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(Huutini)

Als es spannend wurde, sprang er.

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Liebe Leute!

 

Okay, diese Sache überschneidet sich thematisch stark mit dem Thread über Cliffhanger und dem des feigen (bzw., in meinen Augen eher faulen) Autors. Da ich es aber keinem dieser beiden richtig zuordnen kann, mache ich einen eigenen Thread auf.

 

In letzter Zeit begegnet mir vermehrt etwas, das ich als sehr klassischen Anfängerfehler bezeichnen möchte: "Der unaufgelöste Cliffhanger".

 

Mir ist es schleierhaft, was die Autoren damit bezwecken, ausser, dass sie zu faul sind, die interessanten Stellen ihres Textes zu erzählen.

 

Gemeint ist das Phänomen, dass ich mit einem kurzen, gerafften Beispiel veranschaulichen möchte:

 

Kapitel 8

Maria und ihre dreijährige Tochter Anna schlendern durch das Einkaufszentrum. Sie ahnen nicht, dass der Drogenboss, der sich an Ricardo rächen will, indem er dessen Tochter Anna umbringt, sie durch sein Zielfernrohr beobachtet, das schwarze Kreuz immer auf dem goldenen Lockenkopf der kleinen Anna.

Aufgeregt hüpft Anna herum und möchte einen Luftballon haben. Doch Maria ist genervt, sie muss noch soviel tun und hat so wenig Zeit.

Da peitscht ein Schuss durch das Einkaufszentrum.

 

Kapitel 9

Maria sitzt an ihrem Fenster. Heute wäre Anna fünfzehn geworden, und Ihr Mann Ricardo saß noch im Gefängnis. Sie war ganz allein.

usw.

 

Anstatt uns das interessante ERLEBEN zu lassen, wird enfach munter in die Zukunft gesprungen und kurz das Ergebnis der interessanten Szene in einer Rückblende von einer Zeile Länge abgehandelt.

 

Argh! Ich sage nur: Erzählt doch ein bisschen was. Lasst das Mädchen sterben, die Mutter trauern, die Wachmänner des Einkaufszentrums den Schützen jagen, den entkommen, den Vater Ricardo ausrasten, was weiß ich. Aber ERZÄHLT es!!

 

Mir ist, wie gesagt, schleierhaft, welchen Zweck es machen soll, alles, was erzählenswert ist, im Off stattfinden zu lassen!

Das dulde ich, in ausnahmefällen, noch am Ende eines Prologs oder einer Einführung, etwas, das später in der geschichte wichtig wird, und wo DANN das geschehene nachgeholt wird. Aber doch nicht im laufenden Text.

Was ist daran spannend??

 

Darum, mein Plädoyer:

Erzählt! ;D

 

Lieben Gruß,

Marco! :s17

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Hi Marco,

also das sehe ich anders. Ich finde es ist nicht erforderlich alles auszuwälzen. Das Ergebnis wird im nächsten Kapitel deutlich und ich würde eher eine Verdi-Oper-mäßige Sterbeszene als störend empfinden. Es kommt meines Erachtens auf den Erzählton der Geschichte an. Wenn das eher ein knapper lakonischer und distanzierter Ton ist, dann würde jedes Auswalzen diesen Grundton durchbrechen.

"Ein Charlie, ich glaube ich bin Christ." Winnetou III

lässt sich im allgemein etwas schwülstigen Karl May Buch noch ertragen. In einem distanzierten Mafiathriller, wie du ihn angedeutet hast, fände ich es unpassend.

Die Geschmäcker der Gestecker sind halt verschieden - bin gespannt auf die anderern Reaktionen.

Gruß Rabe

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Ich finde es ist nicht erforderlich alles auszuwälzen.

Das stimmt natürlich. Nur meine ich halt solche Fälle, wo GAR nichts interessantes erzählt wird.

 

Das Ergebnis wird im nächsten Kapitel deutlich und ich würde eher eine Verdi-Oper-mäßige Sterbeszene als störend empfinden. Es kommt meines Erachtens auf den Erzählton der Geschichte an. Wenn das eher ein knapper lakonischer und distanzierter Ton ist, dann würde jedes Auswalzen diesen Grundton durchbrechen.

Eine Verdi Oper würde mich immer stören, selbst in einer Verdi Oper.  ;)

Ansonsten hast du natürlich recht, aber ich rede ja auch gar nicht davon, ALLES auszuwalzen. Nur ich lese immer wieder Geschichten, in denen GAR NICHTS ausgewalzt wird, sondern IMMER wenns interessant wird, ausgeblendet und NUR das Ergebnis kurz erwähnt wird. Und nein, dagegen zeter ich wie ein Rohrspatz.

Wie erfolgreich wäre denn 'Sakrileg', wenn jede Actionszene ausgelassen worden wäre, und nur gekommen wäre:

 

"Robert Längdon spürte, dass er verfolgt wurde.

 

[schnitt]

 

Als er die Verfolger abgeschüttelt hatte, ging er ein Sandwich essen."

 

Oder die Wanderhure?

 

"Marie ahnte schlimmes, als sie das Söldnerlager näherkommen sah.

 

[schnitt]

 

Als ihre Wunden wieder verheilt waren, zog sie weiter."

 

"Ein Charlie, ich glaube ich bin Christ." Winnetou III

lässt sich im allgemein etwas schwülstigen Karl May Buch noch ertragen. In einem distanzierten Mafiathriller, wie du ihn angedeutet hast, fände ich es unpassend.

Ich wollte gar kein Genre andeuten, sondern nur ein Beispiel bringen, dass manche Leute genau in dem Moment ausblenden, wenns spannend wird, und dann in eine ruhige Szene zurückgehen. Warum dann überhaupt noch spannende Szenen?

 

An sich stimme ich dir zu: Es muss nicht IMMER sein, aber es sollte wenigstens ÜBERHAUPT sein.

 

Die Geschmäcker der Gestecker sind halt verschieden - bin gespannt auf die anderern Reaktionen.

 

Yep!  :)

 

Gruß,

Marco! :s17

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Ansonsten hast du natürlich recht' date=' aber ich rede ja auch gar nicht davon, ALLES auszuwalzen. Nur ich lese immer wieder Geschichten, in denen GAR NICHTS ausgewalzt wird, sondern IMMER wenns interessant wird, ausgeblendet und NUR das Ergebnis kurz erwähnt wird. Und nein, dagegen zeter ich wie ein Rohrspatz.[/quote']

Hallo Marco,

 

irgendwo bespricht Virginia Woolf einen Debütroman, und dabei sagt sie so ungefähr, beurteilen könne man ihn erst ab dem Punkt, wo sich die Autorin zum ersten Mal einer Situation stellt.

 

Meinst Du das? Autoren, die sich um alles herummogeln, statt sich den Situationen, die sie heraufbeschwören, auch zu stellen?

 

Denkst Du an ein bestimmtes Beispiel? ;)

 

Neugierige Grüße

 

Barbara

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Lieber Marco,

 

ich kann dir genau sagen, was bei mir beim Schreiben passiert, wenn ich solche eigentlichen Aktionen auslasse.

 

Ich deute an, und hinterher ist der Zustand noch einmal kurz angeführt: Ist doch ganz klar, was da zwischendurch passiert sein muss?

 

Ich schreibe grundsätzlich zu knapp und nehme oft an, dass man erahnt, was ich sagen will. :s18 Da ist so vieles in meinem Kopf, was ich gar nicht zu Papier bringe, weil ich Angst habe, den Leser zu langweilen. Zum Beispiel mit unnötigen Wiederholungen. Ich will nicht, dass der Leser denkt, "Ja, is ja gut jetzt, ich hab's geschnallt. Musste nich auch noch breittreten."

 

Vielleicht liegt es aber dann doch am Genre, denn eine Actionszene (Ich beziehe mich auf Sakrileg) lebt nun mal davon, dass man sie hautnah miterlebt. In meinem Roman ist die Action eher psychologischer Natur, die Gefühle fahren Achterbahn. Da muss man sich einem Gefühl stellen, keiner Situation. Bei einer Beerdigungsszene hab ich das z.B. erst beim zweiten Anlauf geschafft.

 

Ich glaube, ich habe mich von einem Roman noch nie um die Action betrogen gefühlt, wenn es nach einem Cliffhanger weiterging.

 

So, das war mein Wort zum Fußball-Freitag,

liebe Grüße

Judith

"Felix", FVA 2015,  jetzt als Kindle eBook // Ab 12.7.2021: "Liebe braucht nur zwei Herzen", Penguin Verlag // Sommer 2022: "Wenn dein Herz woanders wohnt", Penguin Verlag

www.judithwilms.com

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Hallo Judith,

 

Vielleicht liegt es aber dann doch am Genre' date=' denn eine Actionszene (Ich beziehe mich auf Sakrileg) lebt nun mal davon, dass man sie hautnah miterlebt. In meinem Roman ist die Action eher psychologischer Natur, die Gefühle fahren Achterbahn. Da muss man sich einem Gefühl stellen, keiner Situation. Bei einer Beerdigungsszene hab ich das z.B. erst beim zweiten Anlauf geschafft.[/quote']

Bei Gefühlen finde ich es auch viel, viel schwerer zu entscheiden, wieviel man da schreiben muss, wann man zu sehr an der Oberfläche bleibt und wann man etwas zerredet.

 

Übrigens habe ich da oft auch den Eindruck, dass es da sehr unterschiedliche Lesegewohnheiten gibt. Manche nehmen Gefühle erst wahr, wenn sie mit der Nase drauf gestoßen werden (Lena brach in Tränen aus). Andere lesen zwischen den Zeilen und fühlen sich belästigt, wenn man zu dick aufträgt.

 

Schöne Grüße

 

Barbara

die eigentlich arbeiten sollte, statt hier die Zeit zu verplaudern.

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Hallo Marco,

 

irgendwo bespricht Virginia Woolf einen Debütroman, und dabei sagt sie so ungefähr, beurteilen könne man ihn erst ab dem Punkt, wo sich die Autorin zum ersten Mal einer Situation stellt.

 

Meinst Du das? Autoren, die sich um alles herummogeln, statt sich den Situationen, die sie heraufbeschwören, auch zu stellen?

 

Ja, genau das trifft es!

 

Es geht gar nicht um körperliche Action, sondern je nachdem, was in einem Roman von Bedeutung ist. Was INTERESSANT ist. Bei Sakrileg WÄREN es Actionszenen.

 

Aber nehmen wir an, es geht um die Geschichte einer Frau, die als Kind von ihrem Vater missbraucht worden ist, und mit 15 von zu Hause fortgelaufen ist. Und angenommen, die Geschichte erzählt nun, wie diese Frau sich mit Anfang dreissig dazu durchringt, nach fünfzehn Jahren ihrem Vater wieder gegenüberzutreten. Wenn dann da steht:

 

"Sie öffnete die Tür und sah ihren gealterten Vater am Tisch sitzen.

 

[schnitt]

 

Das Gespräch war toll gewesen. Nun konnte sie viel freier mit Menschen umgehen, darum ging sie erst einmal ins Schwimmbad."

 

Dann würd ich das Ding in die Ecke pfeffern. JEDES Buch hat doch DIE Szene(n), die interessieren, die eine Klimax bilden, auf die der Leser sich in gewisser Weise freut, in denen endlich, pardon my french, die Scheisse durch die Gegend fliegt, die der Autor die ganze Zeit ausgebreitet hat. Und dann blendet der Autor aus, und man erfährt nie, was da passiert ist?

 

Habe leider kein konkretes Beispiel, ausser dreier Geschichten von Nachwüchslern die hier herumliegen, und wo das gehäuft auftritt.

 

Die eine, soviel mag ich sagen, erzählt von der Vorbereitung eines Bankraubs. Mit Plan, Material beschaffen, etc. Dann stürmen die Gangster die Bank.

 

[schnitt]

 

Zwei angeschossene und zwei gesunde Gangster kommen mit dem Geld aus der Bank und fliehen.

 

Was soll das? Soll das spannend sein?? Ich verstehs nicht... :s03

 

Lieben Gruß,

Marco! :s17

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Ich glaube, dass ist der ungesunde Einfluß von Tarantino. ;) Reservoir-Dogs, Botenberichte, usw.

 

Das zieht man dann dabei, solche coolen Zeitsprüngchen, um sich eben um diese Szenen, die einem unangenehm sind, zu drücken. Ich glaube es ist auch die Angst, wirklich "uncool" zu erscheinen. Wenn wir eine solche...nennen wir sie mal, "schmutzige" Szene haben, in der sich viel tut, emotional viel tut, Figuren zusammenbrechen, sich diese Maskerade nicht mehr aufrecht erhalten lässt, dann muß man sich auch eben die Finger schmutzig machen.

Wenn jemand verfolgt wird, hat er Angst. Wenn jemand kämpft, spült Adrenalin durch seinen Körper. Wenn jemand einen toten Geliebten in den Armen hält, ist er traurig. Und all das kann man nur sehr schwer aus dieser ästhetisch-coolen-Matrix-Distanz beschreiben.

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(Peter_Dobrovka)

Du hast recht, Marco, das ist sehr eng verwandt mit dem feigen Autor.

In gewisser Weise kommt hier aber vielleicht noch das Phänomen des feigen Lesers hinzu. :s22

Die Beispiele, die du beschrieben hast, sind natürlich Extrembeispiele. Aber sehr oft kenne ich das aus dem Bereich Action und Horror, daß der Leser ein schwaches Herz hat und gewisse Dinge gar nicht so genau beschrieben haben will. Angeblich, weil es in der Andeutung stärker wirkt. Was ich für Selbsttäuschung halte. Gerade weil die Andeutung nicht so stark wirkt, wird sie oft als angenehmer empfunden. Und sie ist leichter zu schreiben! Da freut sich auch der Autor, denn er kann nun sagen, er hat das nicht ausgelassen, weil er sich der Szene nicht stellen wollte, sondern weil sie so stärker wirkt. :s22

 

Ich habe hier ein Beispiel aus Hämoglobin von T. Sträter:

Er nickte, und ich ließ knackend die Klinge des Teppichmessers hervorschnellen.

»Vielleicht«, sagte ich und ging rüber zum Bett, »stimmt es Sie ja fröhlich, dass er heute nacht bedeutend besser gelaunt sein wird.«

Er schüttelte kurz den Kopf.

Er schüttelte ihn auch noch, als er das längst nicht mehr hätte tun sollen: Ich rutschte einige Male ab.

 

Meinen Karren ließ ich einfach auf der Station stehen.

Der Fahrstuhl brachte mich runter, und niemand behelligte mich; warum auch? Stille war hier etwas völlig Normales.

Heute Nacht noch würde ich den Spätzug nach Wismar nehmen.

Die Szene, die ausgelassen bzw. nur angedeutet wurde, kann man sich vorstellen. Man kann sie sich sogar sehr gut vorstellen, oder? In einem Hardcore-Horror-Buch wäre es natürlich Pflicht, das spritzende Blut und die Anatomie der Kehle zu beschreiben, aber in diesem Zusammenhang tut die Andeutung ihre Pflicht.

 

Hey, mir fällt gerade ein, ich habe sowas auch:

Mit einem wütenden Schrei sprang sie den Mann an, gemeinsam fielen sie zu Boden. Er kam nicht dazu, einen dritten Schuß abzufeuern. Sie biß zu.

Wieder und immer wieder.

 

Als sie wieder zu sich kam, lag sie auf einem Teppich aus blutigem Fleisch und wirr herausstehenden Knochen. Der Teppich besaß an seinen Ecken zwei Beine und zwei Arme; eine Hand hielt ein Gewehr.

Ungläubig sah sie auf ihre von Rot triefenden Hände. Was hatte sie getan? Es war alles so schnell gegangen.

Und das war schon eine Szene wo ein Probeleser, ich weiß es genau, meinte, ob das denn jetzt unbedingt hätte sein müssen, diese eklige Beschreibung.

 

Zurück zu deinem Beispiel mit dem Schuß im Kaufhaus. Was geschehen ist, ist klar, irgendjemand hat das Mädchen erschossen. Aber ich gebe dir recht, der Autor enthält uns da etwas vor, das uns interessieren würde. Selbst angenommen, es soll keine Actionware sein und eine Verfolgungsjagd des Täters ist nicht angedacht, so wäre an dieser Stelle doch zumindest die Reaktion der Eltern hochinteressant. Denn die kann ich mir nicht so ohne weiteres vorstellen wie die ausgelassenen Grausamkeiten meiner Textbeispiele. Da hab ich keine Pauschalbilder, die ich einsetzen kann. Sind sie fassungslos, schreien sie, was geht in ihnen vor? Wie reagieren sie? Was tun sie, wenn sie überhaupt was tun?

 

Peter

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Das mit dem Horror-Genre stimmt, da KANN eine Auslassung in der Tat stärker sein, als eine beschriebene Szene.

 

In Drehbuchkreisen kursierte früher der Spruch: "Den Zuschauer wissen zu lassen, dass ein monster hinter der Tür steht ist wirkungsvoller als das Monster zu zeigen."

 

Das liegt daran, dass die Phantasie eines Zuschauers oder Lesers in manchen Fällen Sachen bereitstellen kann, die keine Beschreibung und kein VFX der Welt toppen kann. Ausserdem verlieren Manche Dinge ihren Schrecken, wenn man sie zeigt.

 

so wäre an dieser Stelle doch zumindest die Reaktion der Eltern hochinteressant. Denn die kann ich mir nicht so ohne weiteres vorstellen wie die ausgelassenen Grausamkeiten meiner Textbeispiele. Da hab ich keine Pauschalbilder' date=' die ich einsetzen kann. Sind sie fassungslos, schreien sie, was geht in ihnen vor? Wie reagieren sie? Was tun sie, wenn sie überhaupt was tun?r[/quote']

 

Ich glaube, das mit den Pauschalbildern ist der zentrale Punkt. Und halt, dass der Leser etwas erleben will, und nicht nur ein ergebnis gezeigt bekommen. Jedenfalls nicht, wenn der Weg dahin nicht eindeutig ist.

 

Wie gesagt: Geschildert werden sollte, was für die Geschichte interessant ist, und ausgelassen, was nicht erzählt werden braucht. Ist sicherlich auch Genreabhängig... (Siehe Splatterstories)

 

Lieben Gruß,

Marco! :s17

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Hallo zusammen,

 

wenn ein Autor einen Konflikt ankündigt, und ihn dann nicht ausfüllt, dann gibt es ein paar gute Gründe dafür.

Manche Konflikte müssen erst einmal angekündigt werden; manche Konflikte werden nicht angenommen, weil die Figur das in diesem Augenblick nicht möchte; manche Dinge müssen nicht ausgeschrieben werden (Gewalt und Sex)- weil das auslassen besser ist, als das ausschreiben; und bei einem Prolog bin ich bereit dies als Teil des Spannungsaufbau zu akzeptieren.

 

Meist will der Autor sich aber einem Konflikt nicht stellen, oder nicht richtig stellen.

Wenn der Autor einem Konflikt ausweicht, siehe Marcos Beispiele, dann lege ich das Buch weg. Weil es dann ein schlechtes Buch ist und mir meine Zeit zu Schade ist. Und werfe das Buch in meine Kiste zum "aussetzen", und dann kann es sich einen neuen Leser suchen. Marcos Beispiele wären für mich ein Grund, um ein Buch sofort wegzulegen.

 

Werden Konflikte nur halbherzig ausgefüllt, dann bin ich verärgert, und sehe mir ein paar weitere Konflikte an. Geht das so weiter, lege ich auch das Buch weg. Auch dafür ist mir meine Zeit zu Schade- und das Buch geht auch in die Bücherkiste.

 

Am meisten ärgere ich mich jedoch, wenn der Hauptkonflikt des Buches lapidar gelöst wird. Das kann mir ein gesamtes, ansonsten gelungenes Buch ruinieren- und ja, das passiert mir als Leser überraschend oft.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Marco, ich habe mir jetzt nicht die Mühe gemacht, alle Postings zu lesen, aber ich denke, dass Du schon am Anfang zwei verschiedene Sachen durcheinander muggelst. In Deinem Beispiel finde ich den Sprung sehr gut. Erstens ist es ein kleiner Schock, ein Wachrüttler. Aha, es hat die Kleine also erwischt! Zweitens weiß ich dann, dass es nicht um das Schicksal der Tochter geht, sondern um die Trauer der Mutter oder etwas anderes. Die Szene im Einkaufszentrum war nur Vorbereitung, ein Prolog. Die auszuwalzen hätte Unwichtiges in den Vordergrund gestellt. Dann ist so ein Sprung eine gute dramaturgische Lösung.

 

Wenn natürlich ein Buch die ganze Zeit auf eine Klimax hinarbeitet, z.B. das von Dir genannte Gespräch zwischen Vater und Tochter, dann muss die Szene natürlich rein. Sie ist wichtig, wir wollen wissen, was im einzelnen passiert.

 

Letztendlich ist es doch eine Frage der Gewichtung. Unvermeidliche Nebensächlichkeiten deute ich kurz an, Wichtiges schildere ich in allen Einzelheiten. In Deinem Beispiel wäre ich als Leser keinen Deut schlauer, wenn ich noch den Kommissar kennenlerne, der versucht den Mord an der Tochter aufzuklären, oder eine Verfolgungsjagd miterleben müsste, die dann doch zu nichts führt.

 

So, langsam mal WM-fertig machen ... wo ist meine Tröte ... Bier ... Chips ... alles da?

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Hallo,

 

ich finde auch, das Peter D.s Beispiel "Als sie wieder zu sich kam..." nicht ganz in die von Marco beanstandete Situation passt. Denn die Auslassung stellt genau das dar, was in ihrem Hirn passiert. Sie hat es ja selbst nicht gemerkt, wieso sollte man den Leser durch die Action schicken?

 

Grüße

Judith

"Felix", FVA 2015,  jetzt als Kindle eBook // Ab 12.7.2021: "Liebe braucht nur zwei Herzen", Penguin Verlag // Sommer 2022: "Wenn dein Herz woanders wohnt", Penguin Verlag

www.judithwilms.com

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Marco' date=' ich habe mir jetzt nicht die Mühe gemacht, alle Postings zu lesen, aber ich denke, dass Du schon am Anfang zwei verschiedene Sachen durcheinander muggelst. In Deinem Beispiel finde ich den Sprung sehr gut. Erstens ist es ein kleiner Schock, ein Wachrüttler. Aha, es hat die Kleine also erwischt! Zweitens weiß ich dann, dass es nicht um das Schicksal der Tochter geht, sondern um die Trauer der Mutter oder etwas anderes. Die Szene im Einkaufszentrum war nur Vorbereitung, ein Prolog. Die auszuwalzen hätte Unwichtiges in den Vordergrund gestellt. Dann ist so ein Sprung eine gute dramaturgische Lösung.[/quote']

 

Da hast du recht, das deute ich in dem Post aber auch an: Als Prolog oder Einleitung kann sowas gut funktionieren, von solchen Fällen rede ich hier aber nicht!!

 

Ich meinte lediglich solche Fälle, in denen das Ausgelassene fundamentaler Bestandteil der Handlung ist und einfach interessiert, weil darauf hin gearbeitet wurde.

 

Und ich geh jetzt auch das Bier warmmachen und die Würschten kaltstellen. Wäre doch gelacht. wenn Costa Rica nicht Weltmeister wird! HAH!

 

(Und vielleicht hat ja irgendwer noch die doofe Briefmarke... :s07)

 

Ole, Ole, Ole,

Marco! :s17

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Stefan Mühlfried

Eine gute Begründung für eine Auslassung ist auch das Erzeugen von Humor:

"Er faßte prüfend in seine Jackentasche nach dem Revolver. Dann stieg er aus, zog die Maske über das Gesicht und stürmte durch die Drehtür in die Bank. Das würde der Coup seines Lebens werden!

 

Zehn Minuten später trat er wieder durch die Drehtür, die Hände auf dem Rücken und in begleitet von zwei Polizisten."

 

In einem solchen Fall ist das eigentliche Geschehen in der Bank auch völlig bedeutungslos. Der Pechvogel wird's halt mal wieder vermasselt haben. (Und bitte keine Diskussion, ob das nun lustig war oder nicht. War nur ein Beispiel!)

 

Ich finde es eine ganz schön schwierige Aufgabe, nicht mehr und nicht weniger zu erzählen, als der Leser wissen will und muss. Wie oben schon gesagt: In der einen Ecke steht die Feigkeit des Autors und in der anderen das Langweilen des Lesers. Und irgendwo dazwischen ein guter Text.

 

Schöne Grüße,

Stefan

"Schriftsteller sollten gar keine Adjektive haben. Sie sind keine französischen oder australischen Schriftsteller, sondern einfach Schriftsteller. Am Ende sind sie ohnehin nicht mal ein Substantiv, sondern ein Verb: Sie schreiben." - Richard Flanagan

Blaulichtmilieu   -   Zur Hölle mit der Kohle   -   Der steinerne Zeuge

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Hallo Marco,

 

es kommt auch auf die Ausführung an. In "Garp" benutzt Irving einen solchen Sprung nach dem anderen. "Später sollte Duncan Garp gerade dieser Blick einiges klarmachen..." Dicht an Dicht über beinahe 5 Seiten. Es geht darum deutlich zu machen, dass eine Geschichte eigentlich gar kein Ende hat. Eine Szene ja, ein Lebensabschnitt, ja, eine Geschichte, nein.

 

Erzählen kann maßlos langweilen, wenn das was erzählt wird, nicht für Plot, Inhalt oder Stimmung maßgeblich ist oder zur Sprachschönheit eines Textes beiträght (wie bei Hemingway der gerne den Geschmack von etwas beschreibt) - man nennt das Strecken. Auf mich wirkt das oft, als habe jemand Seitenvorgaben und müsste sie einhalten ... erzählen erfordert also sehr viel Gespür für Spannungsaufbau und Stimmung, Feingefühl und Erfahrung. Sonst wirkt es im schlimmsten Fall auch noch belehrend.

 

In die Zukunft zu zappen ist - im richtigen Moment verwendet - ein wunderbares Stilmittel. Und die stehen schlicht nicht zur Debatte. Sie fordern nur vom Autor, sich Gedanken zu machen und nicht dumpf vor sich hinzuschreiben. Was die Stilfibeln davon halten, darf einem dann herzlich gleich sein.

 

Visionäre Grüße

 

Anja

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