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Gerswid

Perspektive

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Solange sie der Geschichte folgen können, und sie spannend und interessant ist, interessieren sich die Leute auf dem Lesesessel nicht für Menge der Perspektiven, für sinvolle oder sinnlose Wechsel, oder auktorial bis personell.

Dass sie es nicht interessiert, heißt nicht, dass sie es nicht merken.

 

"Der Name der Rose" wäre ohne diese Watson-Perspektive (Ich Perspektive einer Nebenfigur!) ein ganz anderes Buch. Stellt es euch mal vor, erzählt aus der Perspektive des Pater-Detektivs William. Oder mit wechselnden Perspektiven (William, der Abt, der Inquisitor, das Mädchen mit dem schwarzen Hahn, Jorge, der Jesus nicht lachen haben wollte, etc.) Das Buch hätte völlig anders ausgesehen und bei den Lesern ganz andere Wirkung gezeitigt.

 

Marco, in diesem Fall verstehe ich dich dann doch nicht. Perspektive ist eminent wichtigt. Macht mal das Gedankenexperiment, wie sähen eure Lieblingsbücher aus, wären sie mit anderer Perspektive erzählt. Wären es noch eure Lieblingsbücher?

 

Hans Peter

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Perspektive ist eminent wichtigt.

 

Das ist wieder ein anderes Thema, das du hier anschneidest.

 

NATÜRLICH beeinflusst die gewählte Perspektive die Wirkung einer Geschichte.

NATÜRLICH sollte ein Autor sich Gedanken darum machen, welche Perspektive er wählt.

NATÜRLICH wäre "Der Name der Rose" ein anderes Buch, wenn sie andere Perspektiven hätte.

 

Wogegen ich hier argumentiere, ist die Ansicht, die ich in diesem Thread erkenne, das ein Leser entrüstet das Buch zuschlägt und den Autor wegen Unfähigkeit verklagt, wenn er einen Satz schreibt, wie:

 

"Viktor stand auf. Es hatte geschneit, sein ganzes Dach lag voller Schnee."

 

Klar, da wird nicht beschrieben, wie er aus dem Fenster guckt, und er wird nicht aufs Dach gekrabbelt sein, um zu schauen, ob Schnee auf dem Dach liegt.

Aber, so behaupte ich mal, das ist jedem Leser schnurz, der sich nicht intensiv mit der Frage beschäftigt "wie schreibe ich", zumal solche Sätze in einem Meer aus Sätzen stehen, da grübelt doch kein Leser stundenlang darüber nach, ob der Viktor das nun wissen kann oder nicht...

 

SOLCHE Paniken und Ansichten halte ich(!) für überflüssig und halt ein brancheninternes Schreckgespenst...

 

Gruß,

Marco!

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Nur die, jedenfalls nach meinem Empfinden, gerade in der Branche grassierende Perspektiven-Dogmen, wie etwa der Agent, der eindeutig keine Perspektivwechsel will, die Mitglieder, die sich gegen jedweden auktorialen Einsprengsel wehren, die immer wiederkehrende Aussage "Ich nutze keine auktoriale Perspektiv, weil..." halte ich für überflüssig. [...]

 

Zitat von Marco am 4.10.06 in Handwerk Schreiben: Was habt ihr eigentlich alle gegen den auktorialen Erzählstil?:

 

Hey Peter!

 

Mich stört an auktorialen Elementen vor allem, dass es mich oftmals aus der Geschichte reisst, weilich denke: "Woher weiß der das jetzt?" oder mir die Spannung verdorben wird (wie etwa in der Therapie, wo immer schon im Vorfelde gesagt wurde, dass jtzt was ganz schlimmes kommt.)

So oder so, auktorial erinnert mich immer daran, dass ich ein Buch lese und reißt mich aus der Welt raus.

 

Ausserdem vertrete ich persönlich die Philosophie, dass Handlung, Konflikte und Spannung aus den Charakteren heraus entstehen sollte. Ist mein persönlicher Anspruch.

Auktoriale Momente verlassen aber die Welt des Charakters, weshalb ich sie, nun, suboptimal finde.

 

Sie sind nicht schlimm oder irgendein Tabu, aber in meinen Augen sind sie zu einfach und erzielen eine schwächere Wirkung.

 

Hallo Marco,

 

dieses (zugegebenermaßen ältere) Post von dir zum auktorialen Erzählstil war mir von meiner gestrigen Suche nach ähnlichen Threads zum Thema noch in Erinnerung, weil ich hier in diesem Thread über auktoriale Perspektive ein ganz ähnliches Empfinden geäußert habe. Deshalb war ich zuerst erstaunt zu lesen, dass du solche Aussagen jetzt für überflüssig hältst!

 

Da ich dir nicht unterstelle, dass du von der Sorte "was kümmert mich mein Geschwätz von gestern" bist, heißt das dann wohl, dass ich dir einfach in der Entwicklung um einige Zeit hinterher hinke und mich die Erkenntnis zu gegebener Zeit treffen wird, aber ich bin ja auch noch nicht so lange in diesem Forum ;D

 

augenzwinkernde Grüße,

 

Sabine

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Hey Sabine!

 

Da hast du aber tief gebuddelt. ;)

 

Da ich dir nicht unterstelle' date=' dass du von der Sorte "was kümmert mich mein Geschwätz von gestern" bist, heißt das dann wohl, dass ich dir einfach in der Entwicklung um einige Zeit hinterher hinke und mich die Erkenntnis zu gegebener Zeit treffen wird, aber ich bin ja auch noch nicht so lange in diesem Forum ;D[/quote']

 

Zu der Sorte gehöre ich für gewöhnlich auch nicht.

Aber das ist ja nun kein Widerspruch. Eher noch eine Bestätigung. Wie gesagt: MICH stören auktoriale Einsprengsel. Aber ich gehöre ja auch zur Branche und sollte über sowas nachdenken.

 

Ändert nichts an meiner Ansicht, dass das bei den Lesern, die sich nicht mit der Materie des Schreibens beschäftigen eine solche Wirkung in der Regel nicht haben wird, eben weil sie gar nicht drüber nachdenken.

Sonst wären eine ganze Menge erfolgreicher Bücher nicht so erfolgreich wie sie sind. Auktoriale Einsprengsel gibt es überall und zuhauf, und ausserhalb von Montsegur hab ich auch noch nie gehört, dass jemand sie als schlimm empfindet.

 

Und dass sie mich überhaupt stören, hab ich dann auch erst gemerkt, als ich mich in dem von dir zitierten Thread überhaupt erst mit der Frage beschäftigt habe. Vorher haben und hätten sie mich auch nicht gestört. :s21

 

Soviel zum Thema "selbsterfüllende Prophezeiung".

 

Gruß,

Marco! :s17

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Hallo Marco,

 

in erster Linie geht es mir immer weniger um die Leser als um Lektoren! Oder Agenten. Und die streichen einem sowas durchaus oder schicken eine Absage mit den Worten: zu viele Perspektivsprünge.

Was die Leser alles tolerieren ist ein weites Feld. Aber wir hier wollen doch vor allem veröffentlicht werden, und da geht es erstmal darum Agenten und Lektoren zu beeindrucken. ;) Deshalb finde ich solche Gespräche durchaus wichtig.

 

LG

Joy

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Hallo Marco,

 

in erster Linie geht es mir immer weniger um die Leser als um Lektoren! Oder Agenten. Und die streichen einem sowas durchaus oder schicken eine Absage mit den Worten: zu viele Perspektivsprünge.

 

Sach ich doch! Brancheninternes Schreckgespenst...

 

Gruß,

Marco!

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Ach so! Ja' date=' aber kein Gespenst! Es lebt, Marco, es lebt! :s21[/quote']

 

Ich drehe mich im Kreis, aber dessen ungeachtet: Nein, es ist tot, es ist tot...

 

Darum nochmal ganz langsam: Agenten und Lektoren stören sich an Perspektiv"fehlern" in der Annahme, "DER" Leser würde sie nicht tolerieren.

Also erheben es auch die Autoren zum Dogma: "bloß keine Perspektiv"fehler", die will "DER" Leser nicht, und darum finde ich dann auch keinen Agenten/Lektor.

Soweit, so fein.

Nur Herr Leser, den interessiert nicht die Bohne, was Agenten, Verleger und Autoren von ihm denken, und er sagt sich: "Mir doch egal, wenn die Perspektive unsauber ist, hauptsache lesbar und spannend, das Teil."

 

Die Diskussion über saubere Perspektiven ist gut und richtig. Nur die Angst der Verleger, Agenten und Autoren, also der Branche, vor unsauberen Perspektiven, die ist überzogen.

 

Nichts anderes sag ich...

 

Gruß,

Marco!

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Hi Marco,

 

stimmt, das dreht sich im Kreis. Dabei stimme ich dir ja zu. Nur hilft uns das auch nix! Wir müssen trotzdem darauf achten, nix anderes sag ICH. ;)

 

LG

Joy

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Mir ist das früher - logischerweise - nicht aufgefallen mit den Perspektiven. Seit ich schreibe, lese ich anders. Bei meinem Lieblingsautor Stephen King ist mir auch seit ich schreibe kein Perspektivenwechsela aufgefallen, der einen Bruch darstellen würde. (Während Dan Browns Texte schon vor meiner Erweckung beim Lesen "a Gschmäckle" hatten, wie die Schwaben sagen würden.)

 

Als Gegenbeispiel fällt mir gerade ein: The God Project von John Saul, das ich kürzlich gelesen habe. Er wechselt munter als PE zwischen den Personen hin und her, notfalls im gleichen Absatz, und wird auch, wo es ihm gerade in den Kram passt, auktorial.

Was mich gerade an diesem Buch wirklich geärgert hat: Es gibt einen Arzt, der wird die ganze Zeit als "Guter" entführt und entpuppt sich zum Schluss als "Böser". Darf er ja, Überraschungen lieben wir. Nur, die ganzen Gedanken aus seiner Perspektive spiegeln das nicht wieder. Es wäre noch legitim m.E., ihn Sachen denken zu lassen, die man "so oder so" interpretieren kann, dann kann es reizvoll sein, nach Beenden der Lektüre nochmals herumzublättern, um die Gedanken nachzulesen, ob sich da nicht doch etwas angedeutet hat (Bsp. "Hoffentlich stirbt das Kind nicht" Als Guter: weil es ein armes Kind ist. Als Böser: Weil die Autopsie mich verraten würde). Aber das war nicht der Fall, viele Gedanken stempelten ihn zu eindeutig als Guten, weshalb ich mich von diesem Wechsel regelrecht betrogen fühlte.

Liebe Grüße, Susanne

 

"Books! The best weapons in the world!" (The Doctor)

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Hi Marco,

 

stimmt, das dreht sich im Kreis. Dabei stimme ich dir ja zu. Nur hilft uns das auch nix! Wir müssen trotzdem darauf achten, nix anderes sag ICH. ;)

 

LG

Joy

 

 

Okay, dann ziehe ich jetzt ein Fazit! :s21

 

Es ist wichtig, darauf zu achten, keine Perspektivfehler zu machen, weil die Branche es so verlangt.

Letztendlich sind die Perspektivfehler, die durchflutschen aber schnuppegal, weil sie die Leser nicht jucken.

 

Passt das??

 

Gruß,

Marco!

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Nicht, weil die Branche es verlangt, sondern die Achtung des Autors vor seiner eigenen Schreibe

 

Das Beherrschen des Handwerks gehört zum Schreiben.

 

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Hallo Gid,

 

ich habe mich sehr lange und intensiv mit der Perspektive beschäftigt. Jede Perspektive hat ihre Vor- und Nachteile für die Darstellung, für den Aufbau und die Vermittlung von Inhalt.

Eine auktoriale Erzählweise ermöglicht gezielt durch einen Erzähler oder eine Erzählfigur den Text zu rhythmisieren und gezielt Spannungsmomente an "weniger spannungslastigen" Stellen zu setzen, sowie mit mehreren Handlungssträngen zu arbeiten, die nicht über eine Person verbunden sein müssen. Ein neutraler Erzähler taucht in einem Text nicht auf, weder als Erzähler, noch als Erzählfigur.

Ist der auktoriale Erzähler personal (in der Lage in eine oder mehr Figuren einzusteigen), so können Ereignisse aus vielen Sichtweisen geschildert werden und hat er noch Innensicht in eine oder mehrere Figuren können diese über ihre Innensicht charakterisiert werden.

Dazu kommen die Erzählerform, also die Form in der der Erzähler erzählt. also der Ich-Erzähler, der Er/Sie-Erzähler und in Ausnahmen die Erzähler, der in der DU-Form erzählt.

Ein Erzähler mit der Du-Form ist ungeheuer anstrengend zu lesen, weil sehr ungewohnt, aber durchaus interessant, vor allem für experimentelle Romane. Üblich sind die anderen Erzählformen, die je nach Kombination mit dem Erzähler (auktorial oder neutral, personal oder nicht personal, Innensicht und Außensicht (mit der Sonderform SOC) oder nur Außensicht, sowie als Ausnahme nur Innensicht).

Und dazu kommt noch die Erzählzeit, als üblicherweise Gegenwart, Vergangenheit, sowie als Ausnahmen Futur oder PQP.

 

Letztlich muss die Gesamtheit, die Perspektive den Leser mitnehmen. Und wenn man sich die Erzähler mal als Kameras vorstellt, so kommentiert der auktoriale Erzähler die Geschichte aus dem OFF, Personal bedeutet, dass der Zuschauer auch aus Sicht der Figuren sehen kann (aber nicht muss) und Innensicht bedeutet, dass auch die Gedanken der Figuren ausgesprochen/ bzw. aus dem OFF durch die Figur erzählt werden. SOC bedeutet den ununterbrochenen Gedankenfluss einer Figur, der als ruckelnde Handkamera wohl übertragen werden würde, die ständig aus der Figur hinaus alles wahrnimmt und im Extremfall sogar nur in die Figur sieht.

 

In der Theorie sollte eine Erzählperspektive konstant gehalten werden, und Wechsel in die personale Sichtweise oder Innensicht nicht zu häufig und häufig hintereinander gemacht werden, damit die Kamerafahrt nicht zu ruckelig wird, indem die Kamera in einzelnen Szenen ständig hin und her springt. (Mit der Ausnahme einer Kombination Ich-Erzählform und Er/Sie-Erzählform; SOC und einigen anderen Ausnahmen)

 

In der Praxis sieht es aber m.E.n. anders aus. Während bis in die 20er Jahre der auktoriale Erzähler der Standarterzähler war, überwiegen inzwischen personale Erzähler, die durchaus mal ein auktoriales Einsprengsel einwerfen, ohne das dies den meisten Lesern auffallen würde.

Auch die oft gescholtenen Perspektivenwechsel werden inzwischen durchaus als Erzählmittel eingesetzt, indem gezielt in Dialogen die Situation gekippt wird, oder indem so die Innensicht mehrerer Figuren erzählt wird.

Das ist nur störend, wenn es ständig stattfindet, gelegentliches Kameraruckeln an wichtigen Stellen ist für die meisten Leser, vor allem junge Leser, längst aus Filmen bekannt. (Genau wie jüngere Leser längst harte Schnitte bei Romanen problemlos annehmen, während weiche Schnitte nun oft als schwierig empfunden werden).

 

Oder anders formuliert: Charlie hat Recht. Wenn der Bruch mit der Perspektive einen wichtigen Grund hat, dann sollte man es tun. Nur wenn es aus Unachtsamkeit passiert und/oder sehr häufig, wirkt es störend.

Und ja, ich halte das Problem für viel kleiner, als die vielen Diskussionen darüber. Denn die Leser sind viel flexibler als die meisten Autoren, Lektoren, Agenten,usw..

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Anderes Beispiel: Ein Mann kommt nach Hause, hat einen großen Erfolg gehabt. Die Erzählung war immer in der perfekten personalen Perspektive. Dann folgt der Satz:

 

"Auf dem Weg nach Hause war er über sich hinausgewachsen und hatte für Anna ein Trockenblumengesteck gekauft."

 

Hans Peter

 

Hallo,

So ein Satz ist immer ein wenig mein Problem. Wenn der Mann doch nun denkt, dass er über sich hinausgewachsen ist. Dann ist es vielleicht eine gewisse Zusammenfassung seiner Handlung oder seiner Denkweise, aber ist es denn nicht trotzdem aus seiner Sicht? Oder seht ihr so etwas eindeutig als auktoriale Perspektive?

Grüße von Gid

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Nicht, weil die Branche es verlangt, sondern die Achtung des Autors vor seiner eigenen Schreibe

 

Das Beherrschen des Handwerks gehört zum Schreiben.

 

An und für sich gebe ich dir Recht. Aber hier fällt es zu leicht, Gegenbeispiele zu bringen. Ich weigere mich einfach, jeden Autor, der mit Herzblut dabei ist, aber das mit den Perspektivgeschichten nicht gut kann, oder einfach nicht drüber nachdekt, als respektlos seiner Schreibe gegenüber zu bezeichnen.

 

Das mag als persönlicher Anspruch Gültigkeit haben, aber ich stelle mich auch nicht mit meinem Anspruch hin und sage: "Es gehört zur Achtung des Autors vor seiner Schreibe, und zum Handwerk, möglichst unverbrauchte Themen zu finden."

Das mag MEIN Anspruch sein, aber das macht es nicht zum allgemeingültigen Gesetz.

 

Und einem Autor, der mit Mühe und bestem Können und Gewissen einen Roman vollr Perspektivfehler schreibt, mag ich die Achtung vor seiner Schreibe nicht absprechen.

 

Aber das ist auch schon wieder ein etwas anderes Thema.

 

Gruß,

Marco!

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Hm, Marco, an dem Fazit juckt MICH aber was...wie du alle Leser über einen Kamm scherst, das ist nach all der Haarspalterei doch echt ein wenig platt!

 

"den Leser nicht jucken" - DER Leser? Seit wann gibt es den schon? Wäre ja toll, dann bräuchte man sich über Rezeption und den kleinsten gemeinsamen Nenner ja keine Gedanken mehr zu machen, ein Erfolgsrezept wäre schnell formuliert.

Ich will damit nur sagen, dass ich nicht glaube, dass es nur die Leute aus der Branche stört.

 

...mich haben eklatante Perspektivausrutscher schon gejuckt, da hab ich selbst noch gar nicht ernsthaft ans Schreiben und Veröffentlichen gedacht, und es gibt massenhaft aufmerksame, gebildete Leute (ob jetzt aus der geisteswissenschaftlichen Ecke oder nicht), die sich zumindest an gröberen Brüchen stören.

Die ganz kleinen Flutscher, die interessieren wahrscheinlich wirklich nur die Besessenen, und auch ich meine, dass wir (ich zähle mich auch zu eben diesen Besessenen) uns trotzdem so gut es geht darum kümmern sollten, schon aus reiner Berufsehre. (Ganz ehrlich: Man kann doch gar nicht anders)

 

Bin allerdings nicht darauf aus, das Thema jetzt noch künstlich am Leben zu erhalten, das wollte ich nur mal anmerken. Ich verstehe jedenfalls gut, was du sagen willst, das reicht :p

Sabine

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"Auf dem Weg nach Hause war er über sich hinausgewachsen und hatte für Anna ein Trockenblumengesteck gekauft."

So ein Satz ist immer ein wenig mein Problem. Wenn der Mann doch nun denkt, dass er über sich hinausgewachsen ist.

Hallo Gid,

 

Ja, hängt insofern vom Zusammenhang ab. Aber nein, in dem Fall meine ich, dass er das nicht denkt, sondern es wie ein Autorenkommentar klingt. Sieh dir mal die Textkritiken an, "Wasser".

 

Grüße

 

Hans Peter

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Ändert nichts an meiner Ansicht' date=' dass das bei den Lesern, die sich nicht mit der Materie des Schreibens beschäftigen eine solche Wirkung in der Regel nicht haben wird, eben weil sie gar nicht drüber nachdenken.[/quote']

Vorsicht: Dass jemand über etwas nicht nachdenkt, heißt noch lange nicht, dass es für ihn keine Wirkung hat.

Wer Eis ißt, denkt nicht über das Rezept nach. Aber wenns schlecht ist, merkt er es durchaus.

Und wer nicht über den Verkehr nachdenkt und einfach die Strasse überquert, kann durchaus feststellen, dass der Verkehr auf ihn Wirkungen hat.

 

Hans Peter

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Hm, Marco, an dem Fazit juckt MICH aber was...wie du alle Leser über einen Kamm scherst, das ist nach all der Haarspalterei doch echt ein wenig platt!

 

"den Leser nicht jucken" - DER Leser? Seit wann gibt es den schon?

 

Da rennst du bei mir offene Türen ein.

ICH schere bestimmt niemanden über einen Kamm, sondern rede ganz gezielt von "den Lesern" im Sinne von "Die Leser in ihrer breiten Massel".

"Der Leser" ist wieder ökonomiesprech, bei dem es mich immer wieder schüttelt. Deshalb hab ich ihn hier auch so überdeutlich in Klammern gesetzt. Lies meine Posts mal nochmal, vielleicht siehst du dann ja auch, dass ich nichts mehr hasse, als wenn von "DEM" Leser gesprochen wird.

 

Darum setze ich den Ausdruck auch äußerst bewusst und in einem ganz speziellen, 'öknomisch-satirischen' Kontext...

 

...mich haben eklatante Perspektivausrutscher schon gejuckt, da hab ich selbst noch gar nicht ernsthaft ans Schreiben und Veröffentlichen gedacht, und es gibt massenhaft aufmerksame, gebildete Leute (ob jetzt aus der geisteswissenschaftlichen Ecke oder nicht), die sich zumindest an gröberen Brüchen stören.

Dagegen sage ich auch nichts. Es gibt auch Leute, die stören sich am Schriftbild...

 

Aber es verläuft sich halt in der Masse "DER" Leser soweit, dass es die Panik um diesen Bereich nicht rechtfertigt.

 

Lieben Gruß,

Marco!

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Wer Eis ißt, denkt nicht über das Rezept nach. Aber wenns schlecht ist, merkt er es durchaus.

Das ist ja aber genau die Fehleinschätzung, von der die Branche ausgeht:

 

Perspektivfehler machen das Eis nicht automatisch schecht.

WENN ein Perspektivfehler das Eis schlecht macht, wird ein Eisesser das merken. Aber nicht jeder Fehler im Rezept macht das Eis schlecht!!!

 

Und genau in der Denke liegt der Irrtum, auf den ich hinzuweisen versuche...

 

Gruß,

Marco!

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Hallo Marco,

 

 

Lies meine Posts mal nochmal, vielleicht siehst du dann ja auch, dass ich nichts mehr hasse, als wenn von "DEM" Leser gesprochen wird.

 

War bisher auch eher mein Eindruck, deshalb fiel mir die Pauschalisierung in deinem Fazit so auf.

 

Darum setze ich den Ausdruck auch äußerst bewusst und in einem ganz speziellen, 'öknomisch-satirischen' Kontext...

 

OK! In dem Kontext gibt's nichts einzuwenden. Kam bei mir anders an.

 

 

Aber es verläuft sich halt in der Masse "DER" Leser soweit, dass es die Panik um diesen Bereich nicht rechtfertigt.

 

Hm, grade das wollte ich ja so nicht ganz stehen lassen, vielleicht bin ich in punkto Leserbildung auch etwas zu optimistisch- das hängt wiederum auch stark vom Genre und vom Buch ab, aber das ist nicht das Thema.

 

Mir macht die Tüftlerei und Feilscherei um die Perspektive einfach Spaß, anderen vielleicht auch, was vielleicht die Beliebtheit des Themas noch anders als mit Panik erklären könnte.

Aber ich stimme dir zu, dass man sich als Autor deswegen nicht zu sehr ins Hemd machen sollte.

 

Sorgfalt ja, jeder seinem eigenen Können entsprechend, Panik, nein. :)

 

Lieben Gruß,

Sabine

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(Peter_Dobrovka)

Für mich ist jede Erzählung ein bißchen auktorial, darum stören mich auktoriale Perspektiven nicht.

Die Perspektiv-Puristen kommen mir manchmal so vor, als sähen sie in einem Buch eine Art Live-Simulation des Lebens, oder die Erfüllung irgendwelcher göttlichen Schreib-Gesetze. Alles Schmarrn.

Ein Buch erzählt eine Geschichte. Diese Geschichte soll so interessant sein, daß der Leser bei der Stange bleibt, und wenn möglich, am Ende nicht bereut, sie gelesen zu haben. Punkt.

Perspektiven sauber zu halten, ist eine Stilfrage, mich stören manche Brüche in der Perspektive deswegen, weil ich nicht auf sie vorbereitet bin bzw. einen Moment brauche, um zwischen den Perspektiven umzuschalten. Nichts gegen ein Werk wie "Das Lied von Eis und Feuer", wo jedes Kapitel aus der Perspektive einer anderen Figur erzählt wird, oder wenn es mehrere Handölungsstränge gibt, wo alle 2 Seiten die Perspektive wechselt. Aber wenn sie mal eben für einen Satz wechselt, irritiert mich das. Und weil es mich irritiert, schreibe ich selbst so nicht.

 

Peter

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Nach einem längeren Spaziergang und dem Grübeln über das hier so heftig diskutierte Thema ist mir eines bewusst geworden.

Alle verwenden Fachbegriffe -auktional/personal/Innensicht etc. Und dann wieder kommen Fragen: Hier ist ein Text, darf ich das so machen?

 

Fachbegriffe sind gut und wichtig in einer Diskussion, in der alle exakt wissen, worum es dabei geht. Ich will hier niemandem etwas unterstellen, aber ich selbst bin beispielsweise der show/tell - Bezeichnung hier im Forum das erste Mal begegnet.

 

Insofern finde ich Thomas' Beitrag für alle, die sich mit Perspektive beschäftigen, außerordentlich lichtvoll.

Die Kameraführung ist der erhellende Begriff.

Im Autor läuft - so hoffe ich doch - das Geschehen vor dem inneren Auge wie ein Film ab.

Im besten Fall läuft anschließend beim Leser der selbe Film ab.

 

Die Frage der Perspekive ist tatsächlich, wie man nun das Geschehen betrachtet.

(und die Tüfteleien damit, Sabine, macht Spaß).

Es ist vollkommen legitim, von einer gewissen Distanz her zunächst einmal die Kulisse und /oder die Stimmung zu beschreiben und sich dann der Figur zu nähern.

 

Über dem winterstarren Garten hing die graue Wolkendecke, und ein einzelner Rabe erhob sich mit einem rauhen Krächzen...

Wechsel:

Anton stand am dem Fenster und faltete bedrückt den Brief zusammen.

Wechsel:

Warum hat Mutter schon wieder diese Forderung an mich gestellt?, fragte er sich.

 

etc...

 

Die Frage, ob man das DARF ist eigentlich gar nicht so relevant, die Frage lautet, ob man es KANN.

Und hier kommen die Agenten und Lektoren ins Spiel. Die Vielleser haben einen geübten Blick auf den Text, und ihnen enthüllt sich durchaus, ob der Wechsel gewollt oder ein Ausrutscher ist.

 

Es ist aber nicht das endgültie k.o.-Kriterium, sondern selbst wenn ein Flutscher dabei ist, aber die "Kameraführung" im ganzen stimmig ist, wird es allenfalls in der Redaktion Korrekturen geben.

 

Also macht Euch nicht völlig verrückt mit der Frage, ob jetzt ein Verlag sofort den Papierkorb öffnet, wenn die Perspektive mal verrutscht. Ich empfehle tatsächlich zur eigenen Überprüfung der Texte, sich den Ablauf als Film vorzustellen.

Merkt man, dass etwa zwei Figuren sich beständig im inneren Monolog (Selbstgespräch) abwechseln, dann kann das leicht skurril wirken, vom Innenleben des einen Protagonisten in das des anderen zu springen verlangt zumindest einen Szenewechsel (Absatz).

Auch zu abrupte Übergänge zwischen Beschreibung (Kulisse/Stimmung) und gefühltem Erleben des Protagonisten wirken holprig. Wenn schon Wechsel, dann bewusst und mit der entsprechenden Überleitung.

So etwas kann man üben.

Und dann hat man sein Handwerkszeug ;)

 

Gruß

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Perspektiven sauber zu halten, ist eine Stilfrage, mich stören manche Brüche in der Perspektive deswegen, weil ich nicht auf sie vorbereitet bin bzw. einen Moment brauche, um zwischen den Perspektiven umzuschalten. Nichts gegen ein Werk wie "Das Lied von Eis und Feuer", wo jedes Kapitel aus der Perspektive einer anderen Figur erzählt wird, oder wenn es mehrere Handölungsstränge gibt, wo alle 2 Seiten die Perspektive wechselt. Aber wenn sie mal eben für einen Satz wechselt, irritiert mich das. Und weil es mich irritiert, schreibe ich selbst so nicht.

 

Es ist auch eine Geschmacksfrage, also die Perspektive. Von der Perspektive hängt in vielen Fällen der "Sound", die Erzählstimme, ab. Und viele Romane leben von diesem Sound.

Versuch dir mal "Das Parfüm" ohne den auktorialen Erzähler vorzustellen oder "Fight Club" ohne den Ich-Erzähler, das wären ganz andere Bücher, auch "Lied von Eis und Feuer" (darf man das denn wieder als Beispielbuch verwenden, dachte das steht auf der schwarzen Liste?) wählt ja nicht zufällig diese Mosaik-Perspektive.

Das sind ganz wichtige Bestandteile, die machen viel vom Reiz und Charme aus. Perspektivfehler sind keine Schnitzerchen wie nen falsch gesetztes Komma, das ist schon essentieller.

 

Dieser Wald- und Wiesen gemauschelte auktorial-Erzähler stört mich in vielen Fällen tatsächlich, und für mich ist eine funktionierende, in sich stimmige Perspektive sehr wichtig. Es macht halt Arbeit und stellt einen oft vor Herausforderungen, die man ansonsten umgehen kann, aber hat ja auch keiner gesagt, dass es leicht ist.

 

Aber sicher hat da Marco ein Stück weit recht, durch viele "schwache" Erzähl-Perspektiven hat sich da auch eine De-Sensibilisierung bei Lesern eingeschlichen, aber auch nur wenn man diesen uneigentlichen Erzähler verwendet, bei einer Ich-Erzählung oder einer außergewöhnlichen Perspektive besteht diese Desensibilisierung nicht.

 

Gruß

Peter

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