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(MartinaC)

Was macht einen Bestseller aus?

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Wir sprachen über „Anspruch“ und „gute“ Texte und die meisten Meinungen dazu entsprechen der meinen. Gewisse Voraussetzungen sollte ein Text haben, um nicht abgelehnt zu werden. Logisch. Oder?

Denn wenn man mal in den Büchern bekannter, erfolgreicher Autoren stöbert, die im Regal langsam eine Staubschicht ansammeln, vor Jahren gelesen und geliebt, entdeckt man oft Unglaubliches! Da sind massenweise Adjektive, sinnlose Füllwörter, langatmige Beschreibungen, Doppelerwähnungen, Story-Durchhänger, ein unübersichtliches Chaos an Figuren, sinnlose Dialoge, erzählen statt zeigen, etc.

 

Was also macht ein Buch zum Bestseller?

 

Die Story. Ich denke bevor man sich daran macht einen Text handwerklich total auseinander zu analysieren, sollte man sich zunächst die Story ansehen. Ist sie gut erzählt? Bewegt sie? Oder ist sie total uninteressant?

Oder macht allein das Einhalten von Regeln und eine gelungene Sprache ein Meisterwerk?

Manchmal ja, manchmal nein.

Das Ganze ist unheimlich verwirrend. Und dann kommen noch die verschiedenen Geschmäcker dazu, die verschiedenen Leserkreise. Manche lesen der schönen Worte wegen, andere wegen der Action, andere mögen beides vereint zu einem 1200 Seiten-Schmöker, andere wieder lieben schmale Taschenbücher, die keine Worte verschwenden.

 

Das letzte Buch, das ich las, ist von einer Bestseller-Autorin. Shannon Drake „Dead by Dusk“. Ich erwartete eine spannende Vampir-Story, und bekam 358 Seiten voller sinnlosem Gelaber, klägliche Actionversuche, platte Helden, die Abwesenheit des Vampirs fast durch das ganze Buch, überflüssige Dialoge aus dem langweiligen Alltag der Figuren, mysteriöse Andeutungen die nie zu etwas führten und auch nicht wirklich Gänsehaut hervorriefen, bis dann endlich für weitere 28 Seiten ein bisschen Spannung und die lang ersehnte (vorhersehbare) Aufklärung kam! 358 Seiten aus diesem Buch hätte man wegstreichen können! Die Idee war gut, aber leider total verschenkt.

Und so etwas ist ein Bestseller. Ich bin sprachlos.

 

Dann ist da das Buch von Bärbel Mohr „Bestellungen beim Universum“, dessen Botschaft jetzt mal dahingestellt sein soll. Das Buch ist super erfolgreich, aber der Stil ist... gossenhaft. Entweder sparte man sich hier das Lektorat, oder man wollte absichtlich „die Stimme des Volkes“ sprechen lassen, ein Buch für Jedermann. Jedenfalls ist es grausam zu lesen. Das schlechteste Deutsch, das ich je irgendwo gesehen habe. Aber... das Buch wurde verlegt und verkauft sich wie warme Brötchen.

 

Also noch mal zurück zur Frage: was macht einen Bestseller aus?

 

Liebe Grüße

Verwirrte Joy

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Hallo Joy,

 

vielleicht gibt es einfach zuwenig gute Bücher, um damit die Bestsellerlisten füllen zu können. Das meine ich ernst. Egal, was ich in letzter Zeit gelesen hatte, es war nicht sehr viel lesenswertes dabei und trotzdem handelte es sich durchwegs um Verkaufsschlager.

 

Ich glaube aber, dass wir, die sich mit Sprache beschäftigen, Plotkontruktionen, Charakterentwürfen, ect. dass wir einfach ein anderes Auge haben und unsere Bestsellerlisten ganz anders aussehen würden! Ich unterhalte mich ja oft mit meinen Freunden über dieses Buch, über jenes und was die zumeist wunderbar finden (sie sind allesamt sehr belesen) finde ich grausig. Und dann erläutere ich es und sie pflichten mir schlußendlich bei, wobei sie anfügen, dass sie darauf garnicht geachtet haben. Meine Ex schrieb mir mal, dass sie es nach den Diskussionen mit mir nun schwer hat, dass ihr überhaupt noch ein Buch gefällt. :s03

 

Ein Beispiel: 'Die purpurnen Flüsse'

Richtig schlecht geschrieben, mit Metaphern überladen - trotzdem war ich von den Wendungen und Ideen angetan, auch wenn der Schluß überdreht war. Und ich denke, dass es für viele das beste Buch ist, dass sie je gelesen haben. Aufgrund eben des Plots, der Charaktere.

 

Vielleicht kann man einen Bestseller mit einer einigermassen hübschen Frau vergleichen, nennen wir sie Kreszenzia, die sehr begehrt wird - aufgrund ihrer inneren Werte.

Und die Supermodels fragen sich, wie jene Kreszenzia soviele Männer verrückt machen kann?! Sie hat eine zu kleine Brust, vielleicht etwas kräftigere Beine, kein Perlweißlächeln.

 

Verstehst du, was ich meine? Der Bestseller verfügt über innere Werte, die binden, auch wenn sein Sprachaussehen nicht das beste ist, vielleicht garnicht sein soll, denn der normale Käufer will kein Supermodel (höchstens für die Nächte ;D) weil es nicht zu ihm passt. Er denkst sich bei einem Supermodelroman mit perfekt geschliffener Sprache: Hey.. das ist mir zu gewählt.

 

Grüße

Quidam

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Liebe Joy,

 

ich antworte mal aus meiner doppelten Sicht als Autorin und Buchhändlerin. Ich habe schon ein paar Bestseller kommen und gehen sehen, und ehrlich, bei manchen verstehe ich den Hype nicht. Da kann ich nur dem Verlag gratulieren, der eine gnadenlos gute Marketingabteilung hat, die, wie auch immer, das Buch in den Himmel gehoben hat, wo es nicht hingehört.

 

Es gibt verschiedene Arten von Bestsellern, die eigentlich keine sind oder sein dürften.

 

- Bestseller, die keiner liest

- Bestseller, die keine sind, aber alle lesen sie

- heimliche Bestseller

 

Bestseller, die keiner liest:

Mal ehrlich, wirklich, wirklich Hand aufs Herz: Wer von Euch hat "Sofies Welt" von Jostein Gaarder angefangen und in einem Rutsch zu Ende gelesen? Ich brauchte drei Anläufe, um auf den Trichter zu kommen, dass nur noch die letzten hundert Seiten wirklich interessant sind. Nichts gegen Gaarder und seine Bücher, aber mir wäre es lieber gewesen, eines seiner anderen Bücher (z.b. das Kartengeheimnis) wäre zu einem Bestseller geworden und nicht diese trockene, langweilige, öde Philosophiegeschichte in Romanform, die nur Längen hat. Aus Gesprächen mit vielen Lesern weiß ich, dass Sophies Welt ein typischer Kritiker-Bestseller ist: die Kritiker jubelten es hoch. Die ersten Leute rennen los und kaufen dieses Buch (das sind die Leute, die mich letzte Woche auch genervt haben mit "Haben Sie auch was von Brigitte Kronauer da?" *narf*). Sie lesen es, legen es nach 200 Seiten weg. Manche lesen es auch zu Ende, mag ja sein. Aber jetzt kommt der Clou: sie werden von ihren Bekannten und Freunden angesprochen: "Duhu, wie fand'stn das?" Was sagen? Dem kritiker widersprechen? Mitnichten. "Super, toll, musst du unbedingt lesen, musst du kaufen, es lohnt sich wirklich!" Und schon rennt die nächste Welle gegen den Buchhandel an und kauft dieses Buch. Keiner hat gesagt, wie langweilig es ist - jedenfalls damals nicht - und der Verlag hatte einen Bestseller, den keiner liest, aber jeder kauft, weil alle anderen sagen, es wäre so ein tolles Buch. Wir Buchhändler sind ja auch nicht unschuldig. Wir freuen uns: "Jaha, das ist toll! Das müssen Sie haben!" (schließlich kostet es 50 Mark und wir haben noch dreiundzwuckel davon im Lager)

 

Bestseller, die keine sind, aber alle lesen sie:

Jüngstes Beispiel ist für mich eindeutig "Sakrileg". Ich will nicht sagen, dass ich Dan Brown nicht ne Chance gegeben habe; sowohl Sakrileg als auch Illuminati habe ich bis Seite 250 gelesen und dann völlig genervt in die Ecke gepfeffert. Er übertreibt es. Wenn ich eine Bombe nicht in Rom zünden will, mache ich es halt über Rom in der Luft, von einem Hubschrauber aus, und niemand kriegt einen Kratzer ab. ::) - Das habe ich später dem Hörspiel entnommen... Jedenfalls, was ich damit sagen will: dieser Bestseller wurde durch geniale Marketingstrategie seitens Lübbe gemacht. Erst brachten sie Illuminati als Taschenbuch, mit Leseexemplarversand an die Buchhändler, mit allem, was dazu gehört. Dann kam ihnen auch noch die religiös-neugierig-motivierte Grundstimmung entgegen. Viele Leute, die normalerweise nicht lesen, haben dieses Buch gekauft und gelesen. Es gefiel ihnen, der Stil so einfach und plakativ, wunderbar. Man kann ja doch lesen. So. Dann kam Meteor, anderes Thema, auch ein gutes Buch von ihm, eine feine Sache, die Verkäufe liefen aufgrund von Illuminati ganz von allein. Jetzt hätte man noch andere Themen hinterherschieben können, aber da brachte der Verlag den Kracher im Hardcover: Sakrileg. Es gab genug Leute, die Blut geleckt haben, und schwupss musste unsere kleine Buchhandlung partienweise nachbestellen, um mit der Nachfrage Schritt zu halten. Viele Leute hören nur von allen Seiten den Titel dieses Buches und denken sich "den muss ich jetzt aber auch langsam lesen, wenn es alle tun". Der Punkt ist irgendwann erreicht, und der Verlag freut sich und wirft den "alten Schrott" hinterher, der normalerweise höchstens fürs Taschenbuch taugt: "Diabolus". Man könnte meinen, wieder Kirchenverschwörung, aber nein, Dechiffrierung, und es gab viele Leute, die, nachdem sie in erster Euphorie das Buch kauften, total enttäuscht zu mir kamen, weil es enfach nur schlecht ist. Inzwischen sage ich das denjenigen, die mich fragen, klipp und klar. Es ist mir als Buchhändler nicht damit gedient, kurzfristig mit einer Lüge ein Geschäft zu machen.

 

- heimliche Bestseller:

Wie der Name schon sagt. Man merkt nicht, dass sie weggehen, aber sie gehen weg. Die Leute wollen sie lesen, warum auch immer, aber sie suchen sich dieses Buch aus. Ich merke es meist daran, dass ich mal wieder nachbestellen kann, weil die drei Exemplare von letzter Woche schon wieder weg sind. Das sind mir eigentlich die Liebsten; es wird kein Brimborium um sie gemacht, sie gehen einfach so weg - weil sie den Geschmack treffen.

 

Bestseller sind also mal ein komisches Kraut, liebe Joy - man kann sie absolut nciht berechnen oder sagen "das wird ein Bestseller", pure Kaffeesatzleserei, es gibt nur Autoren, die einen nach dem anderen abliefern, aber ob ein Follett oder ein Grisham das beste Buch des Herbstes abliefern? Wohl kaum, sie haben sich einfach eine Klientel erarbeitet und diese Klientel ist eine Bank für den Verlag, die es ihm ermöglicht, sein weiteres Programm zu planen, weil sie diese Einnahmen schonmal sicher haben. Das kommt in gewisser Weise auch den kleineren Autoren zugute, die dadurch vielleicht die Chance bekommen, die sie so gerne haben möchten.

Wenn es eine Formel für Bestseller geben würde, dass man sicher sagen kann, welches Buch einer wird - ich hätte sie gerne. Das würde mir den Einkauf für den Herbst wesentlich erleichtern.

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(Peter_Dobrovka)

You, diese Formel hätte ich auch gerne.

 

Gelegentlich sind es wirklich Kleinigkeiten. Das Cover kann entscheidend sein, oder kleine Tricks, wie zum Beispiel "Buch des Jahres" aufzudrucken.

 

Sophies Welt ist meiner Meinung nach so erfolgreich, weil es verspricht, einen schweren Stoff (Philosophie) leicht verständlich zu präsentieren (Roman, Kind). Daß es dieses Versprechen nicht einlöst, merkt man erst, wenn es zu spät ist, und auch dann tut man sich schwer, die negative Meinung anderen zu sagen, denn man fürchtet, als intellektuell schwachbrüstig zu gelten.

 

Wichtig ist es, irgendwie ins Gespräch zu kommen. Wenn die Medien über das Buch oder den Autor berichten, aus welchem Grund auch immer, kann das ein Fanal sein, seine Bücher massenhaft zu kaufen. Es gibt keine schlechte Publicity.

 

Peter

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Und dann kommen noch die verschiedenen Geschmäcker dazu, die verschiedenen Leserkreise. Manche lesen der schönen Worte wegen, andere wegen der Action, andere mögen beides vereint zu einem 1200 Seiten-Schmöker, andere wieder lieben schmale Taschenbücher, die keine Worte verschwenden.

 

Hallo Joy!

 

Wie Du hier selbst schreibst, es lässt sich nicht an einer einzigen Sache festmachen. Ich bin z.B. bekennender Fan von Büchern, die eine fesselnde, intelligente Story haben und mich daher zwingen, weiterzulesen - der Auflösung wegen. Trotzdem habe ich mit großer Begeisterung "Der kleine Freund" von Donna Tartt gelesen - einen 800 Seiten-Schmöker, der die Auflösung schuldig bleibt, aber so wunderbar gut geschrieben ist, dass man der Autorin das verzeiht. Juli Zeh lese ich der Sprache wegen, obwohl ihre Plots auch nicht übel sind. Andere Bücher haben eine so plastische eigene Welt, dass man am liebsten nie wieder daras auftauchen möchte und nach 1000 Seiten enttäuscht ist, weil das Buch zu kurz war. ;) Und manchmal sind es die Figuren, von denen man sich nicht trennen will.

 

Wenn man es schafft, alle diese Elemente in einem Buch zu vereinen, hat man einen potenziellen Bestseller geschrieben  ;D ;D ;D

... und wie wir alle wissen, ist das ja sehr einfach.

Wobei ich glaube - ob das nun gut oder schlecht ist, sei dahingestellt - dass die Schönheit der Sprache für den Leser der am ehesten zu vernachlässigende Faktor ist. Für den "durchschnittlichen" Leser, der sich unterhalten und nicht "erbauen" möchte, sind Setting, Spannung und Figuren wichtiger als perfekte Satzkonstruktionen.

 

Danke an July für die Bestsellerkategorisierung! Gefällt mir sehr!!! Ich frage mich ja zum Beispiel, in welche Kategorie Peter Handke sich einordnen lässt. Wann immer ein neues Buch von ihm herauskommt, schießt es (hier in Ö jedenfalls) von null an die Spitze der Bestsellerlisten. Heißt also, es wird gekauft, aber wird es auch gelesen? Oder ist es eines der Bücher, die man ganz vorne ins Regal stellt, zwecks Demonstration des eigenen Niveaus?

 

Bin gespannt auf weitere Meinungen.

 

LG

Ursula

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Es gibt keine schlechte Publicity

Ich komm aus der Werbung/Marketing und langjährige Erfahrung lehrt mich, dass diese Erkenntnis der springende Punkt ist.

 

Wer die entsprechende Power (sprich: Kohle) investiert, hat einen immensen Vorsprung, der so manches Manko mit Leichtigkeit ausgleicht.

 

Ein Beispiel aus der Wirtschaft: McDonalds macht scheußliches Essen. Alle wissen es und trotzdem rennen alle hin - warum? Sie haben sich ein Image verpasst, dass den Nerv der heutigen "ich hab keine Zeit"-Gesellschaft trifft (jetzt mal ganz oberflächlich gesprochen). Der entzückende, gemütliche kleine Italiener ums Eck macht die köstlichste Lasagne, die man sich denken kann - und bleibt trotzdem bestenfalls ein Geheimtipp der näheren Umgebung -warum? Er kann sich keine flächendeckende Werbung leisten, und selbst wenn ers täte, hätte er gar nicht die Kapazität, den dann einsetzenden Zulauf zu bewältigen.

 

Was ich damit sagen will ist die Tatsache, dass es mit einem entsprechenden Werbebudget im Rücken keine Kunst ist, einen Bestseller zu kreieren, auch wenn er von den Zutaten her gar keiner wäre. Geschmack kann man auch künstlich erzeugen - und kaum einer traut sich zu widersprechen, wenn er "dazugehören" will - das ist ein menschliches Phänomen.

 

Auf der anderen Seite ist es unmöglich, etwas zu schreiben, das allen gefällt. Ich denke, es gibt eine breite Masse von Lesern, die unterhalten werden wollen, ohne sich dabei hochtrabend anstrengen zu müssen. Wer da den Nerv trifft, der hat schon viel gewonnen. WIE die Unterhaltung aussieht, das ist m.E. tatsächlich werbungsgesteuert....

 

Bin ich betriebsblind?

Fragende Grüße

Gabi

Schachzüge, Störfaktor, Grenzenlos nah, Infinity/ alle bei Thienemann, &&http://www.gabriele-gfrerer.at&&http://teamor61.blogspot.com/

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Was macht ein Buch zum Bestzeller,

Ist es nicht einfach so, dass ein Buch durch die Medien hochstilisiert werden kann, gepuscht?  

Genau so wie einem die Werbung vorgaukelt, jedem Einzureden versucht, nur dünne, schlanke, junge dynamische  Menschen können  Erfolgreich sein.

Hast du dann noch das Glück, einen Rezesenten gefunden zu haben, der dir gut Gesinnt ist, hast du den Verkaufserfolg gepachtete. Er wird das Buch loben und in den Himmel heben und es gibt genügend Leser, die immer nur die Bestzeller kaufe, das wissen die Verlage, die auch ihre eigenen Rezesenten haben.

Zwischendurch müssen die Verlage auch mal Geldverdienen mit einem Buch und das könne sie am Besten mit Bestzellern, um die Bücher zufinanzieren, die keinen Erolg brachten. So enstehen Mischrechnungen, ohne die ein Betrieb, Geschäft, nicht überleben kann.

Manchmal kommt es mir vor, als würde man Bücher hinstellen und abzählen, wie im Zählspiel : Mene Muh  ...  und schon hast du einen Bestzeller.

Na ja, die Geschmäcker und Ansprüche an ein Buch sind eben verschieden. Ist wie beim Essen.

Mit  Gruss  Heidi    

 

"Das Haus der schönen Dinge" - Knaur TB Mai 2017 - Die Geschichte einer (fiktiven) jüdischen Kaufhausdynastie in München zwischen Prinzregentenzeit und 1938

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Hallo Ursula,

 

wenn ich das wüsste... bei Grass ist es genauso, wenn er was Neues schreibt, schwupps, da stellt er sie alle in den Schatten - zumindest war es bei seinem letzten großen Werk, dem "Krebsgang" so.

 

Du sprichst Donna Tartts kleinen Freund an. Da haben wir ja mal einen grandiosen Flop gehabt, nachdem die geheime Geschichte so ein absoluter Bestseller war... hier griff das Phänomen, dass sich das zweite Buch nicht wegen des Inhalts verkaufte, sondern wegen des Vorgängers - und wieder einmal konnten wir die Binsenweisheit bestätigt finden "Das zweite Buch ist das schwerste".

Ich hatte das Leseexemplar vorab bekommen, und für mich stand nach 100 Seiten fest, dass es kein Bestseller werden wird. Auch als Päpstin Heidenreich es in die Kamera hielt, hat es nicht gepusht. Die Leute haben wohl ziemlich schnell gemerkt, dass hier zwar ein sprachlich perfektes und ausgereiftes Werk vorliegt - aber eben keine Geschichte erzählt wird. Darum waren die Zahlen auch nicht annähernd so gut wie bei der geheimen Geschichte.

Jene Leute übrigens, die Handke, Grass und Konsorten kaufen, kommen auch zu mir und sagen "Ich möchte was von Brigitte Kronauer", und das bloß, weil sie letzte Woche den Büchnerpreis bekam. Sonst hätten sich die Leute nienienie für Frau Kronauers Bücher interessiert, aber jetzt kann man ja sagen "ich habe die Kronauer gelesen, ach ja, sie hat diesen Preis schon verdient, obwohl ich finde, das..." Den Sermon erspare ich euch. Das Schöne ist, dass sich die Leute mit ihresgleichen unterhalten, also merken sie gar nicht, welch verqueren Zugang sie sich zur Literatur geschaffen haben.

Mir sind noch mehr Bestseller eingefallen:

- Gewohnheitsbestseller (Grisham, Handke, Grass, Follett)

- Nachfolgerbestseller (das ist Donna Tartts kleiner Freund)

- Literaturpreisbestseller (denn mal ehrlich: wer hätte denn vor Oktober 04 irgendwas von Frau Jelinek gelesen?)

- und mein persönlicher Liebling: Sterbebestseller. Death sells!

:s22 :s22 :s22

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Literaturpreisbestseller (denn mal ehrlich: wer hätte denn vor Oktober 04 irgendwas von Frau Jelinek gelesen?)

 

Da zeig ich mal ganz schüchtern auf: Ich habe vor vier Jahren versucht "Gier" zu lesen und kam so bis Seite 25 :s22

 

Mir sind noch zwei Kategorien eingefallen:

 

- Langzeitbestseller: z.B. Herr der Ringe, oder manche Kinderbuchklassiker wie die Astrid Lindgren-Bücher oder die von Otfried Preussler

- Phänomene: Harry Potter

 

Liebe Grüße

Ursula

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(SiskianHerbstblatt)

@teamor:

Teils teils. Ich hatte schon in einem anderen Thread gesagt, das Werbung - besser gesagt Manipulation - schon dafür sorgt, das Romane zu Bestsellern gemacht werden.

Es gibt aber auch die großen Ausnahmen. Manchmal trifft man auch mit einem bestimmten Titel den Nerv der Zeit. So verkaufte sich "Larry Otter und der Knüppel aus dem Sack - eine nicht böse gemeinte Parodie" recht ordentlich.

Ich denke, neben dem Titel, Titelbild und wohlwollende Rezensionen ist auch einfach eine große Portion Glück vonnöten ;)

 

LG

 

Siskian

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:)

 

Habt Ihr die Herbstvorschau von Ueberreuter für das Sachbuch gelesen?

 

"Der neue Bestseller" wird dort angekündigt.

 

Die scheinen prophetische Gabe zu haben, schließlich bezieht sich "Bestseller" ja auf "best selling" und das kann man bei einem Buch mit ET 8/05 noch nicht wirklich wissen (höchstens anhand der Vorverkäufe erahnen, aber die Remissionsproblematik bleibt).

 

"Das neue Meisterwerk" (wenn man schon in Superlativen sprechen will) wäre da vielleicht passender  8)

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Ich denke, vieles liegt heute an der Werbung. Und mich würde mal interessieren, welche der Bestseller, die heute angeblich genau den Nerv der Zeit treffen, das in ein paar Jahren noch machen.

 

Bei den Büchern, die sich über Jahre gut verkaufen, wie Lindgren oder Preußler, kann ich den Erfolg gut nachvollziehen.

Gerade Preußler hat für mich eine zeitlos schöne Sprache, einfach, ohne jeden Modetrend, aber sehr einprägsam. Preußler schafft Stimmungen, die die Leser unabhängig von allen Modetrends immer wieder in den Bann ziehen. Gerade bei ihm, würde ich sagen, liegt der Erfolg zu einem großen Teil in der Sprache.

 

Aber bei vielen Bestsellern frage ich mich wirklich, ob nicht einfach eine geniale Werbestrategie dahintersteckt, und ob sich ein Verlag nicht von Anfang an vornimmt, ein Buch zum totalen Verkaufsschlager zu machen. Und dann vermute ich mal, je größer der Verlag, umso mehr finanzielle Möglichkeiten, die Werbung anzukurbeln.

Außerdem verselbständigt sich das irgendwann. Etwas ist in Mode und wird schon allein deshalb gekauft.

 

Ich frage mich auch manchmal, ob sich Bestseller nach bestimmten Strategien vom Autor planen lassen (Nerv der Zeit, sprachlich und inhaltlich, etc.)

 

Übrigens eine Frage, zu der mich Eure Meinung interessieren würde: Glaubt Ihr, Eco hat von Anfang an gewußt, sein "Name der Rose" würde so ein Erfolg werden? Er hat den Mittelalter-Trend geschaffen, soweit ich weiß, er ist nicht auf die Mode aufgesprungen. War das einer der berühmten Glücksgriffe oder von Anfang an geplant?

 

Anna

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Liebe Leute,

ich denke Juliane hat es sehr gut beschrieben. Marketing und der berühmte Tropfen, der das fass zum Auslaufen bringt, spielen zwar auch eine sehr große Rolle, sind aber nicht vorausberechenbar. Schon so mancher superteuer eingekaufte "Bestseller" entpuppte sich als teurer Flopp! Verlage wie Lübbe gehen deshalb auch lieber auf Nummer sicher und kaufen Leute für Bestseller ein, die woanders schon Bestsellerautoren sind.

 

Nein, Anna, man kann bestseller nicht ins Grüne planen, als Autor schon gar nicht. Außerdem: Sobald man so an ein Buch herangeht, misslingt es garantiert!

 

Eco hat weder seinen Erfolg noch einen Trend geplant. Er war gemütlich Professor für Semiotik und schrieb einen Roman, in dem er sein Fahgebiet unterbrachte und mit den semiotischen Eigenheiten der italienischen Sprachschichten spielt. Ich erinnere mich, als in meinem Italienischkurs das recht unbekannte uch eines Professors aus Bologna angepriesen wurde, weil man da meisterhaft die unterschiedlichen Sprachschichten auf soziale und sonstige Komponenten hin studieren könne.

 

Mein Prof meinte damals: Das wird nie übersetzt werden! Zu schwierig! Zu wenig interessant für die Allgemeinheit. Tatsächlich hat Eco nicht nur in Italien eine Weile bis zum Durchbruch gebraucht (seinen Unmut über Lektoren hat er meisterhaft Luft gemacht). In Deutschland hat man ihn jahrelang und reihenweise als unlesbar abgelehnt, bis Hanser sich ein Herz fasste...

 

Ich persönlich glaube, man schafft am ehesten dann einen Bestseller, wenn man das gar nicht im Auge hat.

 

Schöne Grüße,

Petra

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Ui, tausend Dank für eure interessanten Meinungen! Da gibt es eine Menge zum nachdenken für mich. JulyRose, super Erklärung von der Front - danke schön!

 

Habe Ähnliches erfahren aus einer ganz anderen Branche - dem Apothekerwesen, wo es auch solche Bestseller-Wellen gibt, weil in der Zeitschrift "Das verwelkte Blatt" stand, dass Karottensaft unsterblich macht, oder sowas. Das führt dann zur neuesten Gesundheitswelle, und die Apotheker freuen sich über den Massenverkauf und hoffen nur, dass niemand sie nach ihrer fachlichen Meinung dazu fragt, hehehe.

Die menschliche Natur - ein seltsames Wesen.

 

LG

Joy

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