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Heiko

Dialogkniffe

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Schönen guten Abend, zusammen!

 

Wie ihr meiner letzten Frage "Szene nur aus Dialog" entnehmen konntet, beschäftige ich mich derzeit mit der Frage, wie ein Dialog möglichst interessant gestaltet werden kann.

 

Nachdem ich mich nun etwas damit beschäftigt habe, habe ich festgestellt, dass es für mich nichts Schlimmeres gibt, als direkte Dialoge; also Gespräche, die dem Muster folgen: Figur A fragt, Figur B antwortet auf die Frage.

 

"Hast du Kaffee im Haus?"

"Nein."

 

Zwar wird hier auch ein Konflikt angedeutet/begonnen, besser fände ich aber:

"Hast du Kaffee im Haus?"

"Nein. Wolltest du nicht aufhören?"

 

Im nächsten Überarbeitungsschritt würde wahrscheinlich das "Nein" gestrichen, also:

"Hast du Kaffee im Haus?"

"Wolltest du nicht aufhören?"

 

Noch besser gefiele mir aber, die Antwort noch abstruser zu gestalten, beispielsweise eine dritte Figur einzuarbeiten (Nennen wir sie Esther, die verhasste Cousine von Figur B):

"Hast du Kaffee im Haus?"

"Esther trinkt seit Jahren keinen Kaffee. Erst gestern hat sie mich angerufen. Aus ihrem neuen Büro in Hamburg. Sag, Heinrich, rauchst du immer noch so viel?"

 

Dialoge im richtigen Leben sind meist nur gegenseitig unterbrochene Monologe der Gesprächsteilnehmer. Jeder hat seine Geschichte, die er erzählen möchte, auf das Gesagte des Gegenübers wird nicht eingegangen, es wird nur auf eine günstige Gelegenheit gewartet, den eigenen Monolog fort zu führen.

 

Welche "Art" Dialoge verwendet ihr am liebsten? Ich freue mich über jede Anmerkung, Kritik, "so-würde-das-noch-viel-besser-klingen", ... :-)

 

Viele Grüße,

Heiko

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Falcon Peak - Wächter der Lüfte. Ein spannendes Fantasy-Abenteuer für Jungen und Mädchen ab 10 Jahren und jung gebliebene Erwachsene. ArsEdition, 01.03.2021

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(Peter_Dobrovka)

Wie wäre es, in solchen Fällen ganz auf den Dialog zu verzichten?

 

"Hast du Kaffee im Haus?"

"Nein."

wird zu

Es war jedoch kein Kaffee im Haus, also ...

 

Peter

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Hallo Coco,

 

Dialoge, wie sie im richtigen Leben gesprochen werden, sind in Büchern grausam zu lesen. Wir reden in halben Sätzen, wiederholen uns, sagen was wie boah, eh, oh ... machen Gedankensprünge. Selbst wenn ich im richtigen Leben eine Geschichte erzählen tun wir das auf eine nicht lesenswerte Art und Weise. Der Dialog in einem Buch soll zwar möglichst natürlich klingen, ist aber nicht natürlich. Er soll die Geschichte voranbringen, indem der Leser zusammen mit den Prots was erfährt. Er soll auch die Protagonisten charakterisieren.

 

Ich nehme mal dein erstes Kafeebeispiel:

"Hast du Kaffee im Haus?"

"Nein."

Wenn es nur um den Kaffee geht, ob der nun da ist oder nicht, ist das stinklangweilig, wenn sich nun aber die Sache hochschaukelt und der eine dem anderen vorwirft, dass man ihm immer alles wie Regenwürmer aus der Nase ziehen müsse, und wir drei Redebeiträge später mitten im schönsten Liebespärchenkrach sind, ist die Sache viel interessanter. Dann geht es ja auch nicht vordergründig um den Kaffee sondern um tiefersitzende Emotionen und damit gleichzeitig um die Charakterisierung der Streitenden. Dann hat auch der alltäglichste Dialog seinen Sinn.

 

Grüße

Aneirin

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Hallo!

 

Ich denke schon, dass man zunächst mal den Dialog einer bloßen Beschreibung vorziehen sollte. Fakten vorzuführen ist immer interessanter, als sie zu erzählen.

 

Dann kann ich Aneirin nur zustimmen, in der Aussage, dass ein alltäglicher Dialog in einem geschriebenen Stück überhaupt nicht ankommen würde - zu langweilig, und kein bisschen Ordnung darin. Als Autor hat man mit einem Dialog natürlich immer etwas im Sinn - eine Szene vorzubereiten, eine Figur zu charakterisieren o.ä.

 

Zwei Personen haben in einem Dialog auch zwei Ziele. Und somit zwei verschiedene Fahrpläne und werden auch so argumentieren und sprechen. Spricht der eine vom fehlenden Kaffee, so wird der andere vielleicht von Unordnung erzählen oder von Vergesslichkeit. So kommt Spannung in den Dialog und Konflikt.

 

Ich schreibe gern Dialoge, aber richtig gute zu erfinden, die den Personen gerecht werden und sie beschreiben, ist unglaublich schwer.

 

Grüße!

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Hallo Heiko,

wir hatten schon mal einen ähnlichen Thread, wo es um die Beziehung zwischen Dialog und Handlung ging... schau doch mal da:

(Link ungültig)

 

Schöne Grüße,

Petra

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Danke, Petra!

 

Werde ich mir gleich mal durchlesen. Wenn ich ein altes Thema aufgegriffen habe, `tschuldigung, hab ich nicht ordentlich genug nachgeschaut.  :-/

 

@peter: Ja, klar. Wenn´s nur um den Kaffee ging, in dem Sinne, dass ich damit vorbereiten will, dass die Beiden in die Stadt gehen müssen, um Kaffee zu trinken, wo sie dann vom Bus überfahren werden oder so.

(Was nicht so ist; das Beispiel ist aus keinem Text; hab´s nur so hingeschrieben, um deutlich zu machen, was ich unter direktem Dialog verstehe.)

 

@aneirin: Stimmt! Dialoge wie im Leben will ich auch nicht machen. Das wäre Drehbuch. Dass aber auch ein direkter Dialog jemanden kritisieren kann, ist mir noch nicht so aufgefallen, aber du hast recht: Bei jemandem, der nur mit "Ja" oder "Nein" antwortet und nur das Nötigste von sich gibt, fragt man sich natürlich, was mit demjenigen los ist. Danke!

 

@ambrose:

"Zwei Personen haben in einem Dialog auch zwei Ziele. Und somit zwei verschiedene Fahrpläne und werden auch so argumentieren und sprechen. Spricht der eine vom fehlenden Kaffee, so wird der andere vielleicht von Unordnung erzählen oder von Vergesslichkeit. So kommt Spannung in den Dialog und Konflikt."

Genau das meine ich! Im Beispiel, das ich oben "entwickelt" habe, könnte es zum Beispiel einen lange schwelenden Konflikt zwischen Person A (dem Sohn Heinrich vielleicht?) und Person B (Heinrichs Mutter, die ihn seit seiner Kindheit mit seiner efolgshungrigen Cousine Esther vergleicht?) zeigen.

 

Wie gesagt: Wollte keinen alten Thread aufleben lassen, wollte nur wissen, welche Art von Dialogen ihr so bevorzugt (natürlich kommt das immer auf die Personen, Charaktere und Situationen an, aber jeder Autor hat doch so seine Vorlieben, oder :-)?)

 

Viele Grüße,

Heiko

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Falcon Peak - Wächter der Lüfte. Ein spannendes Fantasy-Abenteuer für Jungen und Mädchen ab 10 Jahren und jung gebliebene Erwachsene. ArsEdition, 01.03.2021

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Hallo Heiko,

ich wollte nicht kritisieren, dass du da was Altes aufwärmen könntest, ich hab den Link nur gepostet, weil ich zu faul bin, meine eigene Antwort zu wiederholen ;-)

Schöne Grüße,

Petra

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(Peter_Dobrovka)

@peter: Ja, klar. Wenn´s nur um den Kaffee ging, in dem Sinne, dass ich damit vorbereiten will, dass die Beiden in die Stadt gehen müssen, um Kaffee zu trinken, wo sie dann vom Bus überfahren werden oder so.

Das ist alles schön und gut, aber bisher wird mir das alles zu sehr aus einer bestimmten Richtung betrachtet, nämlich wenn der Dialog langweilig ist, ihn solange aufzumöbeln, bis er beginnt, die Handlung zu verändern, und das ist - sorry - Schwachsinn.

Langweilige Dialoge sollten im Zweifelsfalle nicht verbessert werden sondern weg. Das ist meine Meinung.

 

Peter

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Hm ... Ich seh´s so: Irgendwann müssen die Protagonisten ja mal miteinander sprechen; meine Frage bezog sich darauf, langweilige Dialoge erst gar nicht entstehen zu lassen, sondern wie man es handwerklich schafft, gute, weil spannende Dialoge zu schreiben.

 

Wenn ich einen dummen Dialog habe, der absolut nichts zum Voranschreiten der Handlung beiträgt ... natürlich: Weg damit!

 

Grüße,

Heiko

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Falcon Peak - Wächter der Lüfte. Ein spannendes Fantasy-Abenteuer für Jungen und Mädchen ab 10 Jahren und jung gebliebene Erwachsene. ArsEdition, 01.03.2021

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Hallo,

ich habe damals die Frage nach dem Dialog ins Spiel gebracht.

Was die "Spannung" in Dialogen betrifft, würde ich sagen, die Spannung entsteht, wenn zwischen den handelnden Figuren eine Spannung besteht. Nein, das ist kein doofes Wortspiel, sondern ich denke, wenn zwischen den Figuren nichts als Alltagsgeplänkel los ist, kann auch ihr Dialog nicht künstlich irgendein Knistern aus dem Boden stampfen. Darum steht und fällt das Ganze wohl mit den Figuren und der Handlung.

 

Aber wenn Du die entsprechende Situation geschaffen hast, ist meines Erachtens ein wichtiger Aspekt, daß sich der Dialog auf das Wichtigste beschränkt. Die berühmte Frage nach dem Kaffee kann da entbehrlich werden oder ein elementarer Bestandteil des Gesprächs sein, das hängt vom restlichen Geschehen ab.

Wenn Du nun die "handwerklichen" Tricks meinst, es gibt diesen Ansatz, daß die Figuren nie direkt aufeinander eingehen dürfen (Frey läßt grüßen), das kann unter Umständen den Dialog beleben, es kann aber meiner Ansicht nach genauso schnell sehr artifiziell wirken.

 

Eine Hilfestellung könntest Du vielleicht bekommen, wenn Du dir gute Theaterstücke anschaust. Ein Theaterautor muß sich, im Gegensatz zum Drehbuchautor, vollkommen auf das Element der Sprache beschränken, Musik als Emotionsverstärker hat er nicht zur Verfügung. Die Dialoge müssen das Geschehen tragen.

 

Liebe Grüße

Anna

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(Peter_Dobrovka)

Irgendwann müssen die Protagonisten ja mal miteinander sprechen;

Das können sie auch ohne Dialog.

Als er nach Hause kam, begrüßte sie ihn mit einem Kuß. Sie tauschten die üblichen Tagesinformationen aus, er fragte nach dem Abendessen und setzte sich vor den Fernseher.

(Das berühmte In-Sekunden-ausm-Finger-gesaugt-Beispiel)

 

meine Frage bezog sich darauf, langweilige Dialoge erst gar nicht entstehen zu lassen, sondern wie man es handwerklich schafft, gute, weil spannende Dialoge zu schreiben.

Ja, und ich sage, daß die Frage schon falsch ist!

Wenn gerade nichts Interessantes zu sagen ist, dann ist der beste Weg, einen langweiligen Dialog nicht entstehen zu lassen der, daß man keinen Dialog schreibt.

Dialoge aufpeppen zu wollen, halte ich für den falschen Weg. Dialoge müssen sich natürlichst aus dem Charakter der Figuren und der Situation ergeben, in der sie sich befinden. Alles andere ist und wirkt gekünstelt.

 

Oder, um es anders auszudrücken: Dein Problem hat keine befriedigende Lösung, also vermeide das Problem.

 

Peter

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Peter, du wirst mich nun erst recht nicht mehr leiden können, aber meiner Meinung nach hapert es in deinen Geschichten manchmal an den Dialogen. Die Leute unterm Doppelmond reden mitunter langweiliges Zeug.

 

Nun, auch die Leute in meinen Romanen reden zunächst mal langweiliges Zeug. Aber dann! Dann feile ich mindestens zehn Mal daran, bis sie so schlagfertig und geistvoll argumentieren und smalltalken und streiten, dass ich es selbst nicht fassen kann. Es ist die Erfüllung eines Traums: stets die allerbeste Erwiderung in Sekundenschnelle, an der ich als Autorin stundenlang arbeiten kann.

 

Heiko, in dem Textkritik-Ausschnitt "Braves Mädchen" merkt man, dass du dir viele Gedanken um die Dialoge gemacht hast. Ich finde es recht gelungen.

 

Gruß,

 

Tin

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(Peter_Dobrovka)
Peter, du wirst mich nun erst recht nicht mehr leiden können, aber meiner Meinung nach hapert es in deinen Geschichten manchmal an den Dialogen. Die Leute unterm Doppelmond reden mitunter langweiliges Zeug.

DAS habe ich bisher noch von niemandem gesagt bekommen, aber wenn du das so empfindest, muß ich das zur Kenntnis nehmen.

 

Kannst ja gerne Beispiele bringen, das bringt Leben in die Theorie.

 

Nun, auch die Leute in meinen Romanen reden zunächst mal langweiliges Zeug. Aber dann! Dann feile ich mindestens zehn Mal daran, bis sie so schlagfertig und geistvoll argumentieren und smalltalken und streiten, dass ich es selbst nicht fassen kann. Es ist die Erfüllung eines Traums: stets die allerbeste Erwiderung in Sekundenschnelle, an der ich als Autorin stundenlang arbeiten kann.

Ebendies habe ich auch schon mal als Feedback bekommen, allerdings als Vorwurf: Die Leute würden zu "perfekt" reden.

 

Peter

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Das können sie auch ohne Dialog.

Als er nach Hause kam, begrüßte sie ihn mit einem Kuß. Sie tauschten die üblichen Tagesinformationen aus, er fragte nach dem Abendessen und setzte sich vor den Fernseher.

Nein, das ist undenkbar: Viel zuviel Tell und überhaupt kein Show ... :s22:p

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(Peter_Dobrovka)

Nein, das ist undenkbar: Viel zuviel Tell und überhaupt kein Show ... :s22:p

Aber bitte, Manuel, das IST doch Show!

 

Tell wäre dies:

Die Begrüßung fiel ohne Begeisterung aus und der Abend verlief langweilig und frustrierend.

 

Peter

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Die Praxis.

 

Hier ein Dialog - zusammgestrichen - aus Peters Prolog.

 

„Was starrst du mich so an?“

„Verzeih mir. Ich vergesse manchmal, wie glücklich ich darüber bin, mit dir für immer zusammen zu sein. Und jetzt ist gerade der Augenblick, da ich mir dies ins Gedächtnis rufe.“

(dann küßten sich die beiden.)

„Das Feuer“

„Ja, natürlich.“

(Hyld betrachtete ihr Gesicht.)

„Diese häßlichen braunen Punkte werden immer mehr und immer dunkler.“ „Sonnenschecken sind nicht häßlich. Es sagen manche sogar, ein Gesicht ohne Schecken sei wie ein Himmel ohne Sterne.“

„Das sagst du nur, um mich nicht zu verstimmen! – Hoffentlich verschwinden sie wieder, wenn wir nicht mehr den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt sind.“

„Ach, Hyld …“

Dann sah er die Lichter, und seine Augen weiteten sich vor Entsetzen.

„Wulf? Was ist?“

 

 

Und hier ein Dialog - zusammengestrichen -, an dem ich noch tüftele. Unveröffentlicht.

 

„Sie haben die Felsen vergessen.“

„Wie viel wäre Ihnen ein Bild von den Cliffs wert? Ich lasse mit mir handeln“,

(reichte dem Fremden die Hand.) „Angela Stader. Ich mache eine Rundreise durch Irland. In meinem Reiseführer ist es nicht übertrieben: Die Cliffs of Moher sind grandios. Und wie ich sehe, lassen sich auch die Einheimischen hier inspirieren...“

„Ian Wylie. Sturmerprobter inspirierter Künstler auf dem Weg zur naiven Malerei.“

„Naive Malerei hätte ich nicht erwartet. Aber... warum steht ein Künstler in dieser atemberaubenden Landschaft und malt nicht das Offensichtliche?“

„Finden Sie das Offensichtliche nicht furchtbar langweilig? Das wirklich Wichtige liegt in der Tiefe und im Licht. Die Klippen werden in fünfzig Jahren noch unverändert in den Ozean hineinragen, und wenn es mich packt, halte ich sie dann als alter Mann in Öl für die Nachwelt fest. Wenn ich mir Mühe gebe, habe ich vielleicht eine reelle Chance in Konkurrenz zu den 1546 anderen Bildern der Cliffs, die Sie in den Kunstgeschäften entlang der Küste erwerben können. Nirgendwo sind die Lichtverhältnisse umfassender und schnelllebiger als hier. Ich fühle mich hier durchflutet. Aber ich hatte nicht erwartet, in einer Sightseeing-Touristin solche Assoziationen zu wecken.“

„Ich weiß nicht viel von Kunst. Die Bilder, die mir gefallen, kann ich nur vereinzelt nach ihren Stilrichtungen einordnen. Ich kaufe mir, was mich berührt, ohne nach den Gründen zu fragen.“

„Sehen Sie? Dann liegen wir doch nicht so weit entfernt in unseren Einstellungen. Ich male, was mich berührt, ohne nach den Gründen zu fragen.“

„Wenn Ihnen der Erfolg Recht gibt... Ihr Bild ist expressionistisch. Aber die großen Expressionisten haben spielerisch auch dinghafte Elemente miteinbezogen.“

„Ja, haben sie.“ (Pause)

„Sind Sie hier aus der Gegend?“

Hatte sie jemals etwas Dümmeres gefragt?

„Das hängt davon ab, wie sie es verstehen. Aus der Gegend bin ich schon, allerdings wohne ich etwa hundert Kilometer entfernt. In der Nähe von Clifden, wenn Ihnen das etwas sagt. Das ist ein Fischerdorf in der nächsten Bucht, oberhalb von Galway. Ich bin dort aufgewachsen. Meine Eltern haben da ein Gehöft, betreiben mit meinem älteren Bruder zusammen ein Geschäft für Anglerbedarf und vermieten eine Handvoll Cottages. So halten sie sich über Wasser. Und ich hänge mich an sie, um nicht unterzugehen“

„Ist die Ortsprache von Clifden deutsch? Sie sprechen fast akzentfrei.“

„Das Schicksal hat mich nicht mit vielen guten Dingen gesegnet, aber immerhin mit einer klugen Mutter, die mir die Sprache in die Wiege gelegt hat. Ich bin zweisprachig aufgewachsen. Meine Mutter ist Deutsch-Irin.“

„Wie beneidenswert. Sicher sind Ihnen Ihre Sprachkenntnisse in Ihrem Beruf von großem Nutzen?“

„Allerdings. Ich kann mühelos mit deutschen Urlauberinnen über abstrakten Expressionismus und die Formel des Erfolgs plaudern. Ist das nicht von unschätzbarem Vorteil? Haben Sie sonst noch eine Frage?“

„Oh, sorry, ich wollte Sie nicht ausfragen. Es hat mich nur interessiert...“

„Und mich würde interessieren, ob Ihr Zelt sturmsicher ist, falls Sie beabsichtigen, die Nacht hier zu verbringen. Die Sonne wird gleich untergehen...“

„Sehe ich aus, als sehne ich mich nach Grenzerfahrungen? Zu meinen Minimalanforderungen an Übernachtungskomfort gehört ein Dach, das dicker ist als wasserdichter Stoff. Und eine heiße Dusche.“

„Nichts anderes hatte ich erwartet. Sie glauben nicht, was Sie verpassen. Nur wer an seine Grenzen geht, begreift seine Konturen...“

„Ich sollte nun wirklich schauen, dass ich heute noch irgendwo unterkomme. Ich finde meine Ansprüche unter den gegebenen Witterungsverhältnissen nicht überzogen, und über die Grenzen denke ich nach, wenn das Wetter beständiger ist.“

 

 

Gruß,

 

Tin

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Liebe Tin,

 

gefällt mir wirklich gut, dein Dialog. Ist nicht ganz so extrem indirket wie ich sie gerne schreibe, aber folgt diesem "Prinzip" doch auf eine subtile Weise.

 

„Sie haben die Felsen vergessen.“

„Wie viel wäre Ihnen ein Bild von den Cliffs wert? Ich lasse mit mir handeln“

 

„Finden Sie das Offensichtliche nicht furchtbar langweilig? ...

„Ich weiß nicht viel von Kunst. " ...

 

 

Peter, dein Dialog ist mir da zu direkt, sorry (muss allerdings zugeben, nicht den ganzen Prolog gelesen zu haben, und anhand des kurzen Ausschnitts erlaube ich mir kein abschließendes Urteil):

„Was starrst du mich so an?“

„Verzeih mir. ..."

 

„Das Feuer“

„Ja, natürlich.“

 

usw.

 

 

Viele Grüße,

Heiko

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Falcon Peak - Wächter der Lüfte. Ein spannendes Fantasy-Abenteuer für Jungen und Mädchen ab 10 Jahren und jung gebliebene Erwachsene. ArsEdition, 01.03.2021

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(Peter_Dobrovka)

Wie, zu direkt? Mein oben zitierter Dialog ergibt doch ohne den Zusammenhang gar keinen Sinn!

 

Außerdem ist er nun wirklich ziemlich knapp.

 

Bei mir hocken zwei Leute zusammen, die seit drei Tagen durch einen Wald wandern, vorher nie aus ihrer Stadt rausgekommen sind und nichts von der Welt kennen und inzwischen ziemlich einsilbig drauf sind. Gestylte Dialoge wären da krass fehl am Platz.

 

Was nicht heißt, daß man sie nicht besser machen könnte, nur der Vergleich mit Tins gebildeten Smalltalk ist irgendwie ... weird.

 

Peter

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Es geht nicht um gebildeten Smalltalk, meine zwei könnten sich auch über die bestmögliche Zubereitung von Schweinebraten unterhalten, und das alles ist auch genre-unabhängig. Ich finde, es liest sich einfach knackiger, wenn die Figuren so indirekt reden, wie Coco das herausgestellt hat.

 

In meinem Text gibt es auch noch eine Menge drumherum, ich habe ganz bewusst nur die Dialoge herausgenommen.

 

"Verzeih mir" und "Ja, natürlich" könntest du meiner Meinung nach einfach weglassen.

 

Gruß,

 

Tin

 

PS. eMail erhalten? In dem Zip-Paket ist nichts drin.

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(Peter_Dobrovka)

Vielleicht Genre-unabhängig, aber nicht Themen-unabhängig. Der Schweinebraten fällt da ins gleiche Raster wie die Kunstsache: Zivilisations-Smalltalk. Nicht vergleichbar.

 

"Verzeih mir" und "Ja, natürlich" könntest du meiner Meinung nach einfach weglassen.

Darüber kann ich mal nachdenken, wenngleich das durchaus der Charakterisierung dient. Ein bissel Unterwürfigkeit ...

 

Peter

 

PS: Das zip ist nicht leer, aber siehe neue Mail.

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Hallo!

Da muss ich eine andere Frage mal aufwerfen:

 

Was ist mir lieber: ein Dialog zwischen Personen, der sich knackig liest oder aber ein Dialog, der zwar nicht atemberaubend erscheint, aber die Figuren des Stückes in betreffendem Licht erscheinen lässt (sprich: charakterisiert)?

 

Wobei nicht in Abrede gestellt werden soll, dass der knackige Dialog es leichter hat, den Leser zu erreichen.

 

Viele Grüße!

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(Peter_Dobrovka)

Erwähnte ich schon, daß mir wiederum dein Dialog nicht gefällt, Tin?

Das liegt wohl in erster Linie am Thema, über das die beiden reden, welches mich reichlich wenig fasziniert und deswegen unermeßlich weitschweifig ausgebreitet vorkommt. Für mich täten es schon sehr viel weniger Worte - ja, ich flehe geradezu nach einer Kürzung.

Aber noch schlimmer ist: Der Dialog wirkt künstlicher als künstlich. Ja, auch ich weiß und vertrete die Ansicht, daß Dialoge nicht aus dem prallen Leben kopiert werden dürfen, weil dann sind sie grauenvoll zu lesen, aber dieser hier ist in seiner Unnatürlichkeit geradezu aufdringlich. Ich vertrete nämlich die Ansicht, daß Dialoge zumindest natürlich WIRKEN müssen. Der Leser soll nicht merken,daß gestylt wurde. So ein Dialog ist ein Fluß. Ein Wort gibt das andere. Bei deinem Dialog merke ich, daß da jemand stundenlang in seiner Kammer gesessen hat, um genau dies zu unterbinden.

 

Noch was zum Thema Indirektheit. Der heilige Gral ist das sicher nicht. Indem man nicht direkt auf die Worte des anderen eingeht, baut man eine gewisse Spannung auf, die mir persönlich, wenn sie sich durch das ganze Buch zöge, unerträglich wäre. Ich würde das Buch nicht in die Ecke werfen, ich würde es verbrennen, die Asche in Säure auflösen, den Fluch des Buches in einem heidnischen Ritual von mir abwenden und mich dann in die Psychiatrie einweisen lassen.

 

„Sie haben die Felsen vergessen.“  

„Wie viel wäre Ihnen ein Bild von den Cliffs wert? Ich lasse mit mir handeln“,  

Hier kann man ja noch sagen, daß die etwas angreifende Ausgangsbehauptung diplomatisch entschärft wird. Allerdings bleibt es seltsam, auf eine Kritik mit einem Verkaufsangebot zu antworten.

Darauf wird wiederum auch mit keinem Wort eingegangen, und ich fühle sie schon, die Nervosität (Genervtheit), wie sie sich in mir auszubreiten beginnt.

 

In meinem Reiseführer ist es nicht übertrieben

Niemanden interessiert in diesem Kontext der Reiseführer der Lady, und niemand würde so geschwollen reden.

 

Und wie ich sehe, lassen sich auch die Einheimischen hier inspirieren

Sie weiß doch gar nicht, ob sie einen Einheimischen vor sich hat.

 

warum steht ein Künstler in dieser atemberaubenden Landschaft und malt nicht das Offensichtliche?“

„Finden Sie das Offensichtliche nicht furchtbar langweilig? Das wirklich Wichtige liegt in der Tiefe und im Licht.

Ah, dies löst den Nervknoten angenehmerweise für einen Moment. (BTW, In der naiven Malerei hab ich noch nie Tiefe und Licht gesehen, aber das ist jetzt nachrangig.)

 

Die Klippen werden in fünfzig Jahren noch unverändert in den Ozean hineinragen, und wenn es mich packt, halte ich sie dann als alter Mann in Öl für die Nachwelt fest. Wenn ich mir Mühe gebe, habe ich vielleicht eine reelle Chance in Konkurrenz zu den 1546 anderen Bildern der Cliffs, die Sie in den Kunstgeschäften entlang der Küste erwerben können. Nirgendwo sind die Lichtverhältnisse umfassender und schnelllebiger als hier. Ich fühle mich hier durchflutet.

Das sind alles Dinge, die mich im Moment nicht die Bohne interessieren, deswegen könnte man das von mir aus getrost streichen.

 

Aber ich hatte nicht erwartet, in einer Sightseeing-Touristin solche Assoziationen zu wecken

Und den Satz würde ich streichen, weil er wieder ein neues Thema aufwirft, auf das nicht weiter eingegangen wird, und so nicht mehr paßt, was die Frau antwortet. (Ja, ja, das ist ja beabsichtigt, nicht wahr? grr)

 

Ich weiß nicht viel von Kunst. Die Bilder, die mir gefallen, kann ich nur vereinzelt nach ihren Stilrichtungen einordnen. Ich kaufe mir, was mich berührt, ohne nach den Gründen zu fragen

Viel zu weitschweifig.

 

Aber die großen Expressionisten haben spielerisch auch dinghafte Elemente miteinbezogen.“

 „Ja, haben sie.“ (Pause)

Ich denke, sie weiß nicht viel von Kunst?

 

Hatte sie jemals etwas Dümmeres gefragt?

So dumm ist die Frage gar nicht, daß dieser Kommentar berechtigt wäre.

 

Die zweite Hälfte des Dialogs ist besser. Wirkt natürlicher, allerdings krankt auch er an unnützer Ausführlichkeit.

 

Dies wäre meine Version:

 

„Sie haben die Felsen vergessen.“  

„Sie kennen sich damit aus, Frau ...?“,  

„“,  

(reichte dem Fremden die Hand.) „Angela Stader. Ich mache eine Rundreise durch Irland. Und das sind doch die Cliffs of Moher, oder?“

„Genau. Und ich bin Ian Wylie. Sturmerprobter inspirierter Künstler auf dem Weg zur naiven Malerei.“  

„Naive Malerei, hm? Warum malen Sie diese atemberaubende Landschaft denn nicht einfach, wie sie ist?“

„Für so was gibt es Fotoapparate. Finden Sie das Offensichtliche nicht furchtbar langweilig? Das wirklich Wichtige liegt in der Tiefe und im Licht.“  

„Ich weiß nicht viel von Kunst. Ich kaufe mir, was mir gefällt, ohne viel nachzudenken.“

„Dann liegen wir gar nicht so weit entfernt in unseren Einstellungen. Ich male, was mir gefällt.“

„Wenn Sie damit erfolgreich sind, warum nicht?“

(Pause)

„Sind Sie hier aus der Gegend?“  

„Das hängt davon ab, wie sie es verstehen. Ich wohne etwa hundert Kilometer von hier. Bei Clifden, wenn Ihnen das etwas sagt. Ist ein Fischerdorf. Meine Eltern haben da ein Gehöft, ein Geschäft für Anglerbedarf und vermieten eine Handvoll Cottages.“

„Interessant. Ihr Deutsch ist fast akzentfrei.“

„Meine Mutter ist Deutsch-Irin. - Haben Sie sonst noch eine Frage?“  

„Oh, sorry, ich wollte Sie nicht ausfragen. Es hat mich nur interessiert...“

„Und mich würde interessieren, ob Ihr Zelt sturmsicher ist, falls Sie beabsichtigen, die Nacht hier zu verbringen. Die Sonne wird gleich untergehen...“

„Sehe ich aus, als sehne ich mich nach Grenzerfahrungen? Ohne festes Dach über dem Kopf und eine heiße Dusche geht bei mir gar nichts.“

„Das habe ich befürchtet. Sie glauben nicht, was Sie verpassen. Nur wer an seine Grenzen geht, begreift seine Konturen...“

„Darüber kann ich ja mal nachdenken, wenn das Wetter beständiger ist. Aber gut, dass Sie mich daran erinnert haben; ich sollte mal schauen, dass ich heute noch irgendwo unterkomme.“

 

Ich verwette meinen Kopf, daß diese Version DIR jetzt nicht gefällt.

Und Coco auch nicht.

 

Peter

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;D ;D ;D

 

Doch, doch, gefällt mir auch ;)

 

Sicher gefällt dir dieser Dialog:

 

"Hallo", sagte Joe zu Mary.

Mary sah von dem Buch auf, das sie gerade las. "Hallo", sagte sie.

Joe trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Er war überzeugt, dass jeder in der Cafeteria zu ihm hinsah. "Was machst du?", fragte er.

"Lesen."

"Oh. Was?"

"Moby Dick."

"Lohnt sich das?"

"Ist nur ne Geschichte von nem Fisch."

Joe setzte sich. Er fuhr sich mit einem Finger unter den Hemdkragen, um den Schweiß wegzuwischen, der ihm den Hals hinunterlief.

"Ah, ich muss dich was fragen", sagte er.

"Ich höre."

"Äh, bist du schon für den Ball mit jemand verabredet?"

"Ich will gar nicht hingehen."

"Mensch, da gehen doch alle hin. Hast du Lust, mit mir zu gehen?"

"Hmmm. Ich denk drüber nach, okay?"

"Denk nicht nach, tu's einfach! Ich kriege den Wagen von meinem Vater. Und Geld habe ich jede Menge dabei."

"Klingt nicht schlecht."

"Wir können vorher in Benny's Pizza Palace essen gehen."

"Also gut."

 

 

Na, findste gut? :s22

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(Peter_Dobrovka)

Ja, der gefällt mir. Das ist ein Dialog, der natürlich wirkt. Über den Inhalt kann man noch streiten, ich will da ja immer erst wissen, in welchem Zusammenhang der Text steht.

 

Du hast den Teufelskopf sicher nicht ohne Hintergedanken dahingesetzt, nur entzieht sich dein Gedankengang meinem Horizont.

 

Peter

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Ich finde diesen Dialog besser:

 

"Ich muss mich hinsetzen, das ist mein Job", sagte Joe.

"Oh?", sagte Mary und sah von dem Buch auf, das sie gerade las.

"Ja, die Schule zahlt mir anderthalb Dollar die Stunde, wenn ich in der Cafeteria lerne und ein gutes Beispiel gebe."

"Setz dich, wohin du willst, das ist ein freies Land."

Joe lächelte sie an und sagte: "Ich kenne deine Zukunft."

"Wie willst du das denn machen?"

"Ich kann Tarot-Karten lesen."

"Da glaub ich nicht dran. Wir sind Unitarier."

Joe nahm die Karten aus seiner Tasche und mischte sie. Er drehte die erste um und sagte: "Du wirst um acht Uhr heute Abend in einem grünen Chevy Nova abgeholt."

"Tatsächlich?"

"Der überaus gutaussehende junge Mann am Steuer wird ein weißes Dinnerjackett mit einem Kummerbund tragen."

"Was du nicht sagst."

"Er wird dich zu dem Ball ausgerechnet dieser Schule hier mitnehmen."

"Wow, all das steht in den Karten?"

"Das und mehr." Er steckte die Karten wieder ein. "Ich will dir nicht die ganze Überraschung verderben."

"Heißt das, du möchtest mit mir dahin?"

"Würdest du denn mitkommen?"

"Alles steht in den Karten, oder? Dann solltest du das auch wissen."

 

Deine Meinung, Peter?

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