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Charlie

Mögen männliche Leser keine weiblichen Autoren?

Empfohlene Beiträge

Hallo zusammen,

 

irgendwie habe ich ein wenig das Gefühl, dass hier manchmal nicht das Geschlecht gemeint ist, sondern das Genre. Denn viele Figuren werden mit genreüblichen Ausstattungsmerkmalen versehen, was in dem Genre als weiblich oder männliche geführt wird. Das hat mit männlich oder weiblich nun nicht sehr viel zu tun. Sondern eher mit der angenommenen Vorstellungskraft des Publikums.

 

Auch die Vorstellung, jeder Mann könne sagen, ob eine männliche Figur authentisch männlich wirkt/ oder jede Frau könnte das bei einer weiblichen Figur.... ist ungefähr so, als könnte ein Vogel über Ornithologie sprechen. Denn man ist immer durch seine eigenen Meinungen und Vorstellungen eingeschränkt, so dass häufig nichts über die Figur ausgesagt wird, sondern mehr über seine eigenen Vorstellungen. Um beim Beispiel zu bleiben: Ein Strauß würde behaupten, dass ein Spatz gar kein Vogel sein kann. Ein Pinguin würde einfach leugnen, dass Wasservögel die einzig waren Vögel sind, weil das einen Vogel ausmacht. Und eine Nachtigall würde behaupten, dass man singen muss, als Vogel, und zwar so wie sie. Und alle, die entweder nicht singen, oder schlecht singen, per se keine Vögel sein könnten. Und ein Adler, überlegt es euch selber. Nur der Rabe würde sich denken. Ein Glück, dass ich kein Vogel bin.

 

Ich habe das übrigens ausprobiert: Wenn die Leser glauben, eine Frau habe einen Text mit einer weiblichen Figur geschrieben, wird über die Figur nie gesprochen. Egal wie schwierig die Figur ist. (Das gilt genauso für Männer und männliche Figuren). Nur wenn es anders ist, wird es diskutiert.

 

Und ja, es gibt bestimmte stilistischen und handwerklichen Merkmale, die eher von Autoren oder eher von Autorinnen verwendet werden. Wobei das eher sich darauf bezieht, dass jeder Autor und jede Autorinnen eine eigene Mischung hat, so dass in manchen klassischen Hardboild-Krimis eines dieser "eher weiblichen" Stilmittel auftaucht, und in einem Nackenbeisser eines der "eher männlichen Stilmittel.

Oder anders gesagt: es gibt einige wenige Autoren und Autorinnen, da ist es jederzeit im Text klar, welches Geschlecht sie haben- auch wenn man nicht den Namen kennt. Es gibt aber auch ziemlich heftige Fehleinschätzungen, sowie das Phänomen, dass manche Autoren oder Autorinnen immer falsch eingeordnet werden würden. Oder anders formuliert: Der Unterschied zwischen Autorinnen untereinander ist meist wesentlich größer als der Unterschied zwischen Autoren und Autorinnen.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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(Peter_Dobrovka)

Ich verstehe nicht, warum hier verschiedentlich davon ausgegangen wird, Leserinnen von Frauenromanen wuerden nicht erkennen oder sich nicht daran stoeren, wenn ein Mann nicht authentisch dargestellt wird.

"Leserinnen von Frauenromanen" sind doch keine homogene Gruppe von geistig minderbemittelten! Die meisten davon werden ueber Gatten, Soehne, Vaeter, Brueder, Kollegen, Freunde oder aehnliches Anschauungsmaterial verfuegen.

Die Minderbemittelung zieht die Sache auf die wertende Ebene, von der ich sie lieber fernhalten würde.

 

Und kann man wirklich davon ausgehen, dass diese Leserinnen (ich kann das nicht beurteilen, ich meine die Frage nicht rethorisch!) sich solche unauthentischen Maenner sogar wuenschen, also eine "Glanzausgabe", "Ultramann" o.ae.?

Doch, ich denke genau da liegt der Hund begraben. Ganz GENERELL besteht IMMER bei JEDEM Autor die Tendenz, sich die Figuren so zurechtzuschreiben, wie er sie gern hätte, und dabei auch mehr oder weniger hemmungslos zu übertreiben. Dazu gehört nicht nur das Erschaffen unrealistischer Wunschbilder sondern auch das Erschaffen unrealistischer Fieslinge.

Und es gibt Leute, die das lesen wollen. Und in dem Moment haben sich Verkäufer und Käufer auf dem Markt getroffen.

 

Peter

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Und kann man wirklich davon ausgehen' date=' dass diese Leserinnen (ich kann das nicht beurteilen, ich meine die Frage nicht rethorisch!) sich solche unauthentischen Maenner sogar wuenschen, also eine "Glanzausgabe", "Ultramann" o.ae.? Auch der muss doch aber innerhalb eines einigermassen glaubhaften Rasters praesentiert werden, oder irre ich mich?[/quote']

 

Es muss sich nicht jedes Mal um extreme Figuren handeln - doch ein einigermaßen glaubhafter Rahmen wird im Mainstream eben gerne mit Klischees dekoriert. Sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Figuren, und unabhängig vom Geschlecht des Autors. Der Markt für solche Bücher ist da, das zeigen doch die Auslagen vieler Buchhandlungen.

Gleichzeitig glaube ich jedoch auch nicht, dass alle Leser dumm sind, sondern dass die Verlage ihre Kunden eher unter- als überschätzen - zwar nicht so stark wie das Fernsehen, aber eine Tendenz ist da.

Bücher wie "Die Vermessung der Welt" zeigen, dass ungewöhnliche Figuren durchaus auch Erfolg haben können. Doch es braucht Mut sowohl von Autoren wie auch von Verlagen, um die Grenzen gängiger Figurenbilder zu durchbrechen.

Und am meisten Mut benötigt es vielleicht, eine komplexe, realitätsnahe, nicht ganz so einfache Figur zu schaffen, die auch noch anderen Geschlechts ist.

Gruß, chrissi

Bei Droemer Knaur im März 2012:  Mondherz &&Meine neue Website

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Thomas' date=' für Deine Vergleiche mit den Vögeln mein Kompliment :) Da ist viel Wahres dran; ein ganz wichtiger Aspekt! [/quote']

 

Ich weiß nicht.

 

Sorry, Thomas, für mich hinkt der Vergleich, so schön er wirken mag, wie ein einbeiniger Krebs, und eigentlich ist gar nichts wahres dran - da es von Vögeln viele verschiedene Rassen gibt, die biologischen Unterschieden unterliegen (manche fliegen, manche nicht, manche bauen Nester, manche nicht, manche mögen es warm, andere kalt), Männer und Frauen jedoch nicht. Da ist die Masse erheblich homogener. Hinzu kommt, dass Vögel im Gegensatz zum Menschen sich ihrer Selbst nicht bewusst sind, und solche Vergleiche daher immer an der Luft fischen: Vögel können nichts von anderen Vögeln verstehen, weil ihnen das Hirn dazu fehlt, und sie nicht mal von sich selbst etwas verstehen. Wer wüsste, was ein Strauß von der amsel wüsste, wenn er ein Bewusstsein hätte...

Solche Tiervergleiche hinken immer, weil sie ein nicht gegebene Vermenschlichung der Tiere voraussetzen. Sie gehören in eine fabel oder ein schlaues Sprüchebuch.

Und wäre etwas an dem Vergleich dran, würden wir alle nicht mal wissen, dass es uns selbst gibt.

 

Ausserdem ist der Spruch von MRR: "Die meisten Dichter verstehen von Literatur nicht mehr als Vögel von Ornithologie." ::)

 

Gruß,

Marco!

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Ich glaube vielmehr' date=' dass man bei vielen Werken im Blindversuch nicht ermitteln könnte, ob ein Autor oder eine Autorin am Werk war.[/quote']

 

Oh, wir haben das übrigens öfters mal probiert in Creative Writing (jeder Kurs wird langweilig mit den Jahren), und Du hast völlig recht. Wir haben bestimmte, oft auch sexuell ziemlich... prekäre Themen gestellt, bei einheitlichen formalen Vorgaben (x-hundert Worte, Courier 12 usw.) In den allermeisten Fällen war bei anschließender Verlesung im Kurs nicht zu erraten, ob die Ergebnisse aus Frauen- oder Männerhand stammten.

 

Ich gehe mal davon aus, daß die hier diskutierten Klischees, die ja durchaus bei bestimmten, auch erfolgreichen Romanen beobachtbar sind, kulturelle Vorprogramme bedienen, die eh schon jeder Leser im Kopf hat.

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Also Marco, das hätte ich jetzt nicht von Dir erwartet. Erstens ist doch wohl klar, dass das mit den Vögeln nur im übertragenen Sinne gemeint ist und Vögel sich nicht selbst reflektieren (*verständnislosdenkopfschüttel*). Zweitens ist Dein Beitrag schon ganz schön abwertend, was weder gerechtfertigt noch die feine Englische ist.

 

Außerdem (und hier greift Thomas' Argument nämlich schon voll): Dass Männer eine homogenere Masse sind als Vögel, ist nur Deine persönliche Wahrnehmung. Ob Du mit einem Amazonasindianer oder einem irakischen Selbstmordattentäter wirklich so viel mehr gemeinsam hast wie ein Rabe mit einem Spatz, sei mal dahingestellt  ;)

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Thomas' date=' für Deine Vergleiche mit den Vögeln mein Kompliment  :)  Da ist viel Wahres dran; ein ganz wichtiger Aspekt! [/quote']

 

Ich weiß nicht.

 

Sorry, Thomas, für mich hinkt der Vergleich, so schön er wirken mag, wie ein einbeiniger Krebs, und eigentlich ist gar nichts wahres dran  - da es von Vögeln viele verschiedene Rassen gibt, die biologischen Unterschieden unterliegen (manche fliegen, manche nicht, manche bauen Nester, manche nicht, manche mögen es warm, andere kalt), Männer und Frauen jedoch nicht. Da ist die Masse erheblich homogener.

 

Bist Du Dir da wirklich sicher oder schaust Du momentan nur auf einen kleinen kreis?

Denk mal an die ganzen verschiedenen Kulturkreise; ein Inder hat eine ganz andere Lebenseinstellung und -vorstellung als ein afrikanischer Ziegenhirte, ein Urwaldindianer ganz andere Wertvorstellungen als ein europäischer Bänker.

 

LG

Maren

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Erstens ist doch wohl klar' date=' dass das mit den Vögeln nur im übertragenen Sinne gemeint ist und Vögel sich nicht selbst reflektieren[/quote']

Dass es übertragen ist weiß ich, nur passt es meiner Ansicht nach in diesem Falle nicht. Und dass sie sich nicht selbst reflektieren hab ich ja nun selbst gesagt.

 

Zweitens ist Dein Beitrag schon ganz schön abwertend, was weder gerechtfertigt noch die feine Englische ist.

Abwertend sollte er nicht sein. Ich sehe auch nicht, wo er das wäre. Ich sage Thomas doch nur, dass ich seinen Vergleich für unangebracht halte. (Für gewöhnlich kann er sowas ab. ;))

 

Dass Männer eine homogenere Masse sind als Vögel, ist nur Deine persönliche Wahrnehmung. Ob Du mit einem Amazonasindianer oder einem irakischen Selbstmordattentäter wirklich so viel mehr gemeinsam hast wie ein Rabe mit einem Spatz, sei mal dahingestellt ;)

Das ist genau was ich meine, und weshalb ich mich an dem Vergleich störe: Mein Biounterricht ist lange her, darum sei es mir verziehen, wenn ich jetzt Gattunge mit familien o.ä verwechsle (lasse mich da auch gerne korrigieren), aber Vögel sind in biologische Familien, Klassen, Gattungen und Ordnungen aufgeteilt. Das heißt, ein Laufvogel ist eine gänzlich andere Klasse als etwa ein Spechtvogel.

Das mit Menschen eines Geschlechtes zu vergleichen, ist so sinnvoll, als würdest du sagen, ein Mann der Deutschen Gesellschaft hat Unterschiede zu einem Videorekorder...

 

Was Thomas hier vergleicht, und weshalb ich mich etwas störe, sind BIOLOGISCHE Klassenunterschiede bei Vögeln, die er gleichsetzt mit SOZIALEN Unterschieden bei Menschen eines Geschlechtes. Und nein, das sind andere Unterschiede. Du kannst auch einen Amazonasindianer hier aufziehen, und er wird sich sozial nicht von mir oder Friedrich Schneider unterscheiden, aber du kannst aus keinem Emu einen Specht machen.

 

Sorry, das ich das so sehe, aber ich sehe nicht, wo biologische Unterschiede in Klassen, die unvereinbar sind, mit unterschiedlichen Ansichten und sozialen Prägungen vergleichbar wäre...

 

Wie gesagt - dass Thomas das übertragen meint, sehe ich ja. Ich habe auch nur drauf hingewiesen, dass der Vergleich als solcher hinkt, nicht das, was er damit ausdrücken will... Dem stimme ich sogar zu. ;D

 

Lieben Gruß,

Marco!

 

P.S. Ich bin biologisch eigentlich ziemlich baugleich mit jedem Selbstmordattentäter und jedem Indianer aller Zeiten, wohingegen ein Zaunkönig und ein Pinguin da verdammt große Unterschiede trennt...

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Denk mal an die ganzen verschiedenen Kulturkreise

 

Tue ich - Kulturkreise sind KEINE biologischen Klassen...

 

Männer DENKEN anders, sie FÜHLEN anders, sie WERTEN anders - aber selbst da kommt die Kulturvielfalt nicht annähernd an die Artenvielfalt in der Biologie. Es gibt nämlich nur ein knappes Dutzend "Grundkulturen", innerhalb deren die Unterschiede nicht mehr so riesig sind, wohingegen es erheblich mehr Arten und Ordnungen von Vögeln gibt, deren Unterschiede weit größer sind. :)

 

Gruß,

Marco!

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Kulturkreise, Klassen, Rasssen - ich finde, es wird an der Zeit, diesen Thread ein bisschen zu versachlichen, denn im Moment bekomme ich nicht mehr mit, wovon die Rede ist.

Soweit ich als Nichtbiologe weiss (ich bitte um Korrektur) kommen Voegel zunaechst nicht in Rassen, sondern in Arten daher.

 

Ich finde es sehr wichtig, auf solche Dinge zu achten.

Auch wenn das Ganze mit dem Vergleich von MRR nichts zu tun hat.

 

Der Vergleich ist auch meiner Ansicht nach in unserem Fall nicht anwendbar, aber aus anderen Gruenden:

 

"Wie ein Ornithologe von Voegeln" wuerde sich analog zu "wie ein Gynaekologe zu Frauen" verhalten aber nicht zu "wie eine Frau von Frauen" bzw. "wie ein Mann von Maennern".

 

Meiner Ansicht nach.

 

Herzliche Gruesse von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Soweit ich als Nichtbiologe weiss (ich bitte um Korrektur) kommen Voegel zunaechst nicht in Rassen, sondern in Arten daher.

Mein ich ja!

 

Ich finde es sehr wichtig, auf solche Dinge zu achten.

Stimmt, Hunde waren die Rassen - oder eben auch Arten. Wie gesagt, Bio-LK ist lange her. Obwohl ich persönlich den Rassebegriff per se nicht schlimm finde, SOLANGE er im Tierreich bleibt. Auch das ein Punkt, weshalb mir der Vogelvergleich irgendwie am Kragen zu eng ist... :)

 

"Wie ein Ornithologe von Voegeln" wuerde sich analog zu "wie ein Gynaekologe zu Frauen" verhalten aber nicht zu "wie eine Frau von Frauen" bzw. "wie ein Mann von Maennern".

Das trifft den Kern, auf den ich hinauswollte, und aus einer noch verständlicheren Richtung! :)

 

Obwohl das ja dann auch wieder heißen würde, Frauen verstünden nichts von Gynäkologen... ::)

Okay, ein bisschen albern sei mir erlaubt... :)

 

Gruß,

Marco!

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Stimmt' date=' Hunde waren die Rassen - oder eben auch Arten. [/quote']

Oje, was für ein Kuddelmuddel. :s01 Ich versuch's mal zu sortieren: Hunde sind alle eine Art, zusammen mit Wölfen übrigens, aber verschiedene Rassen. Vögel sind verschiedene Arten (die in Gattungen, Familien und Ordnungen sortiert werden, z.B. Singvögel, Watvögel, Krähenvögel usw.). Vögel einer Art, die unterschiedlich aussehen (z.B. blaue, gelbe und grüne Wellensittiche) sind dann wieder Rassen.

 

Den Vergleich verstehe ich auch nicht. Klar merke ich, ob Männer, Frauen oder Kinder authentisch wirken, ebenso Wissenschaftler, Hausärzte, Hunde oder Katzen. Bei Segelfliegern, Hirnchirurgen, mittelalterlichen Patriciern, Einhandseglern und Einhörnern merke ich es wahrscheinlich nicht, sondern muß dem Autoren glauben, weil ich von denen keinen kenne.

 

Liebe Grüße

Beate

Man gräbt keine goldenen Halsbänder aus dem Boden. (John Vorhaus "Handwerk Humor")

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Hallo zusammen,

 

dann mal von den Vögeln weg:

Wenn ich einen Eskimo frage, der heute noch von der Robbenjagd lebt, wird er eine aus seinem Kulturkreis geprägte Vorstellung von Männlichkeit haben, die er mit gruppentypischen und persönlichen Elementen verbindet. Z.B. wird die Jagd auf Robben ein Teil der Männlichkeit sein, genau wie ein ritualisierter Umgang auf der Jagd, der sich auch in den Riten zeigt, wie sein Sohn in den Mannesstamm später aufgenommen wird. Wenn er auf Eis lebt, wird er vermutlich auch die Wanderung als Teil seines Lebens auffassen, und das vielleicht auf eine Weise mit Männlichkeit verbinden- seine Familie während der Eisschmelze an sichere Orte zu bringen und das Eis zu kennen. Je nachdem in welchen Verbänden er lebt, welche Kontakte er hat, welchen Zugang zu anderen Vorstellungen von Männlichkeit, wird sein Bild davon von dem seiner Väter abweichen, oder ihm gleichen, oder eine Mischung aus beiden sein.

 

Die Vorstellung von Männlichkeit hat mit dem Geschlecht nur wenig zu tun, sondern weit mehr mit seinem kulturellen Hintergrund, seinen Erfahrungen mit Männlichkeit und Weiblichkeit, mit dem Kontakt zu anderen Rollenbildern und unendlich viel mehr.

 

Wenn ich dieses Bild von Männlichkeit mit Menschen aus anderen Kulturkreisen vergleiche, wird es gewisse Ähnlichkeiten geben, viele Männer definieren ihre Männlichkeit immer noch damit, dass sie in ihrem Beruf das Geld für ihre Familie erlegen.

Aber in Teilen von Afrika ist Feldarbeit Frauensache, und Viehhaltung Männersache. Und hier zählt die Zahl der Rinder als Ausweis für ihre Männlichkeit. Da wird es weniger Mitteleuropäer geben, die sich darüber ihre Männlichkeit definieren.

In einigen Teilen der Welt definieren sich Männer dadurch als Männlich, indem sie Herren über ihre Sippe sind, und jeder sich nach ihrem Wort richten muss, bedingungslos. Ich glaube die meisten Mitteleuropäischen Männer würden z.B. ihre Männlichkeit und Ehre nicht davon abhängig machen, dass ihre Frauen ihnen nicht widersprechen, und sie die bedingungslose Verfügungsgewalt über ihre Töchter, bis zum Tode dieser Töchter- wenn diese etwas tun, was der Männlichkeit ihres Vaters schadet.

Und um näher an Deutschland heran zu gehen: Die Definitionen von Männlichkeit sind hier kulturell vielfältig, in der Gruppe noch breiter und bei Individuen extrem vielfältig.

Da gibt es Männer, die ihre Männlichkeit in der Familie anders definieren, als im Kegelverein, und wieder anders bei der Besprechung in der Kindertagesstätte.

 

Oder anders formuliert: Ich habe bestimmte Vögel verwendet, die alle für ein bestimmtes Bild stehen, was ein Vogel ist. Wenn man spezifische Eigenschaften dieser Männlichkeit, die eben nicht immer gleich ist, mit Vogelhaftigkeit gleichsetzt, dann wird klar, dass es völlig unterschiedliche Männlichkeitsvorstellungen gibt, die ich hier mal an Vögeln zeigen wollte.

Wenn ich mich als Robbenjäger definieren, dann wird es mir schwer fallen die Männlichkeit in einem Hausmann in Mitteleuropa zu erkennen, oder mein Bild von Männlichkeit. Was aber nicht heißt, dass diese nicht da ist.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Hm, aber wenn Du in der Zielgruppe bleibst, für die die meisten mitteleuropäischen Autoren schreiben, dürften die Unterschiede nicht soo groß sein...

 

Aber mit den Unterschieden der Genres gebe ich Dir recht. Und damit auch:

 

anders formuliert: Der Unterschied zwischen Autorinnen untereinander ist meist wesentlich größer als der Unterschied zwischen Autoren und Autorinnen.

 

Liebe Grüße

Beate

Man gräbt keine goldenen Halsbänder aus dem Boden. (John Vorhaus "Handwerk Humor")

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Hallo zusammen,

 

und noch erwähnenswert:

Ich fände es interessant mal zu beobachten, wie sehr z.B. bei einer Ich-Perspektive die hier anwesenden Autoren und Autorinnen die Darstellung variieren, je nachdem ob es sich um eine weibliche Figur, oder eine männliche Figur handelt. Denn das ist ebenfalls eine Sache, die es schwieriger macht.

Manche Autoren sind in beiden Figuren glaubwürdig, was bedeutet, dass sie hier stark variieren müssen. Oder müssen sie das gar nicht?? Fände ich ein interessantes Experiment.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Thomas, ich verstehe Deine Frage nicht so ganz. Ist es nicht völlig klar, dass ich bei einem männlichen Ich-Erzähler andere Schwerpunkte setze als bei einer weiblichen Figur  :-?  Um es konkret zu machen: Es ist geschlechtsunabhängig, ob der Ich-Erzähler temperamentvoll, gefühlskalt, menschenverachtend oder gutmütig ist. Aber ich käme nicht auf die Idee, einen (Hetero-)Mann die körperliche Attraktivität anderer Männer wahrnehmen zu lassen (es sei denn, er muss gerade eifersüchtig werden  ;)), und eine Frau achtet beim Anblick eines Mannes nicht zuerst darauf, welches Revolverfabrikat er benutzt (es sei denn vielleicht, sie treffen als feindliche Kämpfer aufeinander).

Ganz sicher lasse ich eine weibliche Prota auch mehr über ihr Gefühlsleben reflektieren, während ich Männer ihre Gefühle eher mal als lästig unterdrücken lasse. Und ich gestehe ihnen tendenziell auch bestimmte Gefühle unterschiedlich oft und intensiv zu. Aber auch da gibt es innerhalb der Geschlechter eine große Bandbreite, von emotional unkontrolliert bis völlig abgebrüht.

Letztendlich sehe ich also gewisse Tendenzen, differenziere aber stark nach der individuellen Persönlichkeit, die durch Prägung, angeborene Anteile und Lebenserfahrung geformt wurde.

 

Liebe Grüße

 

Daniela

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Hat schon jemand den Spruch von Jack Nickolson aus dem Film "Besser geht's nicht" gebracht, wo er auf die Frage, wie er die Frauen so toll in seinen Romanen beschreiben kann, antwortet:

 

"Ich stelle mir einen Mann vor und ziehe die Intelligenz und die Vernunft ab." ;D

 

Konnte ich mir jetzt nicht verkneifen

Rabe

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guten morgen rabe..

 

eine frage: warum postest du das? findest du das einen guten witz?

 

 

herzlichst: jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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eine frage: warum postest du das? findest du das einen guten witz?

 

Es passte doch gut zum Thema. Kennst du den Film?? Da wird das Thema durchaus satirisch behandelt - kann man doch erwähnen. Heisst ja nicht, dass das jetzt eine Ansicht vom Raben wiederspiegelt.

 

Gruß,

Marco!

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guten Morgen jueb,

ich fand es herrlich gemein und böse und musste deshalb darüber lachen -

nicht weil es meine persönliche Auffassung ist.

 

Ich selbst schreibe gerade den zweiten Roman mit einer weiblichen Hauptfigur und es fällt mir einfacher als einen männlichen Protagonisten zu haben. Ich finde Frauen einfach interessanter (vielleicht auch weil sie den Männern komplexer und komplizierter erscheinen). Womit wir dann langsam wieder die Kurve zum Thema bekämen...

Rabe

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.. naja, ich finde witze, die über klischees nicht hinausgehen, nicht sonderlich prickelnd oder erkenntnisfördernd - ich kann auch sagen reaktionär..

 

aber ich duck mich lieber weg, jetzt

 

jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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.. naja' date=' ich finde witze, die über klischees nicht hinausgehen, nicht sonderlich prickelnd oder erkenntnisfördernd.[/quote']

Das könnte nun einen eigenen Thread wert sein. Unabhängig von dem Witz ist es eine interessanten Möglichkeit eine Figur unverwechselbar zu machen, in dem man von den normal vorhandenen Eigenschaften einfach eine wesentliche komplett weglässt und sie so handeln lässt.

Muss ich mir gleich aufschreiben http://smilies.montsegur.de/21.gif und einmal ausprobieren. Oops, das ist ein Bügelsmilie - meine Augen sind schlechter geworden. Ich dachte der schreibt was auf!

 

Der Witz steckt übrigens nicht in der Wiedergabe des Klischees, sondern in der Unverschämtheit, das auf das Lob einer Leserin zu erwidern.

 

Rabe

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.. naja, ich finde witze, die über klischees nicht hinausgehen, nicht sonderlich prickelnd oder erkenntnisfördernd - ich kann auch sagen reaktionär..

 

aber ich duck mich lieber weg, jetzt

 

jueb

 

Es ging ja nicht NUR um den Witz, sondern auch den Kontext im Film... Ich nehme an, du kennst ihn nicht. Darum: Ansehen. Es lohnt sich. :)

 

Okay, genug OT!

 

Gruß,

Marco!

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ich kenne den film... er ist bei allem witz auch nicht ohne klischees, gerade was das verhältniss Männer-Frauen anbetrifft. Grundtenor: Jedes Arschloch von Mann findet noch eine Frau, die sich seiner annimmt

 

Ich habe den Witz so interpretiert, wie er dastand und wie ihn Rabe reingestellt hat. So viel ich weiß wurde der Kontext nicht erklärt, oder?

 

herzlcihst: jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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