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Viel Lesen - nützt das Autoren

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Eine Frage hat sich nun im Verlauf dieses Threats bei mir eingeschlichen:

Gerade in der Fantasy und der SF gibt es ein unüberschaubares Heer an Nachwuchsschreibern, denen ich mal unterstellen will, dass sie zumindest in ihren Genres durchaus zu den Viellersern gehören, ja alles, was ihnen in die Finger kommt, geradezu verschlingen. Die Zahl derer unter ihnen, die dabei scheinbar gar nichts oder nur ausgesprochen wenig für ihr Schreiben lernen, ist aber nicht wesentlich geringer.

Hallo Philipp,

da greifst du die Eingangsfrage von mir wieder auf. Offensichtlich reicht "Lesen, Lesen, Lesen!" nicht aus. Wie schon mehrfach gemailt (ja, ich wiederhole mich), wer die verputzte Wand anstarrt, weiß noch nicht, wie man verputzen muss - er weiß nur, dass ein Verputz dazu gehört oder gehören kann.

 

Oder ist es vielleicht so, dass diese Nachwuchsschreiber ihr Leseverhalten nicht entsprechend ändern? Sie verschlingen die Genreliteratur, die ja offensichtlich mit ihren fantastischen Ausflügen in fremde Welten mehr als andere zum Nachahmen einlädt, weiterhin als unbedarfte Leser und ziehen daraus lediglich die Anregung ebenso fantastische Geschichten zu erfinden, ohne sich mit der Sprache und mit literarischen Kniffen auch nur auseinanderzusetzen.

Yep! Lesen, Lesen, Lesen soll man und die geliebten Autoren zerlegen und schauen wie die es gemacht haben.

Leider ist das nicht so einfach. Wie zerlege ich einen Text und sehe wie er gemacht ist? Okay, ein Autor mit Erfahrung kann das. Aber es gibt ja auch die Anfänger, an die sich grade der Ratschlag richtet.

Und die zerlegen dann Tolkien: Viele Orks, viele Tote, ein paar würdevolle Sprüche. Oder Carver: Viele Details, die nichts miteinander zu tun haben.

Gut, also legt man los, richtet ein Orkmassaker nach dem anderen aus oder streut mit der Gießkanne Details in seinen Text. (Ich weiß, ich werde jetzt unfair und übertreibe.)

Aber es ist eben nicht so einfach, aus einem Text "herauszulesen", was ihn im Innersten zusammenhält und schon gar nicht, welcher Kleber dafür verwendet wurde.

Manche können sowas intuitiv, ich habe früher nicht dazu gehört. Manche lernen dadurch, dass sie andere fragen. Es hat ja seine Gründe, dass schon immer Autoren endlos lange Briefwechsel miteinander geführt haben. Und auch hier kommen laufend Threads: Wie macht ihr das, wie geht ihr damit um.

Diskussionen, Arbeitstreffen, Workshops, Brief- oder Mailwechsel sind genau aus diesem Grund so wichtig. Manchen helfen auch Schreibratgeber, in denen etwas steht, was im Kopf plötzlich den Groschen fallen lässt. So war's bei mir.

Aber damit ist die schlimmste Hürde noch nicht überwunden. Man muss nicht nur wissen, wie's geht, man muss es auch können. Und das ist oft verdammt harte Knochenarbeit, immer und immer wieder schreiben, das gleiche immer neu formulieren, nicht aufgeben, bis es (endlich mal) gelingt.

 

J.C. Oates beschreibt in ihrem Essay "Als Schriftsteller lesen: Der Künstler als Handwerker" dieses Phänomen an vielen Beispielen. "Und hier gelangen wir zu einer sehr anderen Wahrheit: Dass nämlich der Schriftsteller, selbst jener, der Lesern und Kritikern als auffallend originell erscheint, seinen Prosastil und seine Prosavisionen auf bedeutende Vorbilder stützt."

Auch Oates geht in ihrem Essay hauptsächlich auf das Lesen ein, dennoch kommt aus ihrem Essay deutlich heraus, dass es eben nicht beim Lesen bleiben darf. "Ich werde ihn (Frank O'Connor) imitieren, bis ich spüre, dass ich verwende, was er mir beibringen kann." sagte Sylvia Plath und da schwingt an, dass das Entscheidende eben das Schreiben ist, das, was das Lesen an faszinierenden Möglichkeiten vorführt, auch selbst produzieren zu können.

Was ein Grund sein dürfte, dass soviele Fanfiction "hängen" bleibt. Da fehlt einfach diese Besessenheit.

Übrigens beschreibt auch Oates den Effekt, dass Schriftsteller, wenn sie erst mal selbst zu schreiben begonnen haben, sehr unterschiedlich viel lesen.

Kann man also vielleicht feststellen, das Lesen nur dann hilft, wenn man bewusst (aus Autorensicht) bei der Sache ist? Oder wenn man ein Gefühl dafür entwickelt, worauf man achten soll?

Ganz sicher. Wie gesagt, tolle Dialoge allein zeigen dir zwar, was ein toller Dialog ist, aber noch nicht, wie er gebaut wurde. Und noch lange nicht, was du tun musst, um so einen zu schreiben.

Theaterleute wissen das schon lange, Schauspieler, Regisseure, etc. werden schließlich seit vielen Jahrzehnten an Schulen ausgebildet. Und dabei durch solche Techniken wie das "actors studio" gequält, die ihnen die Tricks und Techniken von Dialogen auf der Bühne näherbringen.

 

@Spinner: dass die SF mehr naturwissenschaftlich/technisch geprägt ist, da hast du recht, aber bei der Fantasy kann ich das nicht beobachten. Aber etwas anderes: Es gibt mindestens zwei "Autorenbegabungen". Die einen haben ein tolles Sprachgefühl. Die anderen können erzählen. Leider tritt nicht notwendigerweise beides gleichzeitig auf.

Texte von Geisteswissenschaftlern sind oft geschliffen formuliert, aber es hakt an der Geschichte. Bei Naturwissenschaftlern ist es oft umgekehrt. Und da Menschen schon immer das gerne tun, was sie gut können und das, was ihnen Mühe bereitet, als "weniger wichtig" herabsetzen ...

Ich weiß, ist jetzt auch wieder eine Spekulation. Aber es gibt viele Thrillerautoren aus der NW/Technik Ecke (erstaunlich viele aus der Software), die spannend erzählen, aber beim Stil haperts es.

Oder Literaten, die wundervoll formulieren, wo man sich aber wünschen täte, sie möchten doch etwas mehr Sorgfalt auf Geschichte und Spannung verwenden.

 

Hans Peter

 

PS: Übrigens las ich neulich in einem Forum auf eine Frage: "Weiß jemand, wo in einem Schreibratgeber über XXX was steht?" die Antwort: "Lesen hilft dir mehr als Schreibratgeber". Aha. Wie erhellend. Und hilft unheimlich weiter. Früher habe ich mich über solche Pauschalurteile geärgert. Mittlerweile amüsieren sie mich eher.

Warum zum Teufel kann man nicht einfach schreiben:

"Lies besser mal Hemingways XXX, der macht das so und so."

"Bei Sol Stein findest du ..." oder "Das bei Sol Stein hilft nicht weiter ..." oder ...

Aber Scheuklappen wollen verteidigt werden.

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Die Aussage, dass phantastische Literatur vor allem von naturwissenschaftlich orientierten Menschen gelesen wird, halte ich für für unbewiesen. Gerade die momentanen Fantasytrends entsprechen dem überhaupt nicht.

Nun, Beweise sind außerhalb der Mathematik ohnehin nicht zu liefern. Aber belegt ist es durchaus - zumindest während meiner Studienzeit habe ich entsprechende Statistiken gesehen, als ich mich im Rahmen der "Pädagogischen Psychologie" mit Korrelationen zwischen Lesegewohnheiten und anderen Eigenschaften beschäftigt habe. Das war mitunter zumindest sehr interessant - nicht zuletzt die Korrelationen zwischen frühkindlicher Vorleseerfahrung und späterem Bildungsweg (obwohl man natürlich immer vorsichtig sein muss, aus Korrelationen Abhängigkeiten herauszuextrapolieren). Und der überproportionale Anteil von Informatikern unter den Fantasylesern war derart signifikant, dass man dass Genre schon als Standardfluchtliteratur für Programmierer ansehen muss. Nicht umsonst ist der "schreibende Informatiker" auch in den Fantasy-Lektoraten ein bekanntes Klischee ;D

Aber natürlich sagen Statistiken nichts über den Einzelfall aus, und es gibt genug Ausnahmen, um ganze Subkulturen zu füllen. Sie können aber durchaus erklären, warum bestimmte Merkmale oft genug auftauchen, um aufzufallen. Ich persönlich habe diese Aussagen auch bestätigt gefunden (wie aussagekräftig das auch immer sein mag): Weder im Rahmen meines Germanistik- noch meines Geschichtsstudiums habe ich einen einzigen SF- oder Fantasyfan kennen gelernt. Ganz klischeehaft saß ich im ersten Fach mit Leuten zusammen im Seminar, die über diese trivialen Genres nur hochnäsig die Nase rümpften; und im zweiten Fach dann mit Kommilitonen, die ebenso abschätzig auf die "romantisierende", "pseudomittelalterliche" Fantasy herabschauten. In meinem persönlichen Bekanntenkreis, den ich über mein eigenes Interesse an der phantastischen Literatur aufgebaut habe, herrscht ein deutliches Übergewicht an Biologen, Physikern und Chemikern - und tatsächlich den obligatorischen Informatikern ;D

Inzwischen kenne ich auch Dutzende von Germanisten, die diese Interessen teilen. Einige von ihnen haben sogar zusammen mit mir an derselben Uni studiert, und ich hätte sie beim Studium kennen lernen können - man kann also, wenn man über sein Interesse Leute kennen lernt, durchaus zu dem Schluss kommen, dass diese Berufsgruppe reichlich vertreten ist. Wenn man allerdings über die Germanistik Phantastik-Fans finden will, stellt man fest, dass sie in dem Fachbereich zahlenmäßig untergehen; ebenso wie in den Sozialwissenschaften und anderen kulturnahen Fachbereichen.

Interessanterweise sind etwa die Hälfte der interessierten (Ex-)Germanisten, die ich in der Szene kennen gelernt habe, Studienabbrecher, die allesamt berichten, dass sie das Studium vor allem auch in Hinblick auf ihre persönlichen Interessen als unerträgliche Belastung empfunden haben. Ich denke, auch dieses Zahlenverhältnis ist aufschlussreich - auch wenn das, wie gesagt, nur meine eigenen Einzelerfahrungen sind.

 

Ich muss allerdings einräumen, dass meine statistischen Daten aus der Mitte der 90er stammen, und insbesondere die Schwemme "romantischer Fantasy" ab Ende der 90er darin nicht berücksichtigt wurde. Da gab es ja auch einige Autorinnen "historischer Liebesromane", die sich auf die Fantasy verlegt haben und durchaus eine Art Trend losgetreten haben. Mag sein, dass das die Zusammensetzung der Leserschichten statistisch signifikant verschoben hat, zumindest in Subgenres der Fantasy. Allerdings wohl auch nicht in Richtung sprachnaher, akademischer Schichten. Ich glaube zumindest für die Germanisten und die Historiker sprechen zu können, wenn ich sage, dass die üblichen "Historicals" dort auch keine Lobby hatten ;D

 

Das war doch mal wieder ein hochinteressanter Beitrag, Spinner.

Ich komme selbst übrigens auch aus der naturwissenschaftlichen Fraktion.

Die bekannteren (veröffentlichten) Fantasy-Autoren sind aber doch eher nicht von dort, oder?

Nun, wenn man sieht, wie hoch die Quote der von Informatikern (im weitesten Sinne) eingereichten Fantasy-Manuskripten bei den Verlagen ist (bzw. vor allem in den 90ern noch war), und wie hoch die Quote von Informatikern unter den Hobby-Schreibern in der Fantasy-Szene, dann ist es womöglich schon aufschlussreich, dass dieses Zahlenverhältnis sich nicht unter den veröffentlichten Titeln widerspiegelt. Und das tut es tatsächlich nicht ...

Was für Schlussfolgerungen man daraus ziehen kann, mag jeder selbst entscheiden.

 

Aber da du nun ja sagst' date=' daß in USA die literarischen Fantasyschreiber häufiger sind und wir ja hier viele Übersetzungen haben. Müßten wir dann nicht auch literarische Fantasy mitimportieren?[/quote']

Wird es teilweise natürlich auch, aber diese Titel verkaufen sich in Deutschland eher mau; und deshalb werden sie auch tendenziell seltener angekauft. Wer außer Klett-Cotta (und gelegentlichen Einzeltiteln zur Imagepflege bei anderen Verlagen) bringt solche Titel? Und wer hier liest so was? :s22

Dazu kommt noch, dass der Markt für Fantasy und SF hier in Deutschland ca. um den Faktor 10 kleiner ist als allein in England - das insgesamt ja auch nicht mehr Einwohner hat. Das bedeutet also, dass ein Titel, der sich in England noch rechnet, selbst bei gleichem prozentualem Verkaufsverhältnis zu den anderen Titeln hier in Deutschland nicht mehr finanzierbar ist.

Das alles führt beim Import angelsächsischer Titel zu einer Auslese, die statistisch nicht gleichmäßig verteilt wird und schon eine "charakteristisch Deutsche" Gewichtung hervorbringt.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Hallo allerseits,

 

 

Hier mein Beitrag zur statistischen Erfassung des Fantasy-Schreibers:

 

Ich habe vor etlichen Jahren im Verlagswesen als Praktikantin im Lektorat SF/F angefangen, und dabei die unverlangt eingesandten Manuskripte gesichtet. Später, als freie Lektorin, habe ich zu eben jenen Genres jede Menge Gutachten für zahlreiche große Publikumsverlage geschrieben. In meiner Agentur haben mich hunderte Manuskripte erreicht. Ich habe also einen recht guten Überblick über die Leute, die heutzutage Fantasy schreiben, und ich wage zu behaupten: Der Anteil an Informatikern daran entspricht der statistischen Normverteilung in der Gesellschaft.

Feststellen lässt sich, dass ca. 2 Drittel aller unverlangt eingesandten Manuskripte von Männern stammen, und dass offenkundig ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Abiturient/innen und Akademiker/innen Phantastik schreibt. Bei den Gutachten, die hauptsächlich zu bereits veröffentlichten Autoren erstellt werden, liegt der Männer/Frauen-Anteil übrigens bei annähernd 50 %.

 

 

Beste Grüße,

Natalja

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Ich muss allerdings einräumen' date=' dass meine statistischen Daten aus der Mitte der 90er stammen, und insbesondere die Schwemme "romantischer Fantasy" ab Ende der 90er darin nicht berücksichtigt wurde.[/quote']

Das dürfte unbedingt stimmen. Mitte der Neunziger war Fantasy noch absolut "Pfui" unter Literaten. Das hat sich mittlerweile doch sehr geändert, vor allem unter den Jungen. Lese- und Schreibgewohnheiten können sich sehr schnell ändern. Noch nicht solange her, da war Fantasy auch eine Männerdomäne (wurde auch bei Montsegur mal diskutiert), aber das ist auch nicht mehr richtig.

Auch wenn wir es nicht gerne hören, hängt das, was wir lesen, ganz stark davon ab, was unser Umfeld für lesenswert hält und was für "pfui".

 

Nun, wenn man sieht, wie hoch die Quote der von Informatikern (im weitesten Sinne) eingereichten Fantasy-Manuskripten bei den Verlagen ist (bzw. vor allem in den 90ern noch war), und wie hoch die Quote von Informatikern unter den Hobby-Schreibern in der Fantasy-Szene,

Tatsächlich? Ich hatte immer den Eindruck, die schreiben Thriller oder SF, Eschbach et. al.? Wenn ich überlege, welche Fantasyschreiber ich kenne, ist eigentlich kein Informatiker drunter. Und die Informatiker, die ich kenne, die schreiben, sind eher im Sf/Thriller Genre angesiedelt.

 

Wird es teilweise natürlich auch, aber diese Titel verkaufen sich in Deutschland eher mau; und deshalb werden sie auch tendenziell seltener angekauft. Wer außer Klett-Cotta (und gelegentlichen Einzeltiteln zur Imagepflege bei anderen Verlagen) bringt solche Titel?

Klett Cotta und literarische Fantasy? Ich staune. Gut, die haben Tolkien, der war Sprachwissenschaftler und literarisch. Aber eigentlich eher der Vater der Hardcore Fantasy, Blut muss fliessen, Orkköpfe rollen und gegen das Böse ist jedes Mittel recht ...

 

Den letzten Klett-Cotta, den ich gelesen habe, war die Spur des Seketi und der war derart schlecht, das ich deren Programm danach nicht mehr verfolgt habe.

 

Das bedeutet also, dass ein Titel, der sich in England noch rechnet, selbst bei gleichem prozentualem Verkaufsverhältnis zu den anderen Titeln hier in Deutschland nicht mehr finanzierbar ist.

Gilt das immer noch? Wenn ich mir das Programm von Random House im Kinder/Jugendbereich ansehe, haben die riesige Umsätze, auch und grade mit anspruchsvollen Büchern und vor allem mit Fantasy.

Bei Erwachsenenfantasy hast du aber leider recht. Zwischen Heyne und CBJ klafft ein Loch.

Aber selbst die Deutsch-Vietnamesin Jenny-Mai Nuyen, die cbj jetzt als Wunderkind (17 Jahre) aufbaut mit "Nijura", bietet solide Romantik-Hausmannskost. Und ob der Durchschnitt der diesjährigen Klagenfurt Texte besser als ihrer ist, darüber ließe sich durchaus streiten. Was nicht heißt, dass ich sie lesen werde.

 

Hans Peter

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Ich muss allerdings einräumen' date=' dass meine statistischen Daten aus der Mitte der 90er stammen, und insbesondere die Schwemme "romantischer Fantasy" ab Ende der 90er darin nicht berücksichtigt wurde.[/quote']

 

Dann muss ich davon ausgehen, dass sich das geändert hat, zumindest in den Kreisen, in denen ich mich bewege. Es stimmt allerdings, als ich Mitte der Neunziger auf Cons gefahren bin, lag der Männeranteil nahe bei 100%. Das ist inzwischen längst nicht mehr so, also scheint sich einiges verändert zu haben.

 

Christoph

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Yep! Lesen, Lesen, Lesen soll man und die geliebten Autoren zerlegen und schauen wie die es gemacht haben.

Leider ist das nicht so einfach. Wie zerlege ich einen Text und sehe wie er gemacht ist? Okay, ein Autor mit Erfahrung kann das. Aber es gibt ja auch die Anfänger, an die sich grade der Ratschlag richtet.( ...)

Aber es ist eben nicht so einfach, aus einem Text "herauszulesen", was ihn im Innersten zusammenhält und schon gar nicht, welcher Kleber dafür verwendet wurde.

Manche können sowas intuitiv, ich habe früher nicht dazu gehört. Manche lernen dadurch, dass sie andere fragen. Es hat ja seine Gründe, dass schon immer Autoren endlos lange Briefwechsel miteinander geführt haben. Und auch hier kommen laufend Threads: Wie macht ihr das, wie geht ihr damit um.

Diskussionen, Arbeitstreffen, Workshops, Brief- oder Mailwechsel sind genau aus diesem Grund so wichtig. Manchen helfen auch Schreibratgeber, in denen etwas steht, was im Kopf plötzlich den Groschen fallen lässt. So war's bei mir.

Aber damit ist die schlimmste Hürde noch nicht überwunden. Man muss nicht nur wissen, wie's geht, man muss es auch können. Und das ist oft verdammt harte Knochenarbeit, immer und immer wieder schreiben, das gleiche immer neu formulieren, nicht aufgeben, bis es (endlich mal) gelingt.

 

Du sagst es. Ich bin grad wieder mal in so einer Phase. Und da ist es gut zu hören, dass andere auch nur mit Wasser kochen. Und dass sie sich in früheren Zeiten auch ständig ausgetauscht und sich ihre werke gegenseitig gezeigt haben. Es ist also wirklich wohl noch kaum ein Meister vom Himmel gefallen!

 

PS: Übrigens las ich neulich in einem Forum auf eine Frage: "Weiß jemand, wo in einem Schreibratgeber über XXX was steht?" die Antwort: "Lesen hilft dir mehr als Schreibratgeber". Aha. Wie erhellend. Und hilft unheimlich weiter. Früher habe ich mich über solche Pauschalurteile geärgert. Mittlerweile amüsieren sie mich eher.

Warum zum Teufel kann man nicht einfach schreiben:

"Lies besser mal Hemingways XXX, der macht das so und so."

"Bei Sol Stein findest du ..." oder "Das bei Sol Stein hilft nicht weiter ..." oder ...

Aber Scheuklappen wollen verteidigt werden.

 

Stimmt, Lesen, Lesen, Lesen allein hilft wirklich nicht weiter. Und in einen Scheibratgeber gucke ich ab und zu wieder rein, wenn es irgendwo hängt. Allerdings helfen alle diese Dinge nicht dabei, wie originell du plottest oder wie du deinen ureigenen Roman aufbaust. Das können alles nur Anregungen sein. Grundsätzlich gilt wohl "Versuch und Irrtum", wie du oben beschrieben hast, so lange, bis es wirklich rund und stimmig ist. Manche schaffen das vielleicht auf Anhieb, manche brauchen Jahre.

 

Als ich Hemingways "Inseln unter den Winden" gelesen habe oder Ecos "Foucaultsches Pendel", dann machte mir das zwar unheimlich Lust, aber jetzt zerleg mal solche Texte und mache sie dir nutzbar. So oft kopieren, bis es in Fleisch und Blut übergeht? Das habe ich in meiner Jugend mit Max Frisch gemacht, weil der mir gerade unheimlich reinlief.

Ansonsten glaube ich eher, dass müde Kopien rauskommen, wenn man das versucht.

Ich habe mir jetzt das Lied von Eis und Feuer bestellt, weil ich wissen möchte, wie bunt und landschaftsbeschreibend und charakterscharf Martin das alles hinbekommt. Vielleicht macht es ab und zu "Klick". Und es ist seit Tolkien der erste Fantasy-Roman, den ich lesen werde.

 

Gepannte Grüße

Christa

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Das dürfte unbedingt stimmen. Mitte der Neunziger war Fantasy noch absolut "Pfui" unter Literaten. Das hat sich mittlerweile doch sehr geändert' date=' vor allem unter den Jungen.[/quote']

Ja, wie gesagt - auf die Veränderung hoffe ich auch. Aber bis das dann die Instanzen hochgewandert ist und sich wirklich auswirkt, wird es noch eine Weile dauern. Und wenn ich mir anschaue, was für Leserkreise durch viele neue Werke angesprochen werden und jetzt neu dazukommen, frage ich mich auch, ob es das Niveau in der Phantastik tatsächlich heben wird.

Na ja, jede Verbreiterung ist schon eine Verbesserung. Wenn man das Kinoprogramm anschaut, könnte man jedenfalls meinen, die Phantastik wäre längst schon dominant. :) Aber das bringt uns leider in der Frage: "Was für Werke werden gelesen?" nicht wirklich weiter ...

 

Und die Informatiker' date=' die ich kenne, die schreiben, sind eher im Sf/Thriller Genre angesiedelt.[/quote']

... was auch ökonomischer ist, weil man da immerhin schon Dinge, die man gelernt hat, in die Bücher miteinfließen lassen kann. Wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann, dürfte zumindest auf dem Gebiet technischer SF die Konkurrenz durch Germanisten äußerst gering ausfallen ;D

 

Wobei letztlich die Frage, welche Berufsgruppen man konkret als "technisch/naturwissenschaftlich" ansehen kann, und ob man bevorzugt diese Berufsgruppen in der Phantastik findet, und wo dort, nur eine Marginalie ist. Entscheidend ist die Frage, ob ein großer Teil der Schreiber auch aus "Schichten" stammt, in denen breit gelesen wird, und zwar auch deutsche Literatur auf einem sprachlich vielseitigem Niveau, oder ob es überwiegend Genre-Leser sind.

Und da habe ich immer noch den Eindruck, dass dort, wo sprachorientiert gelesen wird, hier in Deutschland die Phantastik noch immer kein Zuhause hat. Inzwischen kenne ich auch viele Germanisten oder Angehörige "kulturnaher Berufgruppen", die sich für Phantastik interessieren - aber da ich die in der Mehrzahl über meine Tätigkeiten für Verlage kennen gelernt habe, gehe ich mal davon aus, dass es dabei eine gewichtete Vorauswahl gibt und meine Erfahrungen mit der phantastischen Hobby-Szene in den 90ern noch immer relevanter sind für die Lage an der "Basis".

Und die besagt halt: In der Phantastik-Szene findet sich ein überdurchschnittlicher Anteil an intelligenten und gebildeten Lesern mit einem dementsprechend hohen Hang zur eigenen Kreativität und einer überproportionalen Internetpräsenz, der aber nicht mit einem ebenso hohen Anteil an Personen einhergeht, die einen Hang zu Sprache und Literatur als solches hegen.

Und das ist jetzt rein statistisch zu verstehen und soll nur die von Philipp empfundene "Schreiberschwemme" im Genre erklären, ohne anwesenden, einzelnen Literaturwissenschaftlern mit Hang zum Phantastischen ihre Existenzberechtigung absprechen zu wollen. Das wäre dann ja auch ein autoaggressiver Akt, der mich leicht in die Psychatrie bringen könnte ;)

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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...gehe ich mal davon aus' date=' dass es dabei eine gewichtete Vorauswahl gibt und meine Erfahrungen mit der phantastischen Hobby-Szene in den 90ern noch immer relevanter sind für die Lage an der "Basis".[/quote']

 

Offensichtlich gibt es aktuellere Erfahrungen an der "Basis" (Natalja, hpr), die deinen widersprechen. Wie gesagt, vielleicht gibt es da unterschiedliche Kreise.

 

Christoph

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Offensichtlich gibt es aktuellere Erfahrungen an der "Basis" (Natalja' date=' hpr), die deinen widersprechen.[/quote']

Eher unterschiedliche Perspektiven ;D Und Änderungen kommen immer nur langsam, da ja ein Großteil der vorhandenen, alten Szene als "Manövriermasse" vorhanden bleibt. Ein paar "neue Kreise" verändern die Gesamtstatistik nicht so sehr. Und in der SF kann man zudem kaum von einer Jugendschwemme sprechen, während die Fantasy in den letzten Jahren durchaus dynamischer war - aber auch da habe ich in der Szene wenig gesehen, was mich zu einer Veränderung der Grundaussage bewegen könnte.

Und, wohlgemerkt: Nicht auf die veröffentlichten Autoren schauen, die ja selbst schon wieder eine gewichtete Auswahl dastellen und wenig über das "Heer der Nachwuchsschreiber" aussagen ;)

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Hallo Spinner,

 

ich mag mich ja jetzt gar nicht an der statistischen Diskussion fetsbeissen, aber zwischen SF & Fantasy-Schreibern bestehen Unterschiede, auch wenn beide Genres letztlich oft im selben Kessel landen (ich hatte mich auch schon bei deinen ersten Postings gefragt, ob du beides gleichsetzt).

 

Was Fantasy- und SF-Nachwuchsschreiber angeht, habe ich harte Zahlen aus den letzten Jahren, und bei den Fantasy-Produzent/innen ist faktisch kein höherer Anteil an Naturwissenschaftler/innen erkennbar.

 

Liebe Grüße,

Natalja

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Eher unterschiedliche Perspektiven ;D Und Änderungen kommen immer nur langsam' date=' da ja ein Großteil der vorhandenen, alten Szene als "Manövriermasse" vorhanden bleibt. Ein paar "neue Kreise" verändern die Gesamtstatistik nicht so sehr.[/quote']

Richtig. Unter den über sechzigjährigen wird bei denen, die sich "literarisch" definieren, die Abwehr gegen Fantasy immer noch hoch sein.

Neue Theorien setzen sich durch, indem dass die Anhänger der alten aussterben, hat mal ein Physiker behauptet.

 

Trotzdem sind zehn Jahre eine lange Zeit. Wenn ich an Anfang der Sechziger denke und an Anfang der Siebziger, da gabs eine ziemliche Änderung. Ein Freundin meiner Mutter hat das mal auf den Punkt gebracht. Als der Freund ihrer Tochter (der einen Schäferhund hatte) bei der Tochter einzog, sagte sie: Früher hätte ich gedacht, oh Gott, was werden die Leute sagen. Heute habe ich gedacht: Oh Gott, was wird die Vermieterin zu dem Schäferhund sagen.

 

Na gut, da war 68 dazwischen. Aber zwischen 96 und heute liegt das Internet.

 

Vor zehn Jahren gab's in Deutschland kaum Schreibratgeber und alle waren sich noch einig, dass man Schreiben nicht lehren kann. Schreibworkshops an VHS konntest du an einem Finger abzählen.

 

Jedenfalls schreiben heute von drei Autoren, die ich neu kennenlerne, zwei Fantasy. Und der Aufnahmestopp für Fantasyautoren hier im Forum zeigt, dass das wohl eine allgemeine Tendenz ist. Wenn ich mir den Anteil der Fantasy im Jugendbuchbereich anschaue, so hat Fantasy einen riesigen Sprung getan, hängt sicher mit Harry Potter zusammen. Gut, Jugendbücher sind das eine, Erwachsenenbücher, da ändert sich die Szene sicher langsamer.

 

Und, wohlgemerkt: Nicht auf die veröffentlichten Autoren schauen, die ja selbst schon wieder eine gewichtete Auswahl dastellen und wenig über das "Heer der Nachwuchsschreiber" aussagen ;)

Aber wäre mal interessant, eine Untersuchung: Wie korrelieren einzelne Berufsgruppen mit ihren Lesevorlieben mit Genres. Was schreiben sie (wenn sie schreiben)? Und was schreiben die davon, die nicht veröffentlicht werden und was die, die veröffentlicht werden? Vielleicht schreiben erfolglose EDVler Fantasy und erfolgreiche SF Thriller? ;-).

 

Vielleicht sollten wir hier eine Rubrik einrichten, "Diplomarbeitsthemen zu vergeben"? Dann wissen wir es bald genauer.

 

Eine Mathematikerin habe ich mal im Zug getroffen, die sich bitter beklagte, unter die Barbaren gefallen zu sein. Sie arbeitete in einer Firma mit lauter Ingenieuren zusammen, die angeblich gar nichts läsen (außer Ratgeber: Wie pflege und repariere ich mein Auto). Nur auf dem jährlichen Mathematikerkongress, dass sei wie eine Offenbarung. Mathematiker lieben wohl Märchen. "Alice im Wunderland" ist ja voll von mathematischen Anspielungen.

 

Und ich selbst habe beobachtet, dass Wirtschaftler (BWA, VWA, Etc.) einen deutlichen Hang zur Esoterik haben. Noch ein Vorurteil?

 

Eine Lektorin hat mal geschrieben, dass unter den Einsendungen viele Bundeswehroffiziere seien: Liebesromane oder Krimis sei deren Schwerpunkt.

 

So, jetzt höre ich mal wieder auf.

 

Hans Peter

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 Vielleicht schreiben erfolglose EDVler Fantasy und erfolgreiche SF Thriller? ;-).

 

Hallo, Hans-Peter,

 

wieso ERFOLGLOSE EDVler?

 

Ich bin über 30 Jahre in der EDV - und habe immer noch einen gut dotieren Job.

 

Ganz nebenbei veröffentliche ich auch Romane, die weitesten Sinne zur Fantasy gehören. Der Erste ist schon auf dem Markt:

 

Mara Volkers: Die Reliquie

 

Gruß Sysai

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Was Fantasy- und SF-Nachwuchsschreiber angeht' date=' habe ich harte Zahlen aus den letzten Jahren, und bei den Fantasy-Produzent/innen ist faktisch kein höherer Anteil an Naturwissenschaftler/innen erkennbar.[/quote']

Um Letzteres statistisch relevant aus Ersterem herleiten zu können, bräuchtest du die Verhältnisse aus anderen Genres als Vergleichswerte. Ich vermute mal, dass dir das Verhältnis an "Naturwissenschaftlern" unter den Einsendungen in der Fantasy deshalb nicht außergewöhnlich hoch vorkommt, weil du nicht mitbekommst, wie gering deren Anteil beispielsweise bei historischen Romanen und "stimmungsorientierten" Krimis ist (was weitere Genres sind, die ich betreut habe). Und auch, wenn es mir da an konkreten Zahlen fehlt, glaube ich mal, mich nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen, wenn ich sage, dass der Anteil an Einsendungen aus eher sprachfernen akademischen Bereichen in der Fantasy immer noch signifikant höher ist, als wenn du beispielsweise eine Agentur für Liebesromane, für Frauenromane oder für "literarische" Werke gegründet hättest.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Unter den über sechzigjährigen wird bei denen' date=' die sich "literarisch" definieren, die Abwehr gegen Fantasy immer noch hoch sein.[/quote']

Deine Altersgrenze ist ein wenig hoch gegriffen. Als ich in den 90ern studiert habe, war ich durch vorangegangene Ausbildung und Berufserfahrung nicht der jüngste Student - und konnte trotzdem unter meinen Kommilitonen das Verständnis gerade für Fantasy mit dem Mikroskop suchen. Die Altersgrenze dürfte da eher bei 30 als bei 60 zu suchen sein.

"Technisch-utopische" Literatur war da schon einen deutlichen Schritt weiter, auch wenn die Technik dabei eher als störend empfunden wurde ;D

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Ich beziehe mich dann noch mal auf mein erstes Post zu dem Thema: Wenn von 100 Fantasy-Einsendungen nur ein geringer Prozentsatz von Naturwissenschaftlern im weiteren Sinne sind, dann ist diese Zahl aussagekräftig, auch wenn es bei Liebesromanen noch mal weniger sein mögen.

 

Viele Grüße

Natalja

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Um Letzteres statistisch relevant aus Ersterem herleiten zu können' date=' bräuchtest du die Verhältnisse aus anderen Genres als Vergleichswerte. Ich vermute mal, dass dir das Verhältnis an "Naturwissenschaftlern" unter den Einsendungen in der Fantasy deshalb nicht außergewöhnlich hoch vorkommt, weil du nicht mitbekommst, wie gering deren Anteil beispielsweise bei historischen Romanen und "stimmungsorientierten" Krimis ist (was weitere Genres sind, die ich betreut habe).[/quote']

 

Nun, soweit ich das verstehe, bezieht Natalja sich auf deine erste Aussage, nämlich dass es weit mehr Naturwissenschaftler als Geisteswissenschaftler gibt, die Fantasy schreiben.

 

Und auch' date=' wenn es mir da an konkreten Zahlen fehlt, glaube ich mal, mich nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen, wenn ich sage, dass der Anteil an Einsendungen aus eher sprachfernen akademischen Bereichen in der Fantasy immer noch signifikant höher ist, als wenn du beispielsweise eine Agentur für Liebesromane, für Frauenromane oder für "literarische" Werke gegründet hättest.[/quote']

 

Welchen Bezug deine Behauptung jetzt zu deinen vorher aufgestellten Theorien hat, kann ich nicht nachvollziehen.

 

Laut Natalja, die da vermutlich aktuellere und umfangreichere Zahlen hat als du, ist der Anteil von Informatikern/Naturwissenschaftlern bei den Einsendern an Verlage/ihre Agentur nicht signifikant im Vergleich zu der Verteilung innerhalb der Bevölkerung.

 

Christoph

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wieso ERFOLGLOSE EDVler?

Schreiber, die EDVler sind und als Schreiber nicht veröffentlicht werden, also erfolglos als Schreiber, nicht als EDVler.

 

@Spinner: Ganz sicher ist der Anteil Autoren mit sprachwissenschaftlichem Hintergrund in literarischen Genres höher - klar. Insofern glaube ich dir unbesehen, dass in der fantasy mehr Schreiber aus der EDV kommen als dort. Allerdings hatte ich deine Aussage so verstanden, dass EDVler schwerpunktmässig weit mehr als Krimi, Thriller, SF, etc. schreiben.

 

Ja, Liebesromane & historischer würde ich auch vermuten, sind EDVler eher unterrepräsentiert. Das glaube ich dir.

 

Was ja auch mit der Vermutung von mir korrelieren würde: Sprachwissenschaftler sind meist sprachlich fitter, nehmen das wichtiger, tun sich eher mit Spannung hart und/oder achten das geringer.

Bei NW/EDV/Technik ist es eher umgekehrt.

Jedenfalls bei denen, die veröffentlicht werden. Daneben gibt es natürlich noch die große Masse derer, die weder das eine noch das andere ernstnehmen und können. ;-).

 

Gibt natürlich immer die Ausnahmen: Martin Gülich zum Beispiel, eindeutig der Literaturszene zuzuordnen (Taddäus Troll Preis, MDR Preis, mehrere Stipendien), stammt aus der EDV.

 

Hans Peter

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Nun' date=' soweit ich das verstehe, bezieht Natalja sich auf deine erste Aussage, nämlich dass es weit mehr Naturwissenschaftler als Geisteswissenschaftler gibt, die Fantasy schreiben.[/quote']

 

>:( Als ich statistische Argumente gebracht habe, hätte ich mir eigentlich denken können, dass ich am Ende wieder mehr über Statistik reden muss als über die Sache. Wie man ja auch in der Medizin keine Statistik veröffentlichen kann, die die Wirkungslosigkeit einer Therapie belegt, ohne dass irgendwer ankommt und sagt: "Aber ich kenne da den Fall XY, der diese Therapie gemacht hat und geheilt wurde. Damit ist deren Wirksamkeit doch wohl belegt."

 

Also: Ich habe zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass mehr Naturwissenschaftler als Geisteswissenschaftler Fantasy schreiben. Ich habe nur gesagt, dass der Anteil von "Naturwissenschaftlern" sowohl im Genre SF und auch in der Fantasy überproportional höher ist als im Durchschnitt aller Genres. Dabei habe ich in meinem ursprünglichen Posting auch ganz dezidiert den Begriff "Naturwissenschaftler" vermieden - die sind, wie die Informatiker auch - erst später als Beispiel aufgetaucht.

 

Die "Informatiker" habe ich zuerst auch nur unter den Fantasylesern erwähnt, da die Fantasy (und ja, die Fantasy - nicht nur die SF) in diesen Kreisen eine Verbreitung hat, die höher ist, als die Verbreitung von Fantasy unter der Durchschnittsbevölkerung. Und der "schreibende Informatiker" war als Anekdote auch mit einem Smiley versehen.

Das muss weder heißen, dass der Informatiker unter den Fantasy-Fans eine Mehrheit hat, noch dass Fantasy-Literatur die meistgelesene Literatur der Informatiker ist. Wenn 1% des normalen Lesepublikums Fantasy liebt, aber 10% der Informatiker, wäre das schon sehr aussagekräftig. Passworttabellen aus Hackerkreisen deuten allerdings darauf hin, dass die Verhältnisse auch heute noch etwas deutlicher ausfallen ... Aber das war ohnehin nur ein Randthema.

Also, wenn sich jemand auf "meine Aussagen bezieht", dann bitte ich doch darum, dass es die Aussagen sind, die ich gemacht habe. Ich bemühe mich nämlich schon darum, in meiner Wortwahl sorgfältig zu sein, mit meinen Begriffen nichts zu implizieren, was nicht gemeint ist, und allgemeine Aussagen und Beispiele aus persönlichem Erleben zu trennen. Das bringt natürlich wenig, wenn am Ende doch wieder alles zusammengeschmissen und nach Belieben neu zusammengemischt wird. Ansonsten könnte ich ja auch schreiben, wie sehr ich deine "monatelangen, intensiven Erfahrungen in der Fantasy-Szene" zu schätzen weiß, Christoph :s22

Das sinnverändernde Puzzlespiel mit Andrerleuts Postings ist ein rhetorisches Spiel, das durchaus auch beide Seiten mit unerfreulichen Resultaten spielen können. Daher möchte ich dich doch bitten, davon Abstand zu nehmen.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Tut mir Leid, ich hatte die Aussage

 

Zweitens zählen die Leser der phantastischen Literatur zwar eher zum intellektuelleren Teil der Bevölkerung - aber mit einem deutlichen Schwerpunkt im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bildungssegment. Eine reiche und lebendige Sprache zählt also nicht zu den Tugenden' date=' die dort schon von Berufs wegen vermittelt wurden.[/quote']

 

wohl falsch gedeutet und daraus geschlossen, dass du sagen willst, dass die Nachwuchsschreiber zum größten Teil aus der mathematisch-naturwissenschaftlichen Ecke kommen.

 

Christoph

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(Peter_Dobrovka)
Tut mir Leid, ich hatte die Aussage

 

 

wohl falsch gedeutet und daraus geschlossen, dass du sagen willst, dass die Nachwuchsschreiber zum größten Teil aus der mathematisch-naturwissenschaftlichen Ecke kommen.

 

Christoph

So hab ich das aber auch verstanden.

Die nunmehr deutlich abgeschwächte Aussage ist ausgesprochen langweilig, auf die hätte ich gar nicht reagiert. :s22

 

Peter

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Das Viellesen war am Anfang wichtig, ich glaube, ich habe die Bücherei in meinem Geburtskaff komplett leer gelesen. Bin da jeden Monat mit dem Limit an ausleihbaren Bücher rausgekommen. Das hat mir einen sehr grossen Wortschatz und auch eine sehr gute Ausdrucksfähigkeit beschert, die mir auch heute noch im Beruf zu gute kommt.

 

Aber seit dem ich aktiv schreibe, ist das Pensum an Lesestoff auf ausgewählte Bücher geschrumpft. Teils weil mir die Zeit dazu fehlt, aber auch weil ich nicht Ideen aufgreifen möchte, die nicht die eigenen sind.

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Die nunmehr deutlich abgeschwächte Aussage ist ausgesprochen langweilig' date=' auf die hätte ich gar nicht reagiert.[/quote']

Nun, es ging immerhin ursprünglich um die Frage (um mal wieder das Augenmerk auf Seite 5 zu richten, wo das alles seinen längst vergessenen Anfang nahm), warum man anscheinend gerade in der SF und der Fantasy ein "unüberschaubares Heer von Nachwuchsschreibern" findet, die aus ihrer eigenen Leseerfahrung "scheinbar gar nichts oder nur ausgesprochen wenig für ihr Schreiben lernen".

Meine These dazu war, dass das besonders auffällt, weil die Leser dieser Genres im Durchschnitt einen überdurchschnittlichen Bildungsgrad aufweisen, daher eher zu eigener Kreativität neigen und man deshalb im Vergleich zu anderen Genres relativ mehr Schreiber findet; dass dieser Effekt durch eine überdurchschnittlich hohe Internetpräsenz der Zielgruppen noch verstärkt wird. Und dass die sprachliche Qualität der entsprechenden Werke dann noch tendenziell vermindert wird, weil unter diesen Schreibern ein im Vergleich zu anderen Genres überdurchschnittlicher Anteil von Autoren aus an sich "literaturfernen" Bildungsbereichen aufzufinden ist; und dementsprechend tendenziell mehr Autoren im Genre unterwegs sind, die ihren "literarischen Horizont" nicht durch weitergehende Auseinandersetzung mit vielseitig gelagerten, deutschsprachigen Werken erweitern.

Man darf auch nicht vergessen, dass ein großer Teil der Schreiber des Genres, die nicht marktfähig sind und deren Literaturinteresse auch begrenzt ist, letztendlich gar nicht den Weg in die Verlage finden: Denn gerade die sehr lebhafte Szene des Genres sorgt dafür, dass viele Hobbyschreiber sich dort recht bequem einrichten - und damit im Internet durchaus zum Gesamteindruck beitragen.

 

Also: Besonders viele Schreiber + besonders hohe Präsenz im Netz - überdurchschnittlicher Anteil unreflektierter Werke = Besondere Auffälligkeit einer angeblich "geringeren Qualität".

 

Diese Aussage finde ich für sich genommen interessant genug, auch ohne dass man sie zu reißerischen Schlagzeilen umformen müsste, nach dem Motto: "Alle Fantasyautoren sind Naturwissenschaflter und deshalb besondere Literaturbanausen" :)

Denn man sollte auch nicht vergessen, dass andere Genres auch nicht nur begnadete "Nachwuchsschreiber" aufweisen, die gleich den Eindruck vermitteln, dass sie ungeheuer viel "aus ihren Leseerfahrungen gelernt" hätten. Man könnte also auch dort, wenn man sich umsieht, den Eindruck gewinnen, dass viel schlechtes geschrieben wird, obwohl die Schreiber schon einiges gelesen haben.

Wenn dann in einem Genre wie der Fantasy oder der SF besonders viele Schreiber einfach durch ihre Präsenz auffallen und wahrgenommen werden, dann reicht auch eine durch statistische Einflüsse mäßig erhöhte Quote an schlechten Beispielen aus, um der ganzen Szene einen Ruf als "unbedarfte Hobbyschreiber" aufzudrücken.

Mein Rezept dazu wäre, die Quote "abwechslungsreicher Lektüre" in der Zielgruppe zu erhöhen; was sich teilweise dadurch erreichen lässt, dass man den Buchmarkt im Genre selbst breiter bedient; teilweise dadurch, dass die Quote "literaturferner Vorgeschichte" unter den potenziellen Autoren sinkt. Beides wird allerdings auch durch strukturelle Besonderheiten des deutschen Buchmarkts und des kulturellen Literaturbetriebs erschwert, wie oben angemerkt.

 

Rein statistische Aussagen über Tendenzen eignen sich vielleicht nicht zu spektakulären Zuspitzungen - aber ob sie deshalb gleich langweilig sind ...

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Schreiben ohne Bücher anderer zu lesen, halte ich für ahnungslose Selbstverliebtheit. Einerseits. Und andererseits wäre diese Vorgehensweise nicht besonders klug - weil einem der Vergleich fehlt. Und wir (Menschen allgemein, nicht nur Autoren) leben vom Vergleich. Bücher anderer inspirieren, was mögliche Plots, Formulierungsweisen, sprachliche Finessen etc. betrifft.

Ich halte es für unmöglich, ein gutes Buch zu schreiben, ohne zu wissen, was die "Konkurrenz" so schreibt. Ich habe vor vielen Jahren eine Kurzgeschichte von Siegfried Lenz gelesen. Sie hatte im Grunde eine total langweilige Handlung, trotzdem habe ich die Seiten verschlungen! Ich war fasziniert davon, wie spannend Lenz den stinklangweiligen Hochsommertag einer Frau beschreibt. Und diesen Satz aus der Geschichte werde ich mein Lebtag nicht vergessen: "...sie schlug ihre Zähne in einen Apfel ..."

Renate

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Wenn man die mal wegläßt und nur die richtigen Autoren betrachtet' date=' dann kann man vielleicht sagen: Wer lange daran gearbeitet hat, einen guten Erzählstil oder gar eine richtige Autorenstimme* zu entwickeln, kann bei gewissen Erfolg nur noch Bücher mit Autorenstimme ertragen.[/quote']

Manche können aber auch nur noch Bücher ertragen, die so erzählen, wie sie selbst erzählen möchten. Auch das ist weitverbreitet.

 

Runtererzählende Prosa, die nur als Vehikel dient, eine Geschichte zu transportieren

Eine Geschichte zu "transportieren" (du meinst vermutlich zu erzählen), ist eine Kunst. Von dem Aufbau der Personen angefangen über Spannungsbogen bis zum Hintergrund. Das hat alles nichts mit Stil zu tun, gehört aber meines Erachtens zu einem Text genauso dazu.

 

Aber es gibt viele Autoren, die bei Büchern nur den Stil betrachten, da hast du recht. Was ich schade finde und meist sind das dann die Bücher, die ich mangels Qualität der Geschichte nur anlese, und als mißlungen empfinde.

 

Aber zurück zum Thema: Viele Autoren bilden ihre Schreibe in ihrer Jugend aus, begegnen dort den Büchern, die sie prägen. J.C. Oates hat in dem Essay, den ich hier schon mal erwähnt habe (Als Schriftsteller lesen: Der Künstler als Handwerker) da etliche Beispiele aufgeführt. Spätere Bücher hatten und haben oft nicht mehr den Einfluss.

 

Hans Peter

 

Edit: die letzten zwei Sätze hate ich vergessen bzw. nur halb getippt.

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Hallo,

 

hier noch ein Nachtrag. Ich habe grade nochmal die vielen ersten vier seiten gelesen, die mir Leute aufgrund der Anzeige im tempest und Federwelt gemailt hatten.

 

Und bei so gut wie allen merkt man, dass einfach die Fertigkeit, die Erfahrung fehlt, handwerkliche Methoden auch anzuwenden. Die meisten nutzen bestenfalls 5-15% des Potenzials ihrer Geschichte. Meist merkt man, dass sie durchaus Handwerk nutzen wollen, Buecher gelesen haben (sowohl Romane anderer Autoren wie Schreibratgeber), aber das Hauptproblem ist oft einfach die fehlende Erfahrung im Umgang mit dem Handwerk. Es reicht eben nicht, zu wissen, wie's geht, man muss es ueben, bis man es beherrscht.

 

Beliebter Trick, wie er auch heute viel in der Spannungsliteratur verwendet wird: Ein Hook (Leiche, Knall, etc.) und danach geht es in die Rueckblende, die erklaert, wie es zu dem Hook kam, was der Hintergrund ist.

 

Wirkungsvolle Methode, wenn man sie beherrscht. Wenn nicht, geht es grausam schief und bei den Texten, die ich gelesen habe, ist meist das der Fall. Den Autoren fehlt einfach die Fingerfertigkeit, die Uebung, wohl auch die Diskussion mit anderen. Denn so sehr man auch eigene Texte mit Vorbildern vergleicht, man kann sie nie richtig einordnen. Ich sehe das selbst bei meinen Texte, wo ich einfachste Fehler, die mir in anderen Texten sofort auffallen, nicht sehe.

 

Insofern schult lesen natuerlich den Geschmack, aber es bleibt immer die Diskrepanz, dass man sich mit der Einordnung der eigenen Texte schwertun wird und auch das, was man bei anderen Autoren wahrnimmt, erst mal einueben muss, bevor man es wirklich beherrscht.

 

Hans Peter

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