Zum Inhalt springen
Christa

Langatmig erzählen, rasant erzählen

Empfohlene Beiträge

Hallo, liebe Mitautoren,

 

die letzten Threads haben bei mir Fragen aufgeworfen.

Ich mache gerade ein Experiment. Nachdem mir eine Agentin vor etwa einem Jahr sagte, ich solle doch länger bei den Figuren bleiben und kürzlich Testleser meinten, ich hetze zu sehr durch die Handlung, habe ich meinen neuen Roman ganz bewusst langsam angefangen, die Figuren eingeführt, das Umfeld beschrieben und schließlich auch den Konflikt spüren lassen.

 

Wenn ich mir das Geschriebene so durchlese, denke ich, das kriecht ja vor sich hin wie ein Bandwurm. Wenn das so weitergeht, Step bei Step, dann wird das Erzähltempo so verlangsamt, dass ich irgendwann einschlafe. (Habe imAlltag schon gemerkt, dass ich langsamer geworden bin)Früher bin ich immer mitten ins Geschehen gehüpft und habe alles getan, um mich und den Leser nicht zu langweilen.

 

Frage: kann man gleichzeitig oder nachzeitig langatmig und spannend schreiben?

Ich hoffe, jemand versteht mein Dilemma.

Ich verstehe es als die Kunst, die Spannungsschraube nicht zu stark und auch nicht zu locker anzuziehen-und bisher war meine vielleicht zu stark angezogen.

Kritiker und Lektoren fanden meine Texte immer spannend, immer "handlungsstark".

 

Anderen ging alles "viel zu schnell". Da möchte ich gern einen Kompromiss finden, ohne meinen eigentlichen Erzählstil, der einfach rasant ist, von Grund auf verändern zu müssen.

 

LG Christa

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Na, ich würde mal - ohne Deinen Text zu kennen - dreist behaupten, im Wechsel liegt die Würze.

Ich vermute, dass Du Deine Figuren szenisch einführst, um lange genug bei ihnen zu bleiben, sie vorzustellen, dem Leser vertraut zu machen.

Das trägt möglicherweise nicht dazu bei, die eigentliche Handlung voranzutreiben.

Vielleicht helfen hier und da erzählende Raffungen, um wieder auf die Schiene der eigentlichen Geschichte zu kommen?

Und wenn die Handlung zu hektisch wird, können retardierende Momente helfen, um den Leser wieder zu Atem kommen zu lassen. Denkbar sind kleine Innensichten der Protagonisten, Stimmungsbeschreibungen etc.

 

Gruß

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Na, ich würde mal - ohne Deinen Text zu kennen - dreist behaupten, im Wechsel liegt die Würze.

 

Das ist wohl das "Wort zum Sonntag" (wiewohl's Montag ist, ja ja) zu dem Thema.

 

Ich bin ja nun der mit dem umgekehrten Problem, der schleppenden Einfuehrung, lang, langatmig, langweilig, bei der jeder Busfahrschein, den sich Fredi kauft, ellenlang beschrieben ist. Und ich glaube, ich mache etwas, das dem, was ich gerade bei Dir vermute, aehnlich ist. Bei jedem neuen Projekt nehme ich mir fest vor: DIESMAL mach ich das aber ganz anders, springe ganz schnell rein, erzaehl nicht, dass der Busfahrer, der den Fahrschein verkauft, gruene Haare hat, sondern lass den Bus gleich explodieren usw.

Nach etwa fuenf Seiten voller explodierender Busse stelle ich dann fest, dass man auch Busexplosionen aeusserst langweilig beschreiben kann.

 

Es kann m.E. nicht darum gehen, dass Du Deine Texte grundsaetzlich verlangsamst und ich meine grundsaetzlich beschleunige, sondern dass wir beide und alle anderen mit solchen Erzaehltempo-Problemen (wie Reitanfaenger) lernen, das Tempo der Geschichte entsprechend zu wechseln.

 

Ich habe beim Romananfang allgemein als Problem erkannt:

Wenn der Bus mit Fredi drin explodiert, interessiert das keinen Menschen, solange ich ihm Fredi noch nicht ins Herz geschrieben habe.

Es interessiert aber auch keinen Menschen seitenlang, bei welchem Friseur Fredi sich die Haare faerben laesst, solange keine Hoffnung besteht, dass irgendwann auch mal ein Bus explodiert.

 

Ich habe damit mein Problem - leider - noch nicht geloest.

Aber zumindest ist mir schon mal klar, dass es kein Entweder-oder-Problem ist, dass Tempo nicht gleich weniger Langeweile ist und dass es immer in erster Linie um die Frage geht: wie nehme ich den Leser dorthin mit, wo ich hin will.

 

Sehr hilfreich finde ich, gelungene Romananfaenge desselben Genres zu lesen. Eine Empfehlung dazu fuer den historischen Roman:

Titus Mueller: Die Todgeweihte.

Hier wird scheinbar langsam die Hauptfigur dem Leser so richtig ans Herz gelegt. Es geht um eine Alltagssituation (Aufbruch zu ritueller Waschung). In einem leuchtenden Bild wird das Setting, die Situation, in der die Figur lebt, gezeigt, wir erfahren, was sie bewegt. Und dann dringt - noch unverortbar - ein Schrecken in die Szene, ein Versprechen an den Leser: du weisst noch nicht, was passiert, du darfst dir noch Zeit lassen, Figur und Setting kennenzulernen, aber sei sicher: hier wird es spannend.

Gut geloest, finde ich.

 

Herzliche Gruesse von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich habe beim Romananfang allgemein als Problem erkannt:

Wenn der Bus mit Fredi drin explodiert, interessiert das keinen Menschen, solange ich ihm Fredi noch nicht ins Herz geschrieben habe.

Es interessiert aber auch keinen Menschen seitenlang, bei welchem Friseur Fredi sich die Haare faerben laesst, solange keine Hoffnung besteht, dass irgendwann auch mal ein Bus explodiert.

 

Ich würde das abändern in "es interessiert keinen Menschen seitenlang, welche Kindheit Fredi hatte oder wie seine Familie aufgestellt ist". Das ist doch der häufigste Fehler (jedenfalls nach meiner Beobachtung), dass man "Die Figur einführen" gleichsetzt mit "Ihren Stand in der Gesellschaft erklären".

 

Fredi kann sich natürlich mit seiner Mutter auseinander setzen, wenn es der Plot hergibt, aber meistens sieht es so aus: Fredi geht aus dem Haus - auktorialer Einschub (da ist er drin groß geworden, ist als Baby fast im Gartenteich ertrunken, Vater hat gesoffen, Mutter heimlich Liebhaber empfangen) - Fredi geht in Richtung Haltestelle (irgendwann hat er geheiratet, eine Arbeit angenommen, und nun geht er jeden Morgen diesen Weg) - Fredi steigt in den Bus (mit der früheren Verlobten des Busfahrers hat er mal was gehabt) - Fredi fährt am Krankenhaus vorbei (seit Jahren plagt ihn schon die Gicht) - Fredi kommt in der Firma an (welche seit 1877 besteht, hier hat er schon gelernt und so manches Sträußchen mit seinem Chef ausgefochten), usw.

 

Alles dieser Art, worauf bei der Figureinführung verzichtet werden kann, sollte man weglassen. Ganz bei der Figur selbst bleiben, sich auf ihr Wesen konzentrieren. Dazu könnte ein Friseurbesuch durchaus passen. Ich will wissen, was Fredi für ein Mensch ist, nicht wie seine Eltern heißen und wie er aufgewachsen ist.

 

Sabine

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich koennt' mich bekugeln.

Sabine, woher kennst Du meinen Fredi-Roman?

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ach, zum Ende fehlen mir noch mindestens achthundert Seiten!

Schliesslich hab ich ueberhaupt noch nix ueber Fredis Oma, die ihm immer Cordhosen schenkt, und den Schwager des Friseurs und die Hochzeit von dem Opa des Busfahrers und alles und ueberhaupt.

Ihr koennt ja ueberhaupt noch nicht erfassen, was das bedeutet, wenn dann schliesslich der Bus mit Fredi drin explodiert, obwohl er die rote Cordhose anhat!

 

Fazit:

Langatmer haben offenbar staendig Angst, der Leser koennte von ihrem ganz ganz wichtigen Zeugl irgendwas ganz ganz wichtiges nicht mitbekommen.

Schnellschalter dagegen setzen beim Leser haeufig zu viel voraus.

 

Langweiler koennen beide sein, da Figuren, Settings und Themen, ueber die man nichts weiss, zumeist ebenso uninteressant sind wie Figuren, Settings und Themen, die man bis auf den letzten Knorpel vorgekaut bekam.

 

Also seh ich jetzt mal zu, dass ich meinem Fredi den Saum von der Cordhose noch'n bisschen kuerze. Aber dabei hat er sich doch neulich mal die Knoechel verkuehlt, als bei der Oma beim Sockenstricken gerade der Friseur angerufen hat und dann ist er doch mit dem Sechsundachtziger Bus gefahren und ...

 

Alles Liebe von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Christa,

ich möchte mich Annas Wort zum Montag anschließen. Die Mischung machts. Während eines spannenden Geschehens möchte ich gern in kurzen Zwischenbemerkungen fallengelassene Infos über die Person und ihr Leben lesen. Nichts episch-3-seitenlanges. Keine unnötige Unterbrechung der Handlung. Da möchte ich gern mal wieder amerikanische Autorinnen erwähnen die meines Erachtens nach genau wegen diesem Stil hier so gern gelesen werden. Man wird bestens informiert, die Figuren erhalten eine ungeahnte Tiefe, und trotzdem ist es spannend wie verrückt. Am Bekanntesten hier bei uns momentan: Linda Howard, Suzanne Brockmann, Nora Robert. (Achtung: die Übersetzungen in unseren Verlagen erscheinen so gut wie alle unter "Liebesromanschmalz", oft völlig unbegründet, weil es einfach spannende Romane sind, meist "Ladythriller" mit jeder Menge Action und viel "mehr" als nur einer Liebesromanhandlung - auch romantic suspense genannt)

Ich habe aus diesem Stil eine Menge für mich gelernt und dieser Stil beantwortet genau deine Fragen, Christa.

 

LG

Joy

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Langatmer haben offenbar staendig Angst, der Leser koennte von ihrem ganz ganz wichtigen Zeugl irgendwas ganz ganz wichtiges nicht mitbekommen.

 

Ich glaube, das ist noch viel einfacher: Die Langatmer mögen ihre Figur (und für den, den man mag, hat man Interesse) und denken nicht daran, dass der Leser das nicht automatisch auch tut.

 

Das gilt auch für anderes, beispielsweise die Stadt als Schauplatz. Da kriegt man oft anfangs in einem dicken Einschub die Stadtgeschichte untergejubelt.

 

Sabine

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich hab das Problem auch. In meinem letzten Roman ging es rasant von Szene zu Szene ... von einem zum anderen, viiiiiiieeel Tempo.

 

Zuviel, sagten manche.

 

Diesmal bin ich mehr bei den Figuren geblieben. War am Anfang nicht so einfach, denn ich bin jemand, der langatmige Erklärungen und Beschreibungen weder gerne liest noch schreibt. Also musste ich für mich ein neues Tempo erfinden zwischen Schlaftablette und Herzrasen.

 

Ich schätze, ich werd das bei meinem nächsten Projekt wieder neu herausfinden müssen. Und beim übernächsten auch wieder, weil ja kein Buch nach dem Schema F gestrickt wird.

 

Ich bin froh, dass meine Testleser ehrlich mit mir sind.

 

LG

 

Ulli

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das gilt auch für anderes, beispielsweise die Stadt als Schauplatz. Da kriegt man oft anfangs in einem dicken Einschub die Stadtgeschichte untergejubelt.

 

Sabine

 

Davon fuehl' ich mich schon wieder ertappt, denn mein Fredi ist naemlich eigentlich ne Stadt (gut getarnt, gell?). Und genau das von Dir umrissene Gefuehl hab ich oft: Ich hab die kleine Stadt sooooo gern, und ich moecht' soooo lieb, dass aus meinem Roman spritzt, dass das die allerschoenste, allerberueckendste, allerunwiderstehlichste kleine Stadt der Welt ist, und also muss ich doch einfach jede soooo tolle Einzelheit sooo haarklein usw.

 

Ja, genau so ist das.

Und was macht man dagegen?

 

Vor allem - von meinem endlich zurueck zu Christas Thema: Was ist mit den "Kurzatmern" - moegen die vielleicht ihre Figuren bzw. ihre Staedte nicht genug?

 

Und wie hilft man sich da - auf der einen wie der anderen Seite stehend - das rechte Mass zu finden, sich ein bisschen hoch- oder runterzuschaukeln?

 

Gibt's hier vielleicht Leute, die solche Probleme schon erfolgreich hinter sich gelassen haben?

 

Gruesse aus Fredihausen.

Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Und genau das von Dir umrissene Gefuehl hab ich oft: Ich hab die kleine Stadt sooooo gern, und ich moecht' soooo lieb, dass aus meinem Roman spritzt, dass das die allerschoenste, allerberueckendste, allerunwiderstehlichste kleine Stadt der Welt ist, und also muss ich doch einfach jede soooo tolle Einzelheit sooo haarklein usw.

 

Aber das kann man doch. Gut, es ist wahrscheinlich wenig sinnvoll, sich über die Buchdruckergeschichte über Mainz auszulassen, wenn im Buch ansonsten vom Drucken nicht die Rede ist. Aber über den Text verteilt kann man doch immer wieder Infos einfließen lassen.

 

In einem Buch steht der Held an der Reling seines Schiffes im Hafen. Lang und breit wird über die Figur, über die Seefahrt, die Geschichte der Stadt, die Geschichte des Handelshauses, dem das Schiff gehört und weiß der Geier was noch erzählt. Nach gefühlten zwanzig Seiten stand der Held immer noch an der Reling, bis endlich mal was passierte - ein Passagier kam an Bord.

 

So gehts halt nicht.

 

Sabine

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich knete mal wieder mein Lieblingsthema - das Thema.

 

Was immer man an Information an den Leser bringt, sollte ihm dienen.

 

Das ist ein bisschen so wie im Sachbuch.

 

Wie gern man auch immer seine Stadt hat, wenn sie nicht das Hauptthema der Geschichte ist, sondern Karlchen, der seinen Großmutterkonflikt bewältigen muss, dann bestimmt er, nicht die hübsche kleine Kuschelstadt das Tempo der Handlung.

Wenn er sich durch eine Gürtelrose mit allen möglichen Komplikationen dazu quälen muss, dann dürfen die Leser gerne mal bei seinen inneren Schmerzmonologen verweilen.

Wenn er das Problem mit dem japanischen Kochmesser löst, dann sollte es etwas zügiger gehen (und die Herstellungsverfahren der japanischen Schmiede haben dabei nichts verloren).

 

Ist die Stadt das tragende Thema, bestimmt sie das Tempo, nicht der Busfahrer, nicht der Friseur, nicht Oma mit dem putzigen Hündchen. Die sind Staffage und sollten sollten, wie schöner, kostbarer Schmuck, gezielt und dosiert eingesetzt werden.

Und wie bei edlem Schmuck ist weniger meist mehr.

 

Das ist der Vorschlag von

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Meine ist KEINE huebsche kleine Kuschelstadt, sondern eine kreuzlebendige, unerhoert gewitzte, mit viel Wasser gewaschene Sprudelstadt, aber ...)

 

... Recht haste trotzdem.

 

Nur hat ja ein Thema unter Umstaenden viele Elemente.

Daran, die zu gewichten, laboriere ich noch maechtig herum. Aber rein theoretisch denke ich schon, dass z.B. zu meinem Thema DIE STADT auch die Oma, der Friseur und der Bus gehoeren. (Der Schmerzmonolog, die Vergangenheit des Friseurs als zu heiss gebadetes Kind und die Entwicklung des Busmodells von der Zeit des Ochsenkarrens bis heute aber VERMUTLICH nicht.) Ich lese selbst solche Streussel sehr gern, die mich sicher sein lassen: Die gehoeren irgendwie zum Thema, sind ein Baustein. Aber ich weiss nicht, wie der eingepasst gehoert. Ich moecht' einem Thema schon auch seine Facetten lassen.

Trotzdem und auch wenn ich mich so anhoere, widerspreche ich Dir kein bisschen: Das Thema sehr fest und sich selbst gegenueber ehrlich im Blick behalten, die Straenge aufs Thema hin ausrichten und auch auskaemmen, eine bessere Richtlinie gegen die Langatmigkeit gibt es vermutlich nicht.

 

Aber ist das auch eine gegen die Kurzatmigkeit?

Ich denke: Ja. Wenn ein Autor sein Thema ordentlich auslotet, waer's ihm vermutlich zu schade, nicht rauszuholen, was drinnensteckt, es also dicht genug zu praesentieren?

Das ist jedoch nur spekulativ, da ich ja Lang-, nicht Kurzatmer bin.

Wie sieht's aus - kann der Fokus aufs Thema helfen, Szenen nicht im Schnelldurchlauf abzuhandeln?

 

Herzliche Gruesse von Charlie

(mit widerborstiger Nichtkuschelstadt)

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Bin heute schwatzhaft, weil ich mich nicht auf MEIN Thema konzentrieren kann, sondern lauter Handarbeiten machen muss.)

 

Kurzatmigkeit - da fällt mir ein Roman ein, weiß nicht mehr welcher, da hetzte der Held im Galopp durch die Szenen, ohne jemals zu schlafen, zu essen, das Hemd zu wechseln -und ich hab das Ding angewidert zugeschlagen.

 

Kurzatmigkeit könnte man beispielsweise mit gesundem Realismus begegnen. Ist es wirklich so, das die geschundene Heldin nicht einen Gedanken auf die Folgen ihrer Verletzung verschwendet oder der glückliche Held über die heiße Liebesnacht nicht doch mal eine Minute genüsslich reflektiert, statt gleich den nächsten Bären zu erwürgen?

 

Kurzatmigkeit kann allerdings auch schon in der Konzeption entstehen, wenn man dem Roman zuviel Handlungselemente aufpackt. Zuviel Szenisches macht Hektik. Vor allem, wenn die Verbindungen der Szenen untereinander nicht wirklich deutlich herausgearbeitet werden.

Themenkonzentration oder Zielkonzentration dürften zumindest ein Hilfsmittel sein.

Oder?

 

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Leute,

 

es kommt mal wieder wie so oft auf den Leser an.

 

Ich denke, dass ein Schnellleser überwiegend lieber weniger hektische Szenen liest, da er mit seiner Lesegeschwindigkeit ohnehin den Turbo einlegt, wohingegen der Langsamleser von eben einer abfolge an hektischen Szenen gefesselt sein kann, weil er sie garnicht hektisch empfindet - sondern gerade so, dass er dabei bleibt.

 

Dann gibts die Leser, die handlungsstarke Geschichten bevorzugen und denen die Figuren egal sind, wodurch sie kein Problem mit Klischeefiguren haben. Und dann gibts die Leser, die eben eine Geschichte haben wollen, in denen es um die Figuren geht, um die Psyche, in denen nicht viel Handlung passiert. Selbstverständlich ist das die kleinere Lesergruppe.

 

Wieder gibts Leser, die alles ausgemalt haben wollen - und andere wollen nur von Dingen lesen, die dem Thema dienen, usw.

 

Wenn du, liebe Christa, bei deiner jetzigen Ausformulierung der Geschichte am Einschlafen bist, dann rate ich dir davon ab. Selbst wenn du damit deine Leserschaft eingrenzt.

Das Ziel muss sein - um ein erfülltes Schreiberleben zu haben - dass wir uns absolut glücklich fühlen, mit dem, wie wir eine Geschichte ausformulieren. Und wenn die Lesergruppe damit schrumpft, dann soll es so sein. Zumal ich denke, dass man eine Geschichte niemals wirklich geil darstellen kann, wenn man sie in eine Form presst, die auf die größtmögliche Verkaufszahl zielt - da das Herzblut fehlt.

 

Natürlich wäre es der Idealfall, schriebe man Geschichten, die man liebt und die zudem auch noch viele andere begeistern.

 

Grüße

Quidam

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo miteinander,

 

das sind schon recht fundierte Antworten für mein Problem.

 

@Anna: im Wechsel liegt die Würze, und das kann und mache ich auch. Es gibt viel Innenschau, Beschreibungen und auch thematisch wichtige Infos, vermittelt vor allem über Dialoge und Gedanken oder indem sie einfach passieren.

Das am Thema und am Ziel auszurichten, ist ein guter roter Faden.

 

@Joy: Ich werde mir mal so ein Romantic Suspense-Buch besorgen, am besten endlich deinen Zeitreiseroman, von dem ich annehme, dass er es auch so hält.

 

@Ulli: ich werde es sicher auch bei jedem Buch neu austarieren müssen.

 

Vor allem - von meinem endlich zurueck zu Christas Thema: Was ist mit den "Kurzatmern" - moegen die vielleicht ihre Figuren bzw. ihre Staedte nicht genug?

 

Doch, ich mag sie sehr. Ich glaube, das hat möglicherweise was damit zu tun, das ich auch sonst sehr schnell bin und zum Beispiel nicht stundenlang dasitze und eine Stadt betrachte oder genau schaue, wie ein Fahrgast die Stufen hochsteigt, die Karte beim Busfahrer löst und mit welchem Ausdruck im Gesicht er dann in den Fahrgastraum geht. Zumindest nicht als Nebenfigur oder als Staffage.

Insofern wäre der Schreibstil und der Erzählstil Ausdruck der Persönlichkeit.

 

@Quidam: Du plädierst dafür, seinen Erzählstil nicht zu verändern, nicht zu verlangsamen oder zu beschleunigen, auch wenn man dadurch Leser verlieren könnte. Charlie schrieb ja, sie nehme es sich jedesmal vor, schneller vorzugehen und ist dann bald wieder bei der ihr genehmen Schreibweise. So könnte es mir auch ergehen.

 

Ich habe mir den Romananfang ein, zweimal durchgelesen und festgestellt, dass er eigentlich gar nicht langsam ist, auch wenn ich mich darum bemüht habe. Ich habe mir nur mehr Zeit mit den Figuren gelassen. Und ich weiß auch nicht, ob ich im Folgenden einschlafen werde- eigentlich hat es auch Spaß gemacht, mal andrs an einen Roman heranzugehen.

 

Last not least kommt noch ein Problem dazu: für historische Romane geraten meine Geschichten immer ein wenig zu kurz, naja, gerade so das Limit mit 410 Seiten oder so. Ich habe nun festgestellt, dass ich auf diese Weise, wie ich jetzt geschrieben habe, locker  mehr Seiten füllen könnte. Vielleicht erinnert sich jemand, dass eine Lektorin mal begeistert von einem Romananfang war, der sehr breit begann und später mehr oder weniger davongaloppierte. Ich konnte diese Breite (aus o.g. Gründen) nicht durchhalten. Er wurde abgelehnt mit den Worten: Szenen nicht genügend ausgebaut. Und inzwischen glaube ich, dass es genau das war, was ihm gefehlt hat. Von jemandem, der mein Schreiben gut kennt, wurde zu dem Romananfang gesagt: Das bist nicht du - was wieder Quidams These entsprechen würde.

 

Nach euren Antworten werde ich das Experiment sicher fortsetzen und dabei immer das Grundthema im Auge behalten, mich bei jedem Satz fragen: dient das den Charakteren, dient das der Geschichte, dem Ambiente und dem, was ich erzählen wollte oder will es die Leser unter ferner liefen informieren, mehr oder weniger, um die Geschichte "breiter" zu machen? handlungen dazutun, die eigentlich nicht nötig wären? Muss sie noch baden, bevor sie zum Essen geht?

 

Es ist richtig, dass sowohl langsames als auch schnelles Erzählen langweilen können, wenn keine Dichte da ist.

 

Anna: Meintest du Dan Brown mit dem, wo die Figuren nicht essen und schlafen? Das hat mich nämlich auch gestört, auch dass keine Bilder rüberkamen. Wegen der Spannung habe ich es allerdings zu Ende gelesen. In so einem Thriller hat Figurentiefe wohl keinen Platz.

 

Danke, LG

Christa

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Kurzatmigkeit kann allerdings auch schon in der Konzeption entstehen, wenn man dem Roman zuviel Handlungselemente aufpackt. Zuviel Szenisches macht Hektik. Vor allem, wenn die Verbindungen der Szenen untereinander nicht wirklich deutlich herausgearbeitet werden.

Themenkonzentration oder Zielkonzentration dürften zumindest ein Hilfsmittel sein.

Oder?

 

Ach ja, das mit der Konzeption ist auch noch ein ganz wichtiger Aspekt. Ich neige dazu, meine Romane mit Handlungssträngen zu überladen, also einer ist es meist zu viel. Das bemerke ich schon bei den Exposés.

Und da bin ich Charlie in der Motivation vielleicht nicht unähnlich: ich meine dann immer, das müssten die Leser auch noch wissen, was in der Zeit von großer Bedeutung war (im letzten Roman die Bücherverbrennungen und der Index der verbotenen Bücher.)

Mein jetziges Experiment ist einfacher konzipiert, zumindest vom Exposé her.

 

Christa

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Charlie schrieb ja, sie nehme es sich jedesmal vor, schneller vorzugehen und ist dann bald wieder bei der ihr genehmen Schreibweise. So könnte es mir auch ergehen.

 

 

Nein, Christa, das habe ich nicht geschrieben, und das ist mir in dem Fall wichtig. Ich habe geschrieben, dass ich merke, meine Romananfaenge werden vom Beschleunigen nicht weniger langweilig.

Damit habe ich fuer mich festgestellt, dass aufkommende Langweile nicht zwangslaeufig am Tempo liegt.

Eine unkluge Dramaturgie z.B. muss nicht im Tempo begruendet liegen.

Waere es das Tempo allein, dann koennte ich schlicht straffen und haette ein Problem weniger.

Aber leider steckt mehr dahinter.

 

Herzliche Gruesse von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich habe geschrieben, dass ich merke, meine Romananfaenge werden vom Beschleunigen nicht weniger langweilig.

Damit habe ich fuer mich festgestellt, dass aufkommende Langweile nicht zwangslaeufig am Tempo liegt.

Eine unkluge Dramaturgie z.B. muss nicht im Tempo begruendet liegen.

Waere es das Tempo allein, dann koennte ich schlicht straffen und haette ein Problem weniger.

Aber leider steckt mehr dahinter.

 

Ja, jetzt habe ich es verstanden. Das entspricht möglicherweise meiner Erfahrung, dass bei mir das Tempo durch vermeintliches Verlangsamen gar nicht langsamer wird. Steckt etwa dahinter, dass ein Stil sich gar nicht richtig beeinflussen lässt?

 

Das, was Anna als Wort zum Montag meinte (ich hoffe, ich interpretiere dich damit richtig) ist doch, dass die Würze im Wechsel liegt, nämlich ruhigere Passagen, in denen sich auch eine Liebesgeschichte besser entwickeln kann und spannenden Passagen, in denen es auch mal drunter und drüber gehen kann.

Herzlich

Christa

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ja, so aehnlich habe ich Anna auch verstanden. Und ich schliesse daraus, dass wir alle, die diese Tempoprobleme haben, nicht unbedingt generell zu schnell oder zu langsam erzaehlen, sondern dieses Anpassen des Erzaehltempos an die Anforderungen der Erzaehlung - eine dramaturgische Faehigkeit - nicht beherrschen. Anna und auch Sabine haben uns ja anschauliche Beispiele dafuer geliefert, wo z.B. die Lebensgeschichte von Fredi nichts zu suchen hat.

 

Ich habe zumindest einige von meinen Fehlern darin erkannt:

Ich bin nicht generell zu langsam (meine Liebesszenen z.B. hat meine Lektorin als zu kurz, zu knapp angemahnt), sondern an der falschen Stelle. Meine Fredi-Erklaerungen z.B. landen mitten in der Entscheidungsschlacht etc.

 

EVENTUELL (nur eine von vielen Moeglichkeiten) koenntest Du es auch nuetzlich finden, Deine Texte daraufhin abzuklopfen und Dich zu fragen: Wo finde ICH sie eigentlich zu schnell, wo habe ICH das Gefuehl, dass etwas fehlt?

 

Und ganz ehrlich, Christa - wenn Dir ueberhaupt keine solche Stelle auffaellt, dann koennte es schliesslich auch noch sein, dass an Deiner Dramaturgie oder Deinem Erzaehltempo gar nichts "falsch" ist, sondern dass Du vielleicht in einem Genre schreibst, in dem derzeit "Breite" Mode ist - waehrend Du z.B. im historischen Kriminalroman mit Deinem Tempo gerade richtig saessest.

 

Alles nur Spekulationen!

 

Alles Liebe von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

EVENTUELL (nur eine von vielen Moeglichkeiten) koenntest Du es auch nuetzlich finden, Deine Texte daraufhin abzuklopfen und Dich zu fragen: Wo finde ICH sie eigentlich zu schnell, wo habe ICH das Gefuehl, dass etwas fehlt?

 

Sehr hilfreich, Charlie. Bei meinem 2. veröffentlichten historischen Roman (Dreißigjähriger Krieg)fehlte für mich selbst immer dann was, wenn ich keine Lust hatte, in die Breite zu gehen. Der Grund war zum Teil weil ich mich mit dem Schrecklichsten nicht auseinandersetzen wollte. Da ging es dann zu schnell, und es kamen raffende Passagen.

 

Und ganz ehrlich, Christa - wenn Dir ueberhaupt keine solche Stelle auffaellt, dann koennte es schliesslich auch noch sein, dass an Deiner Dramaturgie oder Deinem Erzaehltempo gar nichts "falsch" ist, sondern dass Du vielleicht in einem Genre schreibst, in dem derzeit "Breite" Mode ist - waehrend Du z.B. im historischen Kriminalroman mit Deinem Tempo gerade richtig saessest.

 

Ganz richtig, in den anderen Romanen fielen mir solche Stellen nicht auf. Habe ich nicht neulich gesagt, man finde meine historischen Romane wie Thriller? Das "Teufelswerk" war so was, und auch die "Huren", bis zu einem gewissen Grad.

 

Nun müsste ich aber noch wissen, wie sich "historischer Roman", historischer Kriminalroman" und "historischer Thriller" abgrenzen. Und in welche Richtung ich nun eigentlich tendiere.

(Flüster: als ich gestern meinem Partner ansatzweise von meinem Experiment erzählte, fiel ihm der "Malteser Falke" ein...)

 

 

 

Alles Liebe von Christa

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hi Christa, das trifft sich ja gut.

 

Mich treibt meine "Dichte" und Schnelligkeit in meinen Romanen auch immer um.

Wenn ich das fertige Werk in Händen halte denke ich manchmal...mmmh, da warst du doch etwas zu "dicht". Ein paar Sätze mehr hätten auch nicht geschadet.

 

Als ehemaliger Journalist neige ich ohnehin zur starken Vereinfachung.

 

Jedes Mal frage ich meinen Lektor...ist das noch verständlich? Nicht zu schnell?

 

Bisher hat er immer anstandslos abgenickt: Das ist dein Schreibstil. Da werden sich deine Leser dran gewöhnen. Wenn du ihn änderst, bist du nicht Hef und deine Leser werden verwundert den Kopf schütteln. Also bleib dabei. Du kannst es nicht jedem Recht machen....

 

Na wenn er meint...dann bin ich beruhigt...obwohl ich auch Kritiken von Lesern bekommen habe, die genau diese Geschwindigkeit meiner Thriller bemängelten.

 

Aber wie gesagt...man kann es nicht allen Recht machen

 

dein hef

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bisher hat er immer anstandslos abgenickt: Das ist dein Schreibstil. Da werden sich deine Leser dran gewöhnen. Wenn du ihn änderst, bist du nicht Hef und deine Leser werden verwundert den Kopf schütteln. Also bleib dabei.

 

Nach einem Buch schon "Deine Leser"? Keine Entwicklung, keine Verbesserung? Dein zehntes Buch muss wie dein Erstling sein? Welch hartes Los.

 

Sabine

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bitte melde Dich an, um einen Kommentar abzugeben

Du kannst nach der Anmeldung einen Kommentar hinterlassen



Jetzt anmelden


×
×
  • Neu erstellen...