Konkurrenz zu anderen ernsthaften Berufsanfängern.

Das muss so sein und spornt an.

Es kommen jedoch noch die vielen Möchtegerns hinzu. Die eine ungleiche Situation schaffen: allein durch ihre Vielzahl und vor allem weil Veranstalter von Lesungen etc. bei der Auswahl oft nicht versiert genug sind und nur nach der Honorarforderung auswählen.

Es ist kein Einzelbeispiel, dass ein Oberstudienrat zu einem Autor sagt: "Was, Sie wollen für Ihre Lesung Honorar? Ich habe diverse Anfragen von Autoren, die glücklich sind, wenn sie überhaupt eine Lesung machen dürfen."

 

Ob man einen Autor nimmt, der glücklich ist, überhaupt wahrgenommen zu werden, oder man sich für einen Autor entscheidet, der viel Zeit und Arbeit in ein Kinderbuch investiert hat, wird zur Nebensache. Zum Nachteil der Kids.

 

Ich sehe es wie Du, dass man den Amateurstatus differenziert betrachten muss. Ganz so weit würde ich nicht gehen, dass die Amateure "eher ihre Sache ernst nehmen". Es gibt sicherlich viele, die hart daran arbeiten, in die nächste Liga aufzusteigen.

Und die das beherzigen - die z. B. in guten Autorenforen (ich möchte hier keinen Namen nennen  :s22) die Diskussionen verfolgen  - sind auf dem besten Weg, ihren Amateurstatus zu verlassen.

 

Wie schon früh so ähnlich in diesem Thread gesagt wurde: Dem Ehrgeizigen kann das Internet Ansporn geben, sich weiter zu entwickeln. Problematisch sind aufgeblasene Dumpfbacken, und die auch erst, wenn ihr Quaken unüberhörbar wird.

Kein Problem des Internets allein, doch das Internet ermöglicht diese unübersehbaren Sumpflandschaften mit ihren Froschkonzerten.

Nichts gegen Froschkonzerte, so lange die Frösche nicht der Ansicht sind, ihre Darbietung könne mit Mozart oder Madonna wetteifern.

 

LG

Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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Es kommen jedoch noch die vielen Möchtegerns hinzu. Die eine ungleiche Situation schaffen: allein durch ihre Vielzahl und vor allem weil Veranstalter von Lesungen etc. bei der Auswahl oft nicht versiert genug sind und nur nach der Honorarforderung auswählen.

Es ist kein Einzelbeispiel, dass ein Oberstudienrat zu einem Autor sagt: "Was, Sie wollen für Ihre Lesung Honorar? Ich habe diverse Anfragen von Autoren, die glücklich sind, wenn sie überhaupt eine Lesung machen dürfen."

Das halte ich allerdings auch für eine große Gefahr. Die Einstellung, alles muss kostenlos sein, die unterstützt das Internet massiv. Und die Zahl der Autoren, auch der guten Autoren wächst. Um überhaupt lesen zu dürfen, lesen viele dann kostenlos.

 

Ob man einen Autor nimmt, der glücklich ist, überhaupt wahrgenommen zu werden, oder man sich für einen Autor entscheidet, der viel Zeit und Arbeit in ein Kinderbuch investiert hat, wird zur Nebensache. Zum Nachteil der Kids.
Oft ist das identisch: Autoren, die viel Zeit und Arbeit in ihr Buch gesteckt haben, lesen kostenlos.

 

Wie schon früh so ähnlich in diesem Thread gesagt wurde: Dem Ehrgeizigen kann das Internet Ansporn geben, sich weiter zu entwickeln. Problematisch sind aufgeblasene Dumpfbacken, und die auch erst, wenn ihr Quaken unüberhörbar wird.

Kein Problem des Internets allein, doch das Internet ermöglicht diese unübersehbaren Sumpflandschaften mit ihren Froschkonzerten.

 

Ja und Nein. Welchen Erfolg haben Dumpfbacken, solange sie dumpf bleiben? Oder Frösche, die behaupten, sie seien die nächste Madonna oder der Hintertupfinger-Mozart?

 

Wenn ein Studienrat jemand zur LEsung einlädt, gehe ich davon aus, dass er zumindest eine Leseprobe gelesen hat. Okay, ich weiß, selbst das ist manchmal optimistisch ;-). Wenn dann eine Dumpfbacke auftaucht, dann deshalb, weil der Studienrat Dumpfbacken liebt.

 

Gut, gibt das Argument des Preises. Genommen wird der Billigste, leider geschieht das oft. Aber eine Gewisse Affinität zu dem Studienrat wird dann schon verlangt. Und nicht jeder der kostenlos liest, ist deshalb schlecht, weit mehr Probleme macht mir die Tatsache, dass es immer mehr durchaus akzeptable Leute gibt, die kostenlos oder für wenig Geld lesen. Daran ist allerdings nicht das Internet schuld. Welcher Lyriker kann heute noch Geld für seine Werke erwarten, egal wie gut er ist? Und bei den anderen Autoren sehe ich diese Entwicklung auch immer mehr.

 

Hans Peter

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Es ist kein Einzelbeispiel, dass ein Oberstudienrat zu einem Autor sagt: "Was, Sie wollen für Ihre Lesung Honorar? Ich habe diverse Anfragen von Autoren, die glücklich sind, wenn sie überhaupt eine Lesung machen dürfen."

 

Ja, klar, aber das ist das Problem des Oberstudienrats. Besser gesagt, des Zustandes des Oberstübchens des Oberstudienrats. Und ich wette, dass daran nicht das Internet schuld ist!

 

In meiner Zeit als IT-Einzelkämpfer (vom Alltag eines Autos gar nicht so verschieden) hatte ich das auch öfters: Einkäufer, die mir sagten, "wir können Studenten kriegen, die uns das für ein Viertel von Ihrem Stundensatz programmieren". Worauf ich immer gesagt habe: "Gut, dann beauftragen Sie die. Aber behalten Sie meine Telefonnummer, weil Sie mich vielleicht anrufen wollen, wenn es dann nix geworden ist." Hat in der Regel dazu geführt, dass ein paar Tage später der Auftrag im Briefkasten lag - zu meinem Stundensatz, versteht sich.

 

Und da, wo das nicht so gekommen ist: Darum war's bestimmt nicht schade.

 

Nichts gegen Froschkonzerte, so lange die Frösche nicht der Ansicht sind, ihre Darbietung könne mit Mozart oder Madonna wetteifern.

 

:s05 Sorry, aber ich finde dieses Argument völlig unlogisch. Die Ansicht der Frösche ist in dem Fall doch absolut unerheblich! Es zählt allein die Ansicht der Zuhörer.

 

Hier siehst Du eine Kausalität, die meines Erachtens nicht existiert. Ob Nichtskönner ihr Ego mit Internetauftritten aufplustern, mit teurem Selbstverlag oder in Ego-Streichel-"Schreib"-Seminaren, spielt doch erst dann eine Rolle, wenn sich Entscheider von deren Auftreten über die Qualität dessen, was sie anzubieten haben, täuschen lassen. Was dann aber an diesen Entscheidern liegt und ihrem Urteilsvermögen, nicht am Internet (so wenig wie an der Existenz von Verlagsdienstleistern oder Veranstaltern kritikfreier Workshops).

 

Und wenn man was bewirken will, muss man sich fragen, was dieses Urteilsvermögen beeinträchtigt hat!

 

Ich möchte den Spruch daher modifizieren:

 

Nichts gegen Froschkonzerte, solange nicht die Musikkritiker und Plattenkäufer der Ansicht sind, ihre Darbietung könne mit Mozart oder Madonna wetteifern.

 

So herum wird doch eher ein Schuh draus, oder?

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Es ist kein Einzelbeispiel' date=' dass ein Oberstudienrat zu einem Autor sagt: "Was, Sie wollen für Ihre Lesung Honorar? Ich habe diverse Anfragen von Autoren, die glücklich sind, wenn sie überhaupt eine Lesung machen dürfen."[/quote']

Das kenne ich so überhaupt nicht (vielleicht habe ich bis jetzt auch nur derart tickende Lehrer nicht erlebt...). Die Schulen haben zwar kein Geld; trotzdem gibt es immer Töpfe, aus denen solche Veranstaltungen finanziert werden können. Außerdem stellen oft auch die Fördervereine Mittel für solche Zwecke zur Verfügung. Und da geht es nicht darum, wer am billigsten zu haben ist, sondern der Oberstudienrat, das Rektorat und der Förderverein legen Wert auf Qualität bzw. darauf, bekanntere Autoren zu verpflichten. Das habe ich so an allen Schulen erlebt, die meine Kinder bis jetzt besucht haben, und das waren nicht nur Berliner Schulen.

Was hat das jetzt mit dem Internet zu tun?

 

LG - Barbara

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Hmm. http://www.smilies.4-user.de/include/Denken/smilie_denk_09.gif Dann ist das doch das Problem: Dass die Geldbeutelhüter der Kultur keine Ahnung (mehr?) haben. Und man müsste diskutieren, was man tun kann, damit die's lernen.

 

Ich sehe bloß nicht, dass hieran das Internet schuld sein soll. Wär das nicht genauso, wenn's das nicht gäbe?

 

 

Darin sind wir uns einig, Andreas, dass Geldbeutelhüter und ihre partielle Ahnungslosigkeit ein Teil des Problems sind.

 

Meine ungemein längere Ausführung, in der ich auch Auswirkungen des Internets kunstvoll einzuflechten versucht habe, hat eben mein Rechner bei "Vorschau aktualisieren" kaputt gehauen. Richtig gemein. Jetzt gerad mag ich nicht alles nochmal schreiben.

 

Vielleicht waren meine Ausführungen auch dem Rechner völlig unlogisch :s22

 

Aber ich setz mich schon noch gern mit Deinen Argumenten auseinander.

 

Bis bald

Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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:s05 Sorry, aber ich finde dieses Argument völlig unlogisch. Die Ansicht der Frösche ist in dem Fall doch absolut unerheblich! Es zählt allein die Ansicht der Zuhörer.

 

Also zweiter Versuch, meine völlig unlogischen Argumente auf die Reihe zu kriegen.  :s22

Vorsicht, der Beitrag enthält satirische Elemente und sanfte Ironie.  :)

 

(Einige Personen tauchen bereits bei AndreasE #93 auf. )

 

Es geht also um die Klärung der Frage, ob das hochlöbliche Internet eine Verdummung und Versimpelung in die Kulturlandschaft hineintrage, worunter der ambitionierte Schriftsteller Erich Ernsthaft und irgendwann sogar weitaus bekanntere Autoren leiden könnten.

Eigentlich mag Erich das Internet. Erst recht schätzt er fundierte Diskussionen in guten Autorenforen wie unter den Teilnehmern hier. ( Und das meint er ganz unironisch, wenn auch nicht alles im Folgenden.)

Ja, Erich wünschte sich, das Internet wimmelte nur so von klugen Beiträgen noch klügerer Worturheber. Damit auch Breitmaulfrösche wie Siggi Schweinkram begreifen würden, für den Weg zu den Konzertsälen ist mehr Engagement nötig, als abendliche Froschkonzerte, in noch so schönen Internetauftritten dargeboten.

Und Siggi Schweinkram quakt – pardon, singt – nicht nur. Nein, Siggi ist auch ein großer Schriftsteller. Weltweit gelesen, von Grönland bis in die Antarktis wärmen seine Worte die Fangemeinde. Stellt sich Breitmaulfrosch Siggi vor. Na, wenn das nichts ist. Siggi ist ja auch felsenfest und sumpftief davon überzeugt, dass er eigentlich ein Prinz sei. Nur noch geküsst werden müsste. Von möglichst vielen Veranstaltern und Verwertern in der Kulturbranche. Am besten von allen Geldsäcken.  

 

Erich Ernsthaft glaubt, glaubte lange, dass eine berufliche Laufbahn so nicht einzuschlagen geht. Wenn er, wie vor paar Tagen in einer Großstadtbuchhandlung, den Roman "Ausgebrannt" gut plaziert liegen sieht, beginnt er wieder an das Gute im Kulturbetrieb zu glauben. Schriftstellerisches Können setzt sich doch fast ohne Schrammen durch. Wirklich ohne Neid freut er sich für den Kollegen, der mit "Ausgebrannt" ein breites Publikum vor Zukunftsentwicklungen warnt.

 

So einen Roman würde Siggi Schweinkram nie hinkriegen, weil er sich mit seinem Sumpfdasein begnügt. Siggi und Konsorten, all die Möchtegerns, die würden dem Autor von "Ausgebrannt" nie die Butter vom Brot kratzen.

Also was kratzen uns Froschkonzerte und Wortergüsse von Breitmaulfröschen, ob sie nun Siggi Schweinkram oder Adele Anmutsreim heißen.

 

Merke: auch Erich Ernsthaft macht sich manchmal Gedanken über Zukunftsentwicklungen. Nicht so logisch natürlich wie das in "Ausgebrannt" vorexerziert ist. Aber immerhin, mit seinen paar Jährchen Erfahrung im Literaturbetrieb kämpft Erich heldenhaft gegen seine eigenen völlig unlogischen Argumentationen an.

 

Doch zurück zu den Breitmaulfröschen Siggi und Adele und wie die Prinzen und Prinzessinnen heißen mögen. Zurück zu Kings and Queens (übrigens ein wunderschöner Titel von der Gruppe "Renaissance" – aber ich schweife schon wieder ab) zu den Möchtegerns also, die aus dem Internet spazieren, um nun auch  Veranstaltungsorte der realen Welt zu beglücken.

Natürlich springen Adele und Siggi und alle Frösche der weltweiten Sümpfe nicht kussgierig gerade einem Bestsellerautor ins Gesicht. Auch Erich Ernsthaft könnte im Prinzip unbehelligt von Krötenwanderungen seiner Wege ziehen und sogar Zäunchen bauen, damit die Kröten nicht unter die Räder kommen.

 

Doch mal sehen, wer oder was da langfristig unter die Räder zu kommen droht.

Die Frage, ob das Internet doof mache, bezieht sich ja nicht nur auf die Gegenwart, sie kann durchaus als Zukunftsvision, äh, Schreckensvision verstanden werden.

 

:s17

Ach, wie einfach logisch und kausal wäre das Leben, gäbe es nur allseits anerkannte super Schriftsteller hier (A) und den letzten Auswurf an Wortergüssen dort (B).

Wenn, ja wenn Kausalität nur zwischen A und B stattfände, sich vollzöge. Oder eben nicht vollzöge, weil die Welten so gut wie nichts miteinander zu tun haben.

 

Nichts zu tun hätten.

Um weiter in den anmaßenden Mutmaßungen von Erich Ernsthaft fortzufahren.

Es gibt nämlich noch die Verwerter. Das weiß ja nun ein jeder und weiß auch, dass die vom lieben Gott nicht immer mit dem besten Urteilsvermögen gesegnet worden sind.

Nehmen wir als Beispiel Uli Nervtöt-Overstress.

Uli (mal Ulrike, mal Ulrich, mal Kulturverwalter von Durchschnittshausen oder Lehrer dort, mal eine große Nummer sonstwo, wo schmale oder üppige Kulturetats zu verwalten sind), Uli entscheidet wesentlich darüber mit, ob Mozart, Madonna oder Froschkonzert gegeben wird.

 

Nun hat Uli Nervtöt-Overstress wirklich nicht die Zeit, sich um alles zu kümmern. Eigentlich hat Uli meist für gar nichts richtig Zeit.

Als Uli eine Anfrage für eine Lesung von Erich Ernsthaft erhält, reicht Uli die Anfrage sogleich weiter an die Mitarbeiterin Miss Gunst.

Miss Gunst zuckt mit den Achseln, kannte sie doch nicht einmal den Roman "Ausgebrannt", geschweige denn Erich Ernsthaft, und so schmeißt sie die Anfrage je nach Eingangsart in den realen oder virtuellen Papierkorb.

In dem Fall gibt es zwischen beiden Papierkorb-Welten tatsächlich Null Unterschied.

 

Weder Miss Gunst noch Uli Nervtöt-Overstress hängen übrigens in ihren schlaflosen Nächten an der Homepage von Siggi Schweinkram oder Adele Anmutsreim. Nein, so unter aller Sau sind nicht einmal überzeichnete Verwerter-Prototypen.

Nur schicken Adle und Siggi und alle Breitmaulfrösche nicht ein paar Anfragen, sondern unzählige. Da das "Literarische" bei ihnen schwuppdiwupp von der Hand geht, bleibt unermesslich viele Zeit für die eigene Vermarktung.

Bis Uli bzw. Miss Gunst entnervt die eh meist blanken Nerven strecken: "Also in Kulturgottes Namen, dann nehmen wir eben Adle oder Siggi ins Programm. Sind ja irgendwie bekannt. Vielleicht auch nur sattsam bekannt, aber damit es mal Ruhe gibt."  

Erich Ernsthaft sagt sich zunächst: Einmal ist keinmal.

Bis ihm das Leben ein anderes Sprichwort unter die Nase reibt: Viele Hunde sind des Hasen Tod.

 

Die Zahl der impertinenten Breitmaulfrösche wächst und wächst. Unaufhaltsam. Alle wollen sie geküsst werden. Und irgendwann schlägt Quantität in Qualität um. Also in miese Qualität.

Eine Invasion!

Die Invasion der Breitmaulfrösche aus den Sümpfen des Internets und die Unbeholfenheit der Geldbeutelhüter gehen eine Wechselwirkung ein, eine unheilvolle Allianz, vor der Erich Ernsthaft irgendwann fassungslos steht.

Und in noch fernerer Zukunft beginnt sich sogar ein Autor von Bestsellern zumindest von Gutsellern unruhig am Kopf zu kratzen:

Wie konnte das bloß passieren, was im Rundfunk, was im Fernsehen schon jetzt vorgeführt wird, dass qualitative (Wort-)Beiträge auf dem Rückzug, ein unsägliches Gequatsche und Gequake auf dem Vormarsch sind?

Wenn man schlecht gegessen hat und trotzdem nicht kotzen kann, muss man nur mal für fünf Minuten Quasselbuden in der Glotze anschauen. Es klappt sofort.

 

Und gerade das Internet sollte an dem allseitigen starken Verfall des Urteilsvermögens nicht schuld sein?

Nein, nicht so direkt, dass Adele Anmutsreim im Internet ihre Lyrikergüsse präsentiert und Unterstudienrat Alfred Affengeil sie sofort zu einer Lesung einlädt. Nicht so linear, dass Siggi Schweinkram mit einem Ausdruck seiner Internetstory "Froschfick" wedelt und Uli Nervtöt-Overstress sofort das Scheckbuch zückt.

 

Das ist ein schleichender, ein langwieriger Prozess. Und das Internet ist ein gewaltiges Medium. In vielfachem Sinne. Wir haben ausführlich diskutiert, dass es viele positive Möglichkeiten biete. Aber es breitet sich gewaltig aus, auch mit all seinem Potential, Erich Ernsthaft und allen um Qualität bemühten gewaltig auf den Keks zu gehen. Und ihre Kekse webzufressen.

 

Die Ansicht der Frösche ist in dem Fall doch absolut unerheblich![/b] Es zählt allein die Ansicht der Zuhörer.

 

 

Ich fürchte, lieber Andreas, die Ansicht der Frösche ist nicht unerheblich.

Wenn große Massen von Fröschen nur noch von einem Motto regiert werden: "Die Dummheit schreit, vor Begeisterung über sich selbst." (Aphorismus von Hanns-Hermann Kersten)

Wenn große Teile der Verwerter sich irgendwann von dem Motto leiten ließen: "Esst Scheiße, Milliarden Fliegen können nicht irren." (Aphorismus von Jung Puber-Teer)

 

So, lieber Kollege, zählt irgendwann, zumindest unser zaghaft eine Aufklärung befürwortende Ansicht, so viel wie ein Furz im Orkan.

Und es ist leider nicht völlig unlogisch, dass, so wie es eine Massenpsychologie des Faschismus gegeben hat, eine Massenpsychologie des Internets wird geben können, hin zu immer mehr Dummheit.

In unserem unwesentlichen Bereich der qualifizierten Literatur könnte diese Entwicklung in etwa so gehen, wie ich es satirisch geschildert habe. Möge sie immer nur Satire bleiben.

 

 

Und wenn man was bewirken will, muss man sich fragen, was dieses Urteilsvermögen beeinträchtigt hat!

 

Sicher vielerlei. Vielleicht ist es mit Homo sapiens einfach dumm gelaufen, ein Irrläufer der Evolution.

Aber ich kann das Internet aus der Kausalität nicht frei sprechen. Allgemein nicht und auf Autoren bezogen nicht. Es unterstützt auch all jene Tendenzen, welche die totale Hirnverfettung zur Folge haben können.

Das glaube ich leider ernsthaft.

 

Liebe Grüße

Imre

Gib, gib auch nach, aber gib nicht auf.&&www.imre-toeroek.de

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