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Martina

Spannung

Empfohlene Beiträge

Hallo,

 

ich würde gerne unaufgeregt und nicht theoretisierend, sondern praxisnah über Spannung in Romanen reden.

 

Welche Wertigkeit hat Spannung in den Romanen, die ihr selbst schreibt? Wie erzielt ihr Spannung?

 

Gibt es Romane, die unspannend sind und trotzdem lesenswert - und warum?

 

Wie kann man Spannung definieren?

 

Gibt es Tricks, die Spannung erzeugen? Wie durchschaubar sind diese Tricks, und ist es von Bedeutung, dass sie durchschaubar sind (Stichwort: Cliffhanger)?

 

Zu welchem Zeitpunkt im Arbeitsvorgang beschäftigt ihr euch mit der Spannung? Geht dies nur von Anfang an, oder kann man auch ein chronologisch verfasstes Manuskript bei der Bearbeitung so umstruktieren, dass Spannung erzeugt wird? Welche Erfahrungen habt ihr mit diesen Methoden gemacht?

 

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass man auf einen Spannungsbogen in der Handlung verzichtet?

 

Ich freue mich auf Gedankenaustausch - ohne den Wunsch, diese Fragen allumfassend zu klären und einen gemeinsamen Nenner zu suchen.

 

Liebe Grüße,

 

Tin

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Der alte Mann und Mr. Smith ist so ein Buch, zumindest eines das mir so einfällt, es hat keine Spannung aber es ist unglaublich unterhaltsam.

 

Ich glaube auf Spannung kann man nur dann verzichten, wenn man die Erzählkunst so beherrscht, dass man die Leser nur durch die Wortwitz gefesseln kann.

 

Ich glaube, Spannung ist sehr wichtig, gerade im Thrillerbereich. Ich hab früher viel mit Cliffhanger gearbeitet, das ist zwar nett, aber doch ziemlich abgelutscht. In meinem neuen Projekt, habe ich jedoch ein Experiment gewagt, dass ich jetzt noch nicht verraten kann.

 

Mein Spannungsbogen besteht von Anfang an, besonders die ersten Seiten müssen rocken, damit man weiterliest. Ich glaube allerdings nicht, dass man ein bereits bestehendes Ms noch spannend machen kann, für mich würde das nicht funken, ich würde es dann lieber noch mal neu schreiben, denn jeder Spannungsbogen braucht auch die entsprechenden Ereignisse.

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"Etwas geschah"

 

Mein Lieblingssatz von Wolfgang Hohlbein ;D

Zwei Wörter, die so viel Spannung erzeugen und zudem überall eingesetzt werden können.

 

Ich finde das klasse.

 

Liebe Grüße

Monika

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Welche Wertigkeit hat Spannung in den Romanen, die ihr selbst schreibt? Wie erzielt ihr Spannung?

 

Das kommt auf den Roman an. Bei meinen Pferdegeschichten erziele ich die Spannung duch die Interaktion zwischen den Charakteren und teilweise auch durch Geschehnisse, die meine Protagonisten in eine spannende Situation bringen.

Da geht es aber in erster Linie um Freundschaft, kleine Geheimnisse, was Mädchen im Teenageralter halt alles so bewegt und was demzufolge die Zielgruppe als spannend empfindet, ein erwachsener ( und womöglich auch noch männlicher ) Leser aber wahrscheinlich absolut uninteressant fände.

Bei dem Thriller, an dem ich gerade schreibe, steht Spannung im Vordergrund, alles ist sehr rasant, meine Protas geraten von einer gefährlichen Situation in die nächste, fliehen sie nicht gerade vor gemeingefährlichen verbrechern, kommen sie einander näher, was ja auch Spannung beinhaltet.

 

Gibt es Romane, die unspannend sind und trotzdem lesenswert - und warum?

 

Ja, ganz sicher, aber sie sind nicht unspanend, sondern haben eine andere Art von Spannung als ein Thriller. Charles Dickens hat z. B. viele Erzählungen geschrieben, die wunderbar das Leben der Menschen seiner Zeit wiederspiegeln. Ohne nervenzerfetzende Geschehnisse, aber doch sehr schön zu lesen.

 

Wie kann man Spannung definieren?

 

Für mich hat das viel auch mit dem Schreibstil zu tun. Die Handlung knn noch so spannend sein, wenn der Autor nicht mitreißend formulieren kann, empfinde ich es als langweilig.

 

Gibt es Tricks, die Spannung erzeugen? Wie durchschaubar sind diese Tricks, und ist es von Bedeutung, dass sie durchschaubar sind (Stichwort: Cliffhanger)?

 

Ich arbeite bei meinem Thriller mit Hinweisen, deute an, was einige Seiten später dann wichtig für die Handlung wird ( es aber vorher schon war ).

 

Zu welchem Zeitpunkt im Arbeitsvorgang beschäftigt ihr euch mit der Spannung? Geht dies nur von Anfang an, oder kann man auch ein chronologisch verfasstes Manuskript bei der Bearbeitung so umstruktieren, dass Spannung erzeugt wird? Welche Erfahrungen habt ihr mit diesen Methoden gemacht?

 

Direkt von Anfang an spannend.

Ich schreibe eher in zu flottem Stil und muss dann beim Überarbeiten noch einiges hinzufügen, da ich wie eine Wilde durch die Szenen hetze.

 

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass man auf einen Spannungsbogen in der Handlung verzichtet?

 

Die Charaktere und ihre Beziehung zueinander muss so interessant sein, dass sie die Handlung selbst tragen können.

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Das sind zwar Filmbeispiele, aber egal:

 

Spannung entsteht zum Beispiel durch den "Zeittrick" - nenne ich jetzt mal so, vielleicht heißt das anders.

 

Beispiel: Film DOA Bei Ankunft Mord

 

Die Hauptfigur erfährt am Anfang des Films, dass sie vergiftet wurde und nur noch x Stunden Zeit hat, um den eigenen Mord aufzuklären.

 

Tatort, Titel hab ich vergessen. Einer der Kommissare steckt mit dem Verbrecher im Fahrstuhl, der Verbrecher hat dem Kommissar eine Spritze gesetzt, die zu wirken beginnt. Der Kommissar hat das per Handy seinen Kollegen mitgeteilt, die wissen also, sie müssen SCHNELL handeln.

 

-Vorausdeutungen erzeugen Spannung. Es wird schon zu Beginn des Buchs angedeutet, dass irgendwas passiert. (Gern in Krimis anzutreffen)

 

-Spannung entsteht, indem Fragen aufgeworfen werden, die der Leser unbedingt beantwortet haben möchte. Das müssen keine Krimifragen sein.

Es kann auch spannend sein, zu erfahren, ob zwei Leute zueinanderfinden.

 

Ob der Schimmelreiter es schafft, den Deich zu flicken.

Wer der Verfolger Lolitas und HUmbert Humberts ist.

Ob Tom Ripley gefasst wird oder nicht.

Wie die Protagonistin in Insel 34 ihre Insel erreicht und ob überhaupt.

Ob Hans Castorf jemals vom zauberberg runterkommt und ob er nun wirklich schwer krank ist oder nicht.

 

Das funktioniert umso besser, je mehr den Leser das Schicksal der Figuren interessiert, je mehr er sich identifiziert und mitfiebert. Bloßes Rätselraten ist eher unbefriedigend.

Alles unvollständig und mal eben so hingetippt.

 

Gruß

A.

http://annette-amrhein.de/

Ein Beitrag in "Zeit zum Genießen",  Insel Verlag 2021 

ebook für Kinder: 24 Geschichten für Weihnachten und Advent, amazon

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Hallo Tin,

das Thema Spannung ist ja auch Genreabhängig, eigentlich muss ein Roman immer spannend sein, aber was spannend ist und wie die Spannung aufgebaut wird, das unterscheidet natürlich die Genres. Ich kann da nur für mich sprechen, weil in meinem Genre die Spannung das A und O ist.

Also, ich versuche das Buch gleich spannend zu starten (nicht nur aus Marketinggesichtspunkten), die ruhigen, erklärenden Szenen dann lieber etwas später einzufügen. Wie Irena schon so treffend schrieb: der Anfang muss rocken!

Cliffhanger mag ich überhaupt nicht, wenn ich actionhaltige Spannung habe, dann löse ich sie auch baldmöglichst auf, weil ich auch selber nicht so gerne im Ungewissen tippe. Da bleibe ich lieber mit Antworten (Wer? Was? Warum?) noch ein bisschen länger im Unklaren, auch ne Art von Spannung.

 

Nun zu einigen Deiner Fragen:

 

Spannung definieren: Ganz einfach, durch unlösbare Situationen, physische Gefahr usw. Das ist billig und einfach. Weiter bin ich mit meinem schriftstellerischen Können noch nicht gekommen.

 

Spannung erzeugen: Durch scheinbar unlösbare Situationen, Gefahr, aber auch durch unterschwelligen Druck auf den Chara. Es sollte immer noch eine größere Gefahr hinter der Gegenwärtigen stecken. Etwas, das Prota am Handeln hindert, das den Preis für einen Sieg zu hoch erscheinen lässt und Prota vor eine charakterliche Entscheidung stellt.

 

Spannung erzeugen: Kurze Sätze, keine Erklärungen, eingeschränkte Sicht des Charas. Atemloses Erzählen. Keine Zeit für Erklärungen. Achtung, da geht es schon wieder weiter! Eventuell auch durch einen Sprung in Perspektive und Zeit, vielleicht direkt in den Kopf eintauchen und ins Präsens springen.

 

Ab wann: Gleich von Anfang an, die Spannung ist vordergründig Sinn und Zweck der Erzählung. Ein dahinterstehender Sinn erschließt sich nur dem aufmerksamen, wirklich tief lesenden Leser.

 

Durchschaubar: Klar! Dass die Prota nicht auf Seite 3 den Löffel abgibt, sollte jedem klar sein. Also wird sie auch aus der schlimmsten Eröffnungsszene halbwegs unbeschädigt rauskommen. Wie übrigens aus jeder Szene bis kurz vor Schluß, wo der Leser sich fragt, ob das gutgeht.

 

Spannungsbogen: Ein Geständnis, ich habe bei meinem jetzigen Roman keinen! Es ist eine vordergründig absolut geradlinige Geschichte, also versuche ich Spannung immer zwischendurch einzustreuen. Es ist sozusagen ein Entwicklungsroman im All und alles entwickelt sich schön langsam und der Reihe nach vor sich hin. Ob das gut geht und ob ich das durchhalte? Ausgang offen! Im nächsten Band gibt es dann auch einen richtigen Spannungsbogen.

Wie man den spannt: Durch ein fernes Ziel, das erst ganz am Schluß, gegen jede Chance und viele Widerstände erreicht wird. Natürlich in einem grandiosen, vielleicht auch untypischen, vom herkömmlichen Muster abweichenden Showdown!

 

Auf den Spannungsbogen verzichten: Ich glaube, das geht nicht, zumindest nicht hintergründig. Im Vordergrund drauf verzichten, das versuche ich gerade. Aber letztendlich wird sich der Leser immer eine Frage stellen, die erst am Schluß beantwortet werden sollte.

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Schwierig wird es, Spannung zu erzeugen, wenn man eine 'gute' Figur hat, von der der Leser weiß, dass sie ohnehin alle Situationen meistert.

 

Daher würde ich bei z.b. Thrillern die Hauptfiguren die Actionszenen verschlafen lassen. Da sollten die Nebenfiguren ran! :s21

 

Spannung liegt in der Luft. <- Bei solchen Phrasen frage ich mich immer, ob das ne Einschlafhilfe ist. ;D

 

Quiddy

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Spannung entsteht, indem Fragen aufgeworfen werden, die der Leser unbedingt beantwortet haben möchte.

Jawohl!

Meine Damen und Herren, Annette hat es auf den Punkt gebracht. Das ist das Wesen der Spannung. Was Spannung ist und wie man sie erzeugt, beides steckt in dieser Aussage.

Das erklärt auch, warum Spannung in der Tat genreabhängig ist: Nicht jeder Leser findet dieselben Fragen spannend.

 

Peter

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Und nun zum praxisnahen Teil: ;D

 

Wie kann man Spannung definieren?

Das hat Annette beantwortet. Es geht um aufgeworfene Fragen, die der Leser unbedingt beantwortet haben will. Die Spannung ist der Drang nach den Antworten.

 

Welche Wertigkeit hat Spannung in den Romanen, die ihr selbst schreibt? Wie erzielt ihr Spannung?

Eine sehr hohe Wertigkeit, denn ich weiß, daß "der Leser" sowas haben will und er mich nur dann weiterempfiehlt, wenn er in dieser Hinsicht befriedigt wird.

Wie ich Spannung erziele, nun, das ist ein weites Feld. Trivialerweise lautet die Antwort: Ich sorge dafür, daß den Leser ständig Fragen quälen, die er beantwortet haben will. Dabei reicht es nicht, eine Frage aufzuwerfen und den Leser dann damit durch 400 Seiten zu quälen. Das funktioniert nicht.

 

Ich habe immer mehrere Level der Spannung. Zuoberst befinden sich grundsätzliche Fragen des Seins, also bei meinen Anderwelten beispielsweise, was es mit der anderen Welt auf sich hat, wer die Portale gebaut hat, wer der Oberbösewicht in Wirklichkeit ist, etc. Diese Fragen überspannen ganze Romane, in meinem Fall auch fünfe. Genauso wichtig wie diese Fragen so lange wie möglich unbeantwortet zu lassen, ist es aber auch, kleine Häppchen des Puzzles immer wieder zu offenbaren. Das wirkt wie Kilometersteine oder Fähnchen: Sie sind noch x Meilen vom Ziel entfernt. Motiviert ungemein. Gibt auch schöne Studien dazu.

 

Im Mittleren Level sind kleinere aber immer noch große Probleme angesiedelt: Wird Friedrich seine Expedition auf die Beine gestellt bekommen? Schaffen Eva und Otto es, sich ohne Geld und Sprachkentnnisse durch eine fremde Kultur zu schlagen? Gibt es ein Entkommen aus dem endlosen Flußtal? Sehr schön ist die Häppchentaktik auch hier, wobei ich dazu neige, manchmal kurz vor dem Ziel eine Wendung einzubauen, die den bisherigen Erfolg zunichte macht. Das hält die Geschichte unvorhersehbar. Darf man aber nicht zu oft machen, sonst wird sie andersherum vorhersehbar ("das klappt doch eh nicht").

 

Auf dem untersten Level sind dann schließlich kleinere aber dafür heftige Spannungspunkte: Entkommt Person XY dem Monsterangriff? Was ist das für eine seltsame Maschine, was wird sie gleich tun? Die Auflösung überspannt nur wenige Zeilen bis zu maximal einem Kapitel, länger würden die Nägel des Lesers nicht halten.

 

Gibt es Romane, die unspannend sind und trotzdem lesenswert - und warum?

Jeder Roman, den ich ein zweites Mal lese, hat dieses Merkmal. ;D

Aber manchmal ist es auch beim ersten Lesen so. Warum? Weil der Genuß eines Buches nun einmal nicht nur aus Spannung besteht.

Bei mir kommt noch ein weitere Faktor hinzu: Wie an anderer Stelle geschrieben, lebe ich ganz gut damit, bei Büchern, die ich selbst als Leser lese, keine offenen Fragen zu haben; ich genieße es nicht wirklich, gespannt zu werden, ich baue Spannung gerne so schnell wie möglich ab. Bei einem Roman, indem ich ihn möglichst zügig durchlese, hehe. Ich sehe hier eine verwandschaftliche Beziehung zu Sachbüchern, die mir ebenfalls Antworten auf Fragen geben, die mich spannen. Ich lese sie, um meine gespannte Neugier zu befriedigen, und nicht, um mir welche aufzuladen.

 

Gibt es Tricks, die Spannung erzeugen? Wie durchschaubar sind diese Tricks, und ist es von Bedeutung, dass sie durchschaubar sind (Stichwort: Cliffhanger)?

Wenn es Tricks gibt, so kenne ich sie nicht oder wende sie so intuitiv an, daß sie mir unsichtbar erscheinen. Meine Spannung ist inhaltsgetrieben und - so komisch das auch klingen mag - ehrlich. Es gibt bei mir nichts zu durchschauen.

Ich sehe manchmal bei anderen, daß sie zu tricksen versuchen, wenn es seine Wirkung bei mir verfehlt. Cliffhanger sind so eine Sache. Ich mag Cliffhanger so wenig wie Werbeunterbrechungen. Wobei der Cliffhanger wohl auch die Spannung weder steigert noch auslöst. Die Frage, die ich beantwortet haben will, wird nur halt nicht zeitnah beantwortet, sondern ich muß mich erst mal durch andere Themen hindurchlangweilen, bevor es weitergeht.

Im Horrorbereich einbeliebter Trick ist: Wenn das Monster endlich tot ist, zeigt die letzte Einstellung ein schlüpfendes Ei oder neues Monster, um auf eine Fortsetzug einzustimmen. Ich finde diesen Trick so putzig wie den Cargo-Kult primitiver Dschungelbewohner: Für den, der keine Ahnung hat, überaus logisch. Funktioniert nur leider nicht.

 

Zu welchem Zeitpunkt im Arbeitsvorgang beschäftigt ihr euch mit der Spannung? Geht dies nur von Anfang an, oder kann man auch ein chronologisch verfasstes Manuskript bei der Bearbeitung so umstruktieren, dass Spannung erzeugt wird? Welche Erfahrungen habt ihr mit diesen Methoden gemacht?

Da ich denke, daß Spannung der Handlung und dem Romanaufbau entspringt und nicht (biligen) Tricks, halte ich den nachträglichen Einbau für schwierig. Aber nicht unmöglich. Wobei es immer schwieriger wird, je höher der Level der offenen Fragen sein soll. Eine Szene, in der was kurzzeitig Spannendes passiert (z.B. Verfolgung) ist ja noch einigermaßen schnell eingefügt, aber mittelfristige bis romanübegreifende Fragen nachträglich einzubauen ist Siyphusarbeit. Ich hatte beim blauen Portal das Problem, keinen übergreifenden Spannungsbogen in der Urfassung zu haben. Glück für mich, daß ich schon eine Antwort hatte, auf die ich nur die Frage zu machen brauchte: Wird Friedrich seine Expedition auf die Beine gestellt bekommen? Da war es dann mit ein paar kleinen Kapitelerweiterungen getan.

 

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass man auf einen Spannungsbogen in der Handlung verzichtet?

Das ist etwas, das ich mich (noch) nicht traue. Aber rein hypothetisch wäre die Antwort: Der Rest muß faszinierend genug sein.

 

Peter

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Wie erzielt ihr Spannung?

 

Gibt es Tricks, die Spannung erzeugen? Wie durchschaubar sind diese Tricks, und ist es von Bedeutung, dass sie durchschaubar sind (Stichwort: Cliffhanger)?

 

Also ich versuche durch ein Hinauszögern Spannung zu erzeugen in vielen Fällen. Ein Konflikt bahnt sich an, schwebt in der Luft, wird gelöst. Ich finde es wichtig, dass sich dieser Konflikt mit der Zeit verschärft, sei es durch ein ablaufendes Zeitlimit (arg abgedroschen) oder einfach dadurch, dass nach und nach neue Probleme auf den Protagonisten einprasseln, dass die letzten Strohhalme nach denen er greift, unter seinen Fingern zerbrechen, sozusagen.

 

Und ich mag diesen Moment der "Ruhe vor dem Sturm".

Mann geht über die Straße. Ein Blumentopf fällt vor ihm zu Boden, er wischt sich den Schweiß von der Stirn, alles gut gegangen, ein Bus überfährt ihn. Sowas mag ich. Dieses altbekannte Auto hängt über einer Klippe, aber stürzt nicht ab. Die Insassen können ihr Glück nicht fassen, eine Möwe landet auf der Motorhaube und dann ... Okay, ist jetzt nicht gerade ein Riesenbeispiel, aber man versteht, was ich meine hoffentlich.

Außerdem versuche ich ein wenig unberechenbar zu sein, indem ich Muster variiere. Figuren und Situationen als Klischee und altbekannt anlege, sie dann aber letztendlich anders auflöse, als man es gewöhnt ist und kennt.

 

Die erzählerischen Mittel -gerade die beschränkte Sicht des Protagonisten, die Rocker erwähnt hat - empfinde ich als sehr wichtig, ich glaube sogar, sehr viel Spannung entsteht dadurch, dass die Handlung und die Personen nachvollziehbar und menschlich sind. Figuren sollten natürlichen Impulsen folgen, die jeder nachvollziehen kann (Die Angst der Eltern vor dem Verlust des Kindes, Minderwertigkeitsgefühle, Furcht, Hass, Verlangen), dann empfinde ich sie als glaubwürdig und stark, kann mich mit ihnen anfreunden, ihnen ihre Erfolge gönnen, dann fiebere ich bei ihrer Geschichte auch mit (ich komme ungern wieder mit Martins Lied von Eis und Feuer, aber trotzdem: Jede der Figuren folgt einem Urtrieb: Da ist die Mutter, die um ihre Kinder bangt; der kleine Mann, der sein Leben lang verlacht wurde; ein anderer, der nie überwunden hat, dass ihn seine Jugendliebe für einen stattlicheren Mann verlassen hat, ein Dritter, der eine Frau liebt und sie nicht lieben darf - das sind alles ganz nachvollziehbare, starke Emotionen, jeder kennt diese Gefühle -meist in schwächeren Ausmaßen, aber trotzdem). Spannung entsteht für mich in erster Linie aus den Figuren und meiner Sorge um sie.

Als aktuelles Beispiel: Diese ganzen CSI/Criminal-Intent Krimi-Tv-Dutzendware ist für mich nicht spannend, weil die Figuren so fremd wirken. Da bringt einer den anderen um, weil dessen Kind in den Elite-Kindergarten gekommen ist und nicht das eigene ... okay. Vor ein paar Tagen lief eine Cracker (Für alle Fälle Fitz)-Folge, ebenfalls ein Tv-Krimi. Dort wurde über 90 Minuten lang ein Psychogramm eines Täters zusammengebastelt, bis er zu einem plastischen Wesen wurde. Dort habe ich tatsächlich mitgefiebert, die Geschichte hat mich eingenommen, da habe ich vor dem Fernseher geklebt. Und dort war auch die schlußendliche Motivation des Täters eine sehr nachvollziehbare.

 

Zur Durchschaubarkeit: Da muß man schon unterscheiden zwischen Vielleser (und -seher) und Normalleser - und seher. Ich glaube für den Vielleser sind viele Muster recht schnell durchschaubar, weil er weiß, worauf er achten muß. Man weiß, dass der Killer nicht tot ist, wenn er eine Klippe runterstürzt. Man weiß, dass der beste Freund des Helden in einem Thriller mit hoher Wahrscheinlichkeit ein doppeltes Spiel spielt. Man weiß, dass eine wahnsinnig attraktive Frau, die dem Helden aggressiv den Kopf dreht, zu 99% eine falsche Schlange ist.

Allerdings lassen uns gut gemachte Geschichten diese Kniffe und Tricks vergessen. Das liegt am Wesen der Spannung. Gute Spannung nimmt den Leser so ein, dass er nur das, was Gerade passiert, sieht und nicht zum Reflektieren über Muster kommt.

 

Gruß

Peter

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Das ist ein spannendes Thema!

 

Welche Wertigkeit hat Spannung in den Romanen' date=' die ihr selbst schreibt? Wie erzielt ihr Spannung?[/quote']

 

Indem ich gleich damit einsteige. Ein erster Satz bei Büchern, die ich kaufen möchte, der langweilig ist, lässt mich das Buch ins Regal zurückstellen, egal, ob es sich um Unterhaltung handelt oder anderes. Er muss einen Wurf auf das Gesamte machen, sozusagen.

 

Gibt es Romane, die unspannend sind und trotzdem lesenswert - und warum?

Wenn die Spannung nicht vordergründig durch Action, sondern durch subtile Entwicklingen, Hinweise und Vorausdeutungen erzeugt wird. Was wird mit Scarlett O'Hara und ihren Männern? Wie netwickelt sie sich weiter?

 

Wie kann man Spannung definieren?

 

Als die unbändige Lust, weiterzulesen.

 

Gibt es Tricks, die Spannung erzeugen? Wie durchschaubar sind diese Tricks, und ist es von Bedeutung, dass sie durchschaubar sind (Stichwort: Cliffhanger)?

 

Ich glaube, Tricks sind für den Leser durchschaubar und damit nicht spannend. Den Cliffhanger kann man bewusst einsetzen, aber damit sind wir wieder beim "Gefühl" und Bauchschreiben. Es gibt keine ratschläge, die für alle Autoren und alle Gneres gelten können. In einem Thriller ist der Cliffhanger unentbehrlich, in meinem historischen Roman setze ich ihn auch ein, eher unbewusst.

 

Zu welchem Zeitpunkt im Arbeitsvorgang beschäftigt ihr euch mit der Spannung? Geht dies nur von Anfang an, oder kann man auch ein chronologisch verfasstes Manuskript bei der Bearbeitung so umstruktieren, dass Spannung erzeugt wird? Welche Erfahrungen habt ihr mit diesen Methoden gemacht?

 

Ja, es geht nur von Anfang an, nachträglich kann man unmöglich Spannung erzeugen.

 

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass man auf einen Spannungsbogen in der Handlung verzichtet?

 

Darauf würde ich nie verzichten. Ich lese ungern unspannende Romane und möchte sie auch nicht schreiben.

 

Ich freue mich auf Gedankenaustausch - ohne den Wunsch, diese Fragen allumfassend zu klären und einen gemeinsamen Nenner zu suchen.

 

Das kommt mir zupass. Ich möchte auch keine Schlagabtausche über das , was besser oder schlechter ist, sondern gegenseitige Anregungen.

 

 

Liebe Grüße,

 

Christa

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Moin Tin,

 

einen lesenswerten Artikel zur Theorie findet man bei Wikipedia (Link ungültig) (Link ungültig).

 

Ganz praktisch denke ich, es gibt zwei verschiedene Arten von Spannung:

 

Die über den ganzen Roman gehaltene und die szenische.

 

Im Herrn der Ringe bleibt es die ganze Zeit über spannend, man will wissen, ob die Hobbits den Ring einschmelzen und so Saurons Macht brechen können. Gleichzeitig fiebert man aber mir ihnen, wenn sie z.B. beinahe unter die Hufe der Pferde der schwarzen Reiter kommen.

 

Ich denke, jede Spannung entsteht aus Konflikten und aus dramaturischer Fallhöhe. Wir lieben die netten Wesen von Mittelerde und wollen, dass Frodo den Ring ins Feuer schmeißt, weil sonst die Dunkelheit über die niedlichen Kerlchen kommen wird. Wir mögen auch Frodo und wollen deshalb, dass er all den Bösen, die ihm nachstellen entgeht. So greifen die beiden Spannungsformen ineinander. Außerdem geht es 'um alles', d.h. wenn Frodo und die Hobbits ihr Ziel nicht erreichen, geht ihre Welt unter. Zudem wissen wir bis zum Schluss nicht, ob Frodo es wirklich schafft.

 

Das ist, sehr luschig beschrieben, die klassische Spannung.

 

Große Kunst ist es mMn, Spannung ohne diese Elemente zu erzeugen. Der Schakal ist ein Auftragskiller, für gewöhnlich sind das keine sehr sympathischen Protagonisten. Er soll Charles de Gaule umbringen, der, wie wir alle wissen, sehr friedlich im Bett gestorben ist. Wie Forsyth es schafft, unter diesen Bedingungen die Spannung über das ganze Buch zu halten, ist wahrhaft ein Meisterstück. Und gleichzeitig großartiges Handwerk.

 

Ich glaube aber, dass man Spannung nicht 'aus dem Gefühl heraus' entwickeln kann. Es mag da Ausnahmen geben, mehr oder weniger Zufälle, aber die Meister wissen, wie man Spannung erzeugt.

 

Gruß

 

HW

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Bei humorvollen Büchern kann man gut auf Spannung verzichten.

 

Tom Liehrs Buch 'Idiotentest' ist nicht unbedingt spannend - aber unglaublich witzig. Man liest die Szenen, weil man bei den Figuren sein will, sich über sie kugeln möchte.

 

Und gerade in Toms Buch wird augenscheinlich, was eine Geschichte haben muss, um den Leser zu fesseln - egal ob mit Spannung oder Humor:

Charismatische Figuren!

 

Ich stelle übrigens die Wichtigkeit der Figuren über den Plot!

Bösewicht versucht den Held zu bezwingen. Unglaublich langweilig, egal wie special-effekt-aufgeladen die Szenen auch sein mögen - weil der Held sowieso gewinnt. (Und wenn er schlußendlich doch bezwungen wird - bis dahin gewinnt er immer!)

 

Doch ein charismatischer Bösewicht, der innere Kämpfe ausfechtet, kann unglaublich spannend sein. Er will in eine Bar, hatte Streit mit seiner Frau, und will eine andere Frau vergewaltigen, um Aggressionen abzubauen. Er sucht und sucht, langsam meldet sich das Gewissen, er sucht weiter, wird immer 'vernünftiger', kämpft dagegen an und puscht sich wieder hoch (weil ihm einfällt, dass ihn seine Frau einen Waschlappen nannte) kommt dann wieder herunter und dann sieht er, wie eine hübsche Frau die Bar verläßt ...

 

Grüße

Quidam

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Nun ist schon viel Kluges darüber geschrieben worden, wie man die rechte Spannung aufbaut. Ich muß und will hier - auch aus Zeitgründen (Länge der Beiträge ???) - nichts mehr anfügen. Ich mache nichts anderes als ihr auch.

 

Letztendlich bestätigt der Leser (hoffentlich!), ob ein Roman spannend ist, z.B. wenn er dich anruft und ganz aufgeregt erzählt, daß er die letzte Nacht kein Auge zugetan hätte, weil der Roman so spannend gewesen sei.

Dann weiß man, daß man es richtig macht / gemacht hat.

 

Liebe Grüße

Helene

Helene Luise Köppel:  Romanreihe "Töchter des Teufels" (6 Historische Romane über den Albigenserkreuzzug); sowie Romanreihe "Untiefen des Lebens"  (6 SÜDFRANKREICH-thriller), Neu in 2022: "Abkehr".

                                         

                                 

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einen lesenswerten Artikel zur Theorie findet man bei  Wikipedia (Link ungültig) (Link ungültig).

 

Der ist wirklich lesenswert. Und bringt noch mal ein paar Aha-Effekte. Meister der Spannung, um noch mal zwei zu nennen, sind zum Beispiel Hitchcock und Patricia Highsmith; letztere hat auch ein Buch über "Suspense" geschrieben, so weit ich weiß. Zwei Elemente möchte ich ebenfalls herausstrecihen, weil sie für mich wichtig sind: die Spannung, die schon in einer Überschrift liegen kann "Tod eines Handlungsreisenden", Spannungsverstärker wie aufziehendes Wetter usw.

 

Die Spannung im "Herrn der Ringe" ist legendär, davon habe ich mich nicht nur einmal mitreißen lassen.

 

Ich glaube aber, dass man Spannung nicht 'aus dem Gefühl heraus' entwickeln kann. Es mag da Ausnahmen geben, mehr oder weniger Zufälle, aber die Meister wissen, wie man Spannung erzeugt.

 

Das glaube ich auch nicht. Man muss den Gesamtablauf schon sehr gut im Kopf haben. Gerade bei Krimis und Thrillern ist der Autor dem Leser ja immer einen Schritt voraus. Mir ist am liebsten eine Mischung aus innerfigürlicher Spannung und Spannung bei den äußeren Geschehnissen.

 

Gruß

 

Christa

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Letztendlich bestätigt der Leser (hoffentlich!), ob ein Roman spannend ist, z.B. wenn er dich anruft und ganz aufgeregt erzählt, daß er die letzte Nacht kein Auge zugetan hätte, weil der Roman so spannend gewesen sei.

Dann weiß man, daß man es richtig macht / gemacht hat.

 

Das ist eine tolle Rückmeldung. Ich habe nach deinen Büchern geschaut und muss sagen, dass sie sehr interessant und spannend klingen für mich, weil ich mich mit dieser Zeit (Katharer) auch beschäftigt habe.

Mich hat zwar noch kein Leser angerufen, aber in den Rezensionen hieß es dass die Einblicke in das Dichterleben spannend seien und dass der historische Roman alles hätte, was ein Roman braucht mitsamt Spannung(Verlegerin und Lektor). Also kann ich davon ausgehen, dass ich es "richtig" gemacht habe und ich bin dabei, mich immer mehr zu verbessern.

 

Liebe Grüße

Christa

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Spannung und durch was man sie empfindet wurde ja schon super erklärt. Zum Buch ohne Spannungsbogen: Gibt es das überhaupt? Wird nicht in jeder Geschichte zumindest EINE Frage aufgeworfen, deren Beantwortung man bis zum Ende harrt? Und sei es nur ob die Figur nun ihren verhassten Job wechselt, oder irgendwas anderes ändert, das sie wurmt, oder zumindest lernt damit zu leben, eine andere Sicht der Dinge bekommt. Zumindest in der U-Lit ist das doch so ziemlich immer der Fall. Dann ist der Spannungsbogen zwar manchmal flach und nicht sehr gebogen, aber es gibt ihn.

Was auch schon gesagt wurde in diesem Zusammenhang, mir aber wichtig erscheint, wenn es tatsächlich so gut wie keine Spannung gibt: Der Sprachstil. Er sollte entweder ungewöhnlich genug sein, oder witzig. Recht banale und dennoch unterhaltsame Geschichten gibt es da draußen, die durch ihre Sprache begeistern, nicht durch einen spannungsreichen Plot.

 

LG

Joy

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Hallo zusammen,

 

es gibt für mich sehr unterschiedliche Spannungen.

 

Es gibt die "Sprachspannung"- also der Rhythmus und Klang der Sprache, die Wortwahl, die einen Leser in eine Geschichte ziehen, das Spiel mit Satzlängen und -kürzen, mit "Sähen und Ernten" und vielem mehr- die sowohl szenisch als auch Gesamtheitlich sein kann.

 

Es gibt die "Figurenspannung"- Diese Spannung entsteht, weil der Leser eine Figur kennenlernt, und über dieses Kennenlernen hoffentlich beschließt, sie auf der Weite eines Romans zu begleiten. Die inneren Prozesse dieser Figur wie Gefühle, Gedanken, Entscheidungen schaffen eine Spannung, die sich einerseits szenisch verwenden läßt: was wird die Figur machen; warum macht sie das; wer ist diese Figur, usw. ... oder auch über den Roman: wie entwickelt sich die Figur weiter; wohin wird diese Figur in diesem Roman kommen, usw. ...

Diese Spannung ist nicht so direkt für den Leser greifbar wie "Handlungsspannung", weil sie alleine nicht so atemlos erscheint.

Dafür steigert diese Spannung alle anderen Spannungen, weil die Figur dem Leser nicht egal ist "Einladung zur Empathie", und somit alles, was ihr passiert, ihn stärker interessiert.

 

Es gibt die "Handlungsspannung"- Diese Spannung entsteht aus den verschiedenen Plots der Geschichte, ist also szenisch oder auch übergreifend, je nach Plot.

Dabei entsteht die Spannung daraus, was mit der Figur durch den Plot geschieht, und wie Plot und Figur sich gegenseitig beeinflussen.

Ist der Leser nur über den Plot an den Roman gebunden, so mag der Plot die Geschichte "atemlos" machen, aber ohne Figurenspannung "Einladung zur Empathie" und die Spannung aus der gegenseitigen Beeinflussung Figur & Plot- besonders bei starken Figuren, bleibt die Geschichte farblos, und es ist nur spannend.

 

Es gibt die "Ereignisspannung"- Diese Spannung entsteht, wenn unvorhersehbare Ereignisse, Deus Ex Machinas oder Zufälle auf die Figur oder den Plot einwirken, die sehr plötzlich kommen (und somit szenisch sind)- und somit nicht in der Figur oder im Plot angelegt sind.

Das ist eine Scheinspannung, weil mit der "Ereignisspannung" oft nicht so gelungene "Handlungsspannungen" aufgesext werden- da ist dann im dunklen Wald der gerade entlaufene Frauenmörder, der sonst keine Funktion im Roman hat. Oder es sind die Szenen, wo James Bond von seinen Gegnern gefangen ist, und langsam in ein Becken mit gentechnische manipulierten Kampfschnecken versenkt wird. Bei Fantasy sind es magische Zauberformeln oder Amulette, die alles verändern- und deren Wirkung vorher nicht erläutert wurde. Bei "Sakrileg" die Informationen, die einen Miniplot lösen, und den nächsten bedingen. Bei Horror sind es die immer wieder aufstehenden Massenmörder.

Bei "Ereignisspannung" wird der Plot durch Zufälle beeinflusst, gedreht, verbogen, und sehr oft so verändert (Wendungen und ähnliches), dass alles viel wichtiger wirkt, viel größer, oder z.B. für eine innere Angst ein äußeres Zeichen (meist wenig subtil durch eine Person, ein Wesen,...) gefunden wird.

 

Die meisten Romane verwenden alle vier Spannungen, es unterscheiden sich immer nur die Verhältnisse und Gewichtungen.

 

Gruss

 

Thomas

 

(P.S.: wieder ein langes theoretisches Posting. Shit. Ich arbeite dran.)

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Ich mag Menschen' date=' die mich durch ihre Erzählweise = Sprache fesseln. Weniger durch Hollywood mäßige Actionszenen. Insofern ist es wohl relativ, was jemand als spannend empfindet?[/quote']

 

Hallo Simone,

ich würde dir gern 100%ig zustimmen, aber ich denke doch, dass Spannung allgemeingültig in gewisser Weise von allen gleich empfunden wird. Ich war überhaupt kein Leser von schnellen handlungsgetriebenen Thrillern, aber als ich Dan Brown las konnte ich wegen der Hochspannung das Buch einfach nicht ablegen, und war von mir selbst überrascht! Die Figuren in diesem Buch waren flacher als Briefmarken und gefielen mir überhaupt nicht. Dennoch bin ich tatsächlich auf den Schreibstil reingefallen und konnte das Buch nicht weglegen.

 

Ich denke das Erzeugen von Spannung ist etwas, das in uns Menschen veranlagt ist und die ganze Spezies reagiert darauf. Auch hier gilt wieder, Ausnahmen bestätigen die Regel. ;) Außerdem möchte ich das lediglich als Verdacht in den Raum werfen.

 

LG

Joy

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Hey Tin!

 

Ich unterscheide zweieinhalb Sorten von Spannung:

 

Handlungsgetriebene Spannung. Das ist das, was Peter als das WESEN der Spannung bezeichnet: Der Leser wird neugierig gemacht und will wissen, was passiert.

 

Meistens heisst das, das die Charaktere im Buch mehr wissen als der Leser.

 

Es gibt auch die Charaktergesteuerte Spannung. Dazu braucht man gute Charaktere, mit denen der Leser sich identifziert, für die er mitfühlt, und von denen er nicht möchte, dass ihnen etwas pasiert. Geraten diese Personen nun in eine für sie gefährliche Situation, entsteht Spannung aus dem Wunsch, dass ihnen nichts geschieht. Hier wissen Leser und Romanfigur meist gleichviel über das Geschehen.

 

Es gibt noch eine dritte Form, eine Mischform: Den sogenannten Suspense. Hitchcock war das Meister drin.

Suspense bedeutet, dass der Leser mehr weiß als die Charaktere. Etwa wenn der Leser den Killer eknnenlernt, und erfährt, wie der Killer wen umbringen will. Und wenn der Killer und sein angehendes Opfer dann im Fahrstuhl steckenbleiben, weiß der Leser zwar bescheid, das OPfer aber nicht.

Das nennt man Suspense, und es verbindet Handlungsgetriebene Spannung und Charaktergesteuerte Spannung ganz hervorragend. ;)

 

So oder So. Spannung hat viel mit dem Mengenunterschied zu tun, wieviel der Leser weiß, und wieviel die Romanfiguren wissen. Aber das gerät jetzt wieder in den theoretischen Bereich und ist darum hier nicht von Belang. :s21

 

Praxisnah,

Marco! :s17

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Handlungsgetriebene Spannung.Es gibt auch die Charaktergesteuerte Spannung.Es gibt noch eine dritte Form, eine Mischform: Den sogenannten Suspense. Hitchcock war das Meister drin.

Suspense bedeutet, dass der Leser mehr weiß als die Charaktere.Das nennt man Suspense, und es verbindet Handlungsgetriebene Spannung und Charaktergesteuerte Spannung ganz hervorragend.

 

Dieses Modell überzeugt mich genauso und ist genausogut zu merken.

 

So oder So. Spannung hat viel mit dem Mengenunterschied zu tun, wieviel der Leser weiß, und wieviel die Romanfiguren wissen. Aber das gerät jetzt wieder in den theoretischen Bereich und ist darum hier nicht von Belang.

 

Doch, doch, weil es wirklich spannend ist. :)

 

Christa

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Liebe Tin.

 

"Tod in Venedig" (T.Mann)

 

"Flucht in den Norden" (K. Mann)

 

"Sons and Lovers" (D.H. Lawrence)

 

Das sind - beispielhaft - zwei Romane und eine Novelle, die mir spontan eingefallen sind, und die fuer mich etwas gemeinsam haben:

a) Ich habe sie geliebt und mehrmals gelesen.

b) Ich habe beim Lesen einzelne Stellen so oft hintereinander gelesen, dass ich ganze Absaetze hersagen kann - ohne den Drang, schnell weiterzulesen, weil ich unbedingt wissen wollte, was als naechstes geschieht.

c) Wenn ich jetzt gezwungen waere, die Handlung dieser Romane/Novelle zusammenzufassen, bekaeme ich gelinde Schwierigkeiten.

 

Ich denke deshalb, dass diese Beispiele zu Deiner Frage nach Romanen "ohne Spannung" passen muessten. (Ist nicht "Tod in Venedig" einer der schoensten Anti-Spannungstitel, der sich vorstellen laesst?)

Mir ist beim Nachdenken ueber Deine Frage aufgefallen, dass ich kaum einen Roman nennen koennte, den ich zu Ende gelesen habe, weil ich unbedingt wissen wollte, was als naechstes passiert und/oder weil er Fragen aufwarf, die ich unbedingt beantwortet sehen wollte.

Ich lese Romane gern, wenn sie Fragen aufwerfen, die ich relevant bis zur Unausweichlichkeit finde - und mit groesster Wahrscheinlichkeit unbeantwortbar.

An einen Roman fesseln mich Stellen, wie sie die oben genannten Buecher zuhauf enthalten: Seite um Seite, bei denen ich nur "Ja, ja, ja" schreien moechte oder die Klappe halten, weil das so zutrifft, mir so eingeht, mich so veraendert. Ein einziges Beispiel: In dem (durchaus nicht vollkommenen) Klaus-Mann-Roman schwimmen mehrmals Menschen in Fjorden. Und wenn einer so Menschen, die Todesangst haben und in Fjorden schwimmen, beschreiben kann, dass an mir alles kribbelt, mir das Herz rast und der Atem schwer geht und ich aus Todesangst sofort etwas ganz anderes machen moechte als Lesen, dann brauch ich keinen Spannungsbogen.

 

Herzliche Gruesse von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Und wenn einer so Menschen' date=' die Todesangst haben und in Fjorden schwimmen, beschreiben kann, dass an mir alles kribbelt, mir das Herz rast und der Atem schwer geht und ich aus Todesangst sofort etwas ganz anderes machen moechte als Lesen, dann brauch ich keinen Spannungsbogen.[/quote']

 

Der "Tod in Venedig" ist für mich auch einzigartig in seiner ihm eigenen Spannung, ebenso Klaus Manns Mephisto. Wobei ich den Titel, beide Titel brutal spannend finde. Dostojewski gehört für mich ebenfalls dazu, ach, ich könnte noch viele Beispiele aus der Literatur nennen. Sind nicht der "Spieler", der "Idiot", "Schuld und Sühne"als Titel charakterspannend ohne Ende?

Was du beschreibst, ist das ganz nahe Herangehen an die Figur, das Mit-Fühlen; das habe ich meisterhaft sowohl bei der einen (U)wie bei der anderen Art von Romanen (Kurzgeschichten, Novellen, Erzählungen) gesehen.

 

Bereicherte Grüße

Christa

 

Herzliche Gruesse von Charlie.

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Liebe Charlie,

danke, du hast mir jetzt Arbeit erspart. Ich grüble nämlich gerade anhand von Tins Frage, warum ich meine derzeitige Bettlektüre bis nachts um drei nicht aus der Hand legen kann. "Das Sägewerk" von Daniel Odija. Depression, Auswegslosigkeit, Wodka, so gut wie keine Handlung und der Haupteffekt derselben wird in drei Sätzen abgehandelt. Das Ende, das völlige Scheitern, ist von Anfang an absehbar. Trotzdem kann ich das Buch selbst beim Kochen kaum aus der Hand legen.

 

Genau das ist der Hauptpunkt:

An einen Roman fesseln mich Stellen, wie sie die oben genannten Buecher zuhauf enthalten: Seite um Seite, bei denen ich nur "Ja, ja, ja" schreien moechte oder die Klappe halten, weil das so zutrifft, mir so eingeht, mich so veraendert.

Hinzu kommt eine Sprache, die mich gefangen nimmt. Bilder, ungewöhnliche, in die ich nicht nur eintauchen will... in denen ich mich gern suhle. Und die Charaktere... allesamt abstoßend, aber bei allen finde ich mich ertappt, weil ich ein Stück von mir erkenne, allen kann ich mich nähern, weil ich ihre Menschlichkeit spüre... Menschlichkeit in ihrer Hässlichkeit, ihrem Hass, ihrer Gleichgültigkeit. Weil mich der Autor treibt mit seiner durchschimmernden Liebe für seine Figuren, seine Romanwelt.

 

Mehr braucht's nicht für Spannung - das Buch macht mich atemloser als jeder Thriller mit Cliffhangergarantie.

 

Schöne Grüße,

Petra

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("Verbrechen und Strafe" darf er jetzt endlich auch im Deutschen heissen, und es steht ihm besser, auch wenn's nicht mehr so reisserisch klingt.)

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

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