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Andrea S.

Infodropping

Empfohlene Beiträge

(Peter_Dobrovka)

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Verstehe ich da etwas miss? Ich dachte, Infodropping ist eher so etwas:

 

"Du bist meine Mutter, die Frau meines Vaters, und ich, deine Tochter, habe beschlossen, dich gleich in deiner Wohnung in der Schumannstraße 27, zweiter Stock, zu besuchen, um mich mit dir bei deinem leckeren selbstgebackenen Kuchen aus 6 Eiern, 500 g Mehl, 1 l Milch, 2 EL Zucker, 3 Äpfeln (süß-sauer) und einer Tafel Zartbitterschokolade über unsere Nachbarin Frau Schmitz zu unterhalten, die, wie du weißt, seit zehn Jahren von ihrem Ehemann Herrn Schmitz geschieden ist und dir vorgestern abend beim Wäscheaufhängen in unserem Hof, der laut Mietvertrag auch zum Wäscheaufhängen vorgesehen ist, allerdings nur Donnerstags zwischen zehn und zwölf, und vorgestern war ja auch Donnerstag, denn heute ist Samstag, das steht so in meinem Kalender, dem mit den albernen Sprüchen, der auf meinem Klo hängt - also, deine Nachbarin Frau Käthe Schmitz hat dir ja so ganz nebenher erzählt, dass sie jetzt eine Kontaktanzeige in unserem jeden Samstag, also heute, erscheinenden Lokalblättchen "Stille Post" aufgeben möchte, um nun doch wieder einen Mann zu finden - du weißt schon, diese Personen anderen Geschlechts, an denen wir Frauen ja doch irgendwie interessiert sind, denn sonst hättest du ja nicht mich und meine Geschwister Wolfram, 32, und Sandra, 26, zustandegebracht..."

 

DAS ist für mich übertriebenes Infodropping: Zeug, das restlos überflüssig ist, weil der Dialogpartner es alles längst weiß.

 

:s01

 

In der Theorie JA, aber tatsächlich ist dieses Beispiel ein köstliches Stück Text; ich hätte grad weiterlesen mögen. Womöglich könnte man einen ganzen (vielleicht nicht allzu dicken) Roman in der Art schreiben? Die Kritik würde sich überschlagen vor Begeisterung: Endlich mal was GANZ ANDERES!

 

Manchmal kommt eben auch was Interessantes dabei heraus, wenn man extrem gegen "Regeln" verstößt...

 

Ansonsten: Mir gefällt der Begriff "Infodropping" nicht; da sehe ich jemanden vor mir, der mit einer Menge Abfalltüten herumschleicht und nach Stellen sucht, wo er die unauffällig abwerfen kann... Worum geht es? Wenn man es auf Deutsch sagt, finde ich es einleuchtender: Es geht um die Frage, wie man für den Leser notwendige Informationen so im Text unterbringt, daß sie dem Leseerlebnis nicht schaden, nicht aufgesetzt wirken, eben NICHT nach "Dropping" (oder gar "Bombing") aussehen.

 

Das berühmte Übelbeispiel ist ja:

 

"Felix, der, wie Du weißt, Dein Sohn ist, ist gerade vorgefahren", sagte sie.

Er ließ die Zeitung sinken. "Was will er?"

 

OK, das geht so natürlich nicht. Aber schon um Nuancen anders kann es - den richtigen Kontext vorausgesetzt - funktionieren:

 

"Dein Sohn ist gerade vorgefahren", sagte sie.

"Felix?" rief er aus und ließ die Zeitung sinken. "Was will er?"

 

Und andersherum entsteht wieder ein ganz anderes Bild:

 

"Felix ist gerade vorgefahren", sagte sie.

Er ließ die Zeitung sinken. "Was will mein Sohn von mir?"

 

Und so weiter, und so weiter. Es gibt eine unabsehbare Bandbreite von Möglichkeiten, die Information zu transportieren, daß "er" einen Sohn namens Felix hat, und jede Variante kann darüber hinaus noch mehr sagen als nur das. Ich denke, darauf muß man abzielen; auf diese Doppelfunktion.

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Hallo allerseits!

 

Öhm, mal eine blöde Frage, bezeichnet man die Info-Unterbringung in einem Text nicht als "Exposition"?

 

@Andreas:

Es gibt eine unabsehbare Bandbreite von Möglichkeiten, die Information zu transportieren, daß "er" einen Sohn namens Felix hat, und jede Variante kann darüber hinaus noch mehr sagen als nur das. Ich denke, darauf muß man abzielen; auf diese Doppelfunktion.

 

Ja, Captain Subtext die Arbeit machen lassen ;) Ich finde es total faszinierend, wie sehr man die Stimmung in einem Dialog durch Kleinigkeiten einfärben kann!

 

"Dein Sohn ist gerade vorgefahren", sagte sie.

"Felix?" Er schnaubte und ließ die Zeitung sinken. "Was will er."

 

Ciao!

Alf.

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Öhm, mal eine blöde Frage, bezeichnet man die Info-Unterbringung in einem Text nicht als "Exposition"?

 

Nicht ganz. Exposition meint die Einführung des Lesers (oder Zuschauers, eigentlich stammt der Begriff aus der Theaterdramaturgie) in die Grundvoraussetzungen der Geschichte bzw. des Stücks - wo und wann es spielt, welcher emotionale Grundton herrscht, welche Personen welche Rollen spielen und welche Funktionen haben und so weiter. Es meint also, grob gesagt, die im ersten Akt bzw. ersten Romanviertel zu leistende Informationsvermittlung. Was hier mit "Infodropping" bezeichnet ist, meint dagegen eher die Frage, wie man eine bestimmte Information X in einer Szene Y vermittelt.

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Hallo Andreas!

 

Alles klar, vielen Dank. Ich hatte das mal in einem "How To Write" Text von Orson Scott Card gelesen und da ging es darum, dem Leser das Universum eines SciFi / FAntasy Romans zu vermitteln, ohne mit Lehrbuchmonologen zu langweilen. Ich habs immer auf die Info-Vermittlung während des gesamten Textes bezogen. Man lernt nie aus ;)

 

Ciao!

Alf.

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