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(Huutini)

Warum soll man eigentlich immer Aktiv schreiben?

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Da ich kürzlich von einem Jungautor mit dieser Frage konfrontiert wurde, will ich das einmal als Anlaß nehmen, hier zu antworten.

 

Also: Neben einigen anderen "Grundtipps" für Autoren, wie Adjektive streichen, Füllwörter streichen etc. heißt es immer wieder: "Aktiv schreiben!"

Die Frage nach dem Warum ist eine berechtigte.

 

Die Antwort ist ziemlich einfach: Es liest sich besser!

Warum es sich besser liest, ist wieder etwas schwerer zu beantworten, und hier gibt es viele Meinungen. Einige meinen, dass man lieber über das Subjekt liest, das auch etwas tut, anstatt über das Objekt, mit dem etwas getan wird. Wieder andere meinen, Aktiv habe generell mehr Pfeffer im Arsch, und sei einfach flotter. Manchmal hört man auch, Passivsätze seien sperrig und deswegen schwerer zu lesen.

Es gibt mit Sicherheit noch weitere Gründe, die für Aktivformulierungen sprechen - und an jeder davon ist etwas dran.

 

Ein kleines Beispiel kann die Vorteile des Aktivs vielleicht nicht lexikonfähig erklären, aber dafür zeigen:

 

"Nachdem Ulf zur Arbeit gefahren wurde, wurde ihm die Tür geöfnet, und der Weg zum Fahrstuhl gezeigt. Er wurde von einem Kollegen begleitet, von dem ihm erzählt wurde, dass ihr Chef schlechte Laune haben würde, wenn man ihn auf Gehaltserhöhungen ansprechen würde.

Doch Ulf wurde davon nicht eingeschüchtert, sondern ließ sich von seinem Kollegen bis zum Fahrstuhl bringen, und von der Kabine in die Chefetage tragen. Dort wurde ihm von der Sekretärin gesagt, er solle kurz warten. Als er vom Chef hereingerufen wurde, wurden seine Finger doch ein wenig zitterig.

Und als er vom grimmigen Blick seines Chefs getroffen wurde, wurde er verunsichert und gradezu dazu gezwungen, aus dem Büro zu rennen."

 

An sich nicht schlimm, aber es liest sich irgendwie - unbeteiligt.

 

Etwas flotter:

 

"Nachdem Ulf zur Arbeit gefahren war, öffnete er die Tür und fragte nach dem Weg zum Fahrstuhl. Ein Kollege begleitete ihm und erzählte, dass ihr Chef schlechte Laune bekam, wenn jemand ihn auf eine Gehaltserhöhung ansprach.

Doch das schüchterte Ulf nicht ein. ein Kollege brachte ihn bis zum Fahrstuhl, dessen Kabine ihn in die Chefetage trug. Die Sekräterin sagte, er solle kurz warten. Als der Chef ihn hereinrief, zitterten seine FInger doch ein wenig.

Und als der grimmige Blick seines Chefs ihn traf, und verunsicherte, rannte er aus dem Büro."

 

Alles etwas konstruiert, und die Handlung ist lahm, aber man sollte den (oder einen) Unterschied sehen.

 

Vor allem geht es bei Aktivformulierungen gar nicht unbedingt darum, dass die Hauptfigur etwas tut. Nur dass der oder das Handelnde auch als handelndes Subjekt geschildert wird!

 

Noch einen Vorteil haben Aktivformulierungen übrigens: Sie sind kürzer! :)

 

Lieben Gruß,

Marco!

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(Peter_Dobrovka)

Passivformulierungen werden häufig gebraucht, um den Handelnden nicht nennen zu müssen. Aus welchem Grund auch immer.

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Hallo alle zusammen!

 

Gerade gestern habe ich passive Formulierungen in einer Szene mit Absicht eingesetzt. Und zwar ist meine Prota in so einem Zustand, wo sie alles nur vage wahrnimmt. Es ist vorher so viel Schreckliches passiert, dass sie nervtechnisch am Ende ist. Deshalb ist es für sie alles drum herum "war, hatte, wurde". Oder beispielsweise schriebe ich da die Details/Dialoge nicht aus, sondern deute sie nur an, weil die Prota da kaum zuhört oder auf etwas achtet.

Ob das wirkt wie gedacht, werden mir meine Testleser bald sagen.

 

Ansonsten schreibe ich aktiv :)

 

Liebe Grüße,

Olga

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Lieber Marco,

 

vor Kurzem hat mich genau dieses Thema beschäftigt, als ich nämlich Burkhard Spinnen: "Belgische Riesen" las. Ich hatte schon des öfteren von der Anti-Passiv-Mär gehört und eben erwähntes Buch, das ich für sprachlich über lange Strecken für perfekt halte (was nicht oft vorkommt!!) straft diese Mär auf das Unterhaltsamste Lügen.

 

Passiv ist hier ein Mittel des ganz eigenen Humors von Spinnen. Und da, muss ich sagen, wäre ein direkter Vergleich von Passagen im Aktiv und im Passiv ein ebenso überzeugendes Exempel für die stärkere Wirkung des Passivs wie deine Beispiele eine Lanze für's Aktiv brechen.

 

Will sagen: Man kann nicht pauschal sagen, dass das eine besser sei als das andere. Man muss sich über die Wirkung im Klaren sein und dann kann man beides sehr effektvoll und eben an den richtigen Stellen einsetzen.

 

Liebe Grüße

 

Ruth

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Liebe Ruth,

 

Ich dneke, aktiv lässt sich schnell lernen.

Entsprechend wirkungsvoll Passiv einzusetzen fordert dagegen sehr viel an Sprachgefühl und etc. Dafür muss man schon eine gewisse Erfahrung haben. (Mein Beispiel war erst ein Versuch in diese Richtung, bin gespannt, wie das ankommt)

 

Ich denke, besonders diejenigen, die am Anfang stehen, sollen zuerst lernen, aktiv zu schreiben.

 

Liebe Grüße,

Olga

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Passivformulierungen werden häufig gebraucht' date=' um den Handelnden nicht nennen zu müssen.[/quote']

 

:-?

 

Magst du ein Beispiel nennen, dass ich mir vorstellen kann, was du damit meinst?!

 

Liebe Ruth!

 

Du hast die Murmel im Müsli gefunden (heut ist mein Tag der Filmzitate, sorry..) - bzw. den Punkt, den ich wieder vergessen habe, noch anzubringen.

Du hast natürlich mit allem, was du sagst, Recht.

 

Elfirina hat es ja schon angedeutet: Niemand sagt, dass Passivformulierungen verboten gehören. Ich am allerwenigsten.

Aber Passivformulierungen sind einer der häufigsten Anfängerfehler, und sehr oft Ausdruck davon, dass der Autor nicht zu seinem Werk steht, ängstlich ist, oder alles etwas abschwächen will - ähnlich wie Füllwörter.

 

Nichts spricht gegen Passivformulierungen. Aber in den meisten Fällen, besonders eben bei Anfängern, nehmen sie einem Text den Schwung, schwächen die Charaktere ab, schwächen die Handlung ab, und dehnen den Text irgendwann wie Kaugummi.

(Ich wünschte mir ja immer noch, man würde Threads wie diesen und seine Ausführungen nicht immer als Versuch eines Entweder-oder Dogma verstehen...)

 

Das, was du als Mär bezeichnest ist tatsächlich einer der ersten Schritte, wenn es darum geht, Anfängertexte zu verbessern. Und ich wollte nur darlegen, WARUM aktiv in der Regel die bessere Wahl ist.

Von einem Passivverbot (Cool, ein Wort mit doppel-V!!!!) spricht keiner.

 

Lieben Gruß,

Marco!

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(Peter_Dobrovka)
Passivformulierungen werden häufig gebraucht' date=' um den Handelnden nicht nennen zu müssen.[/quote']

 

:-?

 

Magst du ein Beispiel nennen, dass ich mir vorstellen kann, was du damit meinst?!

Wenn es denn sein muß ...  ;)

Ich habe sogar ganz viele:

 

Er wurde in seiner Kindheit geschlagen. -> Wer schlug ihn?

Es wurde getanzt und gelacht. -> Wer tanzte und lachte?

Ihm wurde gesagt, ... -> Wer sagte es?

Es wurde vereinbart, ... -> Wer vereinbarte?

 

Nun kann man auch den Aktiv benutzen, um keinen konkreten Handelnden zu haben, indem man "man" sagt.

Man hat ihn geschlagen.

Man tanzte.

Man sagte.

Man vereinbarte.

Aber hier ist die stilistische Häßlichkeit irgendwie offensichtlicher und deshalb greifen die Autoren, die sich nicht konkret festlegen wollen, auf Passivkonstruktionen zurück.

In den meisten Fällen ist dies nicht schön, denn der Akt zeugt oft genug nicht von einem geplanten Effekt, sondern davon, daß der Autor sich keine konkreten Gedanken zur Szenerie gemacht hat und es sich einfach machen will.

 

Um es kurzum zu sagen: Passivkonstruktionen unterstützen das Niederschreiben unscharfer unausgegorener Gedanken.

(Wer sagte das doch gleich: Den Stil verbessern, heißt, den Gedanken verbessern)

Zwinge ich einen Autor dazu, aus Passiv Aktiv zu machen, springt ganz automatisch das Zahnrad in seinem Gehirn an, das dafür zuständig ist, dem Verb ein Subjekt zu verpassen.

 

Peter

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Hey Peter!

 

Okay, jetzt weiß ich was du meinst. Deine Zusammenfassung wurde von mir nur nicht ganz verstanden.

Deine Beispiele klingen verdammt nach Juristendeutsch... ;D

 

Ansonsten kann deinen Zusätzen von mir nichts zugesetzt werden...

 

Gruß,

Marco!

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(Ich wünschte mir ja immer noch' date=' man würde Threads wie diesen und seine Ausführungen nicht immer als Versuch eines Entweder-oder Dogma verstehen...)Von einem Passivverbot (Cool, ein Wort mit doppel-V!!!!) spricht keiner.[/quote']

 

Nein, Marco, so hatte ich dich auch nicht verstanden!

 

Ich hatte nur im Hirn noch "warm" das Beispiel der "belgischen Riesen" und wollte einfach sagen, dass es ist wie mit allen Stilmitteln: Sie haben ihren Effekt.

 

Und wenn man den kennt, dann braucht einen davor auch niemand mehr zu warnen!

 

In diesem Sinne wollte ich hier bloß zur Aufklärung beitragen!!!  ;D

 

Liebe Grüße

 

Ruth

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Hey Ruth!

 

Achsoooo..... :s18

 

Dann habe ich dich falsch verstanden und mich umsonst aufgeregt.

 

(Und wer ätzt mir jetzt die ganz umsonst geplatzten Stirnadern wieder zu?! :s05)

 

Lieben Gruß,

Marco!

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Will sagen: Man kann nicht pauschal sagen, dass das eine besser sei als das andere. Man muss sich über die Wirkung im Klaren sein und dann kann man beides sehr effektvoll und eben an den richtigen Stellen einsetzen

 

Dem stimme ich absolut zu. Also unter Berücksichtigung dessen, was bereits gesagt wurde ... ( ;D):

 

Meiner Erfahrung nach erzeugt ein "passiver" Stil oder auch nur ein passiver Satz eine ganz deutliche Distanz zur Handlung und zum Handelnden, was ja durch das Verb ausgedrückt wird. Aktiv: Etwas bewegt sich. Passiv: Etwas ist statisch, wird höchstens von außen bewegt. Also bringt man mit aktivem Schreiben Bewegung in eine Szene, mit passivem nimmt man sie heraus.

Natürlich kann man das mit Absicht machen ...

 

Ich habe das jeden Tag in der Praxis, beim sog. wissenschaftlichen Schreiben, wo ja praktisch permanent diese Passivkonstruktionen verwendet werden. Einer der Gründe (außer weiteren an sich nicht nachvollziehbaren ungeschriebenen wissenschaftlichen Insiderregeln) ist sicherlich, weil in (streng) wissenschaftlichen Fach-Texten keine handelnden Personen auftauchen (wehe, man verwendet das Wort "ich" ...) und lediglich Ergebnisse möglichst neutral und von Stimmungen, Handlungen, Interpretationen usw. unbeeinflusst berichtet werden. Hierfür eignet sich natürlich ein passiver Stil hervorragend: Alles sehr statisch und Distanz ohne Ende. (Lesen tut sich das allerdings ... nun ja, grauenhaft.)

Ich habe ein einziges Mal, vor Jahren als Fachtextanfängerin versucht, aktiver zu formulieren (nein, das böse Wort "ich" habe ich nicht verwendet). Daraufhin wurde ich darüber aufgeklärt, dass das Ganze doch bitte kein Roman werden solle ...

 

Mir zumindest fällt aufgrund dieses beinahe täglichen Schreibens von Passivkonstruktionen schon sehr auf, was mit ihnen eigentlich erreicht werden kann und auch erreicht werden soll.

 

Wenn also der beschriebene Charakter in einem Roman bzw. die dazugehörige Handlung passiv wirken soll oder man Distanz erzeugen oder eine bestimmte Blickrichtung vorgeben will, ist das sicher ein sehr brauchbares Mittel.

Nur ... wenn er in dem Satz oder der Szene aktiv wirken soll (Action?!) bzw. sollte (Nähe zum Prota) und man schreibt passiv, ist automatisch eine Distanz drin, und zwar m.E. sowohl inhaltlich als auch vom Tempo. Ich weiß nicht genau, warum solche Passivkonstruktionen verwendet werden, wenn sie nicht Absicht sind - okay, ich verwende sie manchmal aus Versehen, abends beim Schreiben, wenn der Fachstil überschwappt ... aber das ist etwas anderes.

Also abgesehen davon, dass Passivkonstruktionen einfach Gewohnheit sind ... Kann es vielleicht sein, dass sich darin die Einstellung des Autors zum Text und dem Prota ausdrückt, unbewusst wahrscheinlich und das dann bedeutet, dass der Autor sich aus irgendeinem Grund noch nicht ausreichend in seine Personen und Situationen hineinversetzen kann. Was sich dann an den distanzierteren Passivformulierungen zeigt.

Dann soll man sicher aktiv schreiben ...

 

Ihr werdet gegrüßt  ;D

Lionne

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Wir haben uns ja schon per PN darüber unterhalten, Marco, trotzdem auch noch mal hier meinen Senf dazu:

 

Ich bin (nach wie vor) der Meinung, daß diese Frage/dieses Thema nicht hierher gehört in die FAQs.

 

Es ist nicht unbedingt ein Fehler,

es ist kein typischer "Anfängerfehler",

es ist oft ein bewußt genutztes Stilmittel.

 

Und die Überschrift, warum man "immer" aktiv schreiben soll, ist sowieso völlig falsch.

 

Es wäre besser, hier keine threads zu eröffnen, in denen man auf seinen eigenen Steckenpferden herumreitet, sondern wirklich die Leute fragen zu lassen, die konkrete Probleme haben.

 

Gruß

Jan

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Heyho!

 

Ich bin (nach wie vor) der Meinung' date=' daß diese Frage/dieses Thema nicht hierher gehört in die FAQs.[/quote']

Meinetwegen muss sie hier nicht bleiben, ich hab nix in Stein gemeißelt. Mir erscheint sie hier sinnvoll, aber wenn sie woanders besser passt... (Nur solltet ihr Mods euch vorher absprechen, bevor ihr wieder das Verschiebekarussell anwerft...)

 

Es ist nicht unbedingt ein Fehler,

Unbedingt ist ohnehin nur Geburt und Tod...

 

es ist kein typischer "Anfängerfehler",

Meinungsansicht - meiner Meinung nach isses das. Nach Ansicht diverser Schreibforen und anderer Anfängertexte... ;D

 

es ist oft ein bewußt genutztes Stilmittel.

Recht hast du. Und lieferst die Argumentation gleich mit, irgendwo zwischen "oft" und "bewußt".

 

Und die Überschrift, warum man "immer" aktiv schreiben soll, ist sowieso völlig falsch.

ICH hab nie gesagt, man solle immer aktiv schreiben. Ich hab überhaupt nichts gesagt, was man machen SOLL. Mir wurde obige Frage so gestellt. Und dabei fiel mir auf, dass tatsächlich viele Ratgeber und Lehrmeinungen behaupten: "Man soll aktiv schreiben, man soll passiv in Aktiv umwandeln." Denk ich mir nicht aus, die Aussage rennt da draußen nackig durch die Welt. Ganz abgesehen davon, ob diese Lehrmeinungen nun Recht haben oder nicht, wurde ich gefragt, WARUM das denn so SEI? Warum soll man (laut Lehrmeinung) denn immer Aktiv schreiben?

Das ist nicht meine Aussage (Auch wenn es meine Meinung ist), sondern die anderer. Ich wollte nur die Frage nach dem Warum beantworten, Deshalb habe ich den Titel gewählt.

Ich dachte, dass würde durch das "eigentlich" deutlich... :-/

 

Aber: Auch der ist nicht in Stein gemeißelt. Ich fand ihn passend. Finde ich noch. Werde ich auch im Juli noch passend finden.

Wenn er nicht passend ist: Ändere ihn. (Auch hier: Sprecht euch bitte ab...)

 

Es wäre besser, hier keine threads zu eröffnen, in denen man auf seinen eigenen Steckenpferden herumreitet, sondern wirklich die Leute fragen zu lassen, die konkrete Probleme haben.

Ist zur Kenntnis genommen. Obwohl ich dachte, auch Fragen von Nicht-Mitgliedern dürften hierher weitergetragen werden. Wenn dem nicht so sein sollte, wenn nur Mitglieder hier Fragen einstellen dürfen, werde ich das in Zukunft berücksichtigen.

 

Lieben Gruß,

Marco!

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Hey Jan!

 

Ich spiel mal nochmal mit dem Feuer, und zücke: "Den Frey"!!!

 

Dazu sein angemerkt: Es geht (mir) nicht darum, ob Frey Recht hat oder nicht, ob er gut ist oder nicht, oder was man von Frey und anderen Ratgebern hält oder nicht. Mir gehts nur darum, dir zu zeigen, woher sowas kommt. Also, da steht, auf Seite 187, unter dem Punkt: "Analysieren Sie Ihre Geschichte Schritt für Schritt selbst":

 

- Wird das Passiv benutzt, wo das Aktiv stehen sollte?

- Werden Prädikate mit "sein" verwendet, wenn aktive Verben sinnvoller wären?

 

Ich habe die dazugehörigen Stellen im Buch leider nicht gefunden, weiß grade nicht mal, ob es welche gibt, aber genau darum geht es mir. Du weißt selbst, wie schnell und wie breit sich Freys Meinung ausbreitet (Und soweit ich weiß, predigen die anderen "Gurus" ähnliches), und schon hört jeder nur noch: "achte auf dein Aktiv, passiv ist schwach, Aktiv ist stark", und möglicherweise weiß er gar nicht, wieso dem so sein sollte. Wie gesagt, aus der Unwissenheit rührte in meinem Fall die Frage.

 

So, nu sollte aber von mir wirklich alles gesagt sein... :)

 

Gruß,

Marco!

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So, nu sollte aber von mir wirklich alles gesagt sein...  :)

 

:D;D:s22 - zu mehr reicht`s momentan nicht.  :s21

 

Gruß

Jan (der immer noch meint, das ist ein konstruiertes "Problem")

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Hallo Jan,

 

ich halte Passiv und Partizipkonstruktionen wirklich für einen Fehler, der gehäuft bei Anfängern vorkommt, weil es sich dort um unabsichtliche Verwendung handelt. Vor allen in Sequenzen, die eigentlich aus ihrer Funktion her sehr aktiv sein müssten, kommt es dann zu seltsamen Konstrukten.

 

Partizipkonstr.:

"Als die Scheibenmesser auf ihn zugeschossen kamen, war Stephan stehen geblieben, atmend, keuchend. Die Messer berührten seine Beine, ein kurzer aufflammender Schmerz, dann fuhren sie durch die Oberschenkelmuskulatur und trennten die Verbindungen nach unten ab. Nur kurz konnte er, sich auf den Beinen haltend, noch einen Schritt vorwagend, ihren Namen rufend, weitergehen, bevor er zusammensackte."

 

Passiv:

"Hinter Sandra war die Tür geschlossen worden. Man hatte sie in den Raum geführt, ihre Augen waren vorher verbunden worden. Man hatte ihrem Mund keine Gelegenheit gegeben zu schreiben, man hatte ihren Augen jede Möglichkeit genommen zu sehen. Und nun schob man sie in den Raum, ihre Füße wurden durch die Hand an ihrem Rücken bewegt und ihre Bewegungen durch ein Messer kontrolliert. Es war Sandra, als müsse sie schreien. Als müsse sie versuchen sich auf die Seite zu werfen, und sich wie ein Stein die leicht abfallende Stelle hinunterrollen lassen. Sie hörte ein:

"Du wirst sterben."

Die meisten Menschen hätten geweint, oder vor Panik die Besinnung verloren. Sandra war aber nicht so ein Mensch. Sie war einer dieser Menschen, die kämpfend voranschritten, gezeichnet von einem Leben voller Kampf...."

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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(der immer noch meint' date=' das ist ein konstruiertes "Problem")[/quote']

 

Des kränggt misch zwa a bischell (wo isch misch doch so angestrengt hobb!), abba denn ischedd net moi Probblem!

 

Gruß,

Marco!(grad am Mundart-üben)

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Hallo Marco.

 

Danke für diesen Thread, wo immer er auch hin soll (Vielleicht ins Handwerk, ohne den geschätzten Mods vorgreifen zu wollen).

 

Ich habe gleich mal ein paar meiner Texte untersucht und habe festgestellt, dass ich die Passivkonstrukte weitgehend vermeide. Die Frage stellt sich natürlich: Warum?

 

Nach 30 Minuten nachdenken und philosophieren, bin ich auf eine (eigentlich zwei) plausible Antwort(en) gekommen.

 

1.) Perspektive. Passivkonstrukte führen m.M.n zu der Gefahr eines Perspektiven-Bruchs.

 

2.) Für mich schleicht sich der (bittere?) Beigeschmack eines Tells in den Text. Ich weiß schon, es ist nicht wirklich eines, aber doch, irgendwie, beginnen die Tell-Alarm-Glocken zu schrillen.

 

Ich denke, ja, man sollte Passivkonstrukte vermeiden. Als Stilmittel, okay. Als Unterstreichen einer Perspektive, okay. Ob es sich dabei um eine Regel handelt, weiß ich nicht, ist auch egal. Denn Regeln gibt es ja in erster Linie deshalb, um sie zu brechen, sobald man sie beherrscht (oder um sie aufzuschreiben, gell Marco? ;)).

 

Alles Liebe

Roland

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Ich kann euch verraten, woher die Mär sich entwickelt hat: aus dem Anfängerunterricht im Journalismus. Wolf Schneider hat sich eindrücklich mit dem Problem beschäftigt, das seiner Meinung nach übrigens ein typisch deutsches Anfängerproblem sein soll. Denn unsere Schriftsprache des Alltags ist durchsetzt von Bürokratensprache, Managersprech, Schulbücher lieben Passivkonstruktionen, Wissenschaftler schwelgen darin. Nur zwei Sorten Autoren sollen eben lebendiger schreiben: Journalisten und Autoren.

 

Schneider verbietet natürlich auch nicht die Passivkonstruktion, sondern macht bewusst, wo die Wirkungen liegen. Lionne hat sie wunderbar beschrieben! Und demnach empfiehlt es sich sogar, einen Beamtenschädel im Buch auch so reden zu lassen oder die Formen zu verwenden, wenn jemand nicht aktiv Verantwortung übernehmen will. Oder wenn er Opfer ist. Wir nannten in der Grundschule Passiv noch die "Erleideform". Etwas geschieht mir, ohne dass ich agieren kann. Ich re-agiere allenfalls.

 

Was Schneider auch am Herzen liegt: Aktiv zu verbinden mit lebendigen Verben. Um Bilder zu malen, Geräusche klingen zu lassen, Tempo zu zeigen etc. Dieses Schreiben wird vor allem in der Reportage gepflegt.

Beispiel:

Er wurde gejagt. (Passiv)

Er floh. (Aktiv)

Er rannte um sein Leben. (Aktiv, lebendigeres Verb)

 

Wenn man seine Sinne für dieses Schreiben schärft, auch bewusst Texte so wahrnimmt, dann erkennt man, dass die deutsche Sprache ihre Lebendigkeit und ihre Bilder ganz stark aus den Verben bezieht. Beamtensprache verwendet dagegen nicht nur Passivkonstruktionen, sondern häuft auch hölzerne Substantivkoppelungen. Das Erzählte wirkt, wie aus Beton gegossen, unumstößlich. Soll so wirken! In aktiven Konstruktionen mit lebendigen Verben bewegt sich dagegen etwas, das Erzählte bleibt im Fluss, bleibt interpretierbar.

 

Und damit haben wir jetzt eine Querverbindung zu anderen Problemen:

- Um in einer passiv konstruierten Sprache, in der die Substantive herrschen, Lebendigkeit und Emotionen zu vermitteln, muss ich auf Adjektive und Adverbien für diese Substantive zurückgreifen:

 

Er wurde unerbittlich gejagt.

 

Und schon sind wir in vielen Fällen (nicht allen) bei einer Scheinlebendigkeit.

 

Nehmen wir oben:

 

Er rannte um sein Leben.

 

Um das noch lebendiger zu gestalten, wirkt das:

 

Er rannte keuchend um sein Leben.

 

bereits platt. Ein lebendig formulierter Satz verlangt lebendige Fortführungen:

 

Er rannte um sein Leben. Die frostige Luft stach (aktiv, Verb) in seine Lungen.

 

Was passiert hier? Überflüssige Adjektive fallen automatisch weg.

 

Außerdem zu vermerken: Rhythmik und Melodie wird im Deutschen sehr stark über die Verben komponiert. Durch Passivkonstruktionen erhalte ich Stakkato, Wiederholungswirkungen, auch gleichförmige Takte. Ihr seht - das kann man durchaus gebrauchen, aber wie in der Musik eben an der richtigen Stelle. Melodien und Harmonien dagegen schaffe ich mit lebendigen Verben.

 

Um es noch einmal zu sagen: Schneider hat seinen Journalistenschülern nie verboten, eines zu verwenden oder zu verpönen. Ihm ging es um eine Sinnesschärfung den Sprachmitteln gegenüber.

Als ich in meiner Ausbildung war, musste ich meine Texte Satz für Satz durchgehen und testen: wie konstruiere ich? Wie würde der Satz wirken, wenn ich passiv oder aktiv schreibe? Welche lebendigeren Verben kann ich finden? Diese Übung möchte ich Anfängern wärmstens empfehlen... letztere Frage stelle ich mir auch heute noch bei jedem Text.

 

Schöne Grüße,

Petra

 

PS: In einem Journalistenforum stünde das jetzt in der FAQ für Anfänger, verschiebt's wo's wollt, aber repariert bitte auch mal die Suchfunktion für all das Verschobene ;)

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Ziemlich unkonstruktiv, aber: Ich sehe das wie Petra. Und hab mir beim Lesen ihres Beitrags fast den Hals ausgerenkt, so sehr habe ich genickt.

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Merci vielmohls. Ich habe aber nur referiert, was ich bei Wolf Schneiders "Deutsch für Profis" und im Volontärsunterricht gelernt habe (ja, auch die PvC liest Ratgeberliteratur, hahaha):

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Sich verbeugend,

Petra

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Natürlich, der Schneider! Jetzt weiß ich wieder, wo ICH das ursprünglich (1000 Jahre her) "gelernt" hab.

Danke für's wieder wachrufen, Petra!

 

Gruß,

Marco!

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(der immer noch meint' date=' das ist ein konstruiertes "Problem")[/quote']

 

Also Jan, dann hast du noch nicht viele Anfängertexte gelesen ;-). Da wimmelt es von solchen Passivkonstruktionen. Das *ist* einer der häufigsten Anfängerfehler.

 

Sicher gibt es Gelegenheiten, wo das Passiv seinen Platz hat, wo es sogar richtig ist.

 

Aber in 90% der Fälle wird es nicht benutzt, weil es passt, sondern obwohl es nicht passt.

 

Weil man sich dahinter verstecken kann. Weil man so "objektiv" schreiben kann. Weil man es so gelernt hat im Studium (man beachte die Konstruktion).

 

Und wollen wir nicht objektiv sein? Wissen wir nicht alle, dass man sich nicht in den Vordergrund spielen soll?

 

Nur leider, in Romanen geht es nicht objektiv zu, sondern um subjektives Erleben und die Helden sollen sich in den Vordergrund spielen.

 

Ich bin ja kein Fan vom Frey, aber hier wundere ich mich manchmal schon, welche abstrusen Behauptungen und Regeln aufgestellt werden (Passivkonstruktion), um zu "beweisen" dass Schreib- und Stilratgeber Unsinn sind und man nicht auf sie hören soll. Kein Problem, die aller-, allermeisten hören nicht darauf und ihre Texte schauen entsprechend aus. Dass sie dadurch gewinnen, kann ich allerdings nicht bestätigen ;-).

 

Hans Peter

 

PS: Übrigens stammt das "aktiv schreiben" nicht von Wolf Schneider, das haben auch schon andere Stilratgeber betont.

 

PPS: Und alle, die meinen, man solle nur reichlich Passiv verwenden, das sei unproblematisch, denen ... Ach was, lest einfach Petras und Lionnes Beispiele.

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PPS: Und alle, die meinen, man solle nur reichlich Passiv verwenden, das sei unproblematisch, denen ...

 

Aber DAS tut doch hier nun wirklich keiner, oder?!

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(Peter_Dobrovka)

In OP-Berichten ist der Passiv auch gebräuchlich:

 

Die Faszie wird am Ansatz durchtrennt, danach die Muskulatur präpariert.

 

Im Aktiv wäre der OP-Bericht von Ichs durchsetzt, womit man sich als Operateur unwohl fühlen würde. ICH habe das getan, ICH bin Verantwortlich. Ogottogott. Lieber schreibe ich das so, als geschähe die Durchtrennung der Faszie quasi von selbst.

 

So ähnlich ist das auch oft bei Passivkonstrukten in Prosa, wobei da natürlich nicht der Autor die Verantwortung übernehmen muß, aber die zugrundeliegende unbewußte Emotion und Gewohnheit ist dieselbe. Ich kanns nur wiederholen: Im Passiv drückt sich der Autor davor, den Handelnden zu benennen.

 

Was Petra schreibt (zitiert?) ist auch richtig: Der Passiv spiegelt eine "Erleide-Geisteshaltung" wieder.

Den Stil verbessern, heißt, den Gedanken verbessern ...

 

Peter

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