Zum Inhalt springen
(Maaja)

Kann man Gefühle mittels Jahreszeiten ausdrücken?

Empfohlene Beiträge

Es sind gerade die kürzesten Nächte des Jahres. Am nächsten Freitag ist Johannis. Hier, im „Süden“ fällt es nicht so sehr auf, aber im Norden, wo ich aufgewachsen bin, ist es eine magische Zeit. Man verliert im Juni das Gefühl für die Zeit. Um zehn Uhr kommt es einem vor, als ob wäre es um sechs oder sieben und der Tag noch unendlich lang. Um elf kann man noch draußen sitzen und beim Tageslicht ein Buch lesen. Oder das Buch umknicken, auf den Schoß legen und träumen.

 

Manchmal werden in den Büchern Gefühle des Protagonisten über das Wetter und/oder Jahreszeit ausgedrückt. Johannis und die kurzen Nächte stehen für mich für das Gefühl des bittersüßen flüchtigen Glücks, das da ist, greifbar ist, und doch sein Ende schon erahnen lässt. Ein Glück, das man bedingungslos genießen sollte, wie ein Glas, das man auf die Lippen setzt und mit einem einzigen Schluck austrinkt.

 

Welche Gefühle verbindet ihr mit Jahreszeiten oder dem Wetter? Lässt ihr das in eure Geschichten einfließen? Wie? Oder ist es verpönt, weil abgelutscht: Nebel oder Regen = Depression?

Ich bin gespannt.

 

Maja Papaya

(Ich hoffe,es ist mir gelungen, die Betreffszeile halbwegs verständlich zu formulieren, wenn nicht, bitte ändern!)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

hallo Papaya.

 

 

Ich kann dir voll zustimmen. Als Nordlicht leide ich zurzeit sehr. Wenn ich aus dem Fenster schaue, krieg ich Lust, Nachmittagsfernsehen zu schauen, obwohl ich mich langsam für die Disco fertig machen müsste!  :s09

 

Ich habe die Jahreszeit auch immer in meine Texte eingebaut. Die stickige, stehende Hitze im Sommer gibt mir immer ein ganz bestimmtes, Kribbeln, das ich versuche, dann in Worte zu fassen. (An genau so einem Text arbeite ich gerade)

 

Der Winter, der manchmal so schneidend kalt, und gleichzeitig von der Luft so klar und sonnig ist, löst auch irgendetwas aus. Ich kann das nicht benennen, evrsuche aber, es zu beschreiben.

 

Ausserdem war ich lustigerweise immer im Frühjahr und im Herbst am inspiriertesten. Fast alle meine Texte habe ich in dieser Zeit geschrieben.  :)

 

Gruß, Marco

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich denke, man könnte sagen: "wie innen, so außen". Das ist nicht nur auf die Jahreszeit und das Wetter anwendbar, auch auf die Örtlichkeiten.

 

Wenn du sagst "Neben, Regen = Depression", dann klingt das schon ein wenig plakativ abgedroschen, aber wenn ein Gewittersturm parallel zum "inneren Sturm" des Helden/der Heldin verläuft, dann kann man auf diese Weise vielleicht manchmal unterschwellig, ohne sie direkt anzusprechen, Gefühle vermitteln. Und viele Gefühle lassen sich ja auch nicht richtig erklären, es sind eben Gefühle, nix zum anfassen und unsere Sprache hat nur ein reichhaltiges Angebot von Worten, wenn es sich um greifbare Dinge handelt.

 

Gefühle sind viel mehr Bilder.

 

Zumindest empfinde ich selbst das so.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Papaya,

man kann Gefühle sicher mit Jahreszeiten oder dem Wetter vergleichen, beides zusammenfügen, vergleiche ziehen, aber bitte nicht -

Regen, Nebel = Depressionen -

Es gibt Menschen die den Regen lieben, den Nebel aber als was Abenteurliches empfinden. Das Licht bedeutet nicht für jeden Menschen Licht, es gibt  Meschen die, die Hellikeit meiden, sich im Dunkeln wohler fühler, so wie sich viele  im Dunkeln fürchten.

 

Beispiele :

- Du bist  mein Licht der Nacht - Die Sonne in trüben Tagen - Die Wärme in der Kälte der Welt -

Der Sonnenstrahl der mein Herz zu wärmen vermag - an diesem bitterkalten Wintertag - Mein zuhause wo ich glücklich bin - Schäumenden Wasser gleich, ist meine Liebe zu dir. -

 

Ich schreibe nicht nur Gedichte, sondern  auch Geschichten, wo ich Gefühle, mit Jahreszeiten oder auch mit dem Wetter, in Worten, zu einem Gefühlsausdruck, verbinden kann.

 

- Hannas Herz lachte und weinte, es machte sprünge, lief über harte Steine, rannte im Kreis herum und geradeaus. Es drehte sich in der Spirale und fand den Weg nicht, der es aus diesem Kreisem herausführte. Es war eingeschlossen im Raum der Gefühle. Es gab eine Treppe, die konnte es hinauf- und heruntergehen, aber das Herz  fand keine Türe um den Raum zu verlassen.-

 

Auszüge  von  meinen  Büchern.

Gruss Heidi

"Das Haus der schönen Dinge" - Knaur TB Mai 2017 - Die Geschichte einer (fiktiven) jüdischen Kaufhausdynastie in München zwischen Prinzregentenzeit und 1938

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Stichwort: Seelenlandschaft. Ein ganz wichtiger Aspekt in der Literatur. Das vielleicht berühmteste Beispiel im Drama ist der Sturm in Shakespeare's King Lear. Ich glaube, es ist ein ganz wichtiges Merkmal guter Literatur, daß sie Innen- und Außenräume miteinander in Beziehung setzt. Wenn dann noch die richtigen Bilder eingesetzt werden ... ist man rasch bei hoher Literatur.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Tere, Maja!  ;D

 

Ich glaube, Manuel hat das beste Stichwort geliefert, denn so ohne weiteres würde ich nicht sagen: klar, kann man das!

 

Genau das ist nämlich eine ganz beliebte Technik bei Heftromanen, dort wird sehr gern und oft mit Jahreszeiten, Naturschilderungen, Regen, Sonne, Sturm etc gearbeitet. Genauso in TV-Filmen - und wir empfinden es als abgedroschen.

 

Manuels Stichwort "die richtigen Bilder" - darauf kommt es an.

Und wenn Du es so gekonnt hinkriegst wie bei Deiner wirklich poetischen Definition von Johannis... dann ist das wunderbar!

 

Nachdem ich die gelesen hab, bin ich mir sicher, Du verfällst nicht in abgelutschte Bilder.

 

Gruß

Jan (der sich am liebsten Deine Johannis-Zeilen schamlos klauen würde)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Danke!

 

Jetzt begreife ich langsam, warum ich Bauchgrimmen hatte. Ich wusste ja, dass es diese Straße gibt, dass man die Gefühle so ausdrucken kann – und trotzdem stand ein unübersehbares Warnzeichen vor dieser Strecke. Jetzt kann ich das Warnzeichen lesen: erhöhte Kitschgefahr.

 

@ Jan: Aus welchen Sprachen übersetzt du eigentlich? ;)

Die Johannis-Beschreibung ist kein Auszug aus einem Roman oder einer Kurzgeschichte, sondern für das Forum geschrieben. Betrachte sie als einen Postkartengruß aus Estland, einfach so in einer Laune hingekritzelt, abgeschickt und vergessen - zur freien Verfügung.

 

Maaja

(Ich verzichte im Forum normalerweise auf das dritte a, weil nicht mal alle meine Kolleginnen es in zehn Jahren geschafft haben, sich die richtige Schreibweise zu merken, von der Schwiegermutter ganz zu schweigen. :s11)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Liebe Maaja!

Jetzt kann ich das Warnzeichen lesen: erhöhte Kitschgefahr.

 

Kitschgefahr besteht nur dann, wenn Deine Worte nicht mit Seele, sondern mit Klischee angefüllt sind - und darüber brauchst Du Dir wirklich keine Sorgen machen  :D

 

Mit und über Gefühl zu schreiben ist zwar riskant, aber wenn man immer ehrlich zu sich selbst und authentisch in seinen ureigenen Gedankengängen bleibt, kann nichts schief gehen. Es gibt Stellen in meinem Buch, da weiss ich, dass sie die Leserschaft spalten - und trotzdem liebe ich sie, weil sie meine Seele ehrlich widerspiegeln. Und niemals würd ich sie ändern, weil ich mich dabei selbst verleugnen müsste. Wers nicht spürt, fängt mit meinen Texten sowieso nix an. Wer aber mit Seele liest, wird mein "ich" darin sehen.

 

Deine Bilder sind schön - weil sie aus Deinem persönlich Erlebten stammen. Ich denke, man sollte sich aller Möglichkeiten bedienen, die unser Sprache zu bieten hat - gerade, weil das Geschriebene an sich immer nur zweidimensional bleiben kann und wir daher umso mehr auf das angewiesen sind, was zwischen den Zeilen in unseren Hirnen und Herzen entstehen kann...

 

Liebe Grüße!

Gabi

Schachzüge, Störfaktor, Grenzenlos nah, Infinity/ alle bei Thienemann, &&http://www.gabriele-gfrerer.at&&http://teamor61.blogspot.com/

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Peter_Dobrovka)

Also hier ist irgendwie von zwei ganz verschiedenen Dingen die Rede.

 

1. Wie das Wetter die Stimmung und das Tagesverhalten beeinflussen kann. -> Find ich gut und richtig und wichtig und schön.

 

2. Wie die Stimmung das Wetter beeinflussen kann. -> Finde ich klischeebehaftet und saudämlich.

 

Peter

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Eines sollte mit dem anderen zugleich geschehen (Spiegelung, Vernetzung, wie oben angesprochen). Hat mit Klischee nichts zu tun.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Maaja,

bei deiner Sonnwendbeschreibung kamen mir sofort Erinnerungen an die Zeit in Ostpolen, wo die Menschen zu dieser Zeit vollkommen verrückt werden, klimatisch bedingt. Und dann muss ich sagen, ja, du bist überhaupt nicht am Klischee, da ist keine Gefahr, und du bist noch in dem Rahmen, den alle verstehen, auch die im Westen und Süden. Es kann nämlich auch heftiger werden und dann muss man genauer beschreiben.

Einen wunderbaren Sommersonnwendeinstieg gibt es z.B. bei Paasilinnas "Ein wunderbarer Massenselbstmord"... der treibt das auf die Spitze.

 

Übrigens habe ich gestern nichts anderes gemacht, als meinen Roman um einen Monat vorverlegt... nur wegen eines bestimmten Motivs, das auch im Titel auftaucht ;-)

 

Peter hat es sehr schön knapp-ironisch ausgedrückt, ab wann Kitsch und Schwulst vor der Tür stehen: Wenn die Stimmung das Wetter beeinflussen kann. Das ist z.B. in diesen Klischeeszenen der Fall, in denen ein Streit von einem Gewitter begleitet wird. Wieso soll es donnern, wenn zwei sich streiten? Wäre es technisch nicht viel reizvoller, parallel zum Streit einen Sommertag zu haben, mit Vogelsang und glücklich lächelnden Menschen? ;-)

 

Ja, klar, gehören Wetter und Jahrezeiten dazu. Aber eben nicht wie im Heftchen (wo es verlangt wird), dass immer dann Wolken dräuen und sich türmen, wenn der Bösewicht auftaucht ;-)

 

Schöne Grüße,

Petra

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Peter_Dobrovka)

So spontan fällt mir hier ein Text von mir ein, wo das Wetter zur Stimmung nicht paßt:

 

Eva wußte selbst nicht, warum sie überhaupt noch weiterging, sich den Strapazen und Torturen des Weges aussetzte, der ja doch nie zu Ende sein würde.

Oder auch sehr bald zu Ende sein würde. Es war inzwischen auch am Tage kalt, und zu essen gab es nur noch Fisch und vereinzelt einen Hühnerigel.

Der Himmel war ungeachtet dessen nach wie vor von einem fröhlichen Blau, als wolle er Eva verhöhnen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bitte melde Dich an, um einen Kommentar abzugeben

Du kannst nach der Anmeldung einen Kommentar hinterlassen



Jetzt anmelden


×
×
  • Neu erstellen...