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(Petra)

Empathie

Empfohlene Beiträge

Ich denke über den Sprung vom Hochhaus kann dir keiner was erzählen  ;)!

Ich befürchte leider doch... Autsch!

 

Ich denke Gefühle oder Erfahrungen, die nur wenige kennen, solltest man so beschreiben, wie sie wohl die meisten empfinden würde.

Gruß Ronya

Und genau da liegt das Wesen der Empathie - WIE würden es wohl die meisten empfinden??

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@Maru: Ach, so klischeehaft war das gar nicht! Beim Klamottenkaufen sieht das tatsächlich so aus, jedenfalls bei den Damen, die ich öfter mal als 'Stilberater' begleite!

 

Wieviele Prozente der weiblichen Weltbevölkerung machen diese Beispiele wirklich aus?

Und diese Wenigen gelten als Maßstab für die weibliche Allgemeinheit?

Für welche Alterskathegorie der erwähnten Damen gilt das eigentlich?

 

Egal. Denkt einfach mal darüber nach.

Zurück zum eigentlichen Thema wäre gut. :)

 

:)

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(Steffi (Ronya))

Ich denke dafür ist der beste Weg Brainstorming mit anderen Leuten, nicht unbedingt Schriftsteller, sondern ganz einfach irgendwer. Aber man muss mit den Personen gut klar kommen, damit das ganze nicht in einer einzigen Blödelei endet.

Gruß Ronya

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Hallo Petra,

 

wer dich wohl zu diesem Thread inspiriert hat..?! :s01

 

Ich hab hier ja mal einen Thread eröffnet, indem es ja um die Frage nach der Empathie ging. (Wie schlüpfe ich in meine Figur)

 

Wie ich das handhabe? In meinem Roman geht es z.b. um Kindesmißbrauch - sozusagen um Gefühle, die ich nie erfahren werde. Es gibt für mich quasi nur eine Möglichkeit - ich befrage Betroffene. Mich selbst in eine Achtjährige zu versetzen, die mißbraucht wurde, gelingt mir beim besten Willen nicht.

 

Bei anderen Figuren mit weitaus weniger schrecklicher Vergangenheit ist das leichter, es selbst in die Hand zu nehmen - allerdings bin ich so schrecklich faul, mich auch in die Figur fallen zu lassen. Man brauchst ja auch schon Stunden, bis man den Charakter angenommen hat. Zumindest ich. Aber dann ist es rund. Wenn ich das vernachlässige - verliere ich.

 

Grüße

Quidam

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>> Ich BIN mein Protagonist, aber ich beschreibe MEINEN Schmerz mit SEINEN Augen.

 

 

Das hast du gut beschrieben, Petra. Ja, es gehört eine Menge Lebenserfahrung und die Fähigkeit zur Selbstreflexion dazu, das denke ich auch.

 

Grenzerfahrungen erweisen sich in diesem Zusammenhang als sehr hilfreich (und haben so doch noch etwas Gutes).

 

Wenn ich mich richtig hineinbegebe in eine Romanfigur, dann habe ich zeitweise Sorge, ich könnte nicht wieder aus ihr herausfinden ...

So zu schreiben ist enorm befriedigend, aber eben auch sehr sehr anstrengend.

 

Ob das nun eine gute Fähigkeit ist oder nicht, darüber bin ich mir noch nicht so im Klaren ... Jedenfalls muss ich, wenn ich sowas eine Weile gemacht habe, zurückkehren in die überschaubare und klar strukturierte Welt des Sachbuches.

 

Grenzüberschreitende Grüße :-)

Ellen

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(Peter_Dobrovka)

Mal etwas quergedacht: Jeder Mensch verfügt über emotionelle Erfahrungen. Jeder kennt Angst, Freude, Wut, Verachtung, Liebe, Schmerz etc. aus seinem Leben. So ein großes Arcanum ist das nicht.

 

Wichtig ist einmal, daß die geschaffene Figur diese Gefühle in den für sie passenden Momenten hat, und zum anderen, daß der Autor das sprachlich geschliffen niederschreiben kann.

 

Mit Empathie haben wir es genau dann zu tun, wenn jemand die Gefühle eines anderen nachvollziehen kann, ohne in derselben Situation selbst diese Gefühle zu entwickeln.

 

Ein Beispiel hierfür ist der Macho, der aufgrund einer verbalen Beleidigung sich veranlaßt sieht, mit dem Klappmesser die Ordnung wiederherzustellen. Ich unterstelle mal, daß die wenigsten aus diesem Forum ähnlich handeln würden. Aber man muß einen solchen beschreiben können.

 

Die Frage ist allerdings nun, ob es wirklich erforderlich ist, sich dazu in diese Figur einzuleben bzw. ob das überhaupt möglich ist. Denn man hat diese Emotionen ja nicht.

 

Ich behelfe mir dabei eines Tricks. Ich verzerre meine Vorstellung.

Im Falle des Machos stelle ich mir vor, daß die Worte irgendwelche Krankheitserreger sind, die mich krank machen, und daß der mich gerade beleidigt hat, es mit Absicht tat, um mich krank zu machen. - Und schon spüre ich in mir genau das Gefühl, das ich spüren muß, um Empathie zu entwickeln und den Wunsch zu haben, mich an diesem Dreckschwein zu rächen. In einer weiteren Verzerrung stelle ich mir vor, daß das Messer ihn nicht töten soll, sondern nur eine Zurechtweisung ist, die ihn wieder zur Vernunft bringt.

 

Ab dem Moment, wo die Klinge in den Bauch gerammt wird, bin ich sowieso mit der Beschreibung der Verletzung beschäftigt und brauche auf Empathie keine Rücksicht mehr zu nehmen.

 

Peter

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In einem anderen Thread war ja die Rede davon, dass selbst Lektoren selten einer Meinung sind. Dazu kann ich ergänzen, dass ich keinen Bereich kenne, wo die Meinungen über ein und dasselbe Buch so weit auseinanderklaffen wie bei der "Glaubwürdigkeit" oder der "Tiefe" von Figuren.

Wenn man dann noch beispielsweise erlebt, wie die Handlung einer Figur von manchen Leuten als "unglaubwürdig" und "konstruiert" empfunden wird, obwohl man später erfährt, dass der Roman teilweise autobiographische Züge trägt und gerade die kritisierten Handlungen von der Autorin 1:1 so gemacht bzw. empfunden und dann ins Buch übertragen wurden, dann kommt man irgendwann zu dem Schluss, dass eine gute Figur nicht prinzipiell im Buch angelegt ist, sondern sich im Dialog mit dem Leser erst entwickelt - obwohl es unzweifelhaft auch Figuren gibt, die nur Abziehbilder sind und denen dieses Entwicklungspotenzial grundsätzlich fehlt.

 

Aber wenn der Leser in seinem Umfeld oder in seiner Vorstellung Menschen kennt, die dieser Figur entsprechen, dann hat die Romanfigur gewonnen und wird als "echt" empfunden. Ansonsten bleibt dem Autor immer noch die Möglichkeit, den Leser mitzunehmen und ihm die Figur nachvollziehbar zu vermitteln - und das hängt weniger von der Empathie des Autors ab, sondern wiederum in erster Linie von seinen schreiberischen Fähigkeiten, von seinen Ausdrucksfähigkeiten, seinem Strukturierungsvermögen und, ja, von einer anderen Form der Empathie: Der Fähigkeit, sich in den "unbekannten Leser dort draußen" hineinzuversetzen.

 

Also, ich würde sagen, die Empathie des Autors im Sinne der Fähigkeit, sich in Figuren hineinzuversetzen, ist eine nützliche Fähigkeit für die Entwicklung von Figuren - genauso wie die Vorstellungskraft für gelungene Beschreibungen. Vermutlich ist diese Form der Empathie auch nur eine Variante der generellen Vorstellungskraft. Aber es ist nur eine Quelle, aus der ein Autor schöpfen kann - der entscheidende Punkt und die eigentliche schriftstellerische Arbeit ist das Vermitteln dieser Figur über die rein sprachlichen Möglichkeiten eines Romans. Denn, wie ich immer sage: Denken kann sich jeder viel - aber ein Autor muss es vor allem auch so (be)schreiben können, dass es beim Leser ankommt.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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(Peter_Dobrovka)

Ja, die Kurzbiografie von Torsten Sträter in "Hämoglobin" wird auch immer wieder wegen Unglaubwüdrigkeit kritisiert, dabei ist jedes Wort wahr, hehe.

 

Nun, die Unglaubwürdigkeit ist wirklich ein Problem. Ich meine, dazu hätte ich mal was geschrieben. Schon sehr lange her, könnte noch im anderen Forum gewesen sein. Auf jeden Fall ist es so: Der Leser erwartet von Romanfiguren immer, daß sie sich logisch und ihrem Charakter entsprechend verhalten. Wenn sie Mist bauen, muß das aufgrund eines Charakterzuges oder einer Unkenntnis der Alternativen geschehen. Siehe die Frau, die zum Onkel läuft statt zur Polizei. Eigentlich nicht so schlimm, wenn der Autor dem Leser darlegt, was sie dazu gebracht hat, sich so zu verhalten. Z.B. Angst vor der Polizei, den Fragen; Unsicherheit.

 

Peter

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Hallo Spinner,

Wenn man dann noch beispielsweise erlebt' date=' wie die Handlung einer Figur von manchen Leuten als "unglaubwürdig" und "konstruiert" empfunden wird, obwohl man später erfährt, dass der Roman teilweise autobiographische Züge trägt und gerade die kritisierten Handlungen von der Autorin 1:1 so gemacht bzw. empfunden und dann ins Buch übertragen wurden, dann kommt man irgendwann zu dem Schluss, dass eine gute Figur nicht prinzipiell im Buch angelegt ist, sondern sich im Dialog mit dem Leser erst entwickelt.[/quote']

Deshalb habe ich in meinen Ausführungen betont, dass die Kunst auch darin besteht, eben jene Empathiemechanismen nicht nur selbst zu erleben, sondern auch im Leser auslösen zu können. Genau dafür brauche ich eine ziemliche Distanz zu mir selbst als Autor, muss meinen Stoff auch mit fremden Augen sehen können.

 

Ich habe z.B. meinen Roman entworfen, weil es da einen realen Aufhänger in meinem Leben gab. Aber solange ich darin verhaftet war, wäre der Roman gescheitert. 1:1 Szenen funktionieren recht selten (eine einzige gibt es im Buch, eine klitzekleine, und genau die nimmt jeder für erfundenen Wahnsinn). Ich muss mich also immer wieder fragen: Wie löse ich was im Leser aus. Dazu gehört, wahre Personen oder Situationen romangerecht umzustricken. Bestes Beispiel Dialog. Kein Roman funktioniert mit einem Dialog nach Rekorderaufnahme. Und kein Dialog im Leben funktioniert wie im Roman.

Ist eben eine vielschichtige Arbeit, die man nicht nach Anleitung machen kann ;-)

 

Schöne Grüße,

Petra

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Liebe Leute,

das brummt hier ja, deshalb nur Stichworte...

 

Das tiefe Arbeiten:

Ich hab ja gesagt, dass es nicht für jedes Buch, jede Szene nötig ist. Ich mache es so, weil ich so bin und weil ich recht psychologische Romane schreibe (und noch etwas schreiben will, wo es nicht anders geht).

 

Gestern hatte ich ein spannendes Gespräch mit einer Schauspielerin, der ich davon erzählte. Und die wiederum sagte mir, dass ich da eine ganz bekannte Methode anwende (Name schon wieder vergessen), die in Schauspielschulen gelehrt wurde. Schauspieler für Vorabendserien haben sich ihr selten unterworfen, aber die ganz großen ... sie sei auch nicht ungefährlich, weil beim Schauspieler ein anderer diesen in die Gefühle, die Verdrängungen, den eigenen Seelenmüll treibt - für die Rolle. Da seien auch mal Psychosen aufgebrochen.

 

Dementsprechend ist die Methode sicher auch nicht für jeden Autoren zu empfehlen. ;-) Nur - das sagte sie auch - hat der Autor die Sache selbst in der Hand, kann entscheiden, wann er abbricht.

Übrigens ist das gar nicht so aufwendig, wie viele hier annehmen, wenn man diese Arbeit mit sich selbst trainiert, kann man fast mit Mausklick "umschalten".

 

Was ich auch interessant finde: es wird von den Lesern wahrgenommen, dass ich was anderes machen muss als nur erfinden und Menschenkenntnis anwenden. Und ich bin selbst völlig von den Socken, was es im Leser "anrichtet"!

 

Das andere Geschlecht:

Wie hier öfter breitgetreten halte ich nichts von Schwarz-Weiß-Welten, Rollenklischees etc. Mich interessieren die feinen Zwischentöne des Lebens. Ich sag mal provokativ: Gute Künstler (aller Sparten) haben animus und anima in sich gleichermaßen gut entwickelt - egal welchen Geschlechts sie sind. Auch das ist eine Frage psychologischer Arbeit, nicht textlicher.

 

Ansonsten hilft haargenaues Beobachten. Es helfen sogar Bücher, aber nicht die Klischeebestseller, sondern Bücher von Verhaltensforschern über den Menschen. Oder... meine absolute Dialogschule... die alten Kommunikationsuntersuchungen von Deborah Tannen, Klassiker, was männliche und weibliche Kommunikationsformen betrifft und wie man die des anderen Geschlechts auch in sich entdeckt und fördert.

 

Hilfreich ebenfalls: der tiefe, schrankenlose Austausch mit dem anderen Geschlecht. Aber nicht nur mit einem Typus, sondern mit allen Zwischentönen. Wenn ich Männer kennenlernen will, muss ich den Macho genauso anschauen wie den femininen Mann.

Und immer immer wieder ist Schreibenkönnen auch Arbeit an den eigenen Blockaden... die man selbst auflöst oder mit fachlicher Hilfe - Ronya, es geht ;-)

Und nicht zuletzt das Rollenspiel. Habt ihr euch nie zu Karneval ins andere Geschlecht verwandelt? 8) Heute gibt's Internet und da kann man lernen, dass man im falschen Geschlecht sofort auffliegt, wenn man es nicht richtig macht ;-)

 

Sinne öffnen:

Peter, du sprichst an, dass deine Emotionen doch irgendwie so ablaufen wie bei anderen, vor allem sprachlich. Da gilt, was ich mal für Liebesszenen sagte: individuelle Bilder finden.

 

Das ist blockiert, weil unsere Sinne meist nicht alle gleich gut geöffnet sind. Wir sind zu visuellen Menschen verkommen. Um Emotionen ausloten und beschreiben zu können, brauchen wir alle Sinne.

Ich habe gerade woanders ein banales Beispiel gegben: Honig - wie schmeckt Honig? 95% aller Leute antworten: süß. Aber Zucker ist auch süß, Rübenzucker ist anders süß als Rohrzucker. Was macht den typischen Honiggeschmack denn aus? Nach was schmeckt gerade dieser eine Honig? Um das beschreiben zu können, müssen wir unsere schlaffen Sinne ausbilden. Mit den Emotionen funktioniert es wie mit dem Honig ;-)

 

Vorurteile:

Ich hänge mich nur an eines... Männer würden angeblich nur platte Farben sehen und Frauen azurblau etc. Vollkommener Blödsinn. Fragt einen Maler und eine Bauleiterin. Fragt einen Raumausstatter und eine Politikerin.

 

Gut Schreiben zu können, heißt auch, die Grenzen im Kopf aufzulösen und gängige Vostellungen und Vorurteile zu hinterfragen. Schaut genauer hin. Die Welt ist bunt.

 

Schöne Grüße,

Petra

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Vorurteile:

Ich hänge mich nur an eines... Männer würden angeblich nur platte Farben sehen und Frauen azurblau etc. Vollkommener Blödsinn. Fragt einen Maler und eine Bauleiterin. Fragt einen Raumausstatter und eine Politikerin.

 

Mal ein bisschen meine 'Klischees' verteidigend:

Fragt mal eine Fließbandarbeiterin und einen Fließbandarbeiter, fragt eine Verkäuferin und einen Verkäufer, fragt eine Büroangestellte und einen Büroangestellten, [einen Maler, eine Malerin]...

 

Natürlich ist die Welt bunt, und das ist gut so.

Aber Deine Argumentation hinkt.

Wer 'typische Unterschiede' [edit: und Gemeinsamkeiten] zwischen Geschlechtern sucht, der muss sie im Gleichen Haus finden, sonst vergleicht man Äpfel mit Birnen und bestätigt nur seine ohnehin stehende Meinung...

 

Im Versuch der Grenzüberschreitung,

Marco!  :s17

 

[edited: Offenbar wieder fehlverstanden worden... Ich will Petra gar nicht widersprechen, sondern störe mich an der Argumentation.   :)]

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Menschen sind so vielfältig wie individuell. Deshalb wirst Du auch innerhalb von gleichrangigen Vergleichsprobanden die unterschiedlichsten Verterter finden. Es gibt nicht "die" Männer und "die" Frauen.

 

Eben darum halte ich es ja für so wichtig, mein Spektrum so weit wie möglich zu streuen. Mit je mehr Menschen ich mich auseinandersetze, desto eher finde ich das eine oder andere Verhaltensbild wieder, mit dem ich dann die Figur in meiner Geschichte lebendig werden lasse. Je genauer ich hinschaue und -höre, desto besser wird es mir gelingen, empathisch stimmige Protagonisten zu erschaffen.

 

Liebe Grüße

Gabi

Schachzüge, Störfaktor, Grenzenlos nah, Infinity/ alle bei Thienemann, &&http://www.gabriele-gfrerer.at&&http://teamor61.blogspot.com/

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Es gibt nicht "die" Männer und "die" Frauen.

Da hast Du recht! Aber ich behaupte, es gibt typisch männliche und typisch weibliche Charakteristika/Verhaltensweisen/Denkmuster, nenn es wie du möchtest, und dass diese durchaus vom sozialen Umfeld mitgeprägt werden, und dass man versuchen sollte, sie zu kennen und zu benutzen, wenn man den Leser/die Leserin empathisch erreichen will, weil das sonst nicht, oder nur gering, klappt...

Auch und gerade über das eigene Geschlecht/Umfeld hinaus sollte man wissen, wie die 'Leser' und 'Charaktere' ticken!

Wobei, auch da hast du Recht, es natürlich immer Ausnahmen in größerer oder kleinerer Zahl geben wird...

 

So, und nu duck ich mich mal weg...  :s01

 

Liebe Grüße,

Marco!  :s17

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Hallo Marco,

sicher kann man gemeinsame Grundlinien entdecken und doch gleichzeitig deren Widerlegung finden!

Frag eine Verkäuferin, die zweimal geschieden ist, frag einen Verkäufer, der in den Bibelkreis geht und vier Kinder hat, frag eine Verkäuferin, die Tochter aus gutem Hause ist, frag einen Verkäufer, der als Straßenkind gelebt hat... etc. pp.

Was ich damit sagen will: Auch wenn es im Leben Klischees gibt und Menschen klischeehaft denken, wirst du mit Klischeefiguren im Roman keinen Blumentopf gewinnen. Wenn jemand im Roman klischeehaft reagiert / denkt, muss es auch zur unverwechselbaren Geschichte im Roman beitragen.

 

Schöne Grüße,

Petra

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Liebe Petra,

 

Deinen Post kann ich so unterschreiben, nur geht er wieder an dem vorbei, was ich versuche zu sagen.

Frage nämlich 2000 Verkäuferinnen nach ihrer Familiengeschichte, und es werden mindestens 1001 Geschichten dabei sein, die ähnlich sind. Mögen es 999 Geschichten sein, die komplett anders verlaufen sind, das was die 1001 erzählen, wäre für mich die 'typische Verkäuferin', und damit das Maß, an dem ich, wenn ich über eine 'typische Verkäuferin' schreibe, messen würde.

 

Dass eine 'typische Verkäuferin' kein spannender Charakter ist, steht dabei ausser Zweifel...

Dennoch gehört das Wissen um eine 'typische Verkäuferin' für mich zur empathischen Charakterarbeit hinzu. Oder wenigstens der Versuch, es zu wissen...

 

Wie soll ich als Mann eine gute, empathische Geschichte über eine verlassene Frau schreiben, wenn ich nicht weiß, wie die 'typische verlassene Frau' sich verhält/fühlt? Wie soll ich dann das 'Besondere' an MEINER verlassenen Frau gut und nachvollziehbar rüberbringen?

Um das Typische zu umgehen, sollte man es kennen.

 

Das hatte ich versucht zu sagen...

 

Lieben Gruß, Marco! :s17

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Hallo Marco,

jetzt ist endlich der Groschen gefallen, ich war im Denken schon auf der Autobahn ;-) Klar beschäftige ich mich zuallererst auch mit Klischees, um sie ganz schnell wieder zu vergessen ;-)

 

Frage nämlich 2000 Verkäuferinnen nach ihrer Familiengeschichte, und es werden mindestens 1001 Geschichten dabei sein, die ähnlich sind.

Das glaub ich dir nicht. :s22 Ich behaupte, mindestens 500 Gärtnerinnen und 1201 Fließbandarbeiterinnen werden ihnen ähneln. Und von den 1001 Geschichten werden mindestens 900 nicht vollkommen ähnlich sein - denn ich schaue auf das, was diese Verkäuferinnen zu unverwechselbaren Menschen macht, zu Persönlichkeiten!

 

Ich hab einfach ein anderes Weltbild als du, ich nehme den Menschen als Individuum wahr, wenn er nicht grade als Pöbel auf der Straße tobt und "Kopf ab" schreit ;-)

 

Schöne Grüße,

Petra,

die laut Klischeestatistik viele Schuhe besitzt, gerne shoppen geht, zum zweiten Mal verheiratet ist, sich mit Karten nicht orientieren kann, anderthalb Kinder hat, im Jahr soundsoviel Bier trinkt... und nichts davon trifft zu...

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Das glaub ich dir nicht.  :s22 Ich behaupte' date=' mindestens 500 Gärtnerinnen und 1201 Fließbandarbeiterinnen werden ihnen ähneln. Und von den 1001 Geschichten werden mindestens 900 nicht vollkommen ähnlich sein[/quote']

Oh je - wie soll man da noch seine Zielgruppe festlegen  :s03

"Hey, ich schreibe für verkaufende FließbandgärtnerInnen..."  :s21

 

Ansonsten geb ich dir recht - auch was das Weltbild betrifft, in meinem sind die Individuen leider auch immer Teil einer Gruppe. Liegt wohl an der Erkenntnis, selbst viel zu vielen Klischees anzugehören!  :-[

 

Gruß, Marco!

Der das Klischee vom biertrinkenden WM-Fussballgucker und in Shorts und Schlappen im Garten-Griller leider ebenso erfüllt wie das vom tuntelnten besten Freund, der die Mädels zum Shoppen begleitet und mit ihnen Sex and the City verschlingt...

[Der dafür aber auch genau weiß, wie er sie gut rüberbringt! ;D]

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Hallo Marco,

ich versuche es noch mal andersherum. Ich glaube nämlich wirklich, dass sich unsere Weltbilder unterscheiden.

Ich gehe davon aus, dass JEDER Mensch absolut einzigartig und unverwechselbar ist. Auch wenn es gleichmachende Mechanismen gibt, z.B. totalitäre Systeme, oder Gesellschaften, in denen sich das Individuum nicht wahrnimmt, oder Triebe (wer Hunger hat, isst) - immer wird der Mensch aus seiner eigenen Geschichte heraus auch seine weitere Geschichte leben.

 

Mich interessiert also weniger, warum alle verhungernden Menschen ähnliche Verhaltensweisen entwickeln, sondern das, was sie als Mensch ausmacht, wenn ich ihnen den Hunger nehme... was sie einzigartig macht. Dieses Faszinosum Mensch ist es, über das ich zu schreiben versuche, für das ich zu schreiben versuche. Ich frage nicht: Was macht sie ähnlich, wo finde ich mein größtmögliches Massenpublikum? Ich hinterfrage eher... wer hat etwas davon, Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten zu konstruieren? Wem zum Nutzen - cui bono? Da kann man erschrecken...

 

Mein Idealpublikum wären Menschen, die angestiftet werden, sich selbst und ihre Mitmenschen als absolut einzigartige Wunderwerke zu begreifen und daraus Kraft zu ziehen, IHR Leben zu leben... mit vielen anderen einzigartigen Menschen zusammen.

 

Und deshalb setze ich mit meiner Empathie einfach anders an als du. Das ist mein individueller Weg, der nicht für andere funktionieren muss und kann! Aber ich kann nur von meinem berichten, andere hab ich noch nicht ausprobiert.

 

Jetzt klarer? Deinen Weg verstehe ich inzwischen auch, er ist einfach anders. Auch einzigartig :s22

 

Schöne Grüße,

Petra

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Liebe Petra,

 

das mit dem Massenpublikum war natürlich nur ein Scherz! :D (Ich sags so deutlich, nur FALLS du es nicht mitbekommen hast!)

 

Auch mir gehts ja darum, rauszufinden, wo Menschen ähnlich, wo verschieden sind, um daraus meine Charaktere zu klöppeln!

Liegt bei mir vielleicht an dem Anspruch, bestimmten Menschen(gruppen) ein empathisches Verhältnis zu anderen Menschen(gruppen) vermitteln zu wollen, die Damen und Herren Verkäufer also einmal in die Welt der Gärtnerinnen reinschnuppern zu lassen.

 

Das funktioniert aber für mich natürlich auch nur, indem ich eben das HERAUSRAGENDE Individuum aus der 'typischen' Menge nehme, eben DEN Verhungernden, der sich am besondersten verhält, wenn ich ihm den Hunger nehme.

 

Ich bin der festen Meinung, wir zäumen das gleiche Pferd von zwei Richtungen her auf...

Wobei natürlich entscheidend ist, was hinten rauskommt! (Nicht aus dem Pferd... aus dem Schreiben...)

 

Lieben Gruß, Marco! :s17

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Hallo Petra,

 

Du meinst nicht die Schauspieltechnik nach ... Himmel, wie schreibt der sich ... ausgesprochen wird er Stanislavsky:

Der Schauspieler, der ja, anders als ein Romanautor, nur immer kleine Ausschnitte einer Figur kennt, eben die, die in Dialog gefaßt wurden, denkt sich dabei völlig in diese Figur ein. Was tut sie in dieser und jener Situation, was tut sie, wenn sie nach dieser Szene die Bühne verläßt, wie geht ihr (fiktives) Leben zwischen den Szenen weiter?

 

Ein Freund von mir hat nach dieser Schule gelernt, sie gilt heute schon vielfach als nicht mehr aktuell, aber bei seinen besten, weil eindringlichsten Rollen hat er sich die Figur immer selber nach dieser Methode erarbeitet.

Ich wollte davon eigentlich schon früher schreiben, aber ich denke mir, der Unterschied zwischen dem Schauspieler und dem Romanautor besteht darin, daß der Schauspieler das Material vorgegeben bekommt, und der Romanautor Schöpfer seiner Figur ist.

 

Aber auf der Bühne bestätigt es sich, nach dieser Technik sind ein paar große Interpretationen entstanden. Es funktioniert allerdings nur bei einer naturalistischen Deutung, wenn man das Stück verfremdet, kann man nach diesem Ansatz wohl eher nicht mehr arbeiten.

 

Anna

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Hallo Anna,

ich meine ein Konglomerat, weil ich selbst überrascht bin, dass es all das längst gibt. Konstantin Stanislawski war sozusagen der Vater dieser Methoden. Out ist er noch nicht ganz, einer, der seine Methode sehr exzessiv nutzt, ist Robert de Niro. John Cassavetes hat die Methode sogar als Filmsujet genutzt, in "Opening Night".

Weiterentwickelt und aktualisiert haben die Methode dann Michael Tschechov, der Neffe des Schriftstellers, der in Hollywood Leute wie die Monroe trainiert hat. Und Lee Strasberg mit seinem Method Acting (lesenswert: (Link ungültig) ) Kürzlich sah ich ein interessantes Interview mit Sebastian Koch... auch der scheint sich dieser Methoden zu bedienen.

 

Allen gemeinsam: Emotionen in besonderer Tiefe dadurch zu vermitteln, dass man sie selbst in dem Moment "erlebt"... ich empfehle obigen Link als Lektüre.

 

Sicher unterscheiden sich Schauspieler und Autoren, aber es gibt auch jede Menge Parallelen. Beide wollen, dass das Publikum lacht oder weint. Ich lerne gerne im Crossover statt von Schreibratgebern ;-)

 

Die genannten Methoden können recht brutal sein und sind nicht ganz ungefährlich (hallo Ellen, ich verstehe sehr gut, was du beschreibst!). Sicher sprechen sie deshalb nicht jeden an und fürs Alltagsgeschäft sind sie wohl auch zu mühevoll. Ich habe auch von Kollegen gehört, die auf diese Art Bücher schreiben, dass sie sich mit der Zeit einen persönlichen Psycho-Coach nehmen. So ein Aufwand lohnt sich natürlich nicht für Massenromane, die man vielleicht in vier Monaten runterhackt ;-) Ich kenne aber auch Kollegen, die können einfach nicht anders...

 

Schöne Grüße und schönes Wochenende,

Petra

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