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Dagmar

Zuviel Zufall - Rettungsanker der Ratlosen?

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Hallo, liebe Montsegurler!

 

ich bin gerade zu einem Punkt in den Ermittlungen eines Betrugs gekommen, an dem der Zufall zur Erhellung helfen soll.

Das bringt mich aber zu einem selbst gelesenen Roman, in dem der Autor eine - in meinen Augen - schlichtweg unglaubwürdige Anhäufung an Zufällen aneinanderreihte, die den Fall schließlich aufdeckten.

Etwas überspitzt dargestellt:

Aha, XX braucht eine Anschrift, gleich wird wieder zufällig irgendwo ein Blatt Papier mit den derzeit benötigten Adresse herumliegen und prompt gefunden werden. Oder er stellt sich eine Frage, tritt aus der Tür und belauscht ein Gespräch, welches diese Frage beantwortet.

 

In welcher Dosis ist Zufall eurer Meinung nach glaubhaft?

Wie strapazierfähig sind Zufälle?

Wie haltet ihr es mit dem sogenannten: Kommissar "Zufall"?

 

Ich bin gespannt, auf eure Ansichten.

LG

 

Dagmar

Das Beste beim Diktieren ist, dass man Worte verwenden kann, von denen man keine Ahnung hat, wie sie geschrieben werden.

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Hallo Dagmar,

 

'Zufall' hat für mich immer den Anklang einer bemühten Notlösung, insbesondere, wenn damit ein wesentlicher Handlungsumschwung getriggert werden soll. Wenn ich gespannt einer komplexen Geschichte folge, fühle ich mich unglaublich an der Nase herumgeführt und betrogen, wenn dann durch einen Zufall die Auflösung herbeigeführt wird.

 

Sollte es denn gar nicht anders gehen, dann würde ich wenigstens zu einem fahrlässig herbeigeführten Element greifen. Also ein paar unbedachten Worten zur falschen Person, Schlampigkeit bei der Spurenverwischung, einer billigen Notlösung des Täters in einem kleinen Detail, das ihm dann später in den Rücken schlägt.

Das ist glaubwürdiger als purer Zufall - und entspricht sogar oft der Realität.

 

Aha, XX braucht eine Anschrift, gleich wird wieder zufällig irgendwo ein Blatt Papier mit den derzeit benötigten Adresse herumliegen und prompt gefunden werden.

Man muss ja nicht immer bis ins letzte Detail ausführen, wie jemand an eine bestimmte Information gelangt ist. Manchmal genügt der Hinweis, dass dieser Jemand lange und akribisch alle möglichen Archive, Bibliotheken etc. abgesucht hat und nach vier Wochen endlich auf etwas Brauchbares gestoßen ist.

Soviel 'Tell' statt 'Show' ist sicher verzeihlich ;). Also auf jeden Fall verzeihlicher als:

'Er ging ins Stadtarchiv und begann die Grundbucheinträge zu durchforsten. Zufällig fand er gleich unter dem Buchstaben A einen Namen, der paßte...'

 

 

Viele Grüße,

Andrea

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(Peter_Dobrovka)

Es gibt ja diese Regel, nach der nur die Zufälle verpönt sind, die dem Helden helfen, aber die, die ihn behindern, erlaubt sind.

 

Nun, ich kann mit Zufällen gut leben. Oftmals ist der Zufall ja auch das tragende Element der Geschichte. Sie beginnt mit ihm (Prota findet auf der Straße einen Millionen-Dollar-Scheck) oder gibt der Sache die entscheidende Wendung oder was auch immer. Viele Geschichten sind um ein Zufallsereignis herum gestrickt. Auch die Anhäufung von Zufällen muß, wenn gut gemacht, nicht nervig wirken. Z.B. wenn jemand in einer Geschichte zweimal einen Sechser im Lotto hat.

 

Lediglich dann sind Zufälle mir ein Dorn im Auge, wenn ich gespannt bin, wie der Autor eine verfahrene Situation bzw. ein Rätsel wohl auflösen mag; wenn ich gespannt bin, welches raffinierte Konstrukt seinem Gehirn entsprungen ist -  und dann kommt die Billigvariante: Ein Zufall löst alles auf. Da fühle ich mich dann um mein Leseerlebnis betrogen.

 

Peter

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Hallo Dagmar,

 

ich verzichte soweit wie möglich auf Zufälle, weil mich das als Leserin selbst nervt, wenn der Autor an den Haaren herbeigezogene Zufälle hat.

Lieber: Jemand sucht intensiv, fragt die richtigen Personen. Es ist für mich als Leserin z. B. glaubwürdig, dass der Kommissar da Personen hat, die ihm Infos geben, egal ob nun verdeckte Ermittler, alte freunde, Gauner, die Geld wollen. Den Informant glaube ich also, aber das Blatt Papier nicht.

 

LG

Maren

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Zufälle schwächen den Protagonisten. Zumindest ich will von einer Figur lesen, die aufgrund ihrer Kräfte Konflikte und Rätsel löst, sei es durch körperliches Geschick, körperliche Kraft oder eben geistigen Kräften.

 

Natürlich beginnen viele Geschichten mit Zufällen - aber im weiteren Verlauf sollten sie mMn. doch nicht bemüht werden.

 

In meinem Zweitling stehen ein halbes Dutzend Figuren einem tausendmannstarken, bewaffneten Heer gegenüber. Wenn ich da plötzlich irgendwelche Götter bemühe, die zur Rettung herbeieilen, würde mich das selbst wahnsinnig enttäuschen. Wenn, dann müssen die paar Figuren aufgrund ihrer Fähigkeit dem Heer trotzen - und es muss für den leser schlüßig sein. Also nicht, dass die Figuren plötzlich zu Riesen wachsen, die das Heer wie Spielzeugfiguren niedertrampeln - ausser, es wurde vorher angedeutet, dass diese Kräfte in ihnen schlummern.

 

Grüße

Quidam

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Hi,

 

auch ich finde das Placement für Zufälle extrem wichtig. Ich darf nicht das Gefühl haben, dass der Zufall herhalten musste, weil dem Autor nichts besseres eingefallen ist.

 

Besonders schön sind natürlich scheinbare Zufälle, die sich dann hinterher doch als etwas ganz anderes herausstellen (ich bin nicht beispielfähig, da für Krimis einfach zu blöde).

 

Nerven, aber nicht schlimm, tun mich solche Archiv-Nummern wie oben beschrieben. Also der Prota sucht was und zufällig ist es dann grad in dem ersten Ordner, den er in die Hand nimmt. Dann les ich lieber so was Lapidares wie "Nach einer halben Stunde wurde er endlich fündig." Es darf aber auch gerne wie im richtigen Leben laufen: "Natürlich fand er den Beleg im letzten Ordner, den er aus dem Regal fischte." :s22

 

Liebe Grüße

 

Ruth

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Ich würde mich Peter D.s Haltung anschließen - es kommt immer drauf an, was für Zufälle es sind. Und vor allem, wie sie auf die Geschichte wirken.

 

Lustig an der ständig auflebenden Diskussion um Zufälle finde ich eigentlich, wie inhärent paradox sie ist. Denn der einzelne Zufall für sich genommen ist zwar unwahrscheinlich und lässt so durch sein Auftreten eine Handlung unrealistisch wirken. Andererseits kann in der Realität jede Handlung von unzähligen möglichen, bedeutsamen Zufällen beeinflusst werden. Das wiederum macht es sehr wahrscheinlich, dass irgendein bedeutsamer Zufall auch eintritt, so unwahrscheinlich jeder dieser Zufälle für sich auch sein mag. Deshalb spielt bei realen Ereignissen eigentlich immer "der" Zufall eine wichtige Rolle - halt irgendeiner von Tausenden von möglichen der dann eingetreten ist.

 

Bei der literarischen Umsetzung passiert dann folgendes: Jeder einzelne Zufall wirkt unrealistisch -> um nicht unrealistisch zu wirken, verzichtet der Autor möglichst gänzlich auf Zufälle -> er erhält eine Geschichte, in der alles seinen wohlgeordneten Gang geht, in der die handelnden Figuren alle Abläufe kontrollieren - und die daher völlig unrealistisch ist ;D

 

Ich denke also, man sollte es locker sehen und nur darauf achten, sich nicht selbst zu betrügen. Also, nicht zwanghaft nach jedem Zufall suchen und ihn eliminieren, weil sich ein Leser daran stören könnte. Aber auch keinen Zufall an den Haaren herbeiziehen, weil man bei der Story sonst nicht weiterkommt. Wenn man beim Schreiben das Gefühl hat, man braucht unbedingt jetzt diesen Zufall, damit die Geschicht funktioniert, dann ist es wahrscheinlich ein "schlechter" Zufall.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Hallo,

 

ich finde, auch Zufälle gehören in eine Geschichte, da sie auch zum wirklichen Leben gehören. Wann immer im Fernsehen über echte Kriminalfälle berichtet wird, erfährt man, dass bei der Aufklärung "Kommissar Zufall" eine wichtige Rolle gespielt hat.

Wie schon gesagt wurde, sollten die Zufälle nicht nach "Notlösung" aussehen. Evtl. kann man das dadurch umgehen, indem man sie auch als solche benennt.

In meinem ersten Roman wird die Hauptperson an einer Stelle auch nur "zufällig" gerettet. Den Unmut der Leser versuche ich dadurch zu umgehen, indem ich ihn auf sie umlenke und ihre Freundin (sinngemäß) zu ihr sagen lasse: "Du dumme Nuss, wie konntest Du Dich nur in diese Situation bringen, weißt Du nicht, dass Du nur durch einen Zufall gerettet worden bist?"

Also, anstatt den "Zufall" vor den Lesern schamhaft zu verbergen, sollte man besser einen Scheinwerfer darauf richten.

 

Liebe Grüße

Uschi

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Es gibt ja diese Regel' date=' nach der nur die Zufälle verpönt sind, die dem Helden helfen, aber die, die ihn behindern, erlaubt sind.[/quote']

Ich finde, auch als Behinderung gehören Zufälle nicht in den Roman. Kleinigkeiten ja, aber keine maßgeblichen Konflikte oder Lösungen dürfen von Zufällen gesteuert werden. Es muss schon eine spezielle Art von Buch sein, die mit dem Prinzip spielt: Dem Held kommt ein blöder Zufall nach dem anderen in die Quere, und dann geht auch das noch schief, und dann auch noch das, ach herrjeh. Man findet das üblicherweise in Komödien oder in überdrehten Actionstories, wo immer noch mal eins oben drauf gesetzt wird.

 

Wesentlich eleganter ist es doch, wenn auch die Hindernisse nicht zufällig sondern kausal sind. Im Sinne der antiken Tradödie war es ja sogar so (meiner trüben Erinnerung nach), dass der Held durch seine eigene Schuld alles auslöst, das schließlich über ihm zusammenbrechen wird. Streng kausal. Finde ich reizvoller.

 

Andreas

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(Peter_Dobrovka)

Ich finde, auch als Behinderung gehören Zufälle nicht in den Roman.

Darüber habe ich gestern auch lange nachgedacht und bin zum Schluß gekommen, daß mir kein Beispiel eingefallen ist.

Aber so aus dem Bauch heraus würde ich einfach nur sagen: Gleiches Recht für alle. Wenn Zufall erlaubt, dann auch als Hilfe und auch als Behinderung. Wenn nicht, dann nicht.

 

Kleinigkeiten ja, aber keine maßgeblichen Konflikte oder Lösungen dürfen von Zufällen gesteuert werden.

Och ... warum nicht?

Ich stelle mir gerade so eine Geschichte vor, in der der Prota einen Plan hat und alles läuft wie am Schnürchen, und dann kommt irgendein saublöder Zufall und runiert alles.

 

Peter

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Ich stelle mir gerade so eine Geschichte vor, in der der Prota einen Plan hat und alles läuft wie am Schnürchen, und dann kommt irgendein saublöder Zufall und runiert alles.

Fahrstuhl zum Schafott.

 

Als Auslöser für die Handlung sind Zufälle bestens geeignet. Das Raumschiff stürzt ab ("Der Unbesiegbare" von Lem), Boy meets Girl (eine Million Beispiele) usw.

 

Davon abgesehen bin ich aber derselben Ansicht wie Andreas: Es ist eleganter, wenn die Dinge kausal auseinander hervorgehen. Es fühlt sich stimmiger an. Romane sind ja nicht dazu da, die Realität abzubilden, genauso wenig wie Dialoge reale Gespräche nachbilden. Sie verdichten sie, spitzen sie zu, destillieren das Wesentliche heraus.

 

Mein Wort zum Mittwoch ;)

 

Barbara

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Ich stelle mir gerade so eine Geschichte vor, in der der Prota einen Plan hat und alles läuft wie am Schnürchen, und dann kommt irgendein saublöder Zufall und runiert alles.

Peter

Ja, dann bist du allerdings bei einer Geschichte, die den Zufall als Prinzip nutzt. Dann ist die Tatsache, dass der Zufall so etwas anrichten kann, Teil der Aussage, der Dramaturgie des Buches. Du thematisierst den Zufall, machst ihm zum Protagonisten. Das ist etwas völlig anderes.

Wenn der Gute deswegen davonkommt, weil im entscheidenen Moment die Knarre des Schurken eine Ladehemmung hat, ist das bestenfalls lustig, falls es aber anders als selbstironisch gemeint ist, nehme ich das Buch in diesem Moment nicht mehr ernst.

Und wenn der Gute deswegen gefangen wird, weil zufällig eine Sektflasche explodiert, während er durch den Keller schleicht, dann ist das Slapstick - oder ärgerlich.

Schlimmer noch: Der Böse wird deswegen gefangen, weil er zufällig durch ein Schlagloch fährt und der Kofferraum mit der Leiche aufspringt ...

... nein, im Summe glaube ich nicht, dass ich Zufälle im Roman leiden kann.

 

Natürlich gibt es in Wahrheit und in einer Geschichte immer wieder Zufälle, und logisch ist auch, dass jeder, der einen Steilhang hochklettert einmal zufällig abrutscht, sich festkrallt und erstarrt beobachtet, wie die Steinchen in die Tiefe purzeln (das alles im übertragenen Sinne münzbar auf jede genretypische Szene). Aber: Diese Zufälle haben keinen maßgeblichen Einfluss. "James Bond? Sorry, hat den Code geknackt, ist der Schießerei entkommen, ist aber beim Klettern leider ausgerutscht." - nein.

Kleine Zufälle, um den Protagnonisten zu piesaken oder ihm als Bonbon auch mal etwas zufällig finden zu lassen, ja. Doch im Rahmen eines Genre-Roman möchte man ja sehen, wie der Protagonist sich trotz der Umstände aus seiner Kraft behauptet und nicht, wie er durch Zufälle scheitert oder durch Zufälle zum Erfolg kommt.

 

Ich denke, sowas funktioniert nur, wenn man es wirklich darauf anlegt, und wenn beispielsweise die Story bewusst mit dem Tenor enden soll: "Der Mörder war bis zum Schluss schlauer als der Kommissar - und dass er schließlich nur durch einen Zufall gefasst wurde, wird dem Kommissar auf ewig die Seele zerfressen ..." oder sowas wie "Da sieht man mal, dass bei aller Eitelkeit, aller Gier, allem Geld und allem Erfolg, ein einzelner Zufall alles ruinieren kann ..."

 

Andreas

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Im Sinne der antiken Tradödie war es ja sogar so (meiner trüben Erinnerung nach)' date=' dass der Held durch seine eigene Schuld alles auslöst, das schließlich über ihm zusammenbrechen wird.[/quote']Man darf das nicht so schwarz-weiß sehen, denn das eine schließt das andere nicht aus. Natürlich ist es ungeschickt, wenn die entscheidenden Auslöser und Wendepunkte einer Geschichte nur durch Zufälle gesetzt werden, aber flankierend können sie durchaus sinnvoll sein. Der Held löst durch seine Taten alles aus, aber der Weg vom Auslöser zum Ende muss deshalb keinesfalls streng kausal sein - es ist ein Trugschluss, das eine zwangsläufig mit dem anderen zu verbinden. Es kann genausogut ein Zufall sein, der den Helden zum Straucheln bringt. Gelungen ist der Zufall dann, wenn er trotzdem die Verantwortung des Helden nicht negiert - wenn man also im Nachhinein sagen kann: Sein Fehler war, dass er die Möglichkeit eines solchen Zufalls nicht bedacht hat. Oder sein Fehler war die Hybris, den Zufall schlicht auszuschließen.

 

Bei Quidams Szenario musste ich ganz unwillkürlich daran denken, dass mir viele historische Beispiele bekannt sind, wo ein Zufall (Wetter, Krankheiten ...) ein überlegenes Heer vernichtet oder soweit reduziert haben, dass es dann doch geschlagen wurde. Ein Fall, wo ein Sieg gegen eine 150fach überlegene Truppe nur durch die Fähigkeiten der Unterlegenen erzielt wurde, ist mir hingegen nicht bekannt.

 In Geschichten ist eine solche Kausalität oft mit dem Preis verbunden, dass die Helden allzu superheldig und die Antagonisten allzu doof wirken. Einen zufälligen Sturm würde ich da wohl leichter akzeptieren. Wobei natürlich nicht alle Zufälle gleich zufällig sind - auch den Gegner so lange hin- und herzumanövrieren, bis irgendwann zwangsläufig der richtige Zufall eintritt, kann eine aktive Tat sein - auch wenn der einzelne Zufall, der dann eintritt, in Zeitpunkt und Ausformung immer noch unverhersehbar bleibt.

 

Wenn also der Verbrecher nur deshalb gefasst wird, weil er zufällig an einem Tatort seinen Ausweis verliert, ist das schlechte Dramaturgie. Aber nicht wegen dieses zufälligen Ereignisses - denn wenn vorher der Kommissar den Verbrecher so unter Druck gesetzt hat, dass der zunehmend nervös wird und Fehler macht, dann kann dieselbe Dummheit in der Geschichte funktionieren und wirkt plötzlich kausal.

 Oder ein kleiner Zufall, der irgendwann ganz harmlos in die Geschichte eingebaut wird, aber immer mehr an Gewicht gewinnt und sich schließlich als ein entscheidender Faktor erweist, der von allen Beteiligten zu lange übersehen wurde - auch das kann ein dramaturgisch sinnvolles Element sein. Allein dadurch, dass der Leser die Chance erhält, den Zufall schon vorher als entscheidendes Handlungselement zu erkennen, bevor der Zufall dann seine Wirkung entfaltet.

 

Man sollte sich also nicht so viele Gedanken über die Zufälligkeit machen und mehr über dessen Wirkung innerhalb der Geschichte und auf den Leser.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Hallo!

Gerade in Krimis stört es mich gewaltig, wenn der Ermittler ganz zufällig auf die Lösung stößt. Also Zufall um eine Lösung herbeizuführen mag ich nicht. Anders jedoch ist der Zufall vorher. Das heißt, das Belauschen des Gesprächs in dem der Ermittler die Adresse zufällig erfährt könnte ja schon vorher stattfinden, wenn er nicht weiß, dass er sie mal braucht. Ein guter Ermittler speichert doch alle Infos. So wird aus dem "Zufall" ein Einstreuen von Infos die der Leser zwar kaum wahrnimmt, während sie später aber eine Lösung herbeiführen.

 

Und im realen Leben gibt es dann die Zufälle so gnadenlos, dass man es nicht für einen Roman verwenden kann, weil es keiner glaubt:

Mein Sohn war mit seinem Roller gestürzt, lag schreiend und blutend am Boden. Während ich noch in Panik hinlief, eilten zwei Männer daher, einer von rechts, einer von links. "Hallo, was ist los, ich bin Sanitäter, kann ich helfen?" fragten sie fast im Stereoton. Und die Krönung: Während sie sich fast um die Behandlung meines Kindes stritten, radelte eine freundliche Frau daher, hielt an und sagte: "Hallo, ich bin Hebamme, kann ich dir mit Kügelchen aushelfen?"

So waren wir also versorgt, zufällig. :D

 

Liebe Grüße von Yvonne

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Hallo Spinner,

 

Ein Fall, wo ein Sieg gegen eine 150fach überlegene Truppe nur durch die Fähigkeiten der Unterlegenen erzielt wurde, ist mir hingegen nicht bekannt.

 

Das beginnt bei der Schlacht an den Thermopylen, wo die Schätzungen weit auseinander gehen.

Herodot: 4.200 bis 6.000 Griechen gegen ca. 5 Millionen Perser

moderne Schätzungen: 4.200- 6.000 Griechen gegen 100.000 bis 200.000 Perser (gelegentlich auch weniger)

 

Die Eroberungen der Conquestadore, wo solche Zahlen ebenfalls erreicht werden-- jedoch die "indianischen Hilfsvölker" nicht mitgezählt werden.

 

Bei Issos gehen die Quellen von 25.000 Griechen aus, und zwischen 100.000 Persern (und bei Plutarch auch 600.000 Persern).

 

Bei der Schlacht von Montgisard schlagen Kreuzritter 500 Ritter, 80 Templer, sowie einige Tausend Infanteristen knapp 30.000 Soldaten Saladins.

 

Schlacht bei Plassey: 3.000 Mann der Ostindiacompany gegen ca.- 50.000 Bengalen

 

Schlacht am Blood River: 464 Buren schlagen 20.000 Zulu.

 

Am Rorke`s Drift kämpften 139 britische Soldaten gegen 4000 Zulu und gewannen.

 

Ich komme gar nicht auf gewisse legendäre Schlachten zu sprechen, wo die Zahlenverhältnisse durchaus auf das 150fache kommen- und da ein wenig stark die Anzahl der Feinde übertrieben wurden, siehe oben Hesiod oder Plutarch.

Und ich habe auf bestimmte Belagerungen verzichtet, wo extrem kleine Gruppen sehr lange gegen weit überlegene Heere ausgehalten haben.

 

Gruss

 

Thomas

 

Upps: nachträgliche Korrektur. Habe gerade zu Recht den Hinweis bekommen, dass bei einigen der Situationen durchaus der Zufall dabei war. Mist. (Beginnend bei Krankheiten bei den Inkas, seltsame Prophezeiungen,... bis hin zu Stürmen und mehr bei anderen Schlachten). Bzw. das bei den Thermopylen natürlich die Griechen verloren haben... wobei es dort ja eigentlich auch nur darum ging die Perser eine Zeit aufzuhalten.

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Gerade an den Schreibtisch zurückgekehrt stelle ich fest, daß sich eine Menge interessanter Ansichten zusammengefunden haben.

(Ich habe noch nicht heraus, wie das "Zitieren" genau funktioniert :-[, aber das wird noch.)

Ich bleibe mal beim Thema Krimi:

Der Zufall darf ins Boot, Zufälle gehören schlichtweg zum Leben und als Ereignisauslöser ist er ein spannendes Stilmittel, ja, dem stimme ich zu. Die Auflösung eines Kriminalfalles

jedoch auf die Basis des Zufalls aufzubauen, blamiert letztendlich die Ermittler. Und somit den Autor).

Das Einstreuen von Infos anstatte der dramatischen Zufälle ist gut.

Bisher habe ich mich eher mit den hilfreichen Zufällen befasst. Die Überlegung die Hindernisse ebenfalls dort anzusiedeln, habe ich kaum genutzt, aber der Gedanke gefällt mir. :s22 Es muß ja nicht der Klassiker sein: Held sucht irgendwas, dort wo er eigentlich nicht sein dürfte. Am besten in einem Schubladenschrank. Und wird dabei zufällig von dem Bösewicht überrascht.

Ein abgegriffener Zufall, der jedoch immer wieder den Leser packt, wenn bisher deutlich geworden ist, daß nicht immer alles gut ausgehen wird! Diese HappyEnd-Sicherheit riefe nur des Lesers Gähnen hervor.

Ein bisweilen maliziöser Autor könnte eine Bananenschale vor den Schrank platzieren, oder eine Mausefalle in die Schublade... aber lassen wir das. :s21

Dumme Zufälle also.

Das klingt, wie ich es schrieb, aber nicht meinte, zu sehr nach Slapstick!

Dabei wollte ich nur auf etwas wirklich Unerwartetes hinaus. Aber das gehört dann eher zu dem Thema Klischee.

 

Danke!

 

LG

Dagmar

Das Beste beim Diktieren ist, dass man Worte verwenden kann, von denen man keine Ahnung hat, wie sie geschrieben werden.

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