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Gerswid

Perspektive

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Morgen zusammen,

ein Problem, das mich häufig beschäftigt: wie haltet ihr es mit der Perspektive? Ich versuche mich in meinen Kinderbüchern sehr auf meine Hauptpersonen zu konzentrieren und die Geschichte aus ihrer Sicht darzustellen. Aber ein wenig Außensicht braucht man doch auch, oder? Wenn man zum Beispiel schreibt: `Sie gingen zur Tür und sahen, dass es wieder regnete. Ein Riesen-Wassertropfen platschte Cornelia auf den Kopf. Sie spürte ...´

Da komme ich schon wieder ins Schwimmen. Ist das dann schon zuviel an Außensicht? Steckt man bei solch einer Beschreibung in der Figur drin? Wie sehr geht ihr in die Köpfe eurer Personen hinein? Und wie stark ´beschreibt´ ihr nur, was sie tun. Genau, jetzt wo ich das mit dem `Beschreiben´ schreibe, fällt mir auf: ist nicht jedes Beschreiben von Handlung eine Außensicht? Oder sehe ich die Sache zu streng?

Wie macht ihr das mit der Perspektive?

Viele Grüße

Gid

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Hach ja,

 

(gestern hatte es spontan geklappt mit dem Zitieren, heut fluppt es nicht mehr...)

 

Wie auch immer. Ich denke, dass du in der Beispielpassage keinen Bruch in der Perspektive hast. Die Figur SIEHT ja, dass es regnet, also kann man das auch schreiben. Perspektivbrüche sind für mich Passagen, in denen plötzlich die Innensicht einer anderen Person beschrieben wird. Oder wo geschildert wird, was sich tut, während die Hauptfigur schläft.

 

Wenn du unsicher bist, kannst du (glaub ich, hab's aber nicht getestet) das "sie" oder "er" probeweise durch "ich" ersetzen. Wenn es dann noch stimmig ist, sind wohl keine Perspektivbrüche drin. Test:

 

"Wir gingen zur Tür und sahen, dass es wieder regnete. Ein Riesen-Wassertropfen platschte mir auf den Kopf. Ich spürte..."

 

Ich schreibe bei meinen Kindertexten auch immer ganz konsequent aus der Sicht des Kindes. Bei den ganz kleinen Kindern (ca. 3) gehören dazu auch solche Sachen, dass sie vielleicht das Gefühl des "Rotwerdens" noch nicht kennen, dann schreibe ich "ihr Gesicht wurde plötzlich ganz heiß" etc.

 

Gruß,

 

Ruth

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(Peter_Dobrovka)

Wenn man so die Veröffentlichten liest, haben die bisweilen Perspektivwechsel drin, das ist wirklich nicht mehr schön. Aber gut, das ist noch kein Grund, das Thema als unwichtig abzuhaken.

Ich habe für mich festgestellt, daß ich als Leser auktoriale Einsprengsel ganz gut toleriere, das Hin- und Herspringen in den Köpfen von Figuren eher weniger. Aber das Schrecklichste und Inakzeptabelste ist die sporadische personelle Perspektive. Wenn also irgendeine Figur, die schon länger dabei ist, und die eher mysteriös-undurchsichtig war, ohne jede Innenweltbeschreibung, in einem Satz dann plötzlich zum Perspektivträger wird.

 

Anderer Punkt: Purismus der Perspektive. Dazu muß man sich bewußt machen, daß ein Romantext eine Erzählung ist. Wenn jemandem ein Wassertropfen auf den Kopf klatschte (Präteritum), dann kann man das auch so schreiben, ohne dafür von den Perspektiv-Puristen gelyncht zu werden, denn im Rückblick der Erzählung weiß diese Person ja, was passiert ist. Die Alternative, nur zu beschreiben, was man fühlt, sich an den Kopf zu fassen, und dann erst zu interpretieren, daß es ein Wassertropfen gewesen sein muß, ist ein Stilmittel, um Spannung zu erzeugen. Kann aber auch zu Langatmigkeit führen.

 

Peter

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Genau' date=' jetzt wo ich das  mit dem `Beschreiben´ schreibe, fällt mir auf: ist nicht jedes Beschreiben von Handlung eine Außensicht?[/quote']

 

Nein. Das werde ich übrigens oft gefragt. Irgendjemand hier hat in einem anderen Thread ein schönes Hilfsmittel gegeben - ich glaube es war Tin?

Das ging so: Schreibe den Satz probeweise (oder in Gedanken) in der Ichform. Damit kannst du die Perspektive ganz leicht überprüfen. Funktioniert der Satz in der Ichform? Oder beschreibt er etwas, das "ich" gar nicht wissen kann? ;)

 

LG

Joy

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Ich mag die auktoriale Erzählform und verwende sie bei Kindergeschichten fast immer.

 

Bei Stories für Erwachsene schreibe ich aus Sicht der Hauptfigur oder wechsle zwischen den Hauptfiguren hin und her (meist kapitelweise), wenn das für die Handlung nötig ist.

 

LG

Maren

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Das mit der Ichform ist eine gute Idee. Danke.

Man liest ja in veröffentlichten Büchern tatsächlich die wildesten Perspektivversionen. Ich achte beim Lesen immer sehr darauf und finde nur wenige Bücher, in denen eine Perspektive durchgehalten wird.

Und dann schrieb mir eine Agentin mal zu meinem Manuskript, das ich ihr geschickt habe, z.T. wären Perspektivsprünge darin. (was ihr anscheinend nicht gefiel).

Grüße

Gid

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Und dann schrieb mir eine Agentin mal zu meinem Manuskript' date=' das ich ihr geschickt habe, z.T. wären Perspektivsprünge darin. (was ihr anscheinend nicht gefiel)[/quote']

 

Weil das als "anfängerhaft" gilt. Ich persönlich mag Perspektivsprünge nicht, weil sie mir zu anstrengend sind. Man fühlt grade so schön mit Figur A mit, da befinden wir uns plötzlich in Kopf B. Dann versuche ich da wieder mitzufühlen, plötzlich schwenkt es wieder um zu A. Nach einer Weile ist das Buch nur noch blabla für mich, weil ich mich nie richtig in eine der Figuren einfühlen kann. So schnell emotional umzuschalten von A auf B, und vielleicht noch C und D, klappt bei mir nicht. ;)

 

LG

Joy

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Laaangsam.

Unschöne Perspektivbrüche/-sprünge...was ist denn genau gemeint?

Wechsel von personal zu auktorial: innerhalb eines Kapitels/einer Szene? Von einem Kapitel zum nächsten (das ist aber legitim, oder?) Auktoriale Einsprengsel?

(dagegen bin ich ganz allergisch).

 

Grundsätzlich wirken die verschiedenen Erzählperspektiven je nach Genre oder Zielpublikum anders (auf mich, sage ich jetzt mal vorsichtshalber).

 

Bei Kindergeschichten finde ich den auktorialen Erzähler, selbst einen onkelhaften, durchaus angebracht und passend. Und der ist ja auch in der Lage bzw. befugt, akkurat die Sicht der handelnden Personen zu beschreiben.

 

In Texten für Erwachsene hingegen empfinde ich eine rein auktoriale, allwissende Perspektive manchmal als unangenehm erhaben und gönnerhaft, nicht immer hält sich der auktoriale Erzähler dezent genug zurück, und dann bemerke ich folgenden Effekt: Mir wird an manchen Stellen bewusst, dass sowieso alles nur erfunden ist (da regt sich der Widersruchsgeist à la "das kann außer den Protas sowieso keiner wissen, red' nicht so allwissend daher, du Arsch"), es reißt mich aus der erzählten Welt heraus bzw. hindert mich daran, überhaupt erst richtig in die Handlung einzutauchen.

 

Natürlich hat es auch viel mit subjektiven Schreib- und Lesevorlieben zu tun, da kann man jetzt nicht sagen "das ist besser".

 

Ich selbst bevorzuge beim Schreiben einen rein personalen Erzählstil, der hieb- und stichfest jeder "Ich-Umkehrprobe" standhalten muss. (Im Roman, bei KGs bin ich flexibler).

Ich fühle mich damit dichter an den Figuren dran, sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben. Falls ich doch der Meinung bin, dass ich mehr Außenansicht brauche, um etwas zu beschreiben, das der Prota nicht wissen kann, finde ich einen anderen Weg, die Info einzubauen, bzw. dafür zu sorgen, dass der Prota es doch wissen kann- in meinen Papierwelten bin schließlich ich der allmächtige Schöpfergott ;D

 

Das bringt uns natürlich auch zu der schwierigen Frage: Aus welchen Gründen, nach welchen Kriterien fällt der Autor überhaupt seine Entscheidung für eine bestimmte Erzählperspektive? (Neuer Thread? Ich werde lieber erst einmal die Suchfunktion beanspruchen)

 

multiperspektivisch verwirrte Grüße,

 

Sabine

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Hallo Sabine,

Ich selbst bevorzuge beim Schreiben einen rein personalen Erzählstil, der hieb- und stichfest jeder "Ich-Umkehrprobe" standhalten muss. (Im Roman, bei KGs bin ich flexibler).

 

meiner unwesentlichen Meinung nach ist das Halten der Perspektive gerade in einer Kurzgeschichte viel wichtiger als in einem Roman.

 

LG Fran

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Das bringt uns natürlich auch zu der schwierigen Frage: Aus welchen Gründen' date=' nach welchen Kriterien fällt der Autor überhaupt seine Entscheidung für eine bestimmte Erzählperspektive? (Neuer Thread? Ich werde lieber erst einmal die Suchfunktion beanspruchen) [/quote']

 

Hallo Sabine,

 

bei der personalen Perspektive sollte immer der Charakter Perspektivträger sein, der von den Ereignissen der Szene am meisten betroffen ist.

Die Ich-Perspektive würde ich wählen, wenn ich einen Erzähler mit einer markanten Stimme bevorzuge, da bei dieser Perspektive oft hauptsächlich die Art des Erzählens die Gechichte trägt.

Zur auktorialen Perspektive kann ich nichts sagen, weil ich sie noch nie verwendet habe.

 

Christoph

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Hallo Sabine,

Ich selbst bevorzuge beim Schreiben einen rein personalen Erzählstil, der hieb- und stichfest jeder "Ich-Umkehrprobe" standhalten muss. (Im Roman, bei KGs bin ich flexibler).

 

meiner unwesentlichen Meinung nach ist das Halten der Perspektive gerade in einer Kurzgeschichte viel wichtiger als in einem Roman.

 

LG Fran

 

Interessant, ich finde das IMMER und überall wichtig.

 

LG

Joy

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Ich wuerde nichts von alledem (auch nicht Christophs Standpunkt, der am meisten Betroffene einer Szene muesse Perspektivtraeger sein, oder die heute verbreitete Verpoenung der auktorialen Perspektive in Bausch und Bogen) verallgemeinern, denn fuer jedes lassen sich Gegenbeispiele finden, wo gerade das Verteufelte ausgesprochen gut gelingt und wirkt.

Ich wuerde auch nicht meinen persoenlichen Geschmack (ich hasse Perspektivbrueche in der Szene und bin im Allgemeinen kein Fan von Ich-Erzaehlern) ins Rennen schmeissen wollen.

 

Sondern generell (und, fuercht' ich, wenig hilfreich) sagen:

Ich moechte immer, an jeder Stelle, sicher sein, dass der Autor weiss, was er tut. Dass er alle Entscheidungen, seine Perspektive betreffend, selbst eine fuer den von mir am wenigsten gemochten Wechsel, bewusst und mit gutem Grund trifft.

Entsteht beim Lesen der Eindruck, ihm sei aus Versehen die Perspektive verrutscht oder er wechsle jetzt z.B. ins Auktoriale, weil er sich anders nicht zu helfen weiss und/oder er seine Informationsvermittlung schlecht geplant hat, dann haben wir es mit einer misslungenen Szene zu tun.

Wenn aber klar ist, dass der Perspektivwechsel, der auktoriale Einschub, die Ich-Form, was auch immer, innerhalb des Erzaehlkonzepts eine schluessige Funktion hat, dann ist dem Autor m.E. gestattet, die Fuelle der Moeglichkeiten auszuschoepfen und mit der Perspektive zu tun, was in sein Konzept am besten passt.

 

Herzliche Gruesse von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Ich möchte kurz auf Charlies Beitrag eingehen und dazu sagen, das sind natürlich dann schöne, gelungene Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Denn leider gelingt sowas nicht allen Autoren. Anfängern würde ich immer raten vorsichtig und wohlüberlegt damit anzufangen.

 

LG

Joy

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Ich habe mich dazu entschieden - entgegen der extrempuristischen Perpektivehaltung meines Agenten - den Wechsel als Stilmittel zu verwenden.

 

Nicht allerdings innerhalb einer geschlossenen Szene.

 

In meinen Kinder- und den meisten Katzenbüchern hingegen halte ich mich streng an die einmal gewählte Sicht, denn hier geht es um eine Zielgruppe, die der Wechsel möglicherweise irritieren würde.

 

Bei erwachsenen Lesern allerdings setzte ich voraus, dass sie durchaus schon mal von der Kulisse in die Szene springen können oder den einen Handlungsstrang auktional, den anderen personal verkraften.

 

Inzwischen hat das sogar mein Agent gelernt :s22

 

Gruß

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Hallo,

 

Perspektivwechsel innerhalb einer Szene mag ich als Leser gar nicht; ebensowenig mag ich Romane, die ausschließlich aus der Sicht einer Person geschrieben sind. Ich möchte schließlich auch wissen, was in den anderen Protagonisten vorgeht. Die auktotiale Erzählweise lese ich auch eher ungern. Bei allem gibt es aber Ausnahmen von der Regel, deshalb fände ich es unangebracht, zu verallgemeinern. Jeder hier kann nur von seinem persönlichen Geschmack sprechen. Ein Allgemeinrezept gibt es nicht. So ist die auktoriale Erzählweise bei Lesern sehr beliebt, ebenso wie die Ich-Form, von der ja immer gerne abgeraten wird. Man muss einfach herausfinden, was man selbst am liebsten hat und was zum jeweiligen Projekt am besten passt.

 

Viele Grüße

Stefan

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Ich halte ja die Perspektivfrage wieder für so ein brancheninternes Schreckgespenst, wie es sie in jeder Branche gibt, das aber leicht an der Kundenrealität vorbeischießt. Denen ist, wie der Erfolg vieler Bücher beweist, die Perspektivfrage nämlich herzlich egal.

 

Das heisst nicht, das die Frage überflüssig ist, oder man sich keine Gedanken darum machen sollte. Aber mein Eindruck ist der, dass die Frage der Perspektive nur den Leuten wirklich wichtig ist, die halt Bücher herstellen, nicht denen, die sie lesen.

 

Gruß,

Marco!

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Das heisst nicht' date=' das die Frage überflüssig ist, oder man sich keine Gedanken darum machen sollte. Aber mein Eindruck ist der, dass die Frage der Perspektive nur den Leuten wirklich wichtig ist, die halt Bücher herstellen, nicht denen, die sie lesen.[/quote']

 

Hallo Marco,

 

damit macht man es sich ein bisschen einfach, finde ich. Den meisten Musikhörern sind auch Noten ziemlich egal; trotzdem stören sie sich an einer falschen.

Wenn mit der Perspektive nicht gut gearbeitet wird, kann der Leser das möglicherweise nicht benennen. Er hält den Text dann für verworren o.ä. Aber weglegen wird er ihn trotzdem.

 

Christoph

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Wenn mit der Perspektive nicht gut gearbeitet wird, kann der Leser das möglicherweise nicht benennen. Er hält den Text dann für verworren o.ä. Aber weglegen wird er ihn trotzdem.

 

Genau das habe ich ja abgestritten, mit dem Verweis darauf, dass eine Menge erfolgreiche Bücher keine sauberen Perspektiven haben.

 

Ich kann jetzt keine Beispiele bringen, weil ich mir sowas nicht merke, wenn es mir begegnet, aber hier im Forum wird ja auch immer wieder erwähnt, dass das furchtbar erfolgreiche Buch XXX ständig perspektivische Unsauberkeiten hat...

 

Gruß,

Marco!

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Das heisst nicht' date=' das die Frage überflüssig ist, oder man sich keine Gedanken darum machen sollte. Aber mein Eindruck ist der, dass die Frage der Perspektive nur den Leuten wirklich wichtig ist, die halt Bücher herstellen, nicht denen, die sie lesen.[/quote']

damit macht man es sich ein bisschen einfach, finde ich. Den meisten Musikhörern sind auch Noten ziemlich egal; trotzdem stören sie sich an einer falschen.

Wenn mit der Perspektive nicht gut gearbeitet wird, kann der Leser das möglicherweise nicht benennen. Er hält den Text dann für verworren o.ä. Aber weglegen wird er ihn trotzdem.

Christoph, du hast recht.

 

Natürlich gibt es viele Bücher, in denen die Perspektive nicht nach der Puristennorm verwendet wird.

 

Aber schaut euch Anfängertexte an. Da springt man plötzlich für einen Halbsatz in die Gedanken einer unwichtigen Nebenfigur, nachdem die ganze Szene in der Perpektive der Heldin spielte. Noch schlimmer: Plötzlich kommentiert der Autor seine eigene Szene, was erstens auktorial und zweitens obendrein schlimm ist, weil der Leser denkt, der Autor hält mich für einen Idioten, dem man alles dreimal erklären muss.

 

Deshalb ist es wichtig, die Perpektive sauber durchzuhalten.

 

Allerdings gibt es da Puristen, Marco auf die bezieht sich vermutlich dein Einwand. Da darf man nur noch schildern, was der Protagonist, der die Perspektive hat, wirklich bewußt wahrnimmt. Schon etwas, was er zwar sehen kann, aber nicht bewußt wahrnimmt, ist verboten zu schreiben. Das ist Blödsinn.

 

Ebenso kannst du durchaus auktorial beginnen, um dein Umfeld zu schildern und dann in die personale Perspektive schlüpfen. Monika hat das in den Textkritiken mit ihrem Text ja getan und es funktioniert.

 

Oder am Ausklang einer Szene aus der personalen in die auktoriale Perspektive wechseln - jedenfalls, solange du das nicht dazu benutzt, als Autor deine eigene Szene zu erklären.

 

Wie gesagt, schaut euch tatsächliche Perspektivbrüche in Büchern mal an. Sind es tatsächlich Brüche? Oft wird behauptet, dass ist nicht personal, aber diese Behauptung rührt nur von einer viel zu engen Auffassung von "personaler Perspektive" her. Oft stört der Wechsel nicht, weil er gut gemacht ist und eine Funktion hat.

 

Dagegen stehen die häufigen Perspektivbrüche in Anfängertexten, die weder gut gemacht sind, noch eine Funktion haben, sondern einfach deshalb drin stehen, weil der Autor es nicht merkt und nicht besser kann.

 

Und das macht Texte ungenießbar, das legen Leser bald weg, auch wenn sie nicht genau sagen können, was nicht stimmt. Aber sie spüren, dass da etwas nicht stimmt.

 

Hans Peter

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Hallo Sabine,

Ich selbst bevorzuge beim Schreiben einen rein personalen Erzählstil, der hieb- und stichfest jeder "Ich-Umkehrprobe" standhalten muss. (Im Roman, bei KGs bin ich flexibler).

 

meiner unwesentlichen Meinung nach ist das Halten der Perspektive gerade in einer Kurzgeschichte viel wichtiger als in einem Roman.

 

LG Fran

 

Hallo Fran,

 

tut mir leid, mit "flexibel" habe ich mich missverständlich ausgedrückt!

 

Was ich sagen wollte, war nicht, dass ich innerhalb meiner Kurzgeschichten dauernd die Perspektive wechsle, sondern, dass ich in meinen Romanen (zumindest bislang, sind nur zwei Projekte) die personale Perspektive klar bevorzuge und da auch der "Perspektivreinheit" gegenüber sehr strenge Maßstäbe anlege. In den Kurzgeschichten verwende ich dagegen auch mal die auktoriale oder Ich-Perspektive.

Die ich dann auch durchhalte!

 

Gruß, Sabine

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Das Beherrschen der Perspektive gehört zum Handwerkszeug.

 

Man muss wissen, was man damit bewirkt und wie sie eingesetzt wird. Natürlich empfiehlt es sich für Beginner, sich auf eine Perspektive zu konzentrieren und sie konsequent durchzuhalten.

 

Hat man das im Griff, darf man damit spielen.

 

So ist das doch mit allen Grundtechniken, ob in der Malerei, in der Musik, im Tanz oder eben auch beim Schreiben.

 

Oder wie einer meiner Lieblingsautoren sagt: "Der Meister kann die Form zerbrechen, mit weiser Hand, zur rechten Zeit."

 

Wer die Herkunft des Zitats kennt, hat einen Blumentopf gewonnen :-*

 

Anna

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Damit es nicht so abstrakt bleibt, vielleicht einfach mal zwei Beispiele:

 

Der Held stürzt ins Zimmer, wo er das Lösegeld für seine entführte Oma an Kater Karlo übergeben soll. Ganz aufgelöst berichtet er, dass er auf der Treppe gestolpert sei, der Lösegeldkoffer sei die Stufen hinabgepoltert und unten habe ihn ein Hund geschnappt und sei damit auf und davon.

 

Nach Abschluß der Schilderung ist es durchaus im Rahmen der personalen Perspektive:

 

"Kater Carlo glaubte ihm nicht."

 

Natürlich würden Puristen einwenden, dass der Held nicht wissen kann, was Kater Carlo glaubt oder nicht glaubt und man folglich schreiben müsse:

"Kater Carlo zog die Augenbrauen hoch, seine Zigarre wippte auf und ab und all das verstärkte in X. den Verdacht, dass er Probleme mit der Glaubwürdigkeit des eben erzählten hatte."

 

Nur stört die einfach Version überhaupt nicht. Und in der Realität fällen wir ständig Urteile über andere Personen, ohne dass wir es genau wissen. Also halte ich solche einfachen Sätze durchaus für zulässig.

 

Anderes Beispiel: Ein Mann kommt nach Hause, hat einen großen Erfolg gehabt. Die Erzählung war immer in der perfekten personalen Perspektive. Dann folgt der Satz:

 

"Auf dem Weg nach Hause war er über sich hinausgewachsen und hatte für Anna ein Trockenblumengesteck gekauft."

 

Das "Er war über sich hinausgewachsen" ist ein Kommentar des Autors. Und die Stelle stammt aus den Textkritiken, alle fanden die Geschichte gut - bis sie zu dieser Stelle gekommen sind.

 

Hans Peter

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Hans Peter versteht mich.

 

Natürlich gibt es auch sinnloses Perspektivspringen, das den Text verhaut.

Nur die, jedenfalls nach meinem Empfinden, gerade in der Branche grassierende Perspektiven-Dogmen, wie etwa der Agent, der eindeutig keine Perspektivwechsel will, die Mitglieder, die sich gegen jedweden auktorialen Einsprengsel wehren, die immer wiederkehrende Aussage "Ich nutze keine auktoriale Perspektiv, weil..." halte ich für überflüssig.

 

Ich finde hier eine Menge 'Regeln' und Ansätze in diesem Thread, von denen ich keinen einzigen schlecht machen will, oder als falsch abstempeln, von denen ich aber der festen Überzeugung bin: Der Großteil der Leser schert sich nicht drum, ob ein Roman nun aus einer oder sieben Perspektiven erzählt wird, ob es Einsprengsel gibt, ob DER personelle Erzähler der ist, der am ehesten der Mittelpunkt der Handlung ist, oder was auch immer. Das sind alles hübsche Gebilde und Meinungen, aber ich glaube halt nicht, dass sie im Endeffekt die beschriebene Auswirkung auf denjenigen haben, der das Buch liest.

 

Sherlock Holmes wird von Watson erzählt, einem Nebencharakter, und es gibt immer wieder 'auktoriale' Einsprengsel, weil Watson mehr weiß. "Der Name der Rose" funktioniert ähnlich.

 

Die besten Thriller und Fantasy-Romane werden aus -zig Perspektien geschildert, zum großen Teil auch noch auktorial. Herr der Ringe ist meines Wissens nach komplett auktorial erzählt. Und für Thriller ist Multi-Perspektivität sogar ein Muss.

 

Wenn man diesem Thread hier folgt, müssten diese Bücher allesamt der perspektivische Bodensatz der Literatur sein...

 

Deshalb meine Aussage, dass es sich um ein brancheninternes Schreckgespenst handelt.

 

Solange sie der Geschichte folgen können, und sie spannend und interessant ist, interessieren sich die Leute auf dem Lesesessel nicht für Menge der Perspektiven, für sinvolle oder sinnlose Wechsel, oder auktorial bis personell.

 

Wie gesagt, das macht das Thema nicht unwichtig, aber auch nicht so allesbeherrschend wie es (bei mir) hier herüberkommt... :-/

 

Gruß,

Marco!

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Damit es nicht so abstrakt bleibt, vielleicht einfach mal zwei Beispiele:

 

Der Held stürzt ins Zimmer, wo er das Lösegeld für seine entführte Oma an Kater Karlo übergeben soll. Ganz aufgelöst berichtet er, dass er auf der Treppe gestolpert sei, der Lösegeldkoffer sei die Stufen hinabgepoltert und unten habe ihn ein Hund geschnappt und sei damit auf und davon.

 

Nach Abschluß der Schilderung ist es durchaus im Rahmen der personalen Perspektive:

 

"Kater Carlo glaubte ihm nicht."

 

Natürlich würden Puristen einwenden, dass der Held nicht wissen kann, was Kater Carlo glaubt oder nicht glaubt und man folglich schreiben müsse:

"Kater Carlo zog die Augenbrauen hoch, seine Zigarre wippte auf und ab und all das verstärkte in X. den Verdacht, dass er Probleme mit der Glaubwürdigkeit des eben erzählten hatte."

 

Nur stört die einfach Version überhaupt nicht. Und in der Realität fällen wir ständig Urteile über andere Personen, ohne dass wir es genau wissen. Also halte ich solche einfachen Sätze durchaus für zulässig. [...]

 

 

OK, ganz so puristisch, wie ich dachte, handhabe ich das dann wohl doch nicht.

 

Wenn der Held selbst der Meinung ist, dass Kater Karlo ihm nicht glaubt, ist der Satz auf jeden Fall noch im Rahmen der personalen Perspektive.

 

Sabine

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