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Quidam

Wie schlüpfe ich in meine Figur?

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Hallo Leute,

 

Bluomo ist ja wunderbar darin, in eine Figur zu schlüpfen und sie authentisch rüberzubringen. Gerade deshalb sind seine Geschichten ja so fesselnd. Jetzt würde mich interessieren, wie euch es gelingt, in die Figur zu schlüpfen?

Klar wäre Theater eine prima Übung, allgemein Rollenspiele, doch wenn jemand wie ich abseits des Lebens wohnt, muss er sich was anderes einfallen lassen. Habt ihr Tipps, wie man in seinen eigenen vier Wänden bestimmte Figuren zum Leben erweckt, indem man in sie schlüpft? Spiele ich ein Monster aus Peter D.'s Geschichten, sollte ich dann vorm Spiegel stehen und Grimmassen schneiden? :s01

Heulen wie ein Wolf, wenn ich einen Tollwütigen spielen soll? Dann habe ich ein Problem mit den Nachbarn. :)

 

Grüße

Quidam

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Gib ihnen die Hand, trink mit ihnen Kaffee und unterhalte dich mit ihnen.

 

Das ist kein Witz. Ich habe das vor 30 Jahren bei einer (Hobby-)Autorin erlebt. Die brachte ihre (Tiermensch-)Figuren so lebendig herüber, dass meine jüngere Schwester vor Angst einen hysterischen Anfall bekam. Allerdings spielte da meine Katze eine Rolle, denn die ließ sich scheinbar von einem Unsichtbaren kraulen und umschnurrte seine Beine.

 

Gruß Sysai

 

p.s. Gheron und ich unterhalten uns über unsere Figuren, als wären es Nachbarn oder Arbeitskollegen - und wir machen uns auch gelegentlich über ihre Eigenarten lustig.

 

 

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Verstehe die Frage nicht... man denkt sich diese Personen doch aus. Daher hat man sie vor dem geistigen Auge und weiß doch ganz einfach, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten würden, oder was sie denken, fühlen oder wie sie sprechen. Und je mehr man über sie schreibt, umso klarer wird das Bild, da man von ihnen hat.

 

Nun schreibe ich allerdings auch keine Personen-zentrierten Geschichten, betreibe keine eingehenden Charakterstudien. Für mich ist die Story das Wichtigste. Und in meinem Fall sind das Geschichten über Rätsel, Dinge, Ereignisse - nicht hauptsächlich Geschichten über Menschen und ihre Probleme, Sorgen und wie sie das Leben meistern.

 

Und trotzdem habe auch ich natürlich Protagonisten und noch kein Probeleser hat bisher behauptet, er könne sie sich nicht richtig vorstellen, empfände ihr Denken, Sprechen oder Handeln als nicht authentisch. Im Gegenteil, man gewinnt die Personen lieb und möchte die beiden unbedingt wieder gemeinsam in Aktion sehen - das jedenfalls habe ich mehrfach als Feedback nach dem ersten Band gehört.

 

Andreas

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Hallo Sysai,

 

das was du sagst, habe ich schon mal von einem berühmten Autor gehört, dass er am Frühstückstisch mit seinen Figuren spricht, usw. - und schon damals empfand ich das nicht als übergeschnappt, sondern als eine prima Anregung!

 

Hallo Andreas,

 

es reicht doch nicht, sich die Person nur auszudenken ... Und wenn du sie vor deinem inneren Auge siehst, dann bist du ja aussen vor. Ich habe auch keine Probleme, Figuren zu charakterisieren, indem ich sie durch Umgebung, anderen Figuren, ect. reflektiere.

Nur: in so einen Charakter zu schlüpfen und aus der Sicht der Figur die Sicht der Dinge zu schildern, halte ich für weitaus schwieriger.

 

Grüße

Quidam

 

(p.s. Andreas, bist du eigentlich Thot?) :s12

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Hallo Andreas,

 

es reicht doch nicht, sich die Person nur auszudenken ... Und wenn du sie vor deinem inneren Auge siehst, dann bist du ja aussen vor. Ich habe auch keine Probleme, Figuren zu charakterisieren, indem ich sie durch Umgebung, anderen Figuren, ect. reflektiere.

Nur: in so einen Charakter zu schlüpfen und aus der Sicht der Figur die Sicht der Dinge zu schildern, halte ich für weitaus schwieriger.

 

Ich schreibe fast ausschließlich in personaler Erzählweise, also die meisten Szenen aus dem Blickwinkel einer Person erlebt und beschrieben. Zu "eine Person kennen, vor dem inneren Auge haben" gehört das dazu. Das innere Auge ist ja kein Auge, sondern ein viel umfassenderes Sinnesorgan. Für mich ist es völlig klar, dass Peter, beim Beobachten andere Dinge auffallen, und dass er über andere Themen nachdenkt, als Patric zum Beispiel.

Aber ich würde es auch nicht übertreiben. Dieser Blick in die Gedankenwelt eines Protagonisten sollte auch nicht zu massiv gefärbt sein, sonst kann es leicht klischeehaft werden oder wie eine explizite (und doch auktoriale) Charakterisierung wirken. Für mich stellt sich das Bild eines Charakters beim Leser stückchenweise ein, durch das Verhalten der Person, ihre Sprache, ihr Wissen und ihre Reaktionen im Gespräch.

Aber wiegesagt: ich schreibe auch keine Charakterstudien.

 

(p.s. Andreas, bist du eigentlich Thot?) :s12

 

Applaus! ;) Der aufmerksame Forumsteilnehmer kann das auch anhand der beiden Profile feststellen, und daran, dass Thot in der Regel mit Andreas unterschreibt ;)

Ich benutzt den Thot Account nur zum Adminstrieren und zum generellen Ankündigen. In meiner Eigenschaft als Autor will ich nicht als gewichtiger Administrator daher kommen, daher poste ich ansonsten unter diesem ganz normalen Account hier, wie jeder Andere auch.

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Hallo Quidam,

der erste Schritt ist Empathie und Beobachtungsgabe im Leben. Ich sauge Menschen wie ein Schwamm auf. Am liebsten mache ich das auf dem Bahnhof beim Warten oder in einer Opernpause. Schau mir einzelne Menschen an und stelle mir vor, was die für einen Beruf haben, warum sie gerade hier sind, wie sie wohl leben, was sie den Tag umgetrieben hat.

 

Zu zweit macht das noch mehr Spaß: "Siehst du die Dicke im großgeblümten Kleid? Die hat einen Blick, als habe sie sich gerade mit ihrem Ehemann gestritten und sei geflüchtet" - "Nein, so schaut jemand, der gerade dabei erwischt wurde, den Opferstock auszurauben und vom Pfarrer erwischt wurde!" etc. So bildet sich ein Fundus.

 

Beim Schreiben zapfe ich diesen Fundus an. Vor mir liegt eine Szene auf der Autobahn in den Süden, die Stimmung soll umkippen von Nörgelei in reines Urlaubsgefühl. Ich krame nach: Wann hatte ich dieses Gefühl selbst sehr intensiv? Wodurch wurde es ausgelöst? Was passt noch zu diesem Gefühl? Vielleicht das Lächeln einer Fremden auf einem Bahnhof, vielleicht eine Rast, bei der ich einem Straßentheater begegnete... Fundus wird angezapft... ich hole mir das Gefühl zurück und reichere es damit an...

 

Und ich frühstücke auch mit meinen Figuren.

 

Schöne Grüße,

Petra

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Hallo Quidam,

 

bei mir ist es ähnlich wie bei Petra. Ich interessiere mich sehr für die Menschen um mich herum und für alle, die mir "begegnen" - in Film, Fernsehen, Büchern etc.

 

Ich frage mich immer, wer ist dieser Mensch, was macht ihn aus, was unterscheidet ihn von anderen, welche Seiten lebt er und warum, welche nicht und warum nicht ... es gibt so viele Fragen, die man über Menschen stellen kann!

 

Warum lebt mein Nachbar so zurückgezogen?

(ist er ängstlich, introvertiert, ein Einsiedlertyp, ist er freiwillig allein oder unfreiwillig?)

 

Warum bekommt die Mutter aus dem Kindergarten das fünfte Kind? (Sie hat vier kleine Mädchen, wünscht sie sich einen Jungen?)

 

Warum sitzt der Straßenmusikant in der Fußgängerzone? (Ist er ein Musikstudent, der auf diese Art ein bißchen Geld verdient? Macht er das nur so zum Spaß? Was sind seine Beweggründe? Was macht er mit dem Geld?)

 

Warum ist Dein Zahnarzt Zahnarzt geworden?

FRAG IHN!!

 

Warum leben Menschen so, wie sie leben? Wovon träumen sie? Wovor haben sie Angst? Was wünschen sie sich für ihr Leben, von ihrem Leben?

 

Es ist ganz einfach, Quidam, Menschen sind SO interessant. Jeder Mensch. Ganz sicher. Schau hin, hör zu. Frag die alte Dame, die Du immer beim Bäcker triffst, wie's ihr geht. Sag der Verkäuferin, wie gut die Brötchen hier schmecken. Zeig ehrliches Interesse, der Rest kommt von ganz allein.

 

Das habe ich immer schon "automatisch" gemacht, aber ich glaube schon, dass man sich sowas auch antrainieren kann. Beobachten, zuhören, schauen. Sich selbst mehr zurücknehmen.

 

Die allermeisten Menschen erzählen gern von sich, man muss nur freundlich und ehrlich interessiert fragen.

Versetz Dich in sie hinein, versuch sie zu verstehen.. Mit ein bißchen Übung geht das und Du lernst eine Menge - nicht nur über den jeweiligen Menschen, auch über Dich und über das Leben.

 

Ui, ich schreibe mich hier gerade in Begeisterung.

Wolltest Du das alles wissen?? :-)

 

Viele Grüße

Ellen

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Ich frag mich ja grad, ob Peter D. auch mit seinen Figuren am Frühstückstisch sitzt und was es da zu Naschen gibt. Müsli aus Kindergedärmen und sowas.. ;D

 

Ja, ich kann viel mit euren Kommentaren anfangen und eurer Begeisterung und ich bilde mir ein, eine gute Menschenkenntnis zu besitzen und rede auch sehr intensiv mit Menschen. Kürzlich erst mit einem Pfarrer, mit dem ich eine Studne über Franziskus, Judas, geredet hab, und er mich dann tiefer blicken ließ, mir von seinen Sünden erzählte, von seiner Menschenkenntnis und Gottnähe.

Das alles ist ja auch kein Problem. Nur fällt es mir halt dennoch unbeschreiblich schwer, der Pfarrer selbst zu sein und das widerzugeben, was er sieht! Was er wahrnimmt!

 

Andreas... :-[ ich lese so selten Profile ... und wenn, dann nur die von Frauen. ;D Danke für die Aufklärung.

 

Grüße

Quidam

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Hallo Quidam,

 

ich hab mich grad auf Deiner Homepage umgeschaut. Wow, was für Texte!! Weißt Du was - Du kannst das längst, die Welt durch die Augen Deiner Romanpersonen sehen, Du weißt es nur noch nicht.

 

Beeindruckte Grüße

Ellen

 

P.S.: >>ich lese so selten Profile ... und wenn, dann nur die von Frauen. <<

Honi soît qui mal y pense :s21

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Hallo, Quidam!

 

Ich glaube, Du nimmst den Ausdruck "in eine Figur schlüpfen" zu wörtlich.

 

Es geht doch darum, daß man seine Personen gründlich kennen muß, dann weiß man beim Schreiben automatisch, wie sie z. B. auf eine bestimmte Situation reagieren, wie sie sprechen, welche Körperhaltung sie haben usw.

 

Ich charakterisiere Personen zwar auch auf dem Papier, aber eher skizzenhaft; viel mehr bringt mir, wenn ich mit mir selbst rede und so tue, als würde ich einem Dritten die Person beschreiben.

Ich quassle einfach drauflos, etwa: "Weißt du, der x, der wirkt ja immer so fröhlich, aber innerlich ist der einfach kalt. Mußt dir nur mal anschauen, wie er lacht. Und hast du mal gesehen, daß er immer die Schultern so verkrampft hat? Aber er kann nicht anders, weil er vor zehn Jahren nämlich mal...."

 

Und so weiter, wild drauflos   - und dabei erfahre ich manchmal Sachen, die mir am Schreibtisch nie eingefallen wären ;D

 

Gruß

Jan

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Meine liebe Ellen, bin eigentlich grad wieder total am Boden und dann kommst du und baust mich auf. Freut mich ungemein. ich ernenne dich zu meinem Engel. :s18

 

Lieber Jan, ja... langsam macht es wieder klick. Ist immer so: ich tappe im Dunkeln und fühle, dass da etwas im Argen liegt und ich kann es nicht greifen. Und dann kommt jemand und schaltet das Licht an und mir ist alles klar, und denke mir: es wäre doch so einfach gewesen...

Mir geht es wie dir (nur dass ich tatsächlich jemanden von der Figur erzähle.) Da fallen fiel mehr Groschen, als vorm Monitor...

 

Grüße

Quidam

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(Siberianchan)

Tja... versuch mal einer, die Handlung der figur mit dem Charakter zu verbinden... wenn der Charakter der Figur ganz anders ist, als man selbst ist das Mord.

Es sei denn, man schaupielert ein bisschen... manchmal reicht es bei mir auch schon aus, einfach das bisher geschriebene laut zu lesen, die Stellen beim bewussten Charakter mit besonders viel Ausdruck - irgendwie werd ich dann meine Figur. Gruselig... aber hilfreich.

Nutz ich allerdings eher selten, nur, wenn ich gerade eine neue Geschichte schreibe und die Figur noch nciht so gut kenne.

 

(und genau das ist es, warum ich das Schauspielern liebe)

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(SiskianHerbstblatt)

Hallo Quidam!

 

Ich halte es da eher wie Andreas; auch wenn ich versuche, meine Figuren plastisch rüberzubringen, so ist es doch so, das eine tiefe Chakterstudie seltenst stattfindet.

Für mich selber ist die Story weitaus wichtiger.

Aber:

Im Gegensatz zu manchen Autoren sehe ich es eher sachlich und nüchtern. Sprich: statt in eine oder mehrere Figuren zu schlüpfen, unterstelle ich dieser Figur diverse Charakterzüge, und diese "spiele" ich aus.

Vielleicht ist das nun eine Männerdomäne, vielleicht bin aber auch ich nur so gefühlskalt.

Dennoch wurde mir immer gesagt, das die Figuren gut gezeichnet sind.

 

Gruß

 

Siskian

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Der Thread ist zwar etwas tot, aber...

 

Für mich ist der Versuch, in einen Charakter zu schlüpfen tatsächlich wie schauspielern. Und zwar Method Acting. Ich weiß doch, welche Charaktere meine Geschichte haben soll. Dadurch habe ich zwar ihr Innenleben im griff - ihre Sehnsüchte, ihre Ziele, ihre Ängste. So habe ich einen Großteil des ganzen quasi schon im Sack. Aber vieles hole ich mir, wie auch schon erwähnt, draussen.

 

Habe ich einen Managertypen in der Geschichte, renne ich eine Weile im Geschäftsviertel herum, habe ich einen Hausmeister, borge ich mir auf der Arbeit ein Werkzeug von ihm und unterhalte mich mit dem Mann. So erarbeite ich mir einen 'Katalog' von Archetypen, mit denen ich arbeiten kann. Das geht bis in die Sprache.

 

Ein früherer Schulfreund von mir, der auch mal geschrieben hat, hatte das problem. Da haben Jungs und Mädchen, Schüler, Lehrer, Eltern, Angestellte, alle in diesem 'Ey, Alter, Diggn!' Stil geredet. Da gab es keinen Unterschied.

 

Wenn man gut hinschaut, sieht man schon an der Uni, dass jeder Fachbereich anders spricht. Soziologen haben oft einen 'Proletarier aller Länder vereinigt euch' Sprachschatz drauf, BWL Studenten reden dagegen in Wörtern wie Inbound, Outbound und Outsourcing. Und das sind keine Klischees, auch wenn es so klingt.

 

Das tut viel zur Charakterisierung. Ein Manager würde kaum mit dem Bus in die Gothic-Kneipe fahren. (obwohls eine interessante Geschichte wäre!)

Ebenso unglaubwürdig wäre eine Geschichte über einen Hausmeister, dessen größter Traum eine Villa am Genfer See ist. Mag es geben, doch meist beschäftigen solche Leute sich eher mit der Frage, warum Deutschland die Äpfel und Birnen aus Spanien importiert, anstatt von hiesigen Bauernhöfen, oder warum die Lufthansa ihre Ingineure aus Schweden holt. :s16

 

Gruß, Marco

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Hallo Marco,

 

1: Willkommen hier.

2: Sind gute Tipps, die du lieferst.

3: Ich freu mich auf eine textprobe von deinem Können - hast mich neugierig gemacht. :)

 

4: Du hast mich, wie alle anderen hier, nicht verstanden - obwohl sich jenes Problem schon von selbst gelöst hat.

 

Einen Lehrer oder einen Teeny zu charakterisieren ist ja nicht das Problem, von dem ich spreche. Sondern dass ich der Lehrer, oder eben der Teeny bin und aus ihrer Sicht die Dinge schildere - das ist mein Problem. Das war mein Problem.

 

Ich hab mich nämlich dazu entschlossen, meine Geschichten nicht in der Ich-Perspektive zu schildern - wenn ich eine Geschichte aus der Sicht einer 12-jährigen schildern soll. Dass eine 12jährige aber weiterhin in meinen Geschichten vorkommen kann, ist ja deshalb nicht ausgeschlossen. :)

 

Grüße

Quidam

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man denkt sich diese Personen doch aus. Daher hat man sie vor dem geistigen Auge und weiß doch ganz einfach, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten würden, oder was sie denken, fühlen oder wie sie sprechen.

 

Wenn das nur so einfach wäre ...

Bei mir nehmen Geschichten oft ihren Ausgang bei einer ganz bestimmten Situation. Damit entsteht eine Momentaufnahme, und es ist eine irre Arbeit, daraus eine Figur mit Charakterprofil zu erstellen.

 

Was mir hiflt, ist der Tipp mit dem fiktiven Interview. Da bekomt die Figur plötzlich ihre eigene Stimme, man kann sie mit Fragen in die Enge treiben und man merkt ganz genau, wann man anfängt abzuschweifen, weil man in Details geht, die man selber noch gar nicht kennt.

Am Anfang ist so ein Interview etwas befremdlich, aber versuch es mal.

 

LG

Anna

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Ich muss gestehen: Ich finde diesen Thread unheimlich interessant, weil sehr deutlich rüberkommt, wie grundverschieden wir alle arbeiten! :p

 

Aber noch einmal zu Quidam, der mich ein wenig verwirrt hat:

 

1: Willkommen hier.

2: Sind gute Tipps, die du lieferst.

3: Ich freu mich auf eine textprobe von deinem Können - hast mich neugierig gemacht. :)

 

Danke, danke. Jetzt muss ich mir nur noch etwas aus den Fingern saugen, was ich hier posten kann! :s04 Ich werd mal stöbern.

 

4: Du hast mich' date=' wie alle anderen hier, nicht verstanden - obwohl sich jenes Problem schon von selbst gelöst hat.[/quote']

 

Dann will ich eigentlich auch nicht weiter darauf herum reiten, obwohl auch wieder doch, denn:

 

Einen Lehrer oder einen Teeny zu charakterisieren ist ja nicht das Problem' date=' von dem ich spreche. Sondern dass ich der Lehrer, oder eben der Teeny bin und aus ihrer Sicht die Dinge schildere - das ist mein Problem. Das war mein Problem.[/quote']

 

Wenn es dein Problem WAR, ist das nicht so wichtig, aber ich glaube, das hatte ich gemeint.

 

Ich beispielsweise experimentiere in meinen Texten gerne damit, dass der Teil, der aus der Sicht einer bestimmten Person ist, auch aus deren Weltsicht/Sprachfähigkeit geschrieben wird.

Jetzt nicht in Ich-Form, sondern: Wenn der Absatz/das Kapitel/Die Seite davon handelt, dass der verliebte Teenager von einem missratenen Date kommt, dann war der Film halt 'krass' und die Sache mit dem 'Mädel' lief halt 'beschissen'. So versuche ich DEZENT den jugendlichen 'Ey, Cool' Wortschatz zu nutzen.

Wenn dann das nächste Kapitel den abendlichen Spaziergang des Professors beschreibt, kommt hier mal ein Fremdwort, dort ein: 'Er dachte an Heine, der schon sagte: XXX', oder eine etwas angestaubte Schreibweise; was auch immer. So versuche ich, die Sicht des jeweiligen Charakters dezent einzuflechten, ohne gleich in die Ich-Form zu hüpfen. :-/

 

Gruß, Marco

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Ja klar, lieber Marco,

 

aber versuche mal in die Ich-Form zu schlüpfen und schreib dann die Geschichte! Du wirst sehen, dass es da nicht reicht, nur ein Verhalten, oder einen Dialog charaktertypisch zu schreiben, sondern da musst du Gedanken widergeben, Gefühle, (und zwar auch nicht nur ganz kurze) usw. Du musst einfach viel mehr in die Tiefe gehen und kannst leichter scheitern, bzw. vorgeworfen bekommen, dass du es nicht authentisch rübergebracht hast.

 

Anton stand da, hielt seine Mutter fest, weil sie von einem Anfall geschüttelt wurde. Er fluchte, weil er sich machtlos fühlte, gegenüber dem Tumor in ihrem Kopf. <- Das ist einfacher, als wenn du aus der Ich-Perspektive schreibst.

 

Erzählst du in der dritten person kannst du nicht so tief in die Figur schlüpfen, wie in der Ich-Perspektive. Hat seine Vor- und Nachteile.

 

Grüße

Quidam

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Hallo Quidam!

 

Versuche mal in die Ich-Form zu schlüpfen und schreib dann die Geschichte!

 

Aah!  :s20

Ich gestehe, ich habe dich tatsächlich fehlverstanden. Ich dachte, dein Problem liegt, wie bei mir, genau andersherum.  ;)

 

Hmm..., mag komisch klingen, aber ich glaube das, was du meinst, hat zu einem gewissen Teil etwas mit Veranlagung zu tun.

Mir persönlich fällt es VIEL leichter, aus der Ich-Perspektive zu schrieben. Weshalb ich es auch meistens tue.

Dann ist es für mich nämlich viel einfacher, die Gedanken und Gefühle meiner Charaktere auszudrücken.

 

Es fällt mir leichter, zu schreiben: "Meine Mutter lag von einem Anfall geschüttelt auf dem Boden. Ich hätte schreien können, als ich an den Tumor in ihrem Kopf dachte. Diese starke Frau, die mich in allen Lebenslagen unterstützt hatte, sollte nun elendig dahinsiechen, ohne dass ich ihr ebenso hätte helfen können", als das aus der dritten Perspektive zu formulieren.

 

Anton stand da, hielt seine Mutter fest, weil sie von einem Anfall geschüttelt wurde. Er fluchte, weil er sich machtlos fühlte, gegenüber dem Tumor in ihrem Kopf.

 

Dies Beispiel klingt nämlich für meine Ohren platt und emotionslos. Da wird ein Fakt mitgeteilt, aber keine Emotionen - und ich frage mich immer, wie ich Emotionen in die dritte Person hinüberschieben kann...  :s07

 

Stelle daher folgende These zur Diskussion: Ob man leichter in der dritten oder der ersten Person schreibt ist Veranlagungssache... Die andere Seite aber durchaus erlernbar.

 

Hmm. :-/

 

Gruß, Marco

 

Sehe gerade ein, dass mein Beispielsatz auch nicht vor Emotionen überquillt, sondern einfach differenzierter geschrieben ist. Denoch fällt es mir immer leichter, das aus der Ich-Perspektive auszudrücken...

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Es fällt mir leichter, zu schreiben: "Meine Mutter lag von einem Anfall geschüttelt auf dem Boden. Ich hätte schreien können, als ich an den Tumor in ihrem Kopf dachte. Diese starke Frau, die mich in allen Lebenslagen unterstützt hatte, sollte nun elendig dahinsiechen, ohne dass ich ihr ebenso hätte helfen können", als das aus der dritten Perspektive zu formulieren.

 

Hallo!

Da würde ich mich gern kurz in die Diskussion einmischen: Was spricht denn dagegen zu schreiben:

"Seine Mutter lag von einem Anfall geschüttelt auf dem Boden. Er hätte schreien können, als er an den Tumor in ihrem Kopf dachte. Diese starke Frau, die ihn in allen Lebenslagen unterstützt hatte, sollte nun elendig dahinsiechen, ohne dass er ihr ebenso hätte helfen können"

 

Das klingt auf jeden Fall emotionaler und mitreißender als "Anton stand da und hielt seine Mutter fest"...

 

Es ist ein legitimer Trick, eine Szene erst in ich-Form zu schreiben und das Geschriebene dann in die dritte Person umzuwandeln. Ich kenne ein bis zwei Leute, die das tun - speziell in Fällen, wo das Hineinfühlen in die Perspektivfigur ihnen schwer fällt.

 

Alles Liebe

Ursula

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Mahlzeit!

 

Hmm, sach ich ja! Eigentlich war meine 'Umformung' nichts anderes, als den Sachverhalt ein wenig ausführlicher darzulegen (und halt in die erste Person zu legen) - also als Beispiel nicht so passend.

 

Werde schauen, ob mir was treffenderes einfällt, weil: gerade das einfühlen fällt mir nicht so schwer, sondern das ausdrücken der Empfindungen in der dritten Person. (ist in der ersten schon nicht leicht...)

 

Der Trick mit der Umwandlung ist aber an sich klasse, den werd ich mir merken. ;D

 

Gruß, Marco

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Hey Quidam!

 

So, da ich mein Versprechen halten will, hab ich nochmal nach einem Textbeispiel gewühlt.

 

Der Anfang einer (nicht so tollen) Kurzgeschichte die ich zur Kaiserzeit mal geschrieben habe, und die ganz alleine im Kopf des Erzählers spielt und sein Innenleben, während er auf ein Date wartet, wiedergibt.

 

Rendezvous

 

Die Zigarette im Anschlag sitze ich hier. Und warte.

Nicht das ich was besseres zu tun hätte. Nein, ich mag das. Sitzen und warten. Sich den Duft der Welt um die Ohren wehen lassen, wie mein Vater immer zu sagen pflegte. Und selbst wenn ich heute noch nicht verstanden habe was er damit meint. Damit macht man die Leute mürbe. Sie fragen dich nach deinen Motiven, und du sagst etwas wie Wenn ich etwas anderes zu tun hätte, dann wäre ich wohl hier!

Bis sie das verstehen, ist man meistens weg.

Menschen reden, und reden ist mir zuwider. Reden bedeutet offenbaren.  Und hinter Vorhang Nummer eins haben wir: meine Psyche.

Wen juckt’s?

Menschen reden, und sie wählen aus mit wem. Der nicht, der ist scheiße. Siehst du die Schuhe? Keine Nike. Die Jacke? Keine 23, kein Jordan. Als wenn Jordan auch nur den Hauch einer griechischen Siegesgöttin hätte. Der dumme Nigger. Bring den Ball rein und du kriegst ‘ne Banane. In die Bäume, ihr Affen.

Mein Vater war ein wandelndes Sprichwortlexikon.

---

 

So eine Art von Text könnte ich niemals in der dritten Person schreiben, weil ich gar nicht wüsste, wie ich die Gedankenkette von aussen in den Fokus bekommen sollte.   :-/

 

Gruß, M.

 

[edited: P.S. Ich möchte natürlich klarstellen, dass sämtliche Ansichten die meines Protagonisten sind, und nicht meine!!! :) :)]

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