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Judith Wilms

Autorenstimme, Stil und persönliche Macken

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Hallo Autoren,

 

Daniel sagte in einem anderen Thread:

 

Es werden viele Bücher geschrieben, aber nur ganz wenige Autoren haben eine richtige Autorenstimme beim Erzählen (das ist etwas anderes als ein persönlicher Stil). ... solche, die nicht nur eine Geschichte runtererzählen, sondern eine richtige Autorenstimme entwickeln wollen, die das Buch nicht nur thematisch interessant, sondern auch literarisch wertvoll macht.

 

Was ist eine Autorenstimme? Unterscheidet Ihr auch dazwischen und persönlichem Stil?

 

Ich beschäftige mich nämlich gerade damit: In meinem Manuskript gibt es gute Stellen, an denen ich ganz eigen schreibe oder die Szene ganz besonders aufbaue. Wie oft kann man dieses Eigene, manchmal auch Schwierige, wiederholen, ohne dass es nervt?

 

Wie etabliert man einen Stil, ohne dass der Leser denkt, jetzt macht die das schon wieder! Wie setzt man seinen Stimme ein, ohne maniriert zu werden...?

 

Gibt es auf so etwas Antworten? Stoppt Ihr Euch manchmal, wenn Ihr merkt, jetzt bin ich schon wieder so eliptisch / nüchtern / poetisch / ...?

 

Liebe Grüße

Judith

"Felix", FVA 2015,  jetzt als Kindle eBook // Ab 12.7.2021: "Liebe braucht nur zwei Herzen", Penguin Verlag // Sommer 2022: "Wenn dein Herz woanders wohnt", Penguin Verlag

www.judithwilms.com

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(Peter_Dobrovka)

Ich glaube nicht, daß man beides haben kann: Einen eigenen Stil zu pflegen UND dabei unauffällig zu bleiben.

 

Ich stoppe übrigens nie bei irgendwas. Ich schleife allerdings alles glatt, was mir beim Überarbeiten negativ ins Auge sticht.

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Hallo Judith,

 

ich weiß, was Du meinst.

 

Ich glaube, Du mußt unterscheiden zwischen einem eigenen Stil und bestimmten Stilelementen, die man zwar einsetzen darf, die man aber tatsächlich (je nach Stilelement) nicht häufen darf, wenn sie nicht penetrant wirken sollen. Etwa die Elipse gehört dazu, wenn ein Text nur noch aus unvollständigen Sätzen besteht, wirkt das wirklich maniriert.

 

 

Andererseits gibt es ganz große Autoren, die ihre Maniriertheit auf die Spitze treiben und die gerade deshalb einzigartig sind. Jean Paul aus der Romantik gehört dazu, auch Muschgs "Roten Ritter" habe ich ähnlich empfunden.

Aber das sind alles Autoren, die ich nicht zur gängigen Unterhaltungsliteratur zählen würde.  Daraus könnte man vielleicht sogar ein Prinzip ableiten: Diese sehr ausgeprägten Stileigenheiten findest Du vor allem bei den - Bitte an alle: nicht wieder die Debatte über U und  E! - Autoren, die man eher dem Bereich der "Klassiker" zuordnen würde.

 

Ich denke, daß Du, da Du ja einen belletristischen Roman schreiben möchtest, diese Stileigenheiten gut dosieren solltest. Gleichzeitig mußt Du natürlich aufpassen, daß Du dann nicht bei stilistichen Brüchen landest. Aber bisher wäre mir das bei Dir noch nicht aufgefallen.

 

Liebe Grüße

Anna

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Guten Morgen!

 

Vielleicht wäre es einmal gut, konkrete Beispiele zu nennen von überzeugenden Autorenstimmen??

 

Interessant, dass Daniel weiter definiert, diese überzeugenden Autorenstimmen machen dann ein Buch literarisch wertvoll. Frage: Sind Autorenstimmen denkbar, die überzeugen, aber literarisch in nicht unbedingt so wertvolle Produkte münden?

 

 

Gruß: jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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Hallo Jueb,

ich gebe Dir recht, der Unterschied zwischen dem "persönlichen Stil" und der "Autorenstimme" ist mir auch nicht klar geworden.

 

Aber "überzeugende Autorenstimmen" findet man doch viele. Ich habe in meinem ersten Beitrag zwei genannt. Ich hatte sie zwar als "maniriert" bezeichnet, aber beides sind unverkennbar eigene Autorenstimmen. Ob sie "überzeugend" sind, hängt wohl vom persönlichen Geschmack des Lesers ab :).

 

Liebe Grüße

Anna

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Andererseits gibt es ganz große Autoren, die ihre Maniriertheit auf die Spitze treiben und die gerade deshalb einzigartig sind. Jean Paul aus der Romantik gehört dazu, auch Muschgs "Roten Ritter" habe ich ähnlich empfunden.

 

Jean Paul fiel mir auch gleich ein. Es hat bei mir ewig lang gedauert, bis ich mich mal auf Texte von ihm einlassen konnte. Sehr manieriert.

Bisher wusste ich gar nicht, was eine "Autorenstimme" ist und hab gleich mal nachgeschaut. In einer Meldung der "Zeit" vom 26.6.06 las ich eben, dass Kathrin Passig den Ingeborg-Bachmann-Preis bekommen hätte und das zu Unrecht, weil sie witzig sei, aber keine Autorenstimme habe. I. Bachmann habe sich mit ihrem ganzen Ich eingebracht. Also hat die Autorenstimme etwas mit der schreiberischen Identität zu tun.

 

Aber das sind alles Autoren, die ich nicht zur gängigen Unterhaltungsliteratur zählen würde.  Daraus könnte man vielleicht sogar ein Prinzip ableiten: Diese sehr ausgeprägten Stileigenheiten findest Du vor allem bei den - Bitte an alle: nicht wieder die Debatte über U und  E! - Autoren, die man eher dem Bereich der "Klassiker" zuordnen würde.

 

Würde ich unterstreichen.

 

Ich denke, daß Du, da Du ja einen belletristischen Roman schreiben möchtest, diese Stileigenheiten gut dosieren solltest. Gleichzeitig mußt Du natürlich aufpassen, daß Du dann nicht bei stilistichen Brüchen landest.

 

Am liebsten sind mir Autorenstimmen, die variabel sein können und die ich wiedererkennen würde. In Unterhaltungsromanen wirkt ein manierierter=

gezierter Stil eher etwas "gestelzt" auf mich. Ich hab mal insofern einen Stilbruch begangen, als ich, von einem Jean Paul-Text inspiriert, einen Text

in die Schreibwerkstatt einstellte. Die Reaktionen beliefen sich von "WOW"

über "Das hat mich mitgerissen" bis hin zu "schwülstig."Das war ein Stilbruch, wenn auch nicht innerhalb eines Textes.

 

Ich persönlich neige seit jeher schreiberisch zum Ausufern, und genau da bremse ich mich seit einiger Zeit. Wenn das einer in einem Roman macht, würde es mich auch stören, weil es zu weit von dem wegführt, was er/ sie/ ich eigentlich erzählen wollte.

Also: sehr dosiert einsetzen, würde ich sagen, besser noch, die Autorenstimme so in den Stil integrieren, dass es eine gute und lesbare Einheit wird.

 

LG

Christa

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Andererseits gibt es ganz große Autoren' date=' die ihre Maniriertheit auf die Spitze treiben und die gerade deshalb einzigartig sind. Jean Paul aus der Romantik gehört dazu, auch Muschgs "Roten Ritter" habe ich ähnlich empfunden. [/quote']

Dann wäre die Autorenstimme als die Maniriertheit oder dass man einen Text eines Autors sofort erkennt?

Sprich, dass ein Autor immer im gleichen Stil, Aufbau, Spannungsbogen schreibt?

Ihr seht, ich weiß zwar, was eine Erzählerstimme ist, aber mit der Autorenstimme tue ich mich hart. Wenn ich das recht verstehe, taucht die ja nicht nur in einem Text eines Autors auf, sondern durchzieht alle seine Texte?

 

Hans Peter

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Hallo Judith,

 

bei mit besteht die Autorenstimme aus bestimmten sich wiederholenden Plotelementen, der Wahl einer bestimmten Perspektive (Ich-Perspektive), bestimmten sich wiederholenden Techniken (verteilte Beschreibungen, individuelle Details, Schreibklang/ Rhythmus, assoziative Gedankenführung), sowie verschiedenen stilistischen Elementen.

Eine Autorenstimme, die sich aus vielen Elementen zusammensetzt, wirkt nicht so manierlich und unangenehm wie eine Autorenstimme, die mit wenigen Elementen arbeitet.

Trotzdem ist sie Entscheider: manche Leser kommen mit meiner "Autorenstimme" nicht klar, und fallen damit als Leser weg- weil sie Texte mit dieser "Stimme" nicht lesen wollen. Andere mögen diese "Stimme" besonders, und werden Stammleser.

Ich bekomme immer wieder Feedback, dass Leser meine Texte anhand meiner "Autorenstimme" zuordnen könnten. Wobei ich auch gnadenlos damit arbeite. Gleichzeitig schränke ich meine "Leserschaft" mit meiner Erzählstimme deutlich ein.

 

Insgesamt bin ich mir nicht sicher, ob es nicht klüger wäre weniger "Stimme" zu verwenden.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Hallo Hans-Peter,

 

bei einem großen Teil der Autoren trifft das meiner Ansicht nach auch zu. Dazu gehören etwa besagter Jean Paul, aber auch andere wie Kafka, E.T.A.Hoffmann oder Kleist.

Ich sehe schon, ich lande wieder bei den "Klassikern". Ich habe das zwar nie gemacht, aber ich denke, wenn man dort eine genaue Stilanalyse durchführen würde, dann könnte man bestimmte stilistische Konstanten sofort erkennen. Das wäre dann nach meinem Verständnis die Autorenstimme. Und sie macht es ja auch aus, dass man bestimmte Autoren immer wieder liest. Übrigens kann sich die beim selben Autor quer durch die Textsorten ziehen, vom Märchen bis zur Satire, letztlich arbeiten diese Autoren (soweit ich das beurteilen würde) immer mit einem unverkennbaren Stil :).

 

Liebe Grüße

Anna

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ich denke' date=' wenn man dort eine genaue Stilanalyse durchführen würde, dann könnte man bestimmte stilistische Konstanten sofort erkennen. Das wäre dann nach meinem Verständnis die Autorenstimme.[/quote']

Danke, Anna.

 

Ja, es gibt stilistische Konstanten bei den meisten Schriftstellern. Aber auch erzählerische, grade bei Kafka, mir scheinen die erzählerischen noch deutlicher als die stilistischen. Bei Stephen King ebenfalls, da sind deutliche erzählerische Konstanten zu finden. Nein, nicht die Monster. Die kommen in allen Horrorromanen vor. Aber diese Schilderung amerikanischen Kleinstadtlebens, nichts passiert, wir lernen die Figuren kennen, ihre verdrängten Wünsche, ihre Probleme. Und manchmal wird was unter den Teppich gekehrt. Und jeder ahnt: Dort wird später das Monster rauskriechen.

 

Das ist eine Form des Erzählens, die sich als Konstante durch Kings BÜcher durchzieht.

 

Wäre das also Kings Autorenstimme?

 

Eine boshafte Frage: Warum ist Autorenstimme dann so erstrebenswert? Sicher, für den Verkauf ist sie mehr als nützlich, die Leser bekommen das, was sie erwarten, es fördert den Markennamen des Autors. Ist sicher auch gut, wenn diese Konstante etwas ganz eigenes, unverwechselbares ist, aber muss es wirklich konstant bleiben?

 

Von einer Erzählerstimme fordere ich das (auch wenn es wie immer, Ausnahmen gibt). Aber eine Konstante über mehrere Bücher hinweg?

 

Hans Peter

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Hallo Thomas,

 

Eine Autorenstimme, die sich aus vielen Elementen zusammensetzt, wirkt nicht so manierlich und unangenehm wie eine Autorenstimme, die mit wenigen Elementen arbeitet.
:s20

 

Das klingt bei dir so einfach, aber mir geht gerade ein Licht auf.

 

Zählst du, wenn du Plot-Elemente sagst, auch deine ganz persönlichen Themen, die immer wieder kehren und dich beschäftigen, dazu?

 

Hallo an alle,

 

Die Autorenstimme, so verstehe ich Daniel, ist übergreifend über mehrere Werke. Das muss also wahrscheinlich gar nicht in die übliche E- und U-Diskussion ausarten. Auch eine Frau von Kürthy hat in dem Fall meiner Meinung nach eine Autorenstimme. Nur: Das Genre zählt, denn das wirkt dann ja in diese Stimme auch ein (z.B. Humor und seine Elemente). Autorenstimme hat wohl etwas mit Unverwechselbarkeit zu tun.

 

Da ich Belletristik schreibe, gilt wohl für mich: Die Stileigenheit nie um der Stileigenheit willen einsetzen. Denn dann bastele ich an der Form, ohne Funktion und Inhalt. Sondern den Inhalt in meinem (was das auch immer heißt) Stil transportieren. Das fällt mir schon über die Grenzen von lustig / traurig hinweg schwer. Bzw. ich habe das Gefühl, meine Stimme klingt lustig ganz anders als traurig. Und beides habe ich in meinem Roman, beides ist mir auch wichtig. Ich frage mich manchmal, ob ich nur bei einem bleiben darf, damit aus Vielfalt nicht Sammelsurium wird.

 

Hallo Christa,

 

genau, so ein Sich-selbst-Bremsen meine ich. Ab irgendeinem Punkt sagt man nicht mehr: Das ist halt so, wie ich schreibe, ich erzähle ausufernd, sondern man schiebt einen Riegel vor, weil es ins Negative umkippt.

 

Gratwanderungsgrüße

Judith

"Felix", FVA 2015,  jetzt als Kindle eBook // Ab 12.7.2021: "Liebe braucht nur zwei Herzen", Penguin Verlag // Sommer 2022: "Wenn dein Herz woanders wohnt", Penguin Verlag

www.judithwilms.com

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Das fällt mir schon über die Grenzen von lustig / traurig hinweg schwer. Bzw. ich habe das Gefühl, meine Stimme klingt lustig ganz anders als traurig. Und beides habe ich in meinem Roman, beides ist mir auch wichtig. Ich frage mich manchmal, ob ich nur bei einem bleiben darf, damit aus Vielfalt nicht Sammelsurium wird.

Dass eine Stimme bei der Beschreibung von traurigen Szenen "anders" klingt als bei der Beschreibung von lustigen, ist doch ganz natürlich. Dennoch liegt sie innerhalb eines gewissen Spektrums, also "ganz anders" klingt sie eigentlich selten.

Dieser Effekt, dass sich die Form dem Inhalt anpasst, ist ja eines der wichtigsten Elemente der Literatur. Sie kann, richtig eingesetzt, den Inhalt verstärken oder komplett ins Absurde führen.

Aber die Alternative, solche Wechsel zu vermeiden, indem man jetzt nur noch in einem Tonfall eine gleichbleibende Stimmung beschreibt, also nur noch die lustigen Aspekte, damit beschneidet man sich doch total. Das wäre ja ganz furchtbar, da würde man den Aspekt dieser Kongruenz zwischen Form und Inhalt ja komplett ausschließen.

 

Deshalb kann ich diesen durchweg nüchternen SPO-Stil auch nicht leiden. Da wird genau das gemacht, völlig egal was beschrieben wird, die Stimme bewegt sich keinen Millimeter.

 

Je farbiger so eine Erzählstimme, je extremer sie ist, desto geringer sind die Dosen, die man von ihr ertragen kann. Auch eine ironisierende Erzählstimme geht einem, wenn sie zu geballt auftritt, nach einer bestimmten Wortanzahl auf den Zeiger. Noch extremere - so eine hysterische Plappersprache- kann man noch kürzer ertragen. So eine neutrale, kalte, spröde offenbar auch nicht unbegrenzt, sondern nur eine mehr oder weniger kurze Erzählung lang.

 

Wobei ich nicht glaube, dass man als Leser so sehr auf eine "Autorenstimme" achtet, denn in erster Linie interessiert ja der Text, den man aktuell vor sich hat, und dort die Erzählstimme, der Stil. Hilft mir nichts zu wissen, dass der Autor eigentlich eine ganz tolle Autorenstimme hat, wenn die Erzählstimme im konkreten Fall nichts taugt.

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Ich frage mich gerade, ob Daniel nicht Autorenstimme und Erzählstimme verwechselt?

Zu letzterer könnte ich eher etwas sagen...

 

Schöne Grüße,

Petra

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Wieso ist denn Marcos Posting auch weg?

Ich habe Daniels Statemant heute morgen gelesen, ich glaube es war

hinter meinem letzten in "Sauber reingelegt" - Verlagssuche.

Dann könnt ihr das jetzt auch noch löschen ;)

 

Verwunderte Grüße

Christa

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Wieso ist denn Marcos Posting auch weg?

 

Da meine Frage mittlerweile beantwortet wurde, wollte ich den - Rückzug der Person nicht weiter zur Schau stellen...  :-[

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Weil Petra recht hat: *vorkopphau, eine neue Fassung mit entsprechendem Edit!

 

Bösartig könnte ich jetzt sagen, dass Kings Stimme eine "nichtvorhande" ist, weil er auf den allgemeinen Lesegeschmack seines Publikums baut. Aber das stimmt nicht! Auch das kann eine "Stimme" sein und nur weil ich ihm seine Flachheten übel nehme, so ist es durchaus eine Kunst, Sprache auf diese Art zu beherrschen. Und einen King erkennt man dann doch, weniger an seinem Stil, als an seinem Spannungsaufbau (und den kann er, keine Frage!)

 

Mir geht es beim Lesen wie in jeder "Kunstform"; mich beeindruckt "Besonderes". Ich kann einen von Thomas Mann sicher schnell als einen solchen erkennen (wobei ich zugeben muss, bis auf "Joseph und ..." sehr vieles von ihm zu kennen). Der Stil von Max Frisch, Hemingway .... um die lautensten Stimmen zu nennen, die mir spontan einfallen. Hesses Stimme z.B. klingt für mich wie Zwölftonmusik. Mag ich nicht, ist aber unverwechselbar.

 

Persönliche Macken, die aber inzwischen ein roter Stilfaden meiner Sprache sind, wären es u.a. das Wort "sehr" zu umgehen, keine Fremdwörter mehr zu verwenden und vor allem ein Adjektiv einem beschreibenden Satz voranzustellen, um mit möglichst wenig Beschreibung auszukommen. Dadurch hat sich der Satzbau verändert und umgestellt und meine Texte haben einen durchgehenderen Rhythmus. Eine weitere Macke ist es technisch, immer dann nach einem einzigen zusammenfassenden Adjektiv zu suchen, wenn ich das Bedürfnis habe drei hintereinander zu stellen. Angeblich (sagen die Testleser) hört man "mich" jetzt besser heraus. Ebenso weiß ich, dass die Grammatik des PQP nicht zu diesem Rhythmus passt, ihn sogar stört, deshalb versuche ich Rückblenden zu vermeiden, erzähle also chronologisch. Das wird sicher irgendwann alle meine Sachen verbinden. In meinem Erstling, gab es schon die Tendenz zu dieser "Schreibe", jetzt sind es stilistische "Besonderheiten" die ich bewußt schon während des Schreibens benutze. Ich hoffe, dass meine Stimme dadurch kräftiger geworden ist.

 

Liebe Grüße

 

Anja

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Eine Autorenstimme' date=' die sich aus vielen Elementen zusammensetzt, wirkt nicht so manierlich und unangenehm wie eine Autorenstimme, die mit wenigen Elementen arbeitet.[/quote']

 

In der Musik mag ich auch lieber vielseitige Elemente.

 

Autorenstimme hat wohl etwas mit Unverwechselbarkeit zu tun.  

 

Da ich Belletristik schreibe, gilt wohl für mich: Die Stileigenheit nie um der Stileigenheit willen einsetzen. Denn dann bastele ich an der Form, ohne Funktion und Inhalt. Sondern den Inhalt in meinem (was das auch immer heißt) Stil transportieren. Das fällt mir schon über die Grenzen von lustig / traurig hinweg schwer. Bzw. ich habe das Gefühl, meine Stimme klingt lustig ganz anders als traurig. Und beides habe ich in meinem Roman, beides ist mir auch wichtig. Ich frage mich manchmal, ob ich nur bei einem bleiben darf, damit aus Vielfalt nicht Sammelsurium wird.

 

Im Extremfall werden mehrere Romane daraus. Aber ich finde es sehr reizvoll, wenn die Stimme mal in Dur, mal in Moll redet- und auch mal einen lustigen Triller macht.

 

 

genau, so ein Sich-selbst-Bremsen meine ich. Ab irgendeinem Punkt sagt man nicht mehr: Das ist halt so, wie ich schreibe, ich erzähle ausufernd, sondern man schiebt einen Riegel vor, weil es ins Negative umkippt.

 

Man kann Experimente damit machen, zum Beispiel eine Geschichte in einem einzigen Satz erzählen, aber da bleibt der Leser häufig auf der Strecke. Mit "ausufernd" meinte ich, dass man zu "assoziativ" wird, und negativ ist es in meinen Augen, weil es zu anstrengend zum Lesen ist.

Ich persönlich mag die Bandwurmsätze eines Thomas Mann nicht, die Zwölftonmusik eines Hesse dagegen immer noch, auch wenn mir die Adjektive inzwischen nicht mehr gefallen.

 

Liebe Grüße

Christa

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Da meine Frage mittlerweile beantwortet wurde, wollte ich den - Rückzug der Person nicht weiter zur Schau stellen... :-[

Ich komm mir gerade so vor als hätte ich die entscheidende 24-Folge verpasst und finde nun nicht mehr in die Handlung rein, während sich alle um mich herum mit Verschwörerblick Andetungen zuraunen.

 

Ist es denn SCHON WIEDER passiert?

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Bösartig könnte ich jetzt sagen' date=' dass Kings Stimme eine "nichtvorhande" ist, weil er auf den allgemeinen Lesegeschmack seines Publikums baut. Aber das stimmt nicht! Auch das kann eine "Stimme" sein und nur weil ich ihm seine Flachheten übel nehme, so ist es durchaus eine Kunst, Sprache auf diese Art zu beherrschen. Und einen King erkennt man dann doch, weniger an seinem Stil, als an seinem Spannungsaufbau (und den kann er, keine Frage!)[/quote']

Das ist es, was ich meine. King schreibt zwar stilistisch viel besser, als mancher andere Horror/Thrillerautor, aber wird ganz sicher nicht wegen seines brillianten, eigenen Stils gelesen. Im Spannungsaufbau, Personen, da hat er aber eine ganz eigene Art zu erzählen, das ist das, was er kann wie kaum ein anderer.

Auch Kafka ist ja weniger wegen seines Stils so eindrücklich, sondern deswegen, weil er ganz eigene Geschichten schreibt, so eigen, dass er sogar in die Umgangssprache eingegangen ist: "kafkaesk" bezeichnet nicht eine bestimmte Sprache, sondern bestimmte Szenen.

 

Aber "Autorenstimme"? Sicher haben viele Autoren stilistisch, vom Aufbau her, den Personen etc. eine ganz eigene Art. Nur ist das notwendig, sagt uns das was über einen Roman, müssen wir das wissen oder vom Autor verlangen?

Jeder Roman hat eine Erzählerstimme, diese sollte eigenständig und konsistent sein. Über Erzählerstimme lässt sich viel sagen, das bestimmt sicher auch die Qualität eines Textes ganz wesentlich.

Aber Autorenstimme? Für Literaturwissenschaftler sicher sehr wichtig. Für die Beurteilung eines Romans, einer Kurzgeschichte auch? Was wäre da wichtig?

 

Hans Peter

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(Peter_Dobrovka)

Ein wirklich guter Autor hat gar keine Autorenstimme, nur viele gute Erzählstimmen, für jeden Zweck die passende. :s22

 

Das widerspricht auch nicht dem, daß die Leser gerne sicher sind, beim nächsten Buch desselben Autors wieder denselben Stil vorzufinden.

 

Peter

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Aber "Autorenstimme"? Sicher haben viele Autoren stilistisch, vom Aufbau her, den Personen etc. eine ganz eigene Art. Nur ist das notwendig, sagt uns das was über einen Roman, müssen wir das wissen oder vom Autor verlangen?

Jeder Roman hat eine Erzählerstimme, diese sollte eigenständig und konsistent sein. Über Erzählerstimme lässt sich viel sagen, das bestimmt sicher auch die Qualität eines Textes ganz wesentlich.

So sehe ich das auch, Hans Peter.

Wichtig ist meine Erzählstimme und die wird sehr viel mehr vom Inhalt meiner Geschichte, von der Art der Geschichte (und ihrem Tempo, ihrer Rhythmik), ja sogar meiner Hauptperson geprägt. Drum ist es auch so schwer, wenn man unterschiedliche Sachen schreibt, den richtigen Ton zu finden und durchzuhalten.

Es verändert eine Erzählstimme, ob ich einen HR im Römerreich oder 1798 spielen lasse, ich brauche einen anderen Ton für einen Nackenbeißer als im schnoddrig-zynischen Krimi. Dazu gehört auch die unauffällige Erzählstimme im stark handlungsgetriebenen Plot und die reiche Erzählstimme, wenn Sprache eine Rolle spielen darf.

 

Selbst im Sachbuch gibt es das: intellektuell-professorale Stimmen, Plauderton-Ankdoten-Stimmen, Fachbuchstimmen...

 

Und wie Hans Peter die Literaturwissenschaftler nennt, so ist es mir eigentlich herzlich schnurz, herauszuklamüsern, wo man hinter der larmoyanten Jammerstimme von Protagonistin eins in Szene 8, der lebenslustigen Stimme von Nebenfigur 5 und der "man nehme ein Zanderfilet, einen Viertelliter Elsässer-Riesling"-Stimme herausfindet, was nun ganz typisch PvC ist. Darüber sollen sich andere den Kopf zerbrechen.

 

Persönliche Macken haben weder etwas mit Autorenstimmen noch Erzählstimmen zu tun. Das ist eher eine Frage der Vervollkommnung.

 

Schöne Grüße,

Petra

 

@Peter N: Sommerloch. Zeigen nur noch Wiederholungen. Ich wette, wir erleben das noch ein drittes Mal.

 

 

@Judith... hab die Antwort für dich vergessen: Ich denke, man muss ein Gefühl dafür und Erfahrung entwickeln. Habe leider kein Saucenrezept dafür ;-)

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Bösartig könnte ich jetzt sagen' date=' dass Kings Stimme eine "nichtvorhande" ist, weil er auf den allgemeinen Lesegeschmack seines Publikums baut. Aber das stimmt nicht! Auch das kann eine "Stimme" sein und nur weil ich ihm seine Flachheten übel nehme, so ist es durchaus eine Kunst, Sprache auf diese Art zu beherrschen. Und einen King erkennt man dann doch, weniger an seinem Stil, als an seinem Spannungsaufbau (und den kann er, keine Frage!)[/quote']

 

Hi Anja,

 

da muss ich Dir aber heftigst widersprechen!

Ich finde, King hat eine sehr prägnante Erzählstimme. Da wäre z.B. die feine Ironie, die immer wieder aufblitzt; der Stil der Charakterzeichnungen; seine Dialogführung; das (teilweise penetrante) Product-Placement; seine Beobachtungsgabe, vorallem was groteske Details betrifft und, und, und ...

Ich dachte immer, gerade solche Dinge machen eine Erzählstimme aus ...?

 

Christoph

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Liest Du bitte mein Posting nochmal, Christoph? Genau das steht da doch! Ich PERSÖNLICH empfinde King eben als flach. Aber seine "ART des Erzählens" ist schon prägnant, spricht mich aber nicht an. SPRACHLICH!!! finde ich ihn allgemeingültig. Geht mir mit Dan Brown ähnlich, dennoch finde ich seine Bücher spannend. Mich langweilen Kings Plots, aus dem Grund der hier schon genannt wurde (weil ich weiß wie er Angst aufbaut) und seine Sprache (jetzt ganz genau) tröstet mich darüber eben nicht hinweg. Das ist genauso in dem Posting abgefasst. Deshalb steht da: "Aber das ist nicht so!" Lies doch bitte genauer, statt auf ein Schlagwort zu reagieren, daß Dich augenscheinlich provoziert.

 

:)

Grüße  

 

Anja

 

Edit: Mir hat Petra das "Hinlesen" erklärt, ich geb das jetzt einfach mal weiter, denn auf einen Thread wie den mit den "Lesungen" habe ich keine Lust, weil mir das Thema zu spannend ist. Nichts für Ungut :)

 

PS:Wegen der Autorenstimme. Wenn wir es an der Sprache/dem Stil festmachen können, was macht es dann besonders? Ich finde hprs Fragen äußerst spannend und überlege fieberhaft. Was genau ist es? Ich kann ganz schwer den Finger darauf legen ....

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Achtung, die Stimme der Ignoranz meldet sich zu Wort!

 

Ich finde diese Diskussion wieder mal unnötig, denn erstens kann ich eure Definition dieser ominösen Autorenstimme nicht verstehen und zweitens glaube ich nicht, dass sich einer der hier diskutierten Schriftsteller jemals über solche Banalitäten Gedanken gemacht hat.

Beispiel King: So wie ich den Mann einschätze, ist er vollauf damit beschäftigt sich Plots auszudenken und diese dann handwerklich so gut zu erzählen, wie er es vermag. Das heißt, er hat sicher einen eigenen Stil, kann sich aber als guter Handwerker soweit zurücknehmen, dass dieser hinter die Geschichte zurücktritt.

Die Autorenstimme, so wie ich sie meine aus diesem Thread erkannt zu haben, kann kein Autor bewusst steuern, sie wird eventuell erst lange nach dem Tod des Autors erkennbar, und auch nur, wenn man etwas über den Autor als Menschen weiß, seinen Lebenslauf, seine politischen Auffassungen, den Stand seiner Bildung usw. kennt.

 

Ich hab das andernorts schon mal gesagt: In der Unterhaltungsliteratur zeichnet sich guter Stil dadurch aus, dass er unbemerkt bleibt, dass er zum Wohle der Geschichte hinter der Handlung verschwindet. Ob ein Autor seine eigene Stimme hat, das zeigt sich erst in der Retrospektive, spielt insofern beim Lesen des Einzelwerkes keine Rolle, kann mir eventuell den Lesespaß verderben.

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1.Er mußte seinen Vater finden. Er kam schwankend auf die Beine. Alles drehte sich um ihn, und er stützte sich an der Wand ab.

Die Wand war zu nah. Dies waren nicht seine Gemächer, alles war falsch, der Geruch … und dann erinnerte er sich wieder. Er hätte die Attentäter vorgezogen.

 

2.Ein Besuch im Polizeirevier von Falmouth, um die Einzelheiten zu beschaffen, von denen der hiesige Bulle sich trennen würde, überzeugte Dees von zwei Dingen. Erstens, dass die Bullen von Falmouth sich nicht als Hinterwäldler betrachteten. Zweitens, dass sie es waren.

 

3.Es wurde bereits darauf hingewiesen: Wüstenlöwen sind anders als die in der Steppe. Früher haben sie sich geähnelt, damals als die Wüste noch grünes Waldland war*. Zu jener Zeit lagen die Löwen die meist Zeit über im Schatten, um zwischen den Mahlzeiten** majestätisch und erhaben auszusehen.

*Bevor die Bewohner überall Ziegen grasen ließen. Nichts schafft schneller eine Wüste als die gewöhnliche Ziege.

**Gemeint sind Mahlzeiten, die hauptsächlich aus Ziegenfleisch bestehen. Leider fraßen die Löwen nicht häufig genug.

 

4.Obwohl er eine gründliche Ausbildung absolviert hatte und auf alle nur denkbaren Situationen vorbereitet worden war, spürte er, wie sein Puls schneller ging. Er versuchte sich zu beruhigen. Es musste eine Erklärung geben. Das Objekt war zu klein, um eine signifikante Bedrohung darzustellen. Andererseits war die bloße Anwesenheit dieses fremden Gegenstands im Komplex beunruhigend. Genau genommen sogar äußerst beunruhigend.

 

5.Das schottische Hochland steckte noch voller Geheimnisse. Wer wusste schon, was sich hinter den tiefen, bergkristallklaren Seen verbarg? Welche Rätsel die dunklen Wälder enthielten und welche Schrecken hinter uralten Schloßmauern hausten?

 

So kleines Spielchen. Alle fünf Texte sind von sehr erfolgreichen Unterhaltungsliteratur-Autoren. Mehr oder weniger aufs Geradewohl rausgepickt (hoffe, dass ich damit gegen keine Gesetze verstoße).

Die fünf Autoren sind: Dan Brown, George R.R. Martin, Stephen King, Terry Pratchett und der allseits geschätzte Jason Dark.

Ich glaube, man kann anhand der ausgewählten Textstellen schon darauf schließen, welche von welchem Autor ist –wobei ich damit nicht behaupte, irgendwas beweisen zu wollen. Soll rein dem Amüsement dienen. :)

 

Gruß

Peter

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