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(ChristophL)

Warum sind anglo-amerikanische Autoren so gut?

Empfohlene Beiträge

wenn geschichtaträchtige Umgebung große Autoren gebiert, wo sind denn die Griechen und Italiener auf unseren Bestsellerlisten?

Na?

 

Gutes Argument!

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Deutsche Produktion' date=' Siegfried im goldenen Minitanga frisch aus dem Fitnestudio. Erzähl mir da einer was von verkopft.  ;D[/quote']

sach ich doch, es gibt Hoffnung ;D

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Hier in Freiburg gibt es gleich zwei Gruppen, die Geschichte "zum Anfassen" bieten und das sehr witzig. Dass da auch hinter den Kulissen ein ziemlicher Konkurrenzkampf tobt, gehört auch dazu. Freiburg unter den Franzosen, erzählt von einem Halbfranzosen und einem Halbdeutschen, die um eine Frau kämpfen und dabei die berühmte Pulverexplosion Ende des 18. Jahrhunderts auslösen. Mein Neffe war begeistert und ich auch.

 

Bea von Malchus, Erzähltheater (sie erzählt und spielt gleichzeitig), "Heinrich der Achte", Shakespeare wird von Elisabeth beauftragt, ein Stück über ihren Vater zu schreiben (Heinrich VIII), leider hat die Königin Zahnschmerzen und deshalb ...

 

Als wir im September Karten für Dezember wollten, haben die uns ausgelacht. Am 24.1. hätten wir noch Plätze, vorher alles ausverkauft. Das Erzähltheater findet sich übrigens hier:

(Link ungültig)

 

Wer Gelegenheit hat, es zu sehen: Unbedingt hingehen! Da verändert sich deutlich was in Deutschland.

 

Ich denke auch, dass nicht wichtig ist, wieviele Zeugnisse der Vergangenheit es gibt (die Amerikaner lieben ihre, dabei gibt es nur einen Bruchteil von dem, was du in Europa findest). Entscheidend ist, was du wahrnimmst. Und dass du nicht mit Hochachtung herangehst, sondern Geschichten erlaubst zu entstehen.

 

Wie gesagt, Stoneheart spielt auch nicht mit den gängigen Denkmälern.

 

Hans Peter

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Hier geht man zu oft mit Filzpuschen von weit weg und mit größtmöglicher Ehrfurcht an Interessantes heran (wir waren früher viel in Museen und Schlössern als Kinder. Wenn man nur flüsterte gab es schon böse Blicke). So fördert man nicht den ungezwungenen Umgang mit Vergangenem.

Liebe Grüße, Susanne

 

"Books! The best weapons in the world!" (The Doctor)

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Was die Tradition der Geschichten in Deutschland angeht, so vermute ich, dass wir auch hier zum Teil ein gestörtes Verhältnis zu unseren Geschichten haben, weil sie lange Zeit instrumentalisiert wurden. Beginnend im 19. Jh, als man das verbindende, nationale in den Vordergrund stellen wollte und "die Germanen" entdeckte, mit gehörnten Helmen und allem Kitch drum herum, wie diverse Denkmäler (auch der Hermann im Teutoburgerwald). Über Wagner bis hin zur Germanenverehrung der Nazis, etc, da haben wahrscheinlich viele Hemmungen, solche Geschichten aufzunehmen. Man fürchtet, in Kitsch zu verfallen oder in Heimatrührseligkeit oder noch schlimmer in nationalistischer Verehrung. Gott behüte. Andere Völker sind da natürlich wesentlich entkrampfter, da andere Geschichte.

 

Ich für mein Teil finde die Nibelungen ein Wahnsinnsstoff. Und es gibt sicher tausend lokale Stories, die spannend sind. Daran mangelt es sicher nicht. Nur, wer will sie aufgreifen?

 

Aber, das ist nicht der Grund, warum die Angelsachsen gut erzählen. Ich glaube einfach, es gehört in der englisch sprechenden Welt dazu, zu schwadronieren und zu erzählen. Das sieht man im täglichen Leben, sogar in der Geschäftswelt. Vielleicht ist dies keltischen Ursprungs, die Iren und Waliser und Schotten erzählen vermutlich gern und das hat sich auch auf die aingewanderten Sachsen und Dänen übertragen.

 

Hinzu kommt, m.E, was Hans Peter und Andreas über das wirkunsvolle Kommunizieren gesagt haben. Bei uns, ich glaube auch in Frankreich, wird die Form verehrt, egal ob der Leser was draus machen kann. Die schöne Rede, der interessante Stil, Darüber vergisst man leicht, dass es ja um den Leser geht und nicht den Autor.

 

Das beherzigen die Angelsachsen. Der Leser soll verstehen, fasziniert und amüsiert werden. Der Kunde ist König !!!

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Ich würde gerne noch mal auf einen früher hier verhandelten Aspekt zurückkommen:

 

Es ist jetzt mehrmals beklagt worden, dass deutsche Autoren schwerblütig, grüblerisch, unzugänglich usw. und jedenfalls nicht so unterhaltsam schreiben, wie es möglich wäre.

... Wie lernen wir, es besser zu machen?

 

Soweit die Gegenüberstellung unterhaltsam vs unzugänglich stimmt - gebongt. Umso mehr wenn es die message ist, derzuliebe der Autor unbedingt auch noch eine grüblerische Geschichte erfinden musste, der man anmerkt, wie sehr sie als Transportmittel missbraucht wird. Es mag auch sein, dass es unter den deutschen Autoren einen gewissen Extremismus in dieser Botschaftsfrage gibt, jedenfalls gab (ich bin gerade beruflicherseits gezwungen, die "Ansichten eines Clowns" zu lesen - knurr).

 

Nur ist mir der offenbar unaufhaltsame Siegeszug der positiv gestimmten und letztlich stets von Erfolg belohnten amerikanischen Haupthelden da auch kein Trost. Es gibt halt auch noch ein paar andere Geistesinhalte auf der Welt als den "american dream" oder das "pursuit of happiness". Vielleicht hätten die Leutchen, in deren Kulturkreis ein Oblomow erfunden wurde, der sein Lebtag lang im Bett bleiben möchte, ja doch auch noch was zu sagen? Gibt’s keinen klassischen schweizer/österreichisch/deutschen Zungenschlag, der das Bedürfnis nach einem eigentümlicheren Amusement bedient? Oder sollen der Franz Hohler oder Wolf Haas sich umstellen und flotter in der Schreibe werden?

 

Eine Menge Dinge auf der Welt haben sich amerikanisiert in den letzten Jahren. Ich merke es immer an meinen Studenten, die früher so viel Unterschiedliches aus ihren Kulturen zu erzählen hatten und nun immer einförmiger werden, mit den amerikanisch organisierten Hochzeiten in Weiß, Christmas-Rummel und Kentucky Fried Chicken Restaurants überall auf der Welt. Klar, dass anderes dann dafür verschwindet. Momentan wird bei uns gerade de universitäre Betrieb amerikanisiert - mit katastrophalen Folgen nicht nur für die Studierwilligen.

 

Es sei willkommen – um zum Anfang zurückzukehren –, was unterhält. Es kratzt an den Nerven, wenn die „Botschaft“ aufdringlich durch den Roman watschelt. Sind die amerikanischen Erfolgsbücher davon frei? Tom Woolfes „Ich bin Charlotte Simmons“: Zweifelsohne ein grandios geschriebenes Buch mit hohem Unterhaltungswert. Den wunderbaren Ausgangskonflikt von der keuschen Hinterwäldlerin inmitten der snobistischen Campus-Society löst er wie auf?

 

Das kleine Landmädchen aus der Verlorenen Provinz war also in bemerkenswert kurzer Zeit, in nicht einmal sechs Monaten, zu einer richtigen Campus-Berühmtheit geworden. (letztes Kapitel, p. 945)

 

Ende gut, weil Erfolg gehabt. Schade. Vom Inhalt her ebenso wie von dieser immer wieder gleichen Hans-im-Glück-Moral.

 

Schön, dass es Tom Woolfe zu lesen gibt. Gott sei Dank gibt es auch - noch - Nagib Machfus, Yassar Kemal, Victorija Tokarijewa.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Hinzu kommt, m.E, was Hans Peter und Andreas über das wirkunsvolle Kommunizieren gesagt haben. Bei uns, ich glaube auch in Frankreich, wird die Form verehrt, egal ob der Leser was draus machen kann. Die schöne Rede, der interessante Stil, Darüber vergisst man leicht, dass es ja um den Leser geht und nicht den Autor.

 

 

Besteht nicht auch die Möglichkeit, dass es irgendwo da draußen Leser gibt, die sich an interessantem Stil und schöner Rede ebenso erfreuen wie der Autor?

 

Also, mich befremdet die Annahme, dass Aspekte des Buches, die über die spannende, mitreißende Handlung hinausgehen, ausschließlich dem Narzissmus und intellektuellen Geltungsbedürfnis des Autors entspringen.

Und was heißt das: Egal, ob der Leser was draus machen kann? Welcher Leser denn? Nur, weil der eine ein Buch zu langatmig, zu komplex, zu schwer empfindet, muss das ja nicht für alle gelten.

 

Die Vielfalt von Büchern hat für mich mit der Vielfalt von Essen zu tun. Der eine bevorzugt MacDonalds, der andere den Chinesen, wieder andere Hausmannskost und dann gibt's schrille Küchenexperimente, bei denen weiße Schokolade mit rote Rübensaft vermischt wird.

Klar - alles kann schief gehen, zu stark gewürzt sein oder anbrennen. Aber trotzdem ist es zunächst legitim für jeden Koch, sich seine Nische und somit auch seine entsprechenden Gäste zu suchen. Wenn einer dieser Köche nun einen Zander brät und damit den Kunden verprellt, der grade Lust auf ne Curry-Wurst hat - dann heißt das doch noch lange nicht, dass er nur um sich selbst kreist und nicht an seine Kundschaft denkt. Klar ist natürlich auch, dass die Zubereitung einer Curry-Wurst manchmal meisterhafter sein kann als die eines Zanders.

 

Liebe Grüße,

Julia

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Angelika, das haette ich genau so, aber wirklich ganz genau so ueber Wally Lambs "Frueh am Morgen beginnt die Nacht" schreiben koennen. Ein hochspannendes Thema, vielschichtige, klug gezeichnete Figuren, eine Geschichte, die packt und durchruettelt - und am Ende spielen dann alle zusammen froehlich Baseball und praesentieren sich grinsend die Moral von der Geschicht'. Was fuer eine Enttaeuschung, wie schade um das schoene Buch.

 

[besteht nicht auch die Möglichkeit, dass es irgendwo da draußen Leser gibt, die sich an interessantem Stil und schöner Rede ebenso erfreuen wie der Autor?

 

Also, mich befremdet die Annahme, dass Aspekte des Buches, die über die spannende, mitreißende Handlung hinausgehen, ausschließlich dem Narzissmus und intellektuellen Geltungsbedürfnis des Autors entspringen.

 

Danke, Julia.

Wer nicht an die Leser glaubt, die sich an sprachlicher Brillanz erfreuen, kann ja z.B. mal in unsere Leserunde mit Katerina Timm reinlesen.

 

Ich glaube, wir kaemen in diesem Thread - und dem ueber positive Helden, der aus diesem erwachsen ist - sehr viel weiter, wenn nicht ein Lesegeschmack und ein Satz Schreibziele ad absolutum gesetzt wuerde.

Vielleicht - reine Spekulation - sind ja die anglo-amerikanischen Autoren auch erfolgreicher, weil sie selbstbewusster durchziehen, was sie koennen und wollen, statt danach zu schielen, was andere gerade besser machen?

 

Ueber die - dazu stehe ich - von mir ueberhaupt nicht gemochte, aber extrem erfolgreiche Diana Gabaldon habe ich gelesen, sie habe ihr erstes Buch im allerstillsten Kaemmerlein vor sich hin geschrieben, ohne sich im geringsten darum zu scheren, was sich derzeit besonders gut verkaufte.

 

Ich glaube, wir haben in diesem Forum genug Beispiele fuer Autoren, die erfolgreich sind, weil sie Originale und keine Kopien liefern.

Und eins geht, glaube ich, hundertprozentig schief: Der Versuch, etwas zu schreiben, das man selbst unter gar keinen Umstaenden lesen moechte. Der positiv eingestellte Held mit den Ecken und Kanten interessiert mich als Leser nicht - wie soll ich den beschreiben?

Waeren anglo-amerikanische Autoren nur erfolgreich, weil sie einen bestimmten Stereotypus immer wieder bringen, dann waeren wir ihnen laengst auf die Schlichte gekommen.

 

Herzliche Gruesse von Charlie

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Die Vielfalt von Büchern hat für mich mit der Vielfalt von Essen zu tun. Der eine bevorzugt MacDonalds, der andere den Chinesen, wieder andere Hausmannskost und dann gibt's schrille Küchenexperimente, bei denen weiße Schokolade mit rote Rübensaft vermischt wird.

Klar - alles kann schief gehen, zu stark gewürzt sein oder anbrennen. Aber trotzdem ist es zunächst legitim für jeden Koch, sich seine Nische und somit auch seine entsprechenden Gäste zu suchen. Wenn einer dieser Köche nun einen Zander brät und damit den Kunden verprellt, der grade Lust auf ne Curry-Wurst hat - dann heißt das doch noch lange nicht, dass er nur um sich selbst kreist und nicht an seine Kundschaft denkt. Klar ist natürlich auch, dass die Zubereitung einer Curry-Wurst manchmal meisterhafter sein kann als die eines Zanders.

 

Herzlichen Dank, Julia. Für dieses statement hättest du eigentlich was von meinem abendlichen Tafelspitz verdient!

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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Ach, Charlie, du auch:

 

Ich glaube, wir kaemen in diesem Thread sehr viel weiter, wenn nicht ein Lesegeschmack und ein Satz Schreibziele ad absolutum gesetzt wuerde.

 

was, glaub ich, einerseits gar nicht so durchgesetzt ist bei allen und andererseits eindeutig von der Gleichsetzung von Erfolg und Qualität herrührt. Was selber wiederum sehr amerikanisch ist.

 

Erfolg ist mir eine haarsträubend tautologische Kategorie.

 

Grüße, Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Hinzu kommt, m.E, was Hans Peter und Andreas über das wirkunsvolle Kommunizieren gesagt haben. Bei uns, ich glaube auch in Frankreich, wird die Form verehrt, egal ob der Leser was draus machen kann. Die schöne Rede, der interessante Stil, Darüber vergisst man leicht, dass es ja um den Leser geht und nicht den Autor.

 

Besteht nicht auch die Möglichkeit, dass es irgendwo da draußen Leser gibt, die sich an interessantem Stil und schöner Rede ebenso erfreuen wie der Autor?

 

Also, mich befremdet die Annahme, dass Aspekte des Buches, die über die spannende, mitreißende Handlung hinausgehen, ausschließlich dem Narzissmus und intellektuellen Geltungsbedürfnis des Autors entspringen.

Und was heißt das: Egal, ob der Leser was draus machen kann? Welcher Leser denn? Nur, weil der eine ein Buch zu langatmig, zu komplex, zu schwer empfindet, muss das ja nicht für alle gelten.

 

Hallo Julia,

bitte stell mich nicht gleich in die MacDonalds-Ecke, nur weil ich für wirkungsvolle Kommunikation bin. Eine gute Geschichte, in schöner Sprache erzählt, die vom Leser auch inhaltlich verstanden wird, das ist natürlich, was wir wollen. Das ist aber keine Curry-Wurst.

 

Ich wollte nur ausdrücken, dass angelsächsiche Schreiber sich Mühe geben, so zu schreiben, dass der Leser es versteht, dass er Lust hat weiterzulesen. Das ist auch schon mehrfach von anderen hier bestätigt worden. Das muss aber nicht heißen, dass darunter die Sprache leiden muss. Diese Schlussfolgerung kann ich nicht nachvollziehen.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Aber trotzdem ist es zunächst legitim für jeden Koch, sich seine Nische und somit auch seine entsprechenden Gäste zu suchen. Wenn einer dieser Köche nun einen Zander brät und damit den Kunden verprellt, der grade Lust auf ne Curry-Wurst hat - dann heißt das doch noch lange nicht, dass er nur um sich selbst kreist und nicht an seine Kundschaft denkt.

Das hat ja auch niemand bestritten. Es gibt - Gottseidank - viele sehr unterschiedliche Bücher, auch sind längst nicht alle amerikanischen Bücher so gleichgeschaltet, wie hier manchmal behauptet wird.

 

Es geht darum, dass du dich in deinen Leser hineinversetzt. Den Zander (oder die Currywurst) nicht so bräts, wie die wissenschaftliche Zandergesellschaft in ³3, Abs. 4 vorschreibt, weil das die kulinarisch anspruchvollste Zubereitungsart sei. Sondern so, dass sie deinen Gästen schmeckt, du dich in die reinversetzen kannst, statt beleidigt zu sagen: Das ist der beste Zander und wenn er euch nicht schmeckt, seid ihr Banausen.

 

Übrigens können Bücher durchaus je nach Zeit ungeheuer spannend sein und später nicht mehr.

 

Ansichten eines Clowns habe ich Anfang der Sechziger verschlungen. Ich bezweifle, dass ich ihn heute noch lesen könnte.

 

1984 lese ich gerade wieder, der Anfang ist ein einziger, furchtbarer Infodump. Dass das so erscheint, liegt auch daran, dass all das, was damals neuartig war (Neusprech, die Gedankenpolizei, etc.) mittlerweile in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen ist und längst nicht mehr so fasziniert.

 

Es geht darum, ob du dich in deine Leser versetzten kannst. Ob dir das überhaupt wichtig ist. Das war es lange Zeit in Deutschland nicht, hat sich aber in den letzten Jahren sehr geändert. Das war es, das deutsche Autoren den Ruf eingetragen hat, nicht erzählen zu können.

 

Hans Peter

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Die Einstiegsfrage warum anglo-amerikanische Autoren "so gut" seien, kann ich persönlich so leider nicht unterstreichen. Vielmehr denke ich, dass ein Gutteil Skepsis angebracht ist.

 

Ich brauche bloß in mein Buchregal zu blicken und entdecke dort ebenso viele Romane anglo-amerikanischer wie deutscher Herkunft, die irgendwann während der Handlung grandios schwächeln. Sei es, dass der Mittelteil wie eine alte Matratze durchhängt, sei es dass der Kollege das Finale gründlich versemmelt.

Bewundert denn hier ernsthaft auch nur einer Dan Brown - trotz all seines Erfolgs - für seine zweifelhafte Begabung, Figuren zu zeichnen? Sollte man einem deutschen Autor guten Gewissens nicht viel mehr raten, wenn schon, dann Ken Follet zu lesen? Kurz, kann man die Einstiegsfrage überhaupt so stellen, ohne diese konkret an einzelnen Autoren aufzuhängen?

 

Dennoch ein Wort zu Verlag und Vertrieb:

Den Einfluss, den Verlag, Vertrieb und Buchhandel auf den Erfolg eines Autors haben, unterschätzen mir einige Postings weiter oben allzu sehr. Auf eine kurze Formel gebracht: ein toller deutscher Roman, der verschämt in der hinteren Ecke einer Buchhandlung liegt, weil Verlag und Vertrieb es nicht geschafft haben, ihn richtig in den Buchhandel zu drücken, kann schlicht nicht so erfolgreich sein, wie ein mäßig geschriebener anglo-amerikanischer Titel, der stapelweise vorn am Kassenbereich liegt.

Und warum werben die Verlage dann für die deutschen Autoren nicht so massiv (was ja so auch nicht stimmt...  ;))? Vielleicht, weil der anglo-amerikanische Kollege weitaus teurer im Einkauf war und das Geld wieder hereingeholt werden muss? Weil der anglo-amerikanische Kollege schon einen guten Namen besitzt und sich darauf viel leichter aufsatteln lässt? Weil es für einen deutschen Verlag sehr viel einfacher ist, den möglichen Erfolg eines Romans mittels der Abverkaufszahlen im Herkunftsland einzuschätzen, als auf einen Deutschen zu setzen, dessen Stoff sich erst bewähren muss?

 

Zumindest bleibt feststellen, dass dem, der einmal Erfolg hatte, der Erfolg auch weiter hinterher getragen wird. Z.B., indem die Buchhandlungen auch künftig mehr Titel eines solchen Autors einkaufen - womit ich nun keinesfalls in die Kerbe schlagen möchte, dass das persönliche Talent des Autors nichts und das Marketing alles sei ;)

 

Und damit komme ich zum (deutschen) Autor:

Wenn man sich schon fragt, was man von den anglo-amerikanischen Bestseller-Autoren lernen kann, dann ist es sicher das richtige Gespür für den richtigen Stoff zum richtigen Zeitpunkt. Es gibt derzeit nur wenige Deutsche, die das so gut hinbekommen. Etwa Frank Schätzing, der mit seinem Ökothriller "Der Schwarm" genau zum richtigen Zeitpunkt auf dem Markt war - und der sicher auch davon profitierte, wenn ich das mal so sagen darf, dass die Wirklichkeit seine Fiktionen eingeholt hat...

 

Und ich schließe mich Andreas E. an, wenn er ferner die Frage stellt, ob sich die Persönlichkeit des Autors nicht auch in seinen Geschichten spiegelt. Kann man auf leichte und flockige Weise schreiben (und damit unterhalten), wenn man dieses Lebensgefühl nicht in sich trägt? Doch wohl kaum. Aber auch hier haben sich die deutschen Lebensumstände in den letzten 15 Jahren sehr verändert. Zumindest begegnet mir in meinem Genre schon lange kein Kollege mehr, dem ich den Titel "verstaubter, grüblerischer Deutscher" aufsetzen könnte.

Dieser "neue Typus" Autor ist also längst da.

 

Mir persönlich scheint es eher angeraten, wenn sich viel mehr von uns ganz ernsthaft mit den Regeln der Dramaturgie auseinander setzten würden, als - typisch deutsch - darauf zu vertrauen, von der Muse geküsst zu werden. Was auch immer das sein soll...

Hier spreche ich nicht nur als Autor, sondern auch aus meiner 2 1/2 jährigen Erfahrung als Lektor und Dramaturg in einem Drehbuchverlag heraus.

 

Bitte glaubt mir, die meisten Stories, die damals auf meinem Schreibtisch landeten, scheiterten an der banalen Tatsache, dass die Autoren den Spannungsbogen nicht halten konnten. Und wenn man die Damen und Herren vorsichtig darauf ansprach, dass man vielleicht noch einmal über die Setzung des zweiten Plotpoints nachdenken sollte oder dass "Show, don't tell" entgegen weit verbreiteter Meinungen kein Amerikanismus, sondern ein sehr sinnvolles erzählerisches Instrument ist, dann wurde mir patzig geantwortet, dass sie doch alles, aber bitte keinen "Mainstream" schreiben wollten...

Tja. Und schon hatten sie verloren ;)

 

Dennoch, ich finde, die deutschen Belletristik-Kollegen befinden sich insgesamt auf einem guten Weg. Die Art und Weise "wie" der einzelne schreibt, erscheint mir bei alledem unwichtiger, als die Hinwendung zu mehr Pragmatismus bei der Stoffauswahl, der Selbstschulung und beim persönlichen Marketing. Allein in diesen Bereichen sind einige anglo-amerikanischen Kollegen auch meiner Ansicht nach viel besser aufgestellt als die Deutschen.

 

Liebe Grüße Tom

 

 

 

 

 

 

 

www.thomas-finn.de

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Je mehr ich diese Diskussion verfolge, desto falscher scheint mir die im Titel genannte Frage: Warum sind anglo-amerikanische Autoren so gut?

 

Gut oder schlecht ist Geschmacksfrage.

 

Also entweder: Warum verkaufen sich anglo-amerikanische Autoren auf dem deutschen Markt so gut?

Antworten bitte aus dem Bereich Marketing, Vertrieb und Lizenzen.

 

Oder: Warum lesen deutsche Leser anglo-amerikanische Autoren so gerne?

Antwort: Weil sie einen breiten Publikumsgeschmack treffen.

Ausblenden: Es gibt ja auch Leute, die sich an Schillerns wortgewaltigen Gedichten delektieren (wie ich) und an Kehlmanns Konkunktiv (wie ich nicht).

 

Bleibt die Suche - wie üblich - nach den Kriterien, wie man denn ein möglichst breites Publikum erreicht und mit welchen Mitteln das den anglo-amerikanischen Autoren wohl besser gelingt, als den deutschen.

Eines ist sicher der unangestrengte Umgang mit den Figuren und ihren Beweggründen, das andere das leichtfüßige Verwenden von mythologischen Fragmenten und Archetypen (Wiedererkennungeswert), das Bedürfnis, zu kommunizieren, sich selbst also hinter die Geschichte zu stellen und nicht sein Autorenego davor, und damit verbunden ganz sicher auch das fehlende Streben danach, "große Literatur" zu schreiben.

 

Das sind die Argumente, die bisher genannt wurden, und ich finde sie schon mal eine ganz gute Basis, um die Frage zu beantworten, warum das Publikum diese Importware liebt.

 

Anna

 

Hach, Tom, gerade haben wir uns überschnitten ;)

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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das Bedürfnis' date=' zu kommunizieren, sich selbst also hinter die Geschichte zu stellen und nicht sein Autorenego davor, [/quote']

 

Den Hinweis finde ich sinnvoll, damit kann ich etwas anfangen (auch wenn es sich meiner Kenntnis entzieht, ob das amerikanische Autoren weniger machen als deutsche.). Ebenso wie mit Hans-Peters Erinnerung daran, dass es ueber lange Zeit hoch im Kurs stand, beim Schreiben "nur an sich zu denken, nicht an den Leser".

 

Mir hat es immer getaugt, eine Geschichte, die mir begegnete, als ein Geschenk zu erleben und daraus den Wunsch zu entwickeln, sie weiterzuschenken. (Und wer moecht' schon was verschenken, dass der Empfaenger nicht haben will, ja, wo er sich womoeglich schon bei der scheusslichen Verpackung gruselt?)

 

Deshalb finde ich ganz wenig so wichtig wie Beobachtung von Lesern.

Aber die Entscheidung: Fuer welche Leser eignet sich ein Geschenk von mir im besten Fall?, muss ich vorab treffen, denn "Leser" sind, wie Julia wiederholt betonte, keine homogene Gruppe.

 

Wenn ich Lego zu verschenken hab, muss ich mich an die wenden, die an Lego ihre Freude haben - die, die lieber mit Puppen spielen, krieg ich nicht, auch wenn ich noch so eifrig Legopuppen bastle. Die echten Puppenhersteller bedienen die viel besser und gekonnter.

Und ich hab mir in der Zwischenzeit womoeglich die vergrault, die sich von mir mit Lego haetten beschenken lassen, die aber nun einmal keine Puppe wollten.

 

Dann steh ich da und hab ein Geschenk in der Hand, das nicht nur keiner will, sondern von dem ich nicht einmal mehr weiss, was es eigentlich sein sollte.

 

Viele Gruesse von Charlie

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

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Noch ein Nachsatz, der mir durch den ganzen Thread im Kopf klopft:

 

Gute Unterhaltung, darueber herrscht in diesem Thread offenbar engagierte Einigkeit, entsteht nicht, wenn jemand "grosse Literatur" produzieren will.

 

Ich moecht' nur darauf hinweisen, dass meiner Ansicht nach "grosse Literatur" erst recht nicht entsteht, wenn einer "grosse Literatur" produzieren will.

 

Wenn wir die anglo-amerikanischen Autoren als grosse Erzaehler preisen, brauchen wir meiner Meinung nach keine Trennung in E und U. Ueberhaupt nicht.

Denn die, die in der Uebersetzung dann bei uns in der Kiste E landen, sind eben das - ganz grosse Erzaehler, die unverkrampft, ungewollt, un-literatur-produzierend Geschichten erzaehlen, die nicht mehr loslassen, die unterhalten, aber auch staerken, die verstoeren und fesseln und umwerfen und aufrichten. Und Literatur schaffen. Einfach so:

 

Philipp Roth, John Banville, Ian McEwan, John Updike, Vikram Seth, Bernard MacLaverty. Graham Swift.

 

Und und und.

 

Fuer mich das Umwerfendste: Es gibt sogar englischsprachige Lyriker, die Geschichten erzaehlen, die vor Geschichten bersten, Page Turners schreiben, die dem Leser das Ganze geben, kein Entweder-Oder. Ted Hughes. Seamus Heaney.

 

Fuer mich ist das Geheimnis dieser Schrifsteller, dass sie nicht bereit sind, das Entweder-Oder mitzumachen und dem Leser jeweils eins von beiden geizig vorzuenthalten: Willste dieses, kriegste jenes nicht:

 

Entweder spannende Handlung oder sprachliche Brillanz.

Entweder Unterhaltung oder Literatur.

Entweder Gedanke oder Gefuehl.

Entweder Phantasie oder beinharte Realitaet.

Entweder Humor oder toedlicher Ernst.

 

Lies "The Sea" oder "Amsterdam", lies "Gertrude and Claudius", "An Equal Music" oder "Birthday Letters" und Du musst Dich nicht entscheiden, Du kriegst's alles in einer einzigen Packung. Fuer Neun fuenfundneunzig.

 

Schoenen Abend wuenscht Charlie

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

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Hallo Julia,

bitte stell mich nicht gleich in die MacDonalds-Ecke, nur weil ich für wirkungsvolle Kommunikation bin.

 

Lieber Ulf,

ich wollte Dich nicht in die MacDonalds-Ecke stellen (da ich zwischendruch gern mal einen Hamburger esse, sehe ich daring übrigens auch nichts Verwerfliches). Ich wollte nur hinsichtlich des von Dir eingeworfenen Satzes "Der Kunde ist König!" feststellen, dass es sehr unterschiedliche Kunden mit sehr unterschiedlichen Ansprüchengibt.

 

Ich bestreite übrigens gar nicht, dass man beim Schreiber an den Leser denken soll/muss, dass man seine Geschichte nicht in den luftleeren Raum hineinstellt, sondern auf ein Gegenüber hofft. Die Frage: Wie fessle ich meinen Leser, wie ziehe ich ihn in den Bann sollte bei der Arbeit durchaus einen zentralen Stellenwert einnehmen.

 

Dennoch muss sich da die Waage halten. Zunächst muss ich als Autor für meine Geschichte brennen; ich muss lieben, darin aufgehen. Wenn ich permanent nur die Frage vor Augen habe "Gefällt das auch dem Leser?" kann das auch als Hemmschuh wirken. Und noch problematischer stelle ich mir vor, wenn man zuerst die Bestsellerlisten studiert und sich dann erst die - möglichst passende - Geschichte ausdenkt.

 

Zu guten Autoren gehört m.E. beides: die Bereitschaft zu lernen (nämlich an anderen Autoren), jedoch auch der Wunsch, seinen ureigenen Stil zu finden. Auch bzw. gerade als guter "Dienstleister" muss es doch auch eine Treue zu sich selbst geben.

 

Liebe Grüße,

Julia

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Entweder Phantasie oder beinharte Realitaet.

Hallo Charlie,

 

du hast vollkommen Recht!

 

Erlaube mir aber, dir in diesem einen Aspekt aus persönlicher Erfahrung (wie realistisch, wie phantastisch dürfen meine "Projekt"-Romane sein?) zu bedenken zu geben, dass es hier zum Teil sehr deutliche Vorstellungen und Grenzen der Verlage gibt (in einem realistischen Roman technische Spekulationen ja, aber bloß nicht zu phantastisch, nicht esoterisch, auf keinen Fall magisch!).

Man ist hier (noch?) nicht bereit, so freizügig mit beliebigen Mischungen umzugehen, wie es in anderen Ländern (Russland, Spanien, Amerika, England, Kanada - von denen weiß ich es) durchaus gängig ist.

 

Die irgendwie dümmliche Genrefrage, die wir uns immer wieder (auch hier im Forum) stellen, stellen sich sicher die wenigsten von aus Jux und Tollerei, sondern aufgrund der immer wieder geäußerten Vorgaben der Verlage und des Handels. Denn die sind der Ansicht, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Genres und Zielgruppen gibt, ähnlich wie bei C&A, und dies wird als Rahmen an uns weitergegeben.

 

Ich stimme auch Tom zu, ich denke, wir Autoren sind mitten drin in einem aufregenden Generationswechsel. Aber der Markt ändert sich nicht ganz so schnell, wie wir uns das manchmal wünschen.

 

Aber es kommt. Und wir sind ja Teil des Marktes, nicht vergessen! Wer heute lernt, im gegebenen Rahmen zu brillieren, der wird es erstrecht, wenn die Schranken nach und nach fallen, ja, der trägt vielleicht - hoffentlich - selber dazu bei, sie zu beseitigen.

 

Letztendlich hoffnungsvollen Gruß,

 

Andreas

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Und wir sind ja Teil des Marktes, nicht vergessen!

 

Ja, bzw. nein - bloß nicht vergessen, und deshalb vielleicht auch im Auge behalten, dass ein jeder, der auf Publikumsgeschmack hin schreibt (was ich von Haus aus mitnichten verwerfe), auch damit befasst ist, diesen Geschmack zu erschaffen.

 

Das ist halt nur die halbe Miete, darauf hinzuweisen, dass der geheimnisvolle Kundenkönig unbedingt das und nur das goutieren will, was erst vor kurzem so viel Geld eingespielt hat. Geschmäcker wollen doch auch erst mal gebildet sein!

 

Da ist so ein alter Freund von mir - ehemals Jockey, inzwischen Hufschmied - wahrlich nicht der langfingrige, bleichsüchtige Intellektuelle, den man sich als Leser von "Literatur" vorstellt. Nur ist er eben in Russland aufgewachsen, hat da im Unterricht Gorki mitgekriegt, Tolstoi, Brecht... Der kennt das gar nicht als elend langweilige E-Sache, während daneben der U-Glamour verführerisch mit dem Po wackelt. Und da er - der Russe, nicht der Po, hier gelandet - richtig guten Deutschunterricht gekriegt hat mit Hilfe 12 Tausend-maligen Abspielens von "Ein Fisch namens Wanda" ist er inzwischen auch Fan von Monty Python (wie auch von - daran bin ich wieder unschuldig, das hat das Leben in der deutschen Wirklichkeit halt so mit sich gebracht - dem "Herrn der Ringe").

 

Nochmal zurück zu Julias kulinarischem Vergleich: So wie die Kinder erst mal das brauchen, was ihnen bei den so und so entwickelten Geschmacksknospen nur schmecken kann, so wie man sie anfixen kann auf Mac Donalds Saucen und Shakes oder ihnen eher beizeiten den Genuss an Spargel nahe bringen kann - ein bisschen wird es so schon auch in den Sphären des Schreibens und Lesens sein.

 

Ganz unschuldig ist der Page Autor nicht an dem, was ihm König Kunde dann an Aufträgen erteilt.

 

Angelika, soeben höchst königlich abgespeist mit Tafelspitz und Schrobenhausener Spargel

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Zunächst mal, was Charlie da gerade geschrieben hat, finde ich Klasse. Damit wir endlich mal diese blöde U und E Diskussion aufhören. Was unterhält soll unernst sein und was ernsthaft ist, darf langweilig sein?

Nein, es gibt nur schlechte oder eben gute Literatur und Letztere ist beides, ernsthaft und unterhaltend.

 

Es sagt dabei doch keiner, man solle nach Publikumsgeschmack schreiben, wie hier in diesem Zitat:

 

Ja, bzw. nein - bloß nicht vergessen, und deshalb vielleicht auch im Auge behalten, dass ein jeder, der auf Publikumsgeschmack hin schreibt (was ich von Haus aus mitnichten verwerfe), auch damit befasst ist, diesen Geschmack zu erschaffen.

 

Das ist halt nur die halbe Miete, darauf hinzuweisen, dass der geheimnisvolle Kundenkönig unbedingt das und nur das goutieren will, was erst vor kurzem so viel Geld eingespielt hat. Geschmäcker wollen doch auch erst mal gebildet sein!

 

Da der Publikumsgeschmack anscheinend immer schlecht ist, hieße nach Publikumsgeschmack schreiben, mindere Qualität zu liefern.

 

Das ist aber hier nicht gemeint. Und erziehen will auch niemanden.

 

Shakespeare hat dramaturgische Elemente verwandt, die sein Werk für breite Schichten zugänglich (und unterhaltend) machen, und trotzdem ist er einer der Größten überhaupt.

 

Das eine kann und soll man nicht vom anderen trennen. Wenn ich schreibe, bin ich doch mein erster Leser. Beziehungsweise ich versuche Bücher zu konzipieren, die ich selbst gerne lesen würde. Es käme mir gar nicht in den Sinn zu kopieren, was gerade in den Charts läuft. Da bringe ich mich schon selbst ein, wie Julia sagt. Aber das heißt eben auch, ich benutze Elemente, die das Buch spannend und unterhaltend machen. Denn was ist schlussendlich ein Roman? Doch keine wissenschaftliche Analyse und auch kein Kunstwerk, das keiner lesen will.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Je mehr ich diese Diskussion verfolge' date=' desto falscher scheint mir die im Titel genannte Frage: Warum sind anglo-amerikanische Autoren so gut?[/quote']

 

Warum soll diese Frage falsch sein?

 

Ich habe bewusst nicht auf den Markterfolg anglo-amerikanischer Autoren abgezielt. Warum der so groß ist, dürfte uns allen klar sein, und Tom Finn und einige andere haben das auch noch einmal einleuchtend dargestellt.

 

Mir ging es tatsächlich nur um die wesentlich schwieriger zu erklärende schreiberische Qualität dieser Kollegen. Dass das letztlich eine Geschmacksfrage ist, ist klar, aber das macht eine Diskussion darüber doch nicht uninteressant.

 

Ich danke euch für die kontroversen Antworten. Ich habe einiges aus diesem Thread mitgenommen, über das es nachzudenken lohnt.

 

Grüße,

Christoph

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Ich sehe das auch so, dass es in dieser Diskussion nicht um den Markterfolg amerikanischer Autoren geht (der in der Tat weitgehend erklärlich ist und im Grunde das Resultat hoher Vorschüsse (! :s21) sind), sondern darum, "dass die irgendwas haben", diese englischen und amerikanischen Autoren.

 

Es hat jetzt einige Beiträge gegeben, die im Grunde sagten: "Nö, die sind gar nicht besser, ich les' lieber deutsche Autoren." Okay, wenn's einem so geht, dann ist diese Diskussion natürlich müßig. Mir geht's nicht so, von daher finde ich sie überaus interessant.

 

Handwerkliches wurde genannt. Dass viele deutsche Autoren Tischlern gleichen, die es für ehrenrührig halten, den richtigen Umgang mit der Säge zu erlernen. Ich behaupte mal, dass ein anglo-amerikanischer Autor sich so eine Einstellung gar nicht erst erlauben würde, weil man in diesem Kulturkreis damit nicht durchkommt, bei uns dagegen sehr wohl, wenn man die "Genie-Karte" richtig spielt.

 

Es kann natürlich auch nicht die Frage sein, "wie werde ich ein amerikanischer Autor?" (wie einige Beiträge die Frage verstanden zu haben scheinen). Sowas geht grundsätzlich nicht, da dürften wir uns sicher auch einig sein. Aber sich bei einem Autor, den man gut findet, zu fragen, was es denn ist, was ihn gut macht, und zu überlegen, was man sich davon abgucken kann, gehört meines Erachtens zu den grundlegendsten Tätigkeiten eines Schriftstellers.

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Handwerkliches wurde genannt. Dass viele deutsche Autoren Tischlern gleichen, die es für ehrenrührig halten, den richtigen Umgang mit der Säge zu erlernen. Ich behaupte mal, dass ein anglo-amerikanischer Autor sich so eine Einstellung gar nicht erst erlauben würde, weil man in diesem Kulturkreis damit nicht durchkommt, bei uns dagegen sehr wohl, wenn man die "Genie-Karte" richtig spielt.

 

.

 

DAS ist mir auch schon haeufig aufgefallen. Zuweilen wird einem richtiggehend vermittelt, wenn man es wagt, sich z.B. mit dramaturgischen Geruesten zu befassen, muesse man zwangslaeufig Billigkram und Massenware produzieren (schoen waer''s, vor allem letzteres ... Witzlein) und waere besser Beamter geworden.

 

Koennt Ihr Euch erklaeren, woran das liegt?

Ich finde es besonders deshalb eigenartig, weil in Deutschland niemand darauf kaeme, jemanden Klempner zu nennen, der diesen Beruf nicht "ordnungsgemaess" erlernt hat - was aber wiederum in England gang und gaebe ist.

 

England, das Land der genialen Klempner, Deutschland das Land der genialen Autoren?

Komischerweise ist's mir umgekehrt lieber.

 

Alles Liebe von Charlie

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Bitte versteht mich nicht falsch. Aber ich würde wirklich gerne wissen, wer in diesem Land die Genie-Karte spielt und wer dann damit durchkommt? Welche Autoren sind hier gemeint?

 

Herzlichst:

jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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Hallo,

da kann ich mich Charlie anschließen. Die Abfälligkeit, mit der in manchen Kreisen auf Unterhaltung herabgesehen wird, hat nicht selten was mit Abfälligkeit gegenüber Dramaturgie zu tun. Sprachliche Finesse scheint hierzulande einen viel größeren künstlerischen Wert zu haben als dramaturgische.

 

Mancher Schriftsteller erscheint mir diesbezüglich wie ein Maler, der nicht zeichnen kann, deswegen dann Farben auf die Leinwand klatscht und das ganze dann abstrakte Kunst nennte. Letzteres kann man m.E. gerne tun, aber ein ernstzunehmender bildender Künstler ist für mich einer, der - auch wenn er es nicht tut - zeichnen kann. Ein ernstzunehmender Musiker einer, der - auch wenn er sich der 12-Tonmusik zugewandt haben - grundsätzlich alle Regelns der Harmonielehre kennt. Und ein Autor sollte, wenn er sprachliche und dramaturgische Experimente machte, eben diese Sprache und Dramaturgie draufhaben, und zwar beides im ähnlichen Maße. Spezifische Vorlieben können sich auf diesem "Nährboden" Rüstzeug entwickelt, nicht drumherum.

 

Liebe Grüße,

Julia

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