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Stephanie Schuster

Zadie Smith Von der Schönheit

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Stephanie Schuster

Gerade habe ich genervt Zadie Smiths dritten Roman zugeschlagen. Weil ich "Zähne zeigen" ihren ersten Roman so mag, habe ich mich auf "Von der Schönheit" gefreut und dem Buch beim Lesen mehrere Chancen gegeben, doch von Anfang an hatte ich das Gefühl, sie schweift ab, labbert mich zu, faselt... Was ist eigentlich die Geschichte? (Eine turbulente amerikanische Familie mit drei fast erwachsenen Kindern, Mutter Schwarze, Vater Weißer und ihr nicht sehr aufregender Alltag) Es fängt mit Emails an, die ja weitschweifig und einfach so rausgeschrieben sein dürfen, aber die sogenannte folgende Handlung ist es dann eben auch. Auch springt sie ständig von einer Perspektive in die nächste, gleich zu Anfang "dürfen" wir in das Innenleben aller eingeführten Figuren schauen. Es bleibt wenig Platz für eigene Phantasie.

In einem Interview (im Stern:  (Link ungültig)

) sagt sie: "Notizen? Macht sie sich nie. Eine Idee muss so klar sein, dass sie hängen bleibt."

Klingt für mich als Autorin, der gerade das schwerfällt, inspirierend. Doch leider bekommt man wirklich eine Art Rohtext vorgesetzt, obwohl sie im Vorwort ihren Lektoren dankt, die gekürzt haben, weil es sonst noch länger geworden wäre...

Interessant ist auch, dass sie: "Wiedersehen in Howards End" von Edward M. Forster (1879-1970) als Vorbild genommen und sozusagen Forsters Bestseller in die Gegenwart transportiert hat, eine modernere Version erzählen wollte.  Nur ohne Zusammenhang, erinnert es an ein fettüberwucherdes Skelett. Irgendwo ganz dünn ist eine Handlung zu erahnen.

Das Buch mag im Original witziger sein, weil es da vermutlich noch in verschiedenen Dialekten geschrieben ist, wie es (vermutlich dank des Übersetzers) in den "Begleitsätzen" zur wörtlichen Rede anklingt.

 

Ich dachte mir, dies ist ein tolles Diskussionsbuch für SchriftstellerInnen. Wo kriegt man sonst  mal eine Erstfassung zu lesen?

Zadie Smith bekam Preise dafür und laut Klappentext ist es ein Weltbestseller.

 

Wer von Euch hat es noch gelesen oder so wie ich, es versucht?

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Hallo Rebecca,

ich versuche seit Wochen, "Zähne zeigen" zu lesen. Und finde keinen Zugang. Das passiert mir sehr selten mit einem Buch, diesmal habe ich den Eindruck, vor einer überbordenden Stoffsammlung mit sicher interessanten Charakteren zu sitzen, frage mich aber nach ziemlich vielen Seiten: Was ist das eigentlich für eine Art Roman? Was will sie mir erzählen?

Ein bißchen liest es sich wie die Kaffeenachmittage bei meiner Großtante früher. Vielleicht ist das aber auch beabsichtigt... von T. C. Boyle kennt man das Abschweifen in tausend Geschichtchen ja auch. Nur stört es mich da nicht, weil die Luft um die Anekdoten klar bleibt.

 

Hier habe ich das Gefühl, jemand sollte mich an der Hand nehmen und hinführen.

Dir hat das Buch gefallen - kannst du mir die Hand reichen?

 

Schöne Grüße,

Petra

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Stephanie Schuster

Liebe Petra,

 

ich reiche Dir sehr gerne die Hand  ;),  Du reichst  sie mir mit Deinen vielen interessanten Beiträgen so oft !

 

Ich habe Zadie Smiths Zähne zeigen zuerst vom genialen Rufus Beck auf Kassette gelesen gehört, vielleicht probierst Du das, denn da ist es gekürzt!  Weil ich die Kassetten gebraucht gekauft habe, war promt das Band auf der zweiten Kassette beschädigt und so fehlte mir ein spannender Teil und ich habe das Buch gekauft und nochmal gelesen. So wie das Buch anfängt, mit einem Archibald, der sich umbringen will, hätte ich es ehrlich gesagt, auch nie gelesen, aber es strotzt von Humor und Situationskomik und es hat im Gegensatz zu "Schönheit" eine fortlaufende Handlung, sprich Spannung! Alle Nebenfiguren, und wenn es auch nur ein taubenmordener Metzger ist, tragen zu dieser Handlung bei, treiben sie voran. Sie springt, auch wenn sie abschweift immer wieder auf den roten Faden auf. Ehrlich gesagt hätte ich mich auch nie für Zeugenjehovas interessiert, aber der Teil im Buch ist fantastisch. Schreibtechnisch gibt  es viel zu lernen, gerade für Autoren (wie mich) die mit Worten eher sparen. Tolle Bücher können über JEDES Thema schreiben und jeden Leser erreichen, so ist es hier, finde ich.  Seitdem gehört es zu meiner Schreibbibliothek, wie auch das Geisterhaus (ähnlich schwelgerisch), Fräulein Smilas Gespür für Schnee (das ich beim ersten Lesen nicht mochte, seitdem x-mal gelesen habe) u. a.

Ich glaube, das Zadie Smith wie so viele berühmte Autoren glaubt, sie hats drauf, sie KANN schreiben, dabei ist es jedesmal ein Kraftakt, wie in allen Künsten, oder? Es gibt eben keine MASCHE um ein Kunstwerk zu schaffen.

Als ihr zweites Buch DER AUTOGRAMMHÄNDLER erschien, habe ich gelesen, dass sie aufhört zu schreiben, weil das Buch so verrissen wurde und sie sich vom Literaturbetrieb ausgebeutet (ich weiß es nicht mehr wörtlich) fühlt. Aber davon scheint sie sich erholt zu haben, den inzwischen wird sie wie ein Popstar behandelt.

 

Jetzt würde mich natürlich sehr interessieren, ob Du auch so eine "Schreibbibliothek" wie ich hast, mit inspirierenden Büchern..., aber dafür eröffne ich ein neues Thema.

 

liebe Grüße

Rebecca

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zufällig gerade im "perlentaucher" gefunden:

 

(Link ungültig)

 

aber ich vertraue euch!

 

;)

 

gruß. jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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In dem Artikel wird benannt, warum ich mich schon im ersten Buch so schwer tue:

Eigenartig pathetische Sätze wie "Unheimlich gerührt nahm Kiki seine Hand und führte ihn hinaus in den Garten, um die erwachende Natur zu betrachten" bremsen das Tempo der Dialoge. Das Gewimmel von unechten Phrasen, pathetischen Redewendungen und dem inflationär gebrauchten "Schatz" ist ungewohnt.

Ich leide an Pathos-Allergie... und ich hab versucht, sowas als Bettlektüre zu lesen.

Dank deiner Beschreibung, Rebecca, werde ich das jetzt im Wachzustand nochmal versuchen. Und zu deiner Bibliothek schreib ich gern was in einem neuen Thread.

 

Schöne Grüße,

Petra

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Meine Frau hat das Buch auf ihrem SUB, im Original. Sie hat natürlich auch die Vorgänger, die sie beide hervorragend fand, wird sie jetzt enttäuscht werden? Und ich habe mal versucht, den Autogrammheini zu lesen, bin damit nicht warm geworden, und konnte auch den unterschwelligen Humor nicht entdecken. Zu viele Worte für zu wenig Handlung. Ist Z. Smith eine Frauenschreiberin?

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.. ich muss gestehen, ich habe mittlerweile auch ein ganz ungutes Gefühl bei diesem Werk...

 

:s05 jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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[ot]

Rocker, ich liebe dich. Willst du mich heiraten?

;D ;D ;D ;D ;D

[/ot]

 

 

Das würde ich gerne tun, Astrid, ich bin auch ganz rot geworden. Noch nie hat sich eine Frau so sehr über eine Negativ-Kritik (und dann noch eine sexistische) von mir so gefreut. Leider muss ich Dir mitteilen, dass ich schon sehr glücklich verheiratet bin und zumindest meine Frau (Du weisst schon, die mit den vielen Zadie Smith-Büchern) vorher um Erlaubnis bitten müsste.

 

Trotzdem sehr geehrt sich fühlende Grüße vom

Rocki

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Ich habe es gewagt und lese gerade die O-Fassung, bzw. stecke mitten drin, kann es jedoch nicht abwarten, etwas darüber zu schreiben. Ich denke, so viel mehr Aufregendes ist von dem Buch auch nicht zu erwarten. Ich muss aber zugeben, dass ich es toll finde.

 

Unglaublich, wie diese Frau schreiben kann! Sie ist wahrlich nicht die größte Plotterin oder eine gewiefte Geschichtenerzählerin, aber ihre Beobachtungsgabe, ihre Beschreibungen, das beherrscht sie wirklich hervorragend. Ja, sie springt in den Perspektiven wild hin und her, jedoch hat man keine Probleme, sich sofort bei jedem Chara heimisch zu fühlen. Die Charas sind nachvollziehbar. Und tatsächlich kommt im Original durch die Sprache einiges noch besser raus. Wenn z.B. der Sohn von Prof. Belsey, eigentlich ein halbschwarzer Engländer, sich in Amerika bemüßigt fühlt, in einem falschen Brooklyn-Nigga-Slang zu sprechen, dann gibt das seinem anti-intellektuellen Ansichten noch zusätzlichen Ausdruck. Vor allem, dass es das im falschen Umfeld, einm sehr gebildeten, weißen, universitätsgepägten Vorort von Boston tut.

 

Überhaupt ist es einfach ein Genuss, wie Smith sich den Figuren nähert: Ihre Sprache ist distanziert, lakonisch, ehrlich. Jedoch stellt sie die Figuren nicht bloß, prangert niemanden an und bleibt sehr beobachtend. Trotzdem sieht man die Figuren nicht von oben herab, sondern mag sich auf sie einlassen. Sie kann verschiedene Charas darstellen, ohne dass man mit dem Holzhammer darauf hingewiesen wird, wer hier Anto und wer Prota ist. Diese Gedanken darf sich der Leser selbst machen. Hier interagieren verschiedene, teilweise skurrile Figuren miteinander und man ist alleine schon durch die Frage gespannt, wie denn jetzt z.B. diese beiden miteinander auskommen, wenn sie aufeinandertreffen.

 

Natürlich, ihre Szenen reißen oft etwas an, versprechen etwas, was dann nicht eingelöst wird. Mit sehr vielen Details wird etwas angekündigt und man fragt sich, wozu war es jetzt nötig, diese Szene mit so vielen Details auszustaffieren. Aber irgendwie war es dann doch keine Zeitverschwendung, den ganzen Kleinkram zu lesen. Die ganze Handlung scheint auf der Stelle zu treten, oder sich höchstens in Zeitlupe voran zu bewegen. Aber das, was dazwischen passiert, ihre ständigen Exkurse, das vermag mich auf seltsame Art zu berühren. Es ist quirlig, lebendig und trotz fehlender Handlungselemente fesselnd ... wenn man sich drauf einlassen mag. Ich habe selten bei einem Buch so gestaunt, erwische mich oft dabei, zustimmend mit dem Kopf zu nicken und frage mich, wie konnte sie das so gut beobachten. Und vor allem, wie ist es Smith gelungen, diesen bestimmten Sachverhalt so elegant darzustellen. Große Wahrheiten in wenige Worte packen, das ist ihre große Stärke. Vielleicht braucht sie dafür die vorhergehenden Exkurse und sabbeligen Einlagen.

 

Fazit: Im Nachhinein werde ich vielleicht, in einer ruhigen Minute mal, doch noch dem Autogrammjäger eine Chance geben. Vielleicht klappt es ja dieses Mal. Oder vielleicht erstmal "Zähne zeigen" nachholen.

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