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Das deutsche Kitschverbot

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Die deutschen können tolle Autos bauen, unter anderem den VW Käfer - aber keinen Film über ihn drehen (Herbie). Das sagt der Amerikaner Eric T. Hansen in Planet Germany.

 

Wegen dem Kitschverbot. Weil das bei jedem deutschen Autor die beherrschende Zensurbehörde sei. Liebe? Oh Gott nein, das ist Kitsch, weg damit.

 

Vielleicht etwas überspitzt, aber gerade habe ich in der Plotgruppe wieder erlebt, wie dieses "Kitschverbot" wirken kann.

 

Ich will eine Romeo und Julia Geschichte schreiben. Aber die beiden sollen sich nicht lieben, das wäre Hollywood Kitsch. Igitt, nein, pfui, nehmt das weg!

 

Ich habe oft den Eindruck, dass jede Figur, die was will oder tut, sofort auf "Kitsch" abgeklopft wird und deshalb alles gestrichen wird, was interessant sein könnte. Mittlerweile glaube ich, dass diese Kitschphobie ein ganz massives Hindernis beim Erzählen sein kann.

 

Weil oft unter dem Klischee die wirklichen Schätze verborgen sind. Weil man die nicht findet, wenn man nur von der Idee besessen ist: Ja kein Kitsch! Weil man dann nämlich weiträumig um jede Geschichte herumschreibt.

 

Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Was macht ihr, wenn ihr eine Idee habt, aber die scheint Kitsch oder Klischee zu enthalten?

 

Hans Peter

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Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Was macht ihr, wenn ihr eine Idee habt, aber die scheint Kitsch oder Klischee zu enthalten?

 

Ich schreibe sie trotzdem - mit einem kleinen Augenzwinkern. Ein bisschen (aber nur ein gaaanz kleines Bisschen) Eigenironie darf dann u.U. dabei sein. Manchmal aber auch nicht. Dann nicht, wenn auch ein wenig Tragik dabei ist.

 

Gruß, Melanie

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Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Was macht ihr, wenn ihr eine Idee habt, aber die scheint Kitsch oder Klischee zu enthalten?

 

Ich liebe Kitsch. ;D

Mag an dem Genre - Liebesromane - liegen, in dem ich schreibe, aber ich mach mir da gar keine Gedanken drum, ob eine Geschichte vielleicht zu kitschig wird. Ich versuche sie immer so zu erzählen, wie es sich für mich richtig anfühlt.

Und entkitschen kann man immer noch.

 

Hab kürzlich die Zusage für eine SF-Geschichte erhalten, bei der die Verlegerin dann auch bemerkte, dass man da die Dialoge etwas entkitschen sollte. Das macht nun das Lektorat, die Geschichte gefiel ja trotzdem, kann also nicht so schlimm sein.

 

Auf die Idee, auf Kitsch abzuklopfen, bin ich noch nie gekommen. Selbst würde ich das vermutlich sowieso nicht können.

Und bei den historischen Liebesromanen sind ein wenig Klischee und Kitsch nichts schlimmes, da stören sich die Leserinnen meist gar nicht dran.

 

Liebe Grüße

Maren

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Bettina Wüst

An dieser Frage werden sich wieder die Gemüter erhitzen, weil auch hier Geschmäcker und Definitionen auseinander klaffen können.

 

Für mich ist Kitsch Schein, nicht Sein. Also der vergoldete Plastikrahmen, rosarote Polyesterblümchen etc. Kitsch ist ein Angeber, ein Maulheld, der nur so tut als ob. Jede Szene, die grosse Gefühle zeigen soll, unterliegt der Kitschfalle. Liebe, Tod, Schmerz, Geburt, all das kann furchtbar kitschig beschrieben bzw. gezeigt werden, solange der Autor sich mit der Oberfläche zufrieden gibt.

 

Insofern hast Du Recht, die wahren Schätze liegen hinter dem Kitsch, man muss sie nur hervorholen und ECHTE Gefühle von ECHTEN Personen zeigt, ohne vorgefertigte Bilder oder Adjektive, die dem Leser ein Gefühl aufzwingen wollen.

Ich will eine Romeo und Julia Geschichte schreiben. Aber die beiden sollen sich nicht lieben, das wäre Hollywood Kitsch. Igitt, nein, pfui, nehmt das weg!

Wie bitte? Liebe = Kitsch? Oder wie?

 

LG

Bettina

" Winterschwestern" (AT)
Figuren- und Storypsychologie

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Ooops, da habe ich offenbar was falsch ausgedrückt. Mir ging es nicht um Kitsch im fertigen Werk, sondern im Entstehen.

 

Romeo und Julia lieben sich, aber die Eltern sind dagegen.

 

Dann fällt mir ein: Das ist Hollywood und Kitsch. Das will ich vermeiden. Also muss ich was ändern. Also lass ich das "lieben sich" weg. Klar, jetzt ist es nicht mehr Hollywood. Aber auch keine Geschichte mehr.

 

Ich vermute, dass viele Autoren sehr, sehr sensibel auf die Gefahr: Das ist Hollywood Kitsch bereits sehr früh im Entstehen der Texte reagieren - und dann versuchen, das zu vermeiden.

 

Hans Peter

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Da siehst Du den armen Shakespeare aber sehr verknappt, Hans Peter.

 

"Romeo und Julia" ist eben kein Klischee und kein Kitsch, da sie sich zwar lieben, ihre Liebe aber dennoch nicht erfüllt wird. Das Stück endet in Trauer und Tod - es kommt eben nicht zum Hollywood-Happy-End.

 

Selbst wenn es dazu käme, wäre es kein Kitsch, denn wie die allwissende Wikipedia weiß: "Kitsch steht zumeist abwertend gemeinsprachlich für einen aus Sicht des Betrachters emotional minderwertigen, sehnsuchtartigen Gefühlsausdruck. In Gegensatz gebracht zu einer künstlerischen Bemühung um das Wahre oder das Schöne werten Kritiker einen zu einfachen Weg, Gefühle auszudrücken, als sentimental, trivial oder kitschig."

 

Shakespeare hingegen ist eben nicht sentimental, trivial oder kitschig, sondern gerade beim von Dir genannten Urtext ist doch das Spannende vielmehr, daß er bis zum Ende auf dem schmalen Grad zwischen Tragödie und Komödie wandelt, am Ende aber doch tragisch wird - vom sprachlichen Niveau mal ganz abgesehen.

 

Wenn "Romeo & Julia" kitschig wäre, dann würde es wohl nicht dauernd zitiert werden und "The Bard" hätte seinen Stellenwert schon lange verloren.

 

Mal wieder ein Nachtrag: Was "Kitsch" (meiner Meinung nach) meint, ist doch das platte, unreflektierte Abgreifen von Situationsmodellen, Erwartungshaltungen und Archetypen. Nur das halte ich für negativ, ansonsten sollte man sich aus diesem Fundus reichlich bedienen, um dann Erwartungen zu brechen, auf die Klischees hinzuweisen oder auf Probleme aufmerksam zu machen.

 

Liebe Grüße, Thomas

Meine Web-Site: Im Plischke&&Mein Blog: Im Blogschke

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Ich hab Romeo und Julia immer als Drama verstanden - nicht als Kitsch.

Wurde auch in der Schule als Drama besprochen (und angeschaut als Theaterstück).

 

Liebe Grüße

Maren

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Also müssten wir erst mal "Kitsch" definieren. Gibt es dazu eigentlich eine Definition? Wir würden sonst, glaube ich, sehr schnell an einander vorbeidiskutieren.

 

Gruß, Melanie

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Also müssten wir erst mal "Kitsch" definieren. Gibt es dazu eigentlich eine Definition? Wir würden sonst, glaube ich, sehr schnell an einander vorbeidiskutieren.

 

Gruß, Melanie

 

 

Die Liebesgeschichten in den Romanen Karl Mays, die fand ich schon als Jugendlicher kitschig. Was wohl auch daran lag, dass Herr May wenig tatsächliche Erfahrungen mit der Liebe in seinem Leben gemacht hatte und deswegen auch nicht darüber schreiben konnte (meine Meinung).

 

Ansonsten habe ich kein Problem mit dem was man als Kitsch oder Klischee betiteln könnte, solange die Geschichte in sich stimmt. Ich denke dann auch nicht darüber nach.

 

LG

 

Lothar

Es ist unsinnig die Geschwindigkeit zu erhöhen, wenn man in die falsche Richtung läuft

 

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Bettina Wüst

Mit der Wikipedia Definition kann ich leben.

 

Aber ich gestehe, dass ich das Problem noch nicht ganz verstehe. Kannst Du, Hans Peter, uns vielleicht ein konkretes Bsp. geben? Kitschalarm ist ja nicht gegeben, nur weil man eine Liebesgeschichte schreibt.

 

Und egal, ob ich eine Geschichte als Leser oder Autor betrachte, meine Gedanken bez. Kitsch ändern sich nicht. Wenn ich das Gefühl habe, eine Szene kitschig geschrieben zu haben, streiche ich sie. Aber ich vermeide sie nicht, nur aus Angst, sie könne kitschig sein. Nehmen wir mal das Beispiel Liebesszene: Kitschfalle par excellence.

Sollte ich sie deswegen nicht schreiben?

Das wäre Blödsinn.

Auch hier gilt ja, was auch sonst beim Handwerk Schreiben Gültigkeit hat. Nicht ausschließlich das WAS, sondern das WIE ist entscheidend.

 

http://smilies.montsegur.de/39.gif

Heile Welt Smiley

Kitsch?

 

http://smilies.montsegur.de/15.gif

Böse Welt Smiley

Kitsch?

 

LG

Bettina  

" Winterschwestern" (AT)
Figuren- und Storypsychologie

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Die Wikipedia-Definiton fand ich nicht so ganz eindeutig, da sie ja deutlich macht, dass man Kitsch eben nicht so einfach definieren kann ;). Es hat viel mit Subjektivität zu tun und ich glaube, deshalb ist es so schwierig. Was für den einen der Inbegriff einer wunderbaren, behutsamen Liebesgeschichte ist, mag für den nächsten Kitsch pur sein. Insofern kann nur der Autor selbst entscheiden, was gerade Kitsch ist. Aber wenn der Autor selbst meint, was er schreibt, sei Kitsch, hat er damit ja schon eine Abwertung getroffen. Wer mit sich im Reinen ist und das ganze wird von anderen als "Kitsch" defniert, muss sich entscheiden, wem er es recht machen will.

 

Gruß, Melanie

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Da gebe ich Bettina recht, daß auch ich noch nicht so sicher bin, worauf Du hinauswillst, Hans-Peter.

 

Die Zahl der "wirklich großen Themen" ist ja recht begrenzt: Liebe, Leiden, Tod, Leben, Konflikt mit der Außenwelt, Konflikt mit der Innenwelt. Das ist aber nicht gleich Kitsch - ich sehe die Probleme auch eher auf der Darstellungs-/Diskursebene denn auf der thematischen/Plot-Ebene.

 

Und um auf die ursprüngliche Frage zurückzukommen: Ich schrecke auch nicht immer vor Kitsch zurück. In Klischees schwelgen, kann ja auch mal eine schöne Erfahrung sein - sowohl als Produzent als auch als Rezipient. Nur auf Dauer finde ich es ganz persönlich etwas ermüdent.

 

Liebe Grüße, Thomas

Meine Web-Site: Im Plischke&&Mein Blog: Im Blogschke

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Insofern kann nur der Autor selbst entscheiden' date=' was gerade Kitsch ist. [/quote']

Auch wenn es sich hier um ein Forum von Autoren für Autoren handelt, ist der Intentionalismus tot - der riecht sogar schon ganz fies *zwinker*

 

Liebe Grüße, Thomas

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Insofern kann nur der Autor selbst entscheiden' date=' was gerade Kitsch ist. [/quote']

Auch wenn es sich hier um ein Forum von Autoren für Autoren handelt, ist der Intentionalismus tot - der riecht sogar schon ganz fies *zwinker*

 

Nach der Definition: Intentionalismus [lateinisch] der, Ethik: die Lehre, dass jede Handlung nach ihrer Absicht, ihrer Gesinnung, nicht nach ihrer Wirkung zu beurteilen sei.

bin ich doch gar nicht gegangen. Die Wirkung liegt doch immer im Auge des Betrachters, nicht unbedingt des Autors.

 

Gruß, Melanie

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Hallo Thomas,

 

arrg, heute muss mein mißverständlicher Tag sein. Ich habe Romeo und Julia nicht kitsch genannt, mir ging es auch überhaupt nicht darum, was kitsch und Klischee ist oder nicht ist.

 

Sondern darum, dass viele bestimmte Handlungen gleich bei der Entstehung ausblenden, weil das "kitsch" oder "Klischee" oder "Hollywood" sei - ob diese Einschätzung zu recht oder unrecht besteht, sei mal dahingestellt.

 

Dass "Kitsch" und "Klischee" also ein Filter ist, den viele Autoren im Kopf haben und der von vorneherein viele Ideen ausfiltert.

 

Hans Peter

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Hallo Bettina,

 

Wenn ich das Gefühl habe, eine Szene kitschig geschrieben zu haben, streiche ich sie.

Genau das meine ich. Das viele dann streichen. WEnn es auch nur ganz entfernt die Kitschvermutung bei ihnen anschlägt.

 

Ich habe eine Liebesgeschichte. Die beiden mögen sich. (Autsch, schreit der Kitschfilter, Vorsicht Hollywood!). Und dann gehe ich her und versuche mich möglichst weit davon zu entfernen (Kein Kitsch, no sir!).

 

Statt die Geschichte zu schreiben. Und dann zu schauen, was eigentlich besonderes daran sein könnte.

 

Ich gebe zu, ich habe da mit Romeo und Julia übertrieben, so extrem ist der Kitschfilter dann doch meist nicht eingestellt. ;-)

 

Aber so, dass Handlungen gestrichen werden, das Ergebnis dann zwar nicht Hollywood ist, aber leider grottenlangweilig, das schon.

 

Hans Peter

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Bettina Wüst
Hallo Bettina,

 

Wenn ich das Gefühl habe, eine Szene kitschig geschrieben zu haben, streiche ich sie.

Genau das meine ich. Das viele dann streichen. WEnn es auch nur ganz entfernt die Kitschvermutung bei ihnen anschlägt.

 

Da habe ich mich falsch ausgedrückt. Was ich sagen wollte, war: Wenn ich das Gefühl habe, eine Szene kitschig geschrieben zu haben, streiche ich sie UND SCHREIBE SIE NEU oder SCHREIBE SIE UM.

 

Natürlich habe ich einen Kitsch- und Klischeefilter im Kopf, wenn ich schreibe. Es ist aber MEIN Filter.

 

Die Idee verwerfe ich nicht, wenn ich Kitschalarm spüre. Sondern die Ausführung.

 

Wer sich ständig hinterfragt, ob Leser xy das jetzt kitschig finden könnte, schreibt mit angezogener Handbremse.

Wer sich selbst hinterfragt, seinen eigenen Kitschfilter benutzt, schreibt mit Airbag

 

findet

 

Bettina

" Winterschwestern" (AT)
Figuren- und Storypsychologie

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Mal ganz ketzerisch: Was ist denn so schlimm daran, wenn eine Geschichte wirklich Hollywood-Kitsch ist?

Mir fallen auf Anhieb etliche ein, die ganz arg in diese Richtung gehen und super erfolgreich waren.

Klar, beim Krimi passt Kitsch sicher nicht, auch Thriller ist da nichts für, allerdings besteht in den Genres ja wohl auch keine Gefahr, dass der Autor zu kitschig schreibt.

 

LG

Maren

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Dass "Kitsch" und "Klischee" also ein Filter ist' date=' den viele Autoren im Kopf haben und der von vorneherein viele Ideen ausfiltert.[/quote']

"Klischee" ist ein Filter in meinem Kopf, "Kitsch" nicht.

 

Ich behaupte mal von mir, dass das "Kitschverbot" in meinem Denken noch nie eine Rolle gespielt hat.

Ich kann mit meinem Liebsten Hand in Hand dasitzen, einen Sonnenuntergang betrachten und sagen: "Das ist schön". Weil ich erwachsen bin. Wäre ich irgendwo in der Pubertät steckengeblieben, müsste ich sagen: "Guck mal, das sieht ja direkt kitschig aus", weil es zu dieser Phase gehört, starke, v.a. positive, Gefühle leugnen zu müssen.

 

Und so hat auch das "Kitschverbot" für mich etwas Pubertäres, zumindest, soweit es sich auf große Gefühle bezieht. Wo es sich auf Klischees bezieht, abgenudelte, ausgelutschte Vergleiche, hat es durchaus seine Berechtigung.

Wenn ich das Denken, Fühlen, Handeln meiner Figuren authentisch beschreibe - wie soll es da zu "Kitsch" (im erwähnten Sinne von Klischee) kommen? Und da ist es dann wurscht, ob ich eine Liebesszene schildere oder einen Tisch beschreibe.

 

Natürlich freue ich mich, wenn mir bestätigt wird (wie gerade heute in der Leserunde), meine Liebesszenen seien kitschfrei, z.B. durch ironische Brechung. Aber ich bin froh, sagen zu können, dass ich das nicht bewusst einsetze. Ich fände es schlimm (und, wie gesagt, pubertär), wenn ich große Gefühle beschreiben würde und hinterher aus "Kitschangst" etwas einbauen müsste, um die Sache zu ent-intensivieren.

 

Liebe Grüße

Uschi

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Kitsch - das ist doch das "so-als-ob", das Nachgemachte, das ist fake, Imitation dessen, was wirklich dahintersteckt.

 

Liebe als solche ist kein Kitsch, der Landarzt auch nicht, genausowenig wie rosa Rosen.

 

Wenn ein Autor ein eine permanente "Kitschvermutung" hat, beweist das doch eigentlich nur seine Unsicherheit, ob er in das Lage ist, wirklich das Wahre und Schöne (oder Hässliche) in seiner berührenden Form zu schreiben.

 

Natürlich gehört Mut dazu, eine gefühlsträchtige Szene zu schreiben, weil man sich dabei seinen eigenen Gefühlen stellen muss. Man gibt ja einen Teil seiner Selbst in die Geschichte, also muss man sich dem auch stellen, der großen Liebe ebenso wie der Trauer, dem Hass, der Gier, der Wut, der Harmonie, dem Vertrauen ...

Ich finde es grauenvoll, wenn zwei Figuren beispielsweise sich mit großer Innigkeit begegnen, und dann fällt ein toter Vogel vom Baum oder ein Hund pinkelt gegen denselben, nur damit es nicht "kitschig" sondern realistisch wird.

 

Ich besitze übrigens auch keinen Kitschalarm, ich traue mich an alle Szenen heran, die ich brauche, schreibe sie, und wenn ich beim zweiten Lesen merke, dass ich zu dick aufgetragen habe, verschlanke ich sie eben. Aber mit den Jahren, stelle ich fest, tritt das auch immer seltener auf.

 

@ThomasP: Kleine Berichtigung - Archetypen sind weit, weit von jedem Kitsch entfernt, ich nehme an, Du meintest Stereotypen.

 

Gruß

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Ich finde es grauenvoll' date=' wenn zwei Figuren beispielsweise sich mit großer Innigkeit begegnen, und dann fällt ein toter Vogel vom Baum oder ein Hund pinkelt gegen denselben, nur damit es nicht "kitschig" sondern realistisch wird.[/quote']

Oh ja, das ist eine ganz grässliche, wenn auch nicht ganz seltene Variante von Kitschangst. Und wirkt auf mich mindestens genauso abschreckend wie die Verwendung fettester Klischees.

 

Liebe Grüße

Uschi

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@ThomasP: Kleine Berichtigung - Archetypen sind weit' date=' weit von jedem Kitsch entfernt, ich nehme an, Du meintest Stereotypen.[/quote']

Nein, ich meinte schon Archetypen als generische Vertreter eines Figurentyp. Das einfache Abspulen von Jung, Vogler, Campbell oder auch allgemeineren Formen ist meiner Meinung nach durchaus Kitsch. Beispielsweise die unschuldige Liebende oder der strahlende Held erwecken auch Gefühle - diese sind aber eben klischeehaft und kitschig (wenn da nicht noch mehr kommt).

 

Um auf Hans Peters Frage zurückzukommen: Einen solchen Filter gibt es bei mir in Teilen schon, aber ich halte es dann ebenso wie Bettina. Mich schreckt vor allem das Klischee, wenn Ole oder mir etwas zu klischeehaft erscheint, dann wird es eben umgeschrieben oder abgewandelt.

 

Liebe Grüße, Thomas

Meine Web-Site: Im Plischke&&Mein Blog: Im Blogschke

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Zunächst mal würde ich Hans-Peter recht geben, das wir oft (ob nur in D. oder auch woanders) eine Kitsch-Phobie haben, die als übereifriger Zensor agieren kann, sodass der Autor gar nicht oder nur mit übertriebener Zurückhaltung an die Darstellung großer Gefühle geht.

 

Hier wurde die Frage gestellt, was ist überhaupt Kitsch. An der gedrechselten Wiki-Antwort kann man ablesen, dass die Definition gar nicht so einfach ist. Jeder hat vielleicht seine eigene. Die, die mir gefallen hat, ist Bettinas:

 

Für mich ist Kitsch Schein' date=' nicht Sein. Also der vergoldete Plastikrahmen, rosarote Polyesterblümchen etc. Kitsch ist ein Angeber, ein Maulheld, der nur so tut als ob. Jede Szene, die grosse Gefühle zeigen soll, unterliegt der Kitschfalle. Liebe, Tod, Schmerz, Geburt, all das kann furchtbar kitschig beschrieben bzw. gezeigt werden, solange der Autor sich mit der Oberfläche zufrieden gibt. [/quote']

 

"... der so tut, als ob."

 

Das Foto eines Kinderkopfes mit großen blauen Augen, zartgeschwungenen Linien in Lippen und Nasenflügel ist sicher kein Kitsch, obwohl es Gefühle anregt. Man ist berührt von der Unschuld, man möchte das Kind beschützen, vielleicht sofort in den Arm nehmen. Das sind echte Gefühle, die der Betrachter sofort in sich spürt. Hier ist alles echt.

 

Ist ein ähnliches Foto aber entstanden, indem dieser Eindruck durch übertriebene Hilfsmittel noch besonders provoziert werden soll (ein paar Rüschchen im Haar, rosa Lätzchen, etc), dann durchschaut der Zuschauer (nicht alle allerdings) dieses Posieren und die Sache geht nach hinten los. Große Gefühle werden nicht mehr angesprochen, sondern das Ganze beginnt lächerlich zu wirken. Und wer möchte schon lächerlich wirken, daher die Phobie des Künstlers.

 

Daraus stelle ich mir folgende Fragen:

 

1) Was genau bewirkt, dass bei den meisten die Wahrnehmung umschlägt ... vom wahren Gefühl zur Entlarvung einer Gefühlslüge?

 

2) Wie kommt es, dass eine gewisse Anzahl Menschen etwas kitschig finden, während andere es nicht merken oder sogar darin schwelgen?

 

3) Auf was muss ein Autor achten, der große Gefühle ansprechen will, aber Kitsch vermeiden will? Diese dritte Frage ergibt sich vielleicht aus den Antworten der anderen Fragen.

 

:)

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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