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Charlie

Das Wichtigste ist die Geschichte

Empfohlene Beiträge

Das haben jetzt viele von uns (und viele, die nicht zu uns gehoeren, natuerlich) in vielen verschiedenen Threads bekundet:

Das Wichtigste ist fuer sie die Geschichte, dahinter treten Sprache und Struktur des Romans zurueck.

 

Mich interessiert das sehr, da ich mit den meisten Beitraegen diesen Inhalts ueberhaupt nicht uebereinstimme, den Satz oben aber jederzeit unterschreiben wuerde.

 

Ich finde dennoch Sprache und Struktur sehr wichtig, ich gehoere zu den sicher unertraeglichen Lesern, die ein Buch nach zwei Sprachschlampigkeiten abbrechen und denen eine langweilige oder undurchdachte Struktur den Inhalt verdirbt.

 

Ich wuensche mir eine Sprache und Struktur, die auf ihrer Hoehe sind und sich mit all ihren Mitteln und ihrer Kraft ganz in den Dienst der Geschichte stellen.

Weil die Geschichte auch mir das Wichtigste ist.

 

Was aber macht eine Geschichte fuer Euch wichtig? Weshalb entscheidet ihr: DIE ist es, die erzaehle ich und keine andere. Die ist meine?

 

Untersucht ihr einen Stoff als erstes nach seinem dramatischen Potential, nach seiner Marktgaengigkeit, nach der geschmeidigen Fuegung in Vorgaben? Untersucht ihr womoeglich gar nichts, sondern stosst auf Geschichten und muesst sie schreiben - ohne ersichtlichen Grund?

Oder ist es etwas anderes, das "die Geschichte" fuer Euch zum Wichtigsten macht?

 

Ich muss ehrlich sagen: Fuer mich ist an einem Buch die Geschichte das Wichtigste, und einen Roman, der keine erzaehlt, mag ich nicht. Aber ich glaube, mir ist als Leser voellig gleichgueltig, ob sie im klassischen Sinne spannend, dramatisch oder spektakulaer ist.

 

Ich will von einer Geschichte:

Dass sie von Menschen handelt.

Dass sie in einer ihr eigenen Weise wahr ist. Dass ich sie daher absolut glauben kann.

Dass ich, wenn ich sie gelesen habe, von ihr voll bin, nicht missioniert, nicht belehrt, aber klueger, dass sie mich ein Stueck vom Menschenleben und Menschensterben hat sehen lassen, fuer das ich dankbar bin, das ich mitnehme, an dem ich mich staerke.

 

Weil ich's gerade wieder mal lese und gerade wieder mal davon besoffen bin: Ein Beispiel fuer eine m.E. in diesem Sinne ideale Geschichte ist "Fruechte des Zorns" von John Steinbeck (uebrigens - off-topic - ein bemerkenswertes Beispiel fuer den Narratives-Erzaehlen-Thread, ich hoffe, ich schaffe heute oder morgen, das noch einzustellen).

 

Was wollt ihr?

Was verlangt ihr von den Geschichten, denen ihr eure Zeit als Leser gebt,

und was von denen, die ihr zum Schreiben fuer euch auswaehlt?

 

Nebenbei: Ich moechte keine E- oder U-Diskussion anzetteln. Ich lege diese Massstaebe an jede Geschichte , jedes Buch, jedes Theaterstueck, jeden Film, an, die ich in die Hand bekomme.

 

Herzliche Gruesse von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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(Peter_Dobrovka)

Ich hätte dazu mehr zu sagen als ich je zuvor zu etwas gesagt habe, aber ich will den Thread nicht an mich reißen und warte erst mal ein paar Antworten ab.

 

Peter

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Hallo Charlie,

 

ich habe festgestellt, dass die Geschichten, die ich schreiben will, immer auf eine Art mit mir zu tun haben; mit Themen, die mich intensiv beschäftigen. Wie z. B. Gerechtigkeit oder die Beziehung zu den Eltern oder zwischen Geschwistern, das ist das Eine. Das Andere: mich interessiert, wie Menschen ticken. Seit Tagen denke ich beispielsweise über einen Mann nach, mit dem ich beruflich zu tun hatte und der mich fasziniert. Obwohl er unter starkem Stress steht ist er von stets absolut gleichmäßiger Freundlichkeit. Nichts in seinem Tonfall, seiner Gestik oder Mimik deutet auf Kritik, Ärger, Anspannung etc. hin. Seit Tagen stelle ich mir vor, wie er zu seiner Frau ins Büro geht und in diesem Tonfall sagt, dass jemand den Hund überfahren hat. Was geht in ihm vor? Wozu wäre er fähig? Warum verhält er sich so?

 

Ich suche nicht nach dramatischem Potenzial, sondern werfe einen Stein ins Wasser und versuche herauszufinden, was passiert. Figuren sind immer Bestandteil eines Beziehungsgeflechts. Verändert sich eine müssen die anderen darauf reagieren. Aber wie tun sie das?

 

Bei Büchern in denen die Figuren nur an der Oberfläche ihres Potenzials schreddeln, die Handlung vorhersehbar oder klischeehaft ist oder gar unlogisch, steige ich sofort aus. Nach spätestens zehn Seiten ...

 

... und jetzt muss ich leider weg. Später mehr.

 

LG

Inge

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Okay, mag nervend sein, dass ich schon wieder mit Katzen komme, aber ich schreibe eben gerade ein Katzenbuch, und mich hat ein verängstigter kleiner Kater derzeit so in den Krallen, dass ich ihm nicht entkommen kann.

 

Ich bin gefesselt von einem Charakter, will wissen, wie er mit dem Leben klarkommt, wie er sich entwickeln kann, wie er fühlt, leidet, verliert und gewinnt.

 

Einem Roman, der diesem Anspruch genügt, spendiere ich auch meine Lesezeit.

Einer Figur, die sich für mich so entwickelt, opfere ich meine Arbeitszeit, meine Leidenschaft und meine Gefühle.

 

DANN entwickelt sich auch die Geschichte für mich richtig, findet ihre Stimme und Struktur.

 

Liebe Grüße

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Liebe Charlie,

 

das ist eine ganze Masse Stoff zum Nachdenken. Schön, dass du schon einiges an Möglichkeiten formuliert hast, wie man an die Geschichten, an die Sprache und die Struktur herangehen kann.

 

Das Wichtigste ist fuer sie die Geschichte, dahinter treten Sprache und Struktur des Romans zurueck.

 

Für mich ist die Geschichte natürlich auch das Wichtigste, aber Sprache und Struktur dürfen nicht dahinter zurücktreten. Nur, wenn das eine Einheit bildet, ist für mich ein Roman oder was auch immer gelungen und bleibt mir, manchmal ewig, im Gedächtnis.

 

 

Ich finde aber Sprache und Struktur sehr wichtig, ich gehoere zu den sicher unertraeglichen Lesern, die ein Buch nach zwei Sprachschlampigkeiten abbrechen und denen eine langweilige oder undurchdachte Struktur den Inhalt verdirbt.

 

Nach ein paar Schlampigkeiten breche ich das Buch noch nicht ab, aber wenn sie sich häufen, ist es irgendwann aus. Manchmal lese ich ein soclhes Buch zu Ende, aber nur deswegen, weil ich wissen will, wie es ausgeht.(Das ist dann wieder der Sog der Geschichte)

 

Ich wuensche mir eine Sprache und Struktur, die auf ihrer Hoehe sind und sich mit all ihren Mitteln und ihrer Kraft ganz in den Dienst der Geschichte stellen.

Weil die Geschichte auch mir das Wichtigste ist.

 

Sehr schön ausgedrückt das, was ich oben meinte.

 

Was aber macht eine Geschichte fuer Euch wichtig? Weshalb entscheidet ihr: DIE ist es, die erzaehle ich und keine andere. Die ist meine?

 

Bei mir spielt da viel Persönliches mit. In jedem Roman wird auch etwas abgehandelt, das mich persönlich in meiner Entwicklung gerade am meisten beschäftigt.

 

Untersucht ihr einen Stoff als erstes nach seinem dramatischen Potential, nach seiner Marktgaengigkeit, nach der geschmeidigen Fuegung in Vorgaben? Untersucht ihr womoeglich gar nichts, sondern stosst auf Geschichten und muesst sie schreiben - ohne ersichtlichen Grund?

Oder ist es etwas anderes, das "die Geschichte" fuer Euch zum Wichtigsten macht?

 

Das ist der Kasus Knaxus im Moment bei mir. Früher habe ich Geschichten geschrieben, so wie sie mir zuflogen, manchmal aus den alltäglichsten Situationen

Es hat schon gereicht, dass etwas Ungewöhnliches passierte, oder etwas ganz Gewöhnliches, dass jemand etwas sagte oder einen Witz machte, und schon hatte ich eine Idee, die ich unbedingt aufschreiben wollte.

Vorgaben: Hilfreich waren die Themenstellungen der Schreibwerkstatt, am besten die, die nicht allzusehr einengten wie "Wasser", "Stein" usw.

 

Seit ich gehalten bin, auf Marktgängigkeit zu achten, fällt es mir nicht mehr so leicht. Der letzte Roman schrieb sich noch wie im Vogelflug, mein jetziger (eine Überabeitung bzw. "marktgängigere Umschreibung" dümpelt ein wenig vor sich hin.

Er ist n u r  Arbeit, kein Vogelflug mehr. ;)Und die Geschichte ist ja schon mehr oder weniger geschrieben. Normalerwesie ist für mich jede Geschichte ein Aufbruch, auch persönlich!

 

 

Ich will von einer Geschichte:

Dass sie von Menschen handelt.

Dass sie in einer ihr eigenen Weise wahr ist. Dass ich sie daher absolut glauben kann.

Dass ich, wenn ich sie gelesen habe, von ihr voll bin, nicht missioniert, nicht belehrt, aber klueger, dass sie mich ein Stueck vom Menschenleben und Menschensterben hat sehen lassen, fuer das ich dankbar bin, das ich mitnehme, an dem ich mich staerke.

 

Das kann ich gar nicht stärker ausdrücken. Die Geschichten sind mir am liebsten, die mir irgendeine Einsicht vermitteln (das haben sogar Dan Brown und Andreas Eschbach getan). Und die, die Gefühle in mir wecken, mich hoffnungsvoller machen

oder, wenn sie traurig sind, Licht am Ende des Tunnels sehen lassen.

 

L'art pour l'art lese ich nicht gerne und schreibe ich auch nicht. Wenn eine Geschichte "nur" unterhaltend sein will (und unterhaltend wollen sie ja alle sein, das hat ja selbst MRR gesagt), lasse ich mich gern auch "nur" unterhalten. Ich mag spannende Geschichten mit vielen, vom Leser aber nachvollziehbaren Verwicklungen und überraschenden Enden.

Und das, was ich gern lese, möchte ich auch schreiben.

 

Neben der Sprache einer Geschichte, die sie, wie gesagt, erst zur gelungenen Geschichte macht, ist für mich die Stimmigkeit immens wichtig. Also: handeln die Figuren so, wie es ihnen entspricht? Erfahre ich etwas über ihre Gefühle, Pläne, Hoffnungen, Ideale, Beziehungen?

 

Dann gibt es noch etwas, was für mich eine Geschichte zur gelungenen Geschichte macht. Das Ambiente. Natürlich, je nach Genre, mehr oder weniger sparsam eingesetzt.

 

Die Sprache sollte zwischen erzählend und szenisch abwechseln. Die Dialoge die Handlung vorantreiben.

Wenn es mir mal gelingt, so ein Buch zu schreiben, bin ich am Ziel. Gelesen habe ich schon sehr viele, die das erfüllten. Marquez zum Beispiel oder Roth. Pascal Merciers Nachtzug nach Lissabon, das Parfum, Martin Walsers Fliehendes Pferd, Peter Härtlings Hölderlin, Harry Mulisch. Könnte ich beliebig fortsetzen. Bei den "Unterhaltenden" Astrid Fritz "Die Hexe von Freiburg", Frank Schätzing "Tod und Teufel" ----

 

Es grüßt in diesem Sinne

Christa

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Liebe Charlie,

ich halte Sprache für wichtig. Aber wenn mich eine Geschichte fesselt, weil sie entweder spannend erzählt wird oder ein tolles Thema hat oder mich einfach mal persönlich packt, dann kann ich sprachlich viel verzeihen. Ein Buch, das mich nicht interessiert, könnte ich auch trotz seiner herausragenden Sprach nicht lesen.

 

Was nun die Geschichte anbelangt.:Wenn mich eine Geschichte so packt, dass ich einen Roman darüber schreibe, so geschieht das nicht, weil ich diese Geschichte unbedingt erzählen will. Das Erzählen ist für mich eine Art Nebenprodukt. Der eigentliche Sinn und Zweck für mich ist, in den Tiefenschichten von Protas zu wühlen und mich selber davon packen zu lassen. Mittlerweile weiß ich, dass das, was mich berührt, andere kalt lässt, dass Gefühle, die ich für Protas habe, nicht von allen Lesern geteilt werden. So ist es nun mal. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen bleibe ich dabei: Ich erzähle Geschichten, die mich bewegen - und ich erzähle sie nicht um des Erzählen willens, sondern um meine Bewegtheit zu kanalisieren.

Ich habe mir nie vorrangig überlegt, ob ich etwas zu sagen habe, weil das erst an zweiter Stelle kommt. Natürlich habe ich Botschaften/Überzeugungen, die bei meinen Romanen durchscheinen, aber das ist kein Motiv, sie zu schreiben. Das Motiv ist, dass mich etwas berührt - oder vielleicht sogar: dass etwas wehtut.

 

Ich hoffe, ich habe mich jetzt halbwegs verständlich ausgedrückt.... es fällt mir hier sehr schwierig, die Sache auf den Punkt zu bringen.

Liebe Grüße,

Julia

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Hallo Charlie,

 

hm - das ist sehr global. Grundsätzlich entscheide ich das, glaube ich, intuitiv und danach, ob mich der Blitz trifft, ob die Sache rund ist - und ganz egoistisch: ob ich die Geschichte erzählen will, ob sie mich herausfordert und ich sie lesen will. Zunächst gebe ich Dir recht damit, dass der Charakter der Geschichte und die Sprache homogen sein sollten. Ich würde einen HR anders schreiben als Fantasy, einen Thriller oder einen bunten Unterhaltungsroman.

 

Dabei muss ich eine Reihe von Fragen positiv beantworten können: Interessiert mich der ganze Kontext? Interessieren mich die Figuren und was ihnen geschieht? Was ist mit der Spannung und den Konflikten? Handelt alles vor einer außergewöhnlichen Backstory? Verspricht die Geschichte Dramatik? Ist etwas Neues dabei? Stelle ich mit der Geschichte etwas zur Verfügung, dass neben Unterhaltung auch etwas vermittelt? Haben die Figuren das Potenzial, zu wachsen oder zu scheitern?

 

Grundsätzlich kann ich das gar nicht sagen, wie sich das entwickelt, das ist mal so, mal so.

 

Meistens fängt es mit etwas Außerordentlichem an, das mich irgendwie ankickt. Sagen wir ganz aktuell bei meinem fast fertigen Epos die Tatsache, dass es in Paraguay hunderte Kolonien deutschstämmiger Mennoniten gibt, die dort nach eigenen Gesetzen mit eigener Polizei, Schulen usw. leben dürfen und dort gerade ein neuer Staat als Multimillionenprojekt mit 700 Wohneinheiten entsteht. Da frage ich mich: Was könnte dort geschehen? Woher kommt das Geld usw.? Das bringe ich dann in Verbindung mit anderen Dingen, die in meinem Speicher abliegen - zB: Einsatz von Psychopharmaka für militärischen Zwecke - und entwickle daraus eine Rahmen-Geschichte. Von dem Großen breche ich das dann runter: Was könnte vor diesen Hintergründen geschehen? Welches wäre eine interessante Perspektive, die die Gedanken oder Kommentare, die ich zu dem Rahmen hätte, am besten einfassen? Welches ist die Ebene, auf der der Leser sich persönlich in die Geschichte hineingezogen fühlen könnte? Und dann erst komme ich auf die Personen, auf die Struktur und die Sprache.

 

In einem anderen Projekt läuft das andersherum. Da ging es mir von Anfang an um Sprache und die Geschehnisse, dazu habe ich dann eine 08/15-Handlung entwickelt, weil die eher im Hintergrund steht, diese dann aber mit eher ungewöhnlichen Strängen aufgepeppt, als das Gerüst schon stand. Als nächstes wiederum arbeite ich an einem Roman, der mit einer Figur begonnen hat: Eine junge, willensstarke moderne Frau im ausgehenden 19. Jahrhundert, Fabrikantentochter, die aus ihrer Welt ausbrechen will. Da wiederum habe ich geschaut: Was könnte der passieren, was war zu der Zeit aktuell, wohin würde die wohl abhauen, wie könnte ihre Geschichte damit verknüpft werden? Dann kommen die Kolonien, und die Frage: Was war dort außergewöhnlich, in das sie verwickelt werden könnte? Und schließlich das große Ganze: Die Angriffs- und Invasionspläne des Kaisers auf Boston und New York vor dem Hintergrund der Aufrüstung der Marine und dem Wunsch, den Panama-Kanal unter deutsche Kontrolle zu bringen. Und daraus puzzle ich das dann zusammen und verknüpfe alles.

 

Kurzum: Entweder die Geschichte gibt die Herangehensweise vor, oder alles passt sich der Grundidee an. Und irgendwie läuft das alles automatisch ab. Jedes Ding folgt seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten. Und das waren jetzt echt genug streng geheime Projekt-Infos ;-)

 

Viele Grüße Sven

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Liebe Charlie,

Ich wuensche mir eine Sprache und Struktur, die auf ihrer Hoehe sind und sich mit all ihren Mitteln und ihrer Kraft ganz in den Dienst der Geschichte stellen.

Weil die Geschichte auch mir das Wichtigste ist.

Das ist auch mein Ideal - Inhalt und Form müssen sich miteinander auf gleicher Höhe verzahnen, sich gegenseitig ergänzen. Sprache und Struktur bearbeite ich deshalb genauso intensiv wie die Geschichte selbst.

 

Was aber macht eine Geschichte fuer Euch wichtig? Weshalb entscheidet ihr: DIE ist es, die erzaehle ich und keine andere. Die ist meine?

Ich schreibe ja Gegenwartgeschichten, weil mich die Menschen um mich herum umtreiben, wie sie mit ihrem Leben umgehen (und ihrer Vergangenheit) und dadurch Zukunft gestalten. Insofern ist es recht einfach - ich interessiere mich wie ein Schwamm für das, was um mich herum und auf der Welt geschieht. Ich höre und schaue zu: was treibt Menschen um, was macht ihnen Angst, wo sehen sie Hoffnungen, warum reagieren sie so und so... was schwatzen die Medien ins Leben... all so etwas.

Und gleichzeitig bin ich eine Betroffene: Auch ich habe Ängste, Wünsche, Hoffnungen. Ich bin eine von denen, die ich beobachte.

 

Wie das dann mit der Geschichte geschieht, kann ich schlecht beschreiben. Ich glaube, die Geschichte sucht mich aus. Irgendwann in diesem Wust von Eindrücken verdichtet sich etwas, wird spürbar... klingt jetzt doof, aber ich hab den Eindruck, es oszilliert mit dem, was ich selbst in mir habe. Es fängt meine Aufmerksamkeit. Menschen, die damit zu tun haben, fallen mir besonders auf.

 

Ich sag's mal so: In dem Stadium werde ich hungrig nach diesen Menschen und Situationen... recherchiere ein bißchen... und dann beißt mich die Geschichte. Ein Wortspiel aus dem Französischen, denn "je suis mordue", ich bin "gebissen", bedeutet auch: Ich bin von etwas so begeistert, dass ich nicht mehr loslassen kann... der Elsässer sagt "enthousiasmiert". Das geschieht natürlich deshalb so stark, weil es meist einen Teil in mir selbst anspricht.

 

In diesem Moment kann ich schon nicht mehr zurück. Bin ich nicht richtig gebissen, wird die Geschichte nichts. Das Einzige, was mich noch interessiert: Könnte das andere auch interessieren oder ist es nur eine verstiegene Spezialidee. Das hat für mich jetzt Themenwechsel bewirkt. Ich persönlich empfinde es als nicht mehr so wichtig, irgendwelche austauschbaren Beziehungsgeschichten aus Schönfrankreich zu erzählen... ich will ans rohe Fleisch...

 

Und deshalb muss ich darüber schreiben, ob das marktfähig ist oder nicht.

Meine jetzige Geschichte ist so gewachsen. Da gibt es eine Art des Lebens, die ich um mich herum gehäuft beobachte, die für mich ein Zeitphänomen geworden ist... mit einschneidenden Folgen. Ich setze mich mit den Leuten auseinander, die daran leiden. Ich will wissen: welche Chancen hätten sie, auszubrechen, was würde aus ihrem Leben werden, wenn irgendein Faktor das alles umlenken könnte. Diese Menschen sehen nur ihren Erlebenshorizont. Aber ich als Schriftsteller darf alle möglichen Lebensverläufe durchspielen.

 

Und dann ist da ein Ereignis, hat tatsächlich stattgefunden, das vieles von dieser Art Leben spiegelt, in einer schrecklichen Konsequenz. Es hat die Lebenswelt von vielen völlig verändert. Ich MUSS die Geschichte schreiben, weil ich eben nicht nur Beobachtender bin, der im Reagenzglas bastelt. Ich muss schreiben, weil ich mich von dieser Geschichte berühren lassen kann. Denn ich habe dieses Ereignis selbst erlebt, ich habe dadurch Dinge an mir erlebt, die ich nie gewagt hätte, anzuschauen. Als Schriftsteller kann ich genau hinschauen, kann darüber reden und doch auch dramaturgisch damit arbeiten. Da entsteht so etwas wie eine andere Realität. Und - das wäre mein Traum - vielleicht können die Leser durch diese andere Realität mit einem veränderten Blick auf die ihre schauen.

 

Da du vom Stärken sprichst: Eine meiner Grundideen ist die, dass wir unsere Wirklichkeit tatsächlich in gewissem Sinne "erfinden" und schaffen können. Bücher können das ganz besonders... aber vielleicht können es auch Leser, wenn sie Bücher gelesen haben, im eigenen Leben.

 

Sicher war meine bisherige Art des Romanschreibens sehr viel bequemer, erholsamer und markttechnisch klüger. Die oben beschriebene Variante ist alles andere als schön und bequem, geht emotional oft wirklich ans rohe Fleisch. Manchmal sage ich mir: warum muss ich mir das unbedingt geben? Aber dann sehe ich, dass meine Geschichte sogar mich beim Schreiben verändert. Ich denke an diesen Philosophenspruch mit dem Fluss: nach der Geschichte werde ich nicht mehr dieselbe sein wie vor der Geschichte. Das erfüllt mich mit einem ungeheuren Respekt, ja, ich erschauere vor meiner Geschichte. Und schon deshalb darf ich sie nicht wegwerfen.

 

Und ich wünsche mir, nur noch so schreiben zu dürfen.

 

Schöne Grüße,

Petra

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ich glaube zwar, dass die geschichte grundsätzlich das wichtigste ist, aber da alle geschichten schon erzählt wurden, ist der erzählton, die haltung, der blick darauf und damit auf die welt für mich vielleicht das ausschlagebende, um ein buch wirklich preisen zu können.ich schätze und bewundere autoren, die für ihre geschichten einen eigenen ton gefunden haben - und das hat - verächter der hochliteratur bitte wegdrehen - oft mit literarischen ausdrucksmitteln zu tun. ich habe gerade keine zeit, aber ich würde gerne einmal in einem extrafred ins detaill gehen und an textpassagen ausmachen, was mit einem unverwechselbaren eigenen literarischen ton gemeint sein könnte.

 

herzlichst: jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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Das ist ja grossartig, was in der kurzen Zeit hier zusammengekommen ist.

 

Ich wollte eigentlich nur rasch hinzufuegen, was ich in meiner obigen Kurzaufzaehlung noch vergessen habe:

Ich will, dass die Geschichte Verbindungen herstellt, mit Vergangenem wie mit Kommendem, dass sie Bezuege (selbstredend auch literarischer Art) aufgreift, sich daraus naehrt.

 

Dazu koennte ich mir fast das greifen, was jueb geschrieben hat und - im Grunde, ohne das ueberspitzt zu meinen - formulieren:

Ich will, dass die Geschichte nichts Neues erzaehlt, sondern etwas Altes, das sie etwas uebersetzt, uebertraegt - eine der zaehlbaren relevanten Menschheitsgeschichten fuer die Menschen meiner Epoche und meines Kulturkreises.

 

In diesem Sinne ist z.B. "Fruechte des Zorns" (mein Beispiel des Tages) fuer mich eine Pentateuch-, eine Exodus-Geschichte.

 

Julia, m.E. hast Du sehr klar auf den Punkt gebracht.

"Die Geschichte muss mir wehtun" haette ich fast auch geschrieben, habe mich dann aber nicht getraut. Es laeuft aber darauf hinaus. Sie soll mich durchruetteln, und von dem Schmerz muss etwas bleiben, weil ein vorhandener Schmerz aufgegriffen wurde.

 

Vielen Dank fuer die sehr interessanten Beitraege!

Herzliche Gruesse von Charlie.

 

P.S.: ja, jueb, mehr Threads, wir sind in Fahrt, oder nicht?

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

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Ich will, dass die Geschichte nichts Neues erzaehlt, sondern etwas Altes, das sie etwas uebersetzt, uebertraegt - eine der zaehlbaren relevanten Menschheitsgeschichten fuer die Menschen meiner Epoche und meines Kulturkreises.

Ich finde das interessant zu vergleichen, weil du historische Romane schreibst und ich mich in der Gegenwart bewege. Aber ich mache genau das Gleiche, nur andersherum... bei meinem "Ereignis" 2005 frage ich mich: was steckt da für die Menschen dahinter, was sich in veränderter Form vielleicht auch im 12. Jhdt. abgespielt haben könnte oder 2068 wiederkommt, wo liegt dieses tiefere, allgemeingültige Thema. Und das dann eben aus dem Jahr 2005 heraus gezeigt.

 

Schöne Grüße,

Petra

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Was aber macht eine Geschichte fuer Euch wichtig? Weshalb entscheidet ihr: DIE ist es, die erzaehle ich und keine andere. Die ist meine?

 

Als Autorin: Ich liebe die Figuren, fühle mich in sie hinein, habe Spaß daran, mit ihnen Abenteuer zu erleben, bzw. sie auf diesen Abenteuern zu begleiten und zu führen und das alles so aufzuschreiben, wie ich die Bilder in meinem Kopf sehe.

 

Als Leserin: Eine Geschichte muss mich berühren, das wo und wann sie spielt, ist da eher zweitrangig. Meine Lieblingsbücher sind aus den unterschiedlichsten Genres, aber sie haben gemeinsam, dass die erzählten Geschichten mich sofort fesseln und mitfiebern lassen.

 

Untersucht ihr einen Stoff als erstes nach seinem dramatischen Potential, nach seiner Marktgaengigkeit, nach der geschmeidigen Fuegung in Vorgaben?

 

Wenn ich auf eine Veröffentlichung schiele; ja.

 

Untersucht ihr womoeglich gar nichts, sondern stosst auf Geschichten und muesst sie schreiben - ohne ersichtlichen Grund?

 

So schreibe ich, wenn ich nur für mich schreibe. :)

 

Oder ist es etwas anderes, das "die Geschichte" fuer Euch zum Wichtigsten macht?

 

Figuren und Geschichte müssen glaubwürdig sein. und wenn es glaubwürdig geschildert ist, darf das gerne auch Fantasy sein. Denn das ist dann eine andere Welt, in der eben andere Gesetze gelten als in meiner ;)

 

Was wollt ihr?

Was verlangt ihr von den Geschichten, denen ihr eure Zeit als Leser gebt,

und was von denen, die ihr zum Schreiben fuer euch auswaehlt?

 

Als Leserin und Autorin: Das völlige Eintauchenkönnen in eine Geschichte.

Ich liebe es, Bücher zu haben, die mich die Nächte durchlesen lassen. oder an einer Geschichte zu schreiben, die mich die Nächte durchschreiben lässt. :D

 

LG

Maren

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Kurzer Exkurs:

 

Liebe Petra,

das sehe ich genauso (ich betrachte mich, auch wenn's mir offenbar keiner glaubt, ja auch als einen, der jetzt gerade einen historischen Roman schreibt und vorher anderes geschrieben hat und spaeter vielleicht ganz anderes schreibt).

 

Etwas, das mir - im Vergleich - als sehr praktisch am historischen Roman immer wieder auffaellt, ist, dass ich Menschen einander etwas direkt und "unverkleidet" tun lassen kann.

Damit meine ich: Wenn einer einen anderen schlaegt, dann kann er das im Jahr 1337 mit der Hand tun, ich muss ihn dazu nicht die Augen oder die Zunge oder das Internet nehmen lassen.

Das gefaellt mir im Moment.

 

Aber ansonsten, ganz klar - vom historischen Roman will ich, dass er voellig in seiner Zeit verankert ist, also in ihren Gegebenheiten fusst ... und dass er sich mit entsprechender Recherche nach 1628, 999 oder 2007 uebertragen laesst.

 

Herzliche Gruesse von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

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Aber ansonsten, ganz klar - vom historischen Roman will ich, dass er voellig in seiner Zeit verankert ist, also in ihren Gegebenheiten fusst ... und dass er sich mit entsprechender Recherche nach 1628, 999 oder 2007 uebertragen laesst.

 

Und das kann er natürlich, denn die menschliche Natur hat sich seit 999 eben doch nicht so maßgeblich verändert.

 

Mag sein, dass darum alle Geschichten schon geschrieben sind, aber sind sie alle schon als Tragödie oder Komödie oder den Spielarten dazwischen erzählt worden?

 

Das Feld ist noch weit ...

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Hallo Charlie,

 

da meine sprachlichen Stilmittel beschränkt sind, MUSS ich mit der Geschichte punkten. Und da gehören neben dem USP, der natürlich im Hauptplot stecken sollte, pointierte Szenen dazu.

 

Gruß

Freddy

"ROCKY, DIE GANGSTER UND ICH oder: Wie Mathe mir das Leben rettete (echt jetzt!)", Kinderbuch ab 9, Magellan, Jan. 2018

"ROCKY, DER BANKRAUB UND ICH oder: Wie mich ein stinkender Turnschuh reich machte (fast!)", Kinderbuch ab 9, Magellan, Jan. 2020

 

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Freddy, was du geschrieben hast, ist fuer mich ein hochinteressanter Punkt (auch wenn ich nicht weiss, was USP ist), weil ich - glaube ich - umgekehrt denke, naemlich:

Weil meine sprachlichen Mittel beschraenkt sind, kann ich wohl keine ganz grossen Geschichten erzaehlen (oder muss mich auf bestimmte Ausschnitte/Blickwinkeln beschraenken, denen meine Mittel gewachsen sind).

 

Als krasses Beispiel:

Ich kann sehr schoen Maenner am Biertisch zeigen.

Aber kein KZ.

 

Dass aber - in die eine oder andere Richtung - die Beurteilung der eigenen sprachlichen Faehigkeiten bei der Wahl der Geschichte/der Erzaehlhaltung/der Struktur/des Themas (jetzt hab ich mal noch das reingeschmissen, was unter diesem Thread drunterklebt) eine Rolle spielt, kann ich fuer mich bestaetigen.

 

Herzliche Gruesse von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Hallo Charlie,

 

Ein sehr interessanter Thread!

Jetzt mal bei mir und auf das Schreiben von Romanen bezogen:

Für mich ist die Geschichte das Wichtigste. Und gleichzeitig ist für mich die Sprache das Wichtigste.

Nein, das ist kein Widerspruch. Für mich gehören Geschichte und Sprache untrennbar zusammen. Das eine geht nicht ohne das andere und von daher sehe ich es nicht getrennt, das kann ich irgendwie gar nicht.

 

Meine Protagonisten erzählen mir ihre Geschichte.

Dazu gehört aber auch (dennoch oder gerade?) dass zuerst die Geschichte stimmig sein muss, dass der Spannungsbogen vorhanden ist, dass die Reihenfolge der Ereignisse klar ist und dass die Protas sich nachvollziehbar verhalten. Aber bei mir lässt sich all das nicht von der Geschichte trennen, ist mit ihr verwoben.

Und dann erzählt sich die Geschichte mir (ich schaue zu und schreibe mit) - in ihrer ganz eigenen Sprache. Und dazu passt dann auch nur eine Erzählstimme. Die zu finden und auf sie zu hören - ist das Wichtigste. Wenn ich die habe, dann stimmt auch schon öfter das Handwerkliche auf Anhieb. Und wenn es nicht auf Anhieb stimmt - schreibe ich trotzdem im ersten Durchgang die Geschichte (sie ist die Grundvoraussetzung für alles weitere - ohne die Geschichte keine Sprache) - und korrigiere DANN erst nach handwerklichen Gesichtspunkten.

 

Tja, so ist das bei mir mit dem Wichtigsten ...

Irgendwie nicht wirklich einfach zu beschreiben, weil es in meinem Kopf eben auch nicht linear oder logisch nach Wichtigkeitsreihenfolge sortiert ist, sondern eher sehr vernetzt, in diesem Fall.

 

Wie ich auf so eine Geschichte komme? Hm, sie überfällt mich einfach. Zack, ist sie da. Dazu braucht es oft nur einen kleinen Auslöser, eine Situation oder ähnliches und dann taucht die Geschichte dazu auf. Wie ein Film, der abläuft. Ab dem Moment existiert sie und ist für mich auch wahr. Und ich MUSS sie dann aufschreiben. Geht irgendwie nicht anders. Es kribbelt in den Fingern. Die Dramaturgie kommt dann der Reihe nach (s.o.)... beim Beobachten und Mitschreiben, steht also nicht am Anfang.

 

Viele Grüße,

Lionne

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auch wenn ich nicht weiss' date=' was USP ist[/quote']

 

Unique Selling Point (oder so ähnlich),

also im Prinzip was Neues erzählen.

 

LG Freddy

"ROCKY, DIE GANGSTER UND ICH oder: Wie Mathe mir das Leben rettete (echt jetzt!)", Kinderbuch ab 9, Magellan, Jan. 2018

"ROCKY, DER BANKRAUB UND ICH oder: Wie mich ein stinkender Turnschuh reich machte (fast!)", Kinderbuch ab 9, Magellan, Jan. 2020

 

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Hallo zusammen,

 

ich glaube im Moment liebe ich Geschichten am meisten, die vor Ideen und Einfällen nur so übersprudeln, denen man ansieht, dass dort viel "Kreativität" rein geflossen ist. Also Geschichten, die so vollgestopft sind mit Leben und Figuren, dass ich beim Lesen lachen und den Kopfschütteln muss.

Und solche Geschichten will ich auch gerne selbst erzählen, Stoffe und Figuren, die mich so ansprechen, dass mir von selbst Ideen und Einfälle kommen.

Ich glaube, wenn man einen Text als "uninspiriert" bezeichnen kann, dann ist das einer der Sorte, die ich absolut nicht lesen möchte.

 

Gruß

Peter

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Ich beantworte das erst mal aus der Leserperspektive: da will ich positiv überrascht werden (ein fieses Kriterium, ich weiß.) Und das gelingt einem Buch entweder, wenn sein Inhalt enorm überraschend ist (da ich recht viel phantastische Literatur lese, meine ich hier vor allem eine überbordende Phantasie - jüngstes Positivbeispiel war hier Philip Pullman), oder wenn sein Stil so brilliant ist, daß ich gelegentlich das Buch beiseite legen muß, um einen Ausdruck, einen Satz wirklich genießen zu können. Das passiert mir sehr selten, manchmal denke ich, es ist mir seit Mervyn Peakes "Gormenghast" nicht mehr passiert. Gelegentlich habe ich aber bei Max Frisch oder auch Thomas Lehr ein ähnliches Gefühl.

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Hallo Leute,

 

man kann einen wunderschönen Satz formulieren. Und man kann mit einem schlichten Satz eine Sache beschreiben, die beim Leser etwas auslöst. Wünschenswert wäre natürlich, würde man mit einem wunderschönen Satz bewegende Dinge beschreiben.

 

Das ist natürlich ein interessante Thema. Aber die Diskussion ist ziemlich metalastig. Natürlich will (fast) jeder eine Geschichte schreiben, mit der er etwas zu erzählen hat. Natürlich will auch (fast) jeder jene Geschichte ansprechend in Worte kleiden.

Die Frage ist, wie einem das gelingt und vorallem wann man etwas zu erzählen hat.

 

Für mich hat eine Geschichte (u.a.) etwas zu erzählen, wenn sie von extenziellen Problemen erzählt und aufgezeigt wird, wie man jene Probleme lösen kann.

Oder aber es prägt meine Weltsicht, meinen Glauben, mein Gedankengut.

C.S. Lewis war für mich so ein Autor, der etwas zu erzählen hatte. Zwischen Himmel und Hölle - dieses Buch hat meinen Glauben geformt.

Peter D.s Dämonentränen - auch ein Buch, das viele Gedankenanstöße liefert und einiges zu sagen hat.

 

Grüße

Quidam

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C.S. Lewis war für mich so ein Autor' date=' der etwas zu erzählen hatte. Zwischen Himmel und Hölle - dieses Buch hat meinen Glauben geformt.[/quote']

 

Entschuldige die persönliche Bemerkung, aber das finde ich sehr interessant (und Lewis hätte es sicherlich gefreut.) War es tatsächlich das Inhaltliche, daß Dich beeindruckt hat? Und reden wir hier von Narnia oder anderen seiner Bücher?

 

Ich habe Lewis erst sehr spät kennengelernt (letztes Jahr, um genau zu sein.) In meiner Jugend hat mich eher sein Freund Tolkien geprägt (der Lewis laut Carpenter ja überhaupt erst zum Katholizimus gebracht hat, wobei er in seinen Büchern lange nicht so augenfällig ist...)

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Hallo Montsegurler,

 

ich muss gestehen, dass ich mich mit dem Thread schwertue, weil er so allgemein gefasst ist.

 

Über Dialoge, klar kann ich was über Dialoge sagen. Ich habe genug schlechte und genug gute gelesen (und selbst geschrieben).

 

Über die Geschichte? Ich habe gute Geschichten gelesen, aber die sind so unterschiedlich und die schlechten sind es auch. Ganz sicher ist es nicht das der Gegenstand, der eine gute Geschichte macht. Kaninchen, deren Lebensraum von einer geplanten Neubausiedlung bedroht sind? Klingt nicht sehr spannend, Watership down ist das aber.

 

Sicher hängt es davon ab, wie sehr sich jemand für eine Geschichte interessiert - und es schafft, dieses Interesse dem Leser zu vermittlen. Was auch wieder von Sprache, Stil, Spannungsbogen etc. abhängt, aber davon wollen wir hier ja nicht reden. Manchmal ist die Geschichte aber so drängend, bisher nicht erzählt, dass sie alle handwerklichen Mängel hinweg fegt, manchmal ist es sogar dieser "Mangel", der sie besonders macht.

 

Ganz sicher hängt es davon ab, dass jemand seine Geschichte ausbuddelt, nicht an der Oberfläche bleibt, Tiefe gewinnt, die Geschichte mehrschichtig ist, sich der Autor nicht damit zufrieden gibt, "ungefähr" das zu erzählen, was er erzählen will. Sondern wirklich in sich nachgräbt: Was ist es, das mich immer wieder auf Kaninchen kommen lässt? Viele nutzen das Potenzial ihrer Geschichte nicht. Andere weichen ihr aus, gehen auf Nummero sicher, wo ihnen niemand Kitsch, schlechten Stil, Regelverletzungen vorwerfen kann, aber auch niemand sich dafür interessiert, was sie erzählen.

 

Manchmal - nein, sogar ziemlich oft! -, bedrohen mich Geschichten auch. Als Autor, als Leser. Weil sie erzählen, was ich nicht hören will, nicht schreiben will. Was ich auch nicht schreibe, weil sowas schreibt man nicht. Gerade das ist aber, was interessant ist.

 

Und wie hängt die Geschichte mit mir zusammen. Also gibt es eine persönliche Verbindung zum Stoff? Was unterscheidet die Geschichte, die ich erzähle, von unzähligen anderen, die das gleiche oder ähnliches erzählen?

 

Aber ansonsten? Ich finde es sehr schwer, losgelöst von einer konkreten mißratenen, nur halbgelungenen oder faszinierenden Geschichte etwas dazu zu sagen.

 

Hans Peter

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(Peter_Dobrovka)

Ich stelle mit einem gewissen Erschrecken fest, daß das hier ein sogenannter "write only" Thread zu werden droht. Jeder schreibt seinen Standpunkt, aber es entspinnt sich keine Diskussion, es prallen keine Meinungen aufeinander.

 

Das haben jetzt viele von uns (und viele, die nicht zu uns gehoeren, natuerlich) in vielen verschiedenen Threads bekundet:

Das Wichtigste ist fuer sie die Geschichte, dahinter treten Sprache und Struktur des Romans zurueck.

Ich hatte das so verstanden, daß dies vor allem für Leser gilt, die selbst nicht schreiben. Sobald man selbst Autor wird, steigen die Ansprüche an die Sprache und das verdirbt den ungetrübten Genuß von vielen Werken, die man früher gut fand.

Manche von konnten sich diese Eigenschaft, Stilschnitzer zu ignorieren, aber bewahren.

 

Mich interessiert das sehr, da ich mit den meisten Beitraegen diesen Inhalts ueberhaupt nicht uebereinstimme, den Satz oben aber jederzeit unterschreiben wuerde.

Das sähe ich gerne genauer erläutert. Zumal du schreibst:

Ich finde dennoch Sprache und Struktur sehr wichtig, ich gehoere zu den sicher unertraeglichen Lesern, die ein Buch nach zwei Sprachschlampigkeiten abbrechen und denen eine langweilige oder undurchdachte Struktur den Inhalt verdirbt.

In diesem Fall sind Sprache und Struktur aber doch außerordentlich wichtig für dich. Oder seh ich das falsch?

 

Ich wuensche mir eine Sprache und Struktur, die auf ihrer Hoehe sind und sich mit all ihren Mitteln und ihrer Kraft ganz in den Dienst der Geschichte stellen.

Weil die Geschichte auch mir das Wichtigste ist.

Das klingt gut, aber ich kann mir darunter nichts vorstellen. Das ist wie der Politiker, der soziale Gerechtigkeit fordert. Alle stimmen zu, aber wenn man dann nachfragt, was soziale Gerechtigkeit ist und wie sie verwirklicht werden soll, hat jeder eine andere Vorstellung davon - wenn überhaupt eine.

Klar soll sich die Sprache in den Dienst der Geschichte stellen - aber was heißt das eigentlich?

Sysai hatte damals einen klaren Standpunkt bezogen: Die Sprache soll hinter der Geschichte zurücktreten, d.h. keine ausgefallenen Metaphern, Satzkonstruktionen und dergleichen verwenden, denn sie lenken vom Inhalt ab.

 

Ich würde außerdem dafür plädieren, Sprache und Struktur diskussionsmäßig zu trennen. Denn während Schnitzer in der Sprache relativ leicht verziehen werden (von manchen jdenfalls), sind mit der Erwartungshaltung inkompatible Strukturen so ziemlich das Tödlichste, was einem Roman passieren kann.

 

Zur Sprache: Ich halte mich für relativ indolent, was sprachliche Unsauberkeiten angeht. Am ehesten fallen sie mir bei meinem eigenen Geschreibsel negativ auf.

Allerdings, das Buch das ich gerade lese, hat den Bogen überspannt. Jedes zweite Wort scheint ein Adjektiv zu sein, das kann sogar ich nicht mehr ertragen.

 

Peter

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Zur Sprache: Ich halte mich für relativ indolent, was sprachliche Unsauberkeiten angeht. Am ehesten fallen sie mir bei meinem eigenen Geschreibsel negativ auf.

Allerdings, das Buch das ich gerade lese, hat den Bogen überspannt. Jedes zweite Wort scheint ein Adjektiv zu sein, das kann sogar ich nicht mehr ertragen.

 

Du willst ein Aufeinanderprallen der Meinungen? Dann geb ich dir zu später Stunde gleich zwei Bälle in die Hand:

 

1. Das mit den Adjektiven ist ausdiskutiert. Allerdings verwendest du das Wort "scheinen", was für mich zu den schlimmsten Antiwörtern in Romanen/ Geschichten gehört, zumal sie sich oft dort unzulässig häufen. Scheinen tut nämlich nur die Sonne. Also-häufen sie sich nun oder nicht?

 

2. Du diskutierst sowieso nicht mit mir. Warum sollte ich also auf irgendetwas, was du schreibst, eingehen? :(;)

 

Christa

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