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Prämisse - was ist das?

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Liebe Inge,

 

deinen Roman mit dieser Prämisse: „Wer sich seinem Trauma stellt, wird frei in seinem Handeln“, den möchte ich gern lesen, wenn er auf dem Markt ist. Sagst Du mir den Arbeitstitel dazu, dass ich ihn dann auch finden kann?

 

Hallo an Alle,

 

ich habe mich schon desöfteren um Klarheit ringend mit dem Thema Prämisse beschäftigt. Zuletzt in unserer Exposegruppe im Zusammenhang mit meinem Exposé zu "Lüg nicht, Jule!". Ich möchte das mal hier hinkopieren, kann ja sein, dass irgendjemand was damit anfangen kann, ich zitiere da auch noch mal den Frey:

 

Prämissenfindung

 

Ich hadere noch mit der Prämisse. Es ist noch nicht stimmig.  

 

Und weil ich beabsichtige den ganzen Roman neu zu schreiben, gemäß dem Potential, welches in ihm steckt, lohnt es sich für mich, mich noch mal ausgiebig mit der Botschaft zu befassen, um deretwillen ich den Roman schreibe. Wer mag, begleite mich durch meine Gedanken.

 

Unsere drei Vorschläge:

 

-      Die Wahrheit siegt und erlöst, weil die Protagonistin ihre Ängste überwindet.

-      Es macht stark und ist befreiend, die Wahrheit zu sagen, wenn man seine Ängste überwunden hat.

-      Der Mut zur Wahrheit überwindet alle Ängste und führt zum Glück.  

 

Welcher ist der Satz, der am besten die Kernaussage des Romans trifft?

 

Ich hole mir James Frey zur Hilfe:

James N. Frey. Wie man einen verdammt guten Roman schreibt. Bd II.

 

S. 70:  

„Eine Prämisse ist eine kurze Festlegung dessen, was mit den Figuren als Ergebnis der Handlung der Geschichte passiert. In dieser Festlegung sind, wie Lajos Egri in The Art of Dramatic Writing sagt, „Hauptfigur, Konflikt und Lösung enthalten.“

 

S. 72:

„Die Antwort auf die Frage, um was es in der Geschichte geht, gibt Ihnen den ersten Teil Ihrer Prämisse. Was mit der Figur als Folge davon passiert, ergibt den zweiten Teil.“

 

Im Vergleich dazu noch einmal McKee:

 

Die beherrschende Idee hat zwei Komponenten: WERT plus URSACHE. Der Satz, der aus diesen beiden Elementen, Wert plus Ursache, zusammengesetzt ist, bringt die Kernbedeutung der Story zum Ausdruck.

 

WERT meint hier den primären Wert mit seiner positiven oder negativen Ladung, der als Ergebnis der Schlusshandlung der Story in die Welt oder das Leben der Figur eintritt.“

 

„Die URSACHE bezieht sich auf den primären Grund, aus dem das Leben oder die Welt des Protagonisten sich in einen positiven oder negativen Wert verkehrt hat.

 

Wenn wir uns vom Ende zum Anfang der Story zurückarbeiten, spüren wir die Hauptursache tief im Innern der Figur, der Gesellschaft oder Umwelt auf, die diesen Wert ins Leben gerufen hat.“

 

Meine Überlegung:

McKees beherrschende Idee entspricht Freys Prämisse:

 

Um was es in der Geschichte geht, ist die URSACHE.

Was als Folge davon mit der Figur passiert, ist der WERT.

 

Am Beispiel:  

Lüg nicht, Jule!

 

Ursache: Angst

Es geht darum, dass Jule ihre Ängste (vor Verbot und Ablehnung) überwindet.

Wert: Wahrheit

Als Folge davon, dass Jule ihre Ängste überwindet, passiert, dass sie frei heraus die Wahrheit sagen kann.

 

Also neue Formulierungsideen:

 

-      Wenn man es schafft, seine Ängste zu überwinden, dann kann man frei heraus die Wahrheit sagen.

-      Seine Ängste zu überwinden führt dazu, dass man frei heraus die Wahrheit sagen kann.

-      Weil Jule ihre Ängste überwindet, kann sie frei heraus die Wahrheit zu sagen.

 

Der letzte ist es, der Hauptfigur (Jule), Konflikt (Ängste überwinden) und Lösung ( Wahrheit sagen) enthält. Das ist es, was ich durch die Geschichte zu beweisen plane.  

Die Geschichte handelt davon, wie ein Mädchen seine Ängste überwindet und sie endet damit, dass das Mädchen frei heraus die Wahrheit sagen kann.

 

gefundene Prämisse:

Weil die Protagonistin ihre Ängste überwindet, kann sie frei heraus die Wahrheit sagen.

 

 

Liebe Grüße

Ilona

P.S.: Diese Überlegungen haben mir Klar gemacht, dass ANGST Jules Motivation und Antrieb ist, zu verschweigen und zu lügen, bei allem, was ihr so wichtig ist. Ihre Angst führt sie in die Krise und aus der arbeitet sie sich im Verlauf der Geschichte wieder heraus, so dass sie am Schluss offen und ehrlich für ihre Wünsche und iher behinderte Schwester kämpfen kann.

 

Mit Hilfe von McKees Buch "Story" ist mir klar geworden: meine Geschichte beginnt positiv, schlägt um zu negativ und wendet sich am Ende wieder hin zu positiv. Das ist mein Spannungsbogen.

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Weil die Protagonistin ihre Ängste überwindet, kann sie frei heraus die Wahrheit sagen.

 

Das scheint mir bestenfalls den Wert einer halben Prämisse zu haben. Mir stellt sich dabei nämlich die Frage:

Was hat sie davon?

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Hallo zusammen,

 

ich bin ziemlich erstaunt, wie so eine harmlose Frage derart polarisieren kann. :D

Schreiben ist Handwerk und jeder Handwerker hat seine Vorlieben für bestimmte Techniken und Werkzeuge.

 

Ich persönlich verstehe das Anliegen des Herrn Frey sehr gut. Er möchte nicht mehr und nicht weniger (glaube ich zumindest), dass sich ein Autor VOR Schreibbeginn ausreichend Gedanken macht über das Ziel, dass er mit seiner Geschichte verfolgt. Ob das nun bis in letzter Konsequenz eine Prämisse hervor bringen muss, bleibt schließlich jedem selbst überlassen. Klar, das Beispiel "Romeo und Julia" ist drastisch, aber Übertreiben macht anschaulich, wie jeder gute Kabarettist bestätigen wird.

 

Vermutlich rührt ein Teil der Ablehnung dieser Arbeitsweise tatsächlich daher, dass wir im Deutschen das Wort "Prämisse" normalerweise in anderen Zusammenhängen gebrauchen. Aber die Übersetzung ist nun mal so und wenn man sich etwas eingehender damit beschäftigt, ist es durchaus nachvollziehbar.

Es ist allerdings meiner Ansicht nach ein Fehler, Frey zu unterstellen, er wolle dass am Ende eines Romanes seine Prämisse FÜR ALLE Zeiten bewiesen ist. Vielmehr glaube ich, dass er es tatsächlich immer nur für den EINEN speziellen Roman so meint. Das Wesen der Prämisse besteht für mich darin, zu erkennen welcher Auslöser hat welche Folgen mit welchen Ergebnissen. Und zwar immer wieder ganz entscheidend: für den EINEN Roman, den ich gerade schreibe.

Will sagen, ein und derselbe Auslöser kann doch tausend verschiedene Folgen haben. Je nachdem, wo sich der Held der Geschichte in diesem Moment gerade befindet, in welchem Kontext er zu diesem Ereignis steht und welche Auswirkungen das alles für IHN hat.

 

Nehmen wir 9/11: Ein Auslöser - millionen verschiedener/möglicher Folgen. Für den einen bedeutet es, dass er keinen Arbeitsplatz mehr hat. Er selbst war zum Zeitpunkt der Anschläge aber gerade im Urlaub. Für den nächsten bedeutet es, dass er einen Angehörigen vermisst. Für den Übernächsten bedeutet es, dass er kein Auto mehr hat, weil das verschüttet und zerstört wurde. Derjenige, der seinen Arbeitsplatz verloren hat, wird künftig andere Sorgen haben und andere Dinge tun, als der der einen Angehörigen vermisst. Sie werden unterschiedliche Reaktionen zeigen, unterschiedliche Maßnahmen ergreifen, um die Krise zu überwinden und am Ende ganz unterschiedliche Erkenntnisse gewonnen haben.

Meine Aufgabe als Autor ist es nun, aus diesem unüberschaubaren Strauß von Möglichkeiten, mir EINE EINZIGE herauszupicken und diese dann aber so gut wie möglich und konsequent und spannend zu erzählen.

 

Ich denke, Frey will dem Autor mit einer Prämisse lediglich ein Werkzeug an die Hand geben, mit dessen Hilfe er (auch) an sein Ziel gelangen kann. Es gibt Menschen, die benutzen zum Ablösen alter Tapeten warmes Wasser und einen Spachtel. Andere machen es mit bloßen Händen. Gibt es da ein Falsch und ein Richtig?

 

LG, Dorit

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Weil die Protagonistin ihre Ängste überwindet' date=' kann sie frei heraus die Wahrheit sagen. [/quote']

 

Das scheint mir bestenfalls den Wert einer halben Prämisse zu haben. Mir stellt sich dabei nämlich die Frage:

Was hat sie davon?

 

Sie hat ihre Ängste hinter sich gelassen und ein Stück Freiheit gewonnen. Und um Freiheit zu erlangen werden Kriege geführt.

 

Ich finde, dass in dieser Prämisse und mit dem angedeuteten Spannungsbogen Stoff für einen Roman steckt.

 

@ Ilona: Die von mir zitierte Prämisse ist die meines Erstlings "Der Sünde Sold"

 

LG

Inge

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Meine Güte, habe ich heute nichts anderes zu tun?

Aber ich finde diesen Thread spannend und fesselnd.

 

Und inzwischen beschleicht mich die Idee, dass sich rund um diesem Thread ein weitaus größeres "Schlachtfeld" befindet. Nämlich das, auf dem die Von-der-Muse geküssten-Schreiber gegen die "Handwerker" antreten. Oder?

 

LG

Inge

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Ich finde es auch sehr spannend und danke für alle Beiträge.

 

Ich glaube, ich habe das mit der Prämisse von Frey wegen seiner plakativen Formulierung etwas zu eng gesehen. Vielleicht würde man besser etwas allgemeiner von "Ziel" sprechen. Ohne ein Ziel zu haben verläuft man sich leicht. Mit Ziel geht es besser.

Ob das Ziel dann heißt

- beweisen einer Prämisse

- finden einer großen Liebe nach Überwindung großer Hindernisse

- auflösen eines verwickelten Kriminalfalls

- verhindern einer Katastrophe

ist dann von Fall zu Fall verschieden.

 

Entscheidend ist, den Leser so bis zum Erreichen des Ziels zu führen, dass er beim Zuklappen schon ungeduldig auf das nächste Buch von einem wartet.  :)

 

Diesen Erfolg wünsche ich euch allen - mit welchen welchen Mitteln auch immer.

 

LG

Klaus

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Und inzwischen beschleicht mich die Idee, dass sich rund um diesem Thread ein weitaus größeres "Schlachtfeld" befindet. Nämlich das, auf dem die Von-der-Muse geküssten-Schreiber gegen die "Handwerker" antreten. Oder?

 

Nein, eigentlich nicht.

Jeder Handwerker hat auch eine Muse.

Und nicht jeder, den die Muse küsst, versteht sein Handwerk.

 

Es ist vielmehr die Frage:

 

Will ich mit meinem Roman eine Botschaft verkünden

 

oder:

 

Will ich eine eine verdammt gute Geschichte schreiben.

 

Darum arbeite ich nicht mit Prämissen, sondern mit Themen. ;D

 

Gruß

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Auch ich möchte noch einmal kurz zusammenfassen, wie ich die Idee der Prämisse von Frey verwende:

In jeder Geschichte stecken so unendlich viele Gefühle und Wendungen, die ich alle am liebsten aufgreifen und betrachten und wenigstens vorübergehend in den Mittelpunkt stellen möchte. Aber das verwirrt, mich und den Leser. Um mich davor zu bewaren halte ich mich an dem fest, was Freys Theorie über die Prämisse bei mir ausgelöst hat: Konzentriere dich bei all den vielen Gefühlen und Lösestrategien, die dir im Laufe der Geschichte begegnen, auf das eine besonders wichtige, um das es dir im Kern geht, das du ausloten und kennen lernen willst. Das baue ich dann in das ein, was mir von Freys Prämisse geblieben ist, nämlich so eine Art Leitsatz. Und der hilft mir, mich nicht zu verzetteln. Damit lege ich meine Fantasie nicht in Ketten, aber ich diszipliniere sie ein wenig. Das heißt auch nicht, dass ich andere Gefühle nun nicht mehr beachte, nur den Schwerpunkt will ich nicht mehr aus den Augen verlieren.

Ich denke übder diese Prämisse auch nicht am Anfang nach sondern meist so gegen 1/3 wenn ich das Gefühl bekomme, alles gerät durcheinander und es wird mir fast zu viel, den Überblick zu behalten. Dann nutze ich diese "Leine", um mir wieder Klarheit zu verschaffen. Vorher geht das gar nicht weil ich vorher noch gar nicht weiß, wer alles mitspielt und so. (Ja, ich weiß, aber bei mir hat alles Planen vorher keinen Erfolg).

 

Also eine Art Self-made-Prämisse, wenn man so will. Hilft mir aber, auch wenn es nicht ganz das ist, was Frey meinte. Und ich denke wie HP: Dem einen hilft das, dem anderen etwas anderes und ich freue mich, dass ich hier so viele andere Vorgehensweisen kennen lernen darf, auch wenn nicht alle zu meiner Art zu schreiben passen. Aber es macht das Schreiben ungeheuer spannend!

 

Liebe Grüße

Sylvia

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Es ist vielmehr die Frage:

 

Will ich mit meinem Roman eine Botschaft verkünden

 

oder:

 

Will ich eine eine verdammt gute Geschichte schreiben.

 

Darum arbeite ich nicht mit Prämissen, sondern mit Themen.  ;D

 

 

..mit anderen Worten, liebe Anna, wer mit Prämissen arbeitet, schreibt keine guten Geschichten? Das finde ich nun wiederum zu platt formuliert. Und wenn man Frey richtig und gründlich gelesen hat, weiß man auch, dass er im selben Abschnitt, in dem es um die Prämissen geht, ausdrücklich davor warnt, eine Botschaft vermitteln zu wollen.

 

Ich verstehe diese Arbeitsweise MIT Prämisse nach wie vor so, dass der Autor verpflichtet ist, eine logische, kausale Kette von Ereignissen zu erstellen, auf der ihm der Leser folgen kann - damit er am Ende nicht unzufrieden ist.

 

LG, Dorit

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Ja, Dorit, so etwas ist immer ein bisschen ueberspitzt formuliert. Es gab ja hier im Thread auch Kollegen, die schrieben: "Ohne Praemisse geht es nicht."

 

Als ich hier neu war, haben mich solche Absolut-Aussagen immer in Angst und Schrecken versetzt: Huch! So wie ich's seit Jahren mache ist's also voellig falsch? Inzwischen sag ich mir dazu nur noch: Na wenn Ihr meint.

 

Ich moecht' keine vorher ueberlegte Praemisse benutzen, Inge moechte sie benutzen, wir schreiben und veroeffentlichten beide weiter friedlich vor uns hin, somit sind wir wohl beide mit dem gewaehlten Weg mehr oder minder zufrieden, und weder von "Ohne geht's nicht" noch von "Mit werden's Hirtenbriefe" (das ist meine Privat-Panik) kann die Rede sein.

 

Viele Gruesse von Charlie

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Also für mich war Annas posting überhaupt keine Polemik gegen Prämissen oder Prämissenbenutzer, sondern die versuchte Klarstellung zum Prämissenbegriff bei Frey. Wobei rauskommt:

 

Will ich mit meinem Roman eine Botschaft verkünden

 

dann hätte ich diese bei Frey sich auch irgendwie abzeichnende Bedeutung von Prämisse erwischt und dann wird der Roman möglicherweise irgendwas verdammen, aber wohl nicht gerade gut werden, geschweige denn verdammt gut.

 

oder:

Will ich eine eine verdammt gute Geschichte schreiben.

 

dann lasse ich das mit der Botschaft lieber weg.

 

Und unterhalb dieser Entscheidung steht es den einzelnen Schreibern offen, wie sie vorgehen. Mit oder ohne Prämisse ist individuell verschieden und entscheidet nicht über die Qualität des Resultats.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Ich sehe auch keinen Angriff irgendeiner Art in Annas Beitrag und sehe das genau wie AngelikaJo. Ich würde auch davon Abstand nehmen von "Schlachten" zu sprechen, denn alles was wir tun ist eine spannende Diskussion führen, die nicht persönlich genommen werden sollte, was leider oft passiert. Deshalb sollte man sich über den Ton seines Beitrages Gedanken machen, bevor man ihn abschickt. ;)

 

Mir kommt es hier so vor, als ob die Prämissen-Verteidiger sowie diejenigen, die damit nicht viel anfangen können, im Grunde wieder mal dasselbe meinen. ;)

Beim Malen ist es oft so, dass sich ein Künstler eine Hilfslinie ziehen muss, ein anderer malt drauflos und alles wird auch so stimmig.

Ich denke die Prämisse ist eine Hilfslinie. Nicht falsch, nicht richtig, einfach nur ein Tool. Ein Autor, der dieses Tool nutzt ist nicht weniger "gut" als einer, der ohne auskommt.

 

Die ursprüngliche Frage war doch: Was ist überhaupt eine Prämisse? Ich denke diese Frage wurde geklärt und jetzt sollte hier kein Streit entstehen über Rand-Erkenntnisse zu diesem Thema.

 

LG

Joy

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Ich verfolge diese Diskussion ja ganz gespannt und bin niemand, der mit dem Schwert in der Hand für die Prämisse in die Schlacht zieht oder gar einen Heiligen Krieg anzetteln will. Jeder Autor wählt seinen Weg.

 

Ich meine in dieser Diskussion für mich etwas herausgefunden zu haben.

 

Thema und Prämisse verbindet ein verwandtschaftliches Verhältnis. Die Prämisse versteckt sich im Thema, ist also eine Art Teilmenge. Nun gibt es Autoren, die ihr Hauptaugenmerk aufs Thema richten und andere, die ihre Linse immer wieder auf die Prämisse scharf stellen. Zu denen gehöre ich.

 

Und Hirtenbriefe werden meine Krimis trotzdem nicht  ;D

 

LG

Inge

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Ich denke die Prämisse ist eine Hilfslinie. Nicht falsch, nicht richtig, einfach nur ein Tool.

 

Ich habe mir aufgrund dieser Diskussion noch mal die 20 Seiten zur Prämisse bei Frey durchgelesen und finde alles, was hier geschrieben wurde, bestätigt. Sie ist der Kern, die Quintessenz einer Geschichte und mir persönlich dient das Wissen um das, was ich eigentlich erzählen wollte, dazu, zu selektieren, also alles wegzulassen, was sie zerfasert.

 

Die ursprüngliche Frage war doch: Was ist überhaupt eine Prämisse?

 

Und sie hieß auch: benutzt ihr eine?

 

Hans-Peter schrieb:

 

Bei Field ist Prämisse offenbar viel mehr das, was zB in Fernsehvorschauen steht, um einen Film mit zwei, drei Sätzen zu charakterisieren. Und diese Art der Prämisse halte ich persönlich für viel sinnvoller.

 

Im Umkehrschluss könnte man vielleicht sagen: wenn man das kann, also den Kern der Geschichte in zwei, drei Sätzen charakterisieren, dann hat man seine Prämisse.

 

LG

Christa

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@Christa: So gesehen, antwortet die Prämisse auf die Frage: "Worum geht es in deiner Geschichte?". So benutze ich sie. Ich muss mir überlegen, was will ich erzählen. Die Geschichte von der Frau, die sich nach einer desolaten Ehe aufgibt und verkümmert, die Geschichte von der Frau, die sich aus der gleichen Situation befreit und gestärkt hervorgeht, die Geschichte der Frau, die zur Killerin wird. Wenn das nicht klar wird, wenn meine Geschichte eine Mischung aus diesen drei Themen wird, kann sie nicht funktionieren. Dann klappt der Leser das Buch zu und denkt "was sollte das jetzt?"

Liebe Grüße, Susanne

 

"Books! The best weapons in the world!" (The Doctor)

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@Susanne

dann ist die Prämisse im Grunde doch gleichzusetzen mit dem Begriff Thema?

 

@Christa

"Und sie hieß auch: benutzt ihr eine?"

Oops, sorry, hab ich überlesen.

 

LG

Joy

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@Susanne

dann ist die Prämisse im Grunde doch gleichzusetzen mit dem Begriff Thema?

 

Ne, glaube ich nicht, siehe mein Posting #63

 

LG

Inge

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So gesehen' date=' antwortet die Prämisse auf die Frage: "Worum geht es in deiner Geschichte?". So benutze ich sie. Ich muss mir überlegen, was will ich erzählen. Die Geschichte von der Frau, die sich nach einer desolaten Ehe aufgibt und verkümmert, die Geschichte von der Frau, die sich aus der gleichen Situation befreit und gestärkt hervorgeht, die Geschichte der Frau, die zur Killerin wird. Wenn das nicht klar wird, wenn meine Geschichte eine Mischung aus diesen drei Themen wird, kann sie nicht funktionieren. Dann klappt der Leser das Buch zu und denkt "was sollte das jetzt?"[/quote']

 

Genau, das präzisiert, was ich meine. Noch spannender wäre es für mich, wenn

die Frau sich überlegt, ob sie zur Killerin werden soll, den Gedanken aufgibt und zu verkümmern droht, sich dann aber doch befreit. Es geht um Stimmigkeit des Konflikts - und seine Auflösung. Frey verdeutlicht das an einer Stelle so: wenn man ein Sachbuch über den amerikanischen Präsidenten und seine Zeit schreibt, gehört eine Sammlung seiner Lieblingsrezepte nicht unbedingt da rein. ;)

 

Mir sind damals ein paar Dinge, wie eben dieses "überlege dir, worüber du schreibst" haften geblieben und haben mir sehr wohl genützt. Sie machen den Text einfach dichter und aussagekräftiger.

 

LG

Christa

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Lieber Tom,

 

Du stellst eine wichtige Frage: Was hat sie davon, die Wahrheit zu sagen?

 

Die Antwort gibt der Roman. Wenn man Jule durch die Zeit begleitet hat, in der sie nicht gewagt hat, die Wahrheit zu sagen, dann weiß man am Ende, was sie davon hat, es zu tun.

 

Liebe Grüße

Ilona

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Ich bin auch jemand, der die Prämisse eher als Thema denn als Moral sieht. In diesem Zusammenhang möchte ich mal anregen, die Prämisse/das Thema nicht nur als Aussage zu formulieren (simples Beispiel: "Das Gute gewinnt am Schluss."), sondern als Aussage mit Begründung: z.B. "Das Gute gewinnt am Schluss, weil es einfallsreicher ist als das Böse." oder "Das Gute gewinnt am Schluss, weil das Böse egoistisch handelt." usw. Auf diese Weise entstehen ganz verschiedene Blickpunkte auf die Aussage - meines Erachtens das, was Romane, die das gleiche Thema behandeln, unterschiedlich machen kann.

 

Weil ich selbst mit dieser Art von Prämisse arbeite, hier noch ein Verwendungsbeispiel, das zeigt, dass die Prämisse keine Moral, sondern ein Werkzeug ist: Man nehme die Prämisse und negiere sowohl Aussage als auch Begründung.

An obigem Beispiel:

"Das Gute gewinnt am Schluss, weil es einfallsreicher ist als das Böse."

wäre die negierte Form:

"Das Böse gewinnt.", "Das Böse ist einfallsreicher als das Gute."

Damit ergeben sich schon vier Themen die man abwechselnd in den Kapiteln anlegen kann. Abwechselnd daher, weil der Leser dann schwankt zwischen Hoffnung ("Das Gute gewinnt." und "Das Gute hat die besseren Ideen") und Zweifel ("Das Böse gewinnt." und "Das Böse hat die besseren Ideen."). Wenn dann Hoffnung und Zweifel im Lauf der Handlung immer intensiver werden, ist das Spannung.

 

Ach ja, und noch etwas: Ich finde es wichtig, dass man die Prämisse so allgemein wie nötig, aber so Story-spezifisch wie möglich formuliert, beispielsweise statt "Das Böse verliert, weil das Gute am Ball bleibt." eher "Der Triebtäter hat keine Chance, weil die Praktikantin im Detektivbüro ihm beharrlich auf den Fersen bleibt." So werden Aussage und Begründung im Sinne der konkreten Handlung/Personen spezifiziert.

 

Es lebe die Prämisse/der Fokus auf das Thema!

Liebe Grüße. Kathleen.

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"Der Triebtäter hat keine Chance' date=' weil die Praktikantin im Detektivbüro ihm beharrlich auf den Fersen bleibt." [/quote']

 

Sorry, aber - ist das jetzt noch 'ne Praemisse oder 'ne Inhaltsangabe?

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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@Susanne

dann ist die Prämisse im Grunde doch gleichzusetzen mit dem Begriff Thema?

 

 

LG

Joy

 

 

 

Wenn man "Thema" nicht als Einwort-Begriff auffasst, so dass es "Rache" bedeutet oder "Fußball", könnte man dann sicher auch Thema sagen.

Ron Kellermann hat uns dazu eine gute Übung machen lassen.

 

1. Prämisse formulieren - 1 Satz

2. Log line formulieren - 3 Sätze (ähnlich wie Pitch, kommt wohl auch aus dem Filmjargon)

Und dann Zusammenfassungen, wie ein Mini-Exposé, in 35, 70, 120, 300 Wörtern. Als Vorübung, wenn man überlegt, worum der Roman gehen soll, den man anfängt, recht hilfreich. Für mich jedenfalls.

Liebe Grüße, Susanne

 

"Books! The best weapons in the world!" (The Doctor)

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Sorry' date=' aber - ist das jetzt noch 'ne Praemisse oder 'ne Inhaltsangabe?[/quote']

 

Hab ja eingangs schon gesagt, dass die Prämisse in meinen Augen keine Moral ist, sondern das Kernthema. Und damit quasi die Inhaltsangabe, wenn du so willst.

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Wovon eine Geschichte handelt/erzählen will - ihr Thema also oder meinethalben ihre Prämisse - entdecke ich regelmäßig erst während des Schreibens. Und was ich "damit sagen will", weiß ich von vielen meiner Romane heute noch nicht. (Das ist so eine "Deutschlehrer-Theorie": Dass der Autor was sagen will und sich dann hinsetzt und das trickreich in eine Geschichte verpackt. Damit Schüler was zu interpretieren haben.)

 

Man muss, ehe man beginnt zu schreiben, seine Figuren kennen, wissen, was so ungefähr passieren muss, und die Handlung in drei Sätzen formulieren zu können ist auch kein Fehler (ich strebe immer 60 Worte an. 60 ist eine magische Zahl.) - aber man muss nicht wissen, was man damit sagen will. Wenn man seine Prämisse auf halbem Weg findet, ist immer noch Gelegenheit, das Manuskript durchzugehen und sich zu fragen, "passt das dazu"?

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