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Quidam

Das Telefon zerklingelte den Satz

Empfohlene Beiträge

(Peter_Dobrovka)

Leser wollen in fremde Welten abtauchen und sich unterhalten lassen. Auf Dinge, die hier Fehler genannt werden, achten nur diejenigen, die selbst schreiben.

Ich fürchte, da hast du recht.

 

Und da vor allem die, die trotz Einhaltung aller "Regeln" nicht veröffentlicht werden.

Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens.

 

Und warum? Weil man beim Leser Gefühle wecken muss. Und dafür gibt es keine Regeln.

Hm, das letztere bestreite ich. Sie zu formulieren sehe ich als eine meiner Lebensaufgaben.

 

LG

Dani und Stefan

Du bist zwei?

 

Peter

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Hey Quidam, es ist wirklich Geschmacksfrage.

Mich stört der Satz auch sehr, obwohl ich alle Gründe, warum er gut ist, die Thomas hier angeführt hat, nachvollziehen kann. Meine Reaktion auf "Das Telefon zerklingelte den Satz" ist ungefähr ähnlich heftig wie die auf "Wir rauchten beim Ficken" aus nem anderen Thread neulich, nur um eine Relation zu setzen. Allerdings aus ganz anderen Gründen.

 

Ich wäre mit Neologismen bei Verben sehr vorsichtig, bei Substantiven, gerade bei Komposita, gibt es da mehr Freiraum -jedenfalls nach meinem Sprachempfinden.

Vielleicht ist die Frage auch, ob der Satz der einen Gruppe in dem Maße gefällt wie er der anderen Gruppe mißfällt. Also: vergraulst du potentielle Leser dadurch oder gewinnst du welche? Obwohl solche Überlegungen auch wieder ziemlich kontraproduktiv beim literarischen Schaffensprozess sind. ;)

Wegen einer Formulierung oder einem Halbsatz klappen, glaube ich zumindest, ohnehin nur die allerwenigsten ein Buch zu oder schließen es für immer in ihr Herz.

 

Gruß

Peter

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Das Problem ist natürlich auch, dass dieser Satz aus dem Kontex gerissen wurde. Er wirkt ganz anders, wenn man ihn im Zusammenhang liest. Da kommt es auf die Gefühle der Figuren an, die Stimmung allgemein.

 

Das Telefon klingelt ja öfters, in dem Roman -) und ich denke, ein solcher Satz schafft auch Abwechslung.

 

Wie eben auch dieses 'Er hatte noch ein paar Stufen Zeit.'

Der Leser weiß längst, dass sich das Zimmer der Figur im ersten Stock befindet, dass man das Treppengeländer quietschen hört, wenn jemand die Treppen hochsteigt (und sich am Geländer festhält) und der Leser weiß, dass die Figur in Gedanken war, nackt in der Dusche steht und sich nun beeilen muss. Und dieses 'Er hatte noch ein paar Stufen Zeit' unterstreicht diese Stimmung.

Ähnlich ist es mit dem zerklingelten-Satz.

 

Und wenn ich dadurch Leser verliere - mein Gott, es juckt mich nicht. Ich habe mich in sovielen Richtugnen probiert - und bei dieser Schreibe fühle ich mich Zuhause. So möchte ich schreiben, es in diese Richtung 'perfektionieren', dann bin ich glücklich.

 

In meinem Blog schreibe ich von einem Scheibenwischer, der mir die Sicht frei schnauft. Es regnete nämlich heftig. Und dieses 'schnaufen' drückt aus, dass der Scheibenwischer ganz schön ins Schwitzen kommt. :)

Dass das nicht jedem gefällt, ist mir sonnenklar. Mir würden wahrscheinlich die Verbesserungsvorschläge nicht gefallen. ;)

 

Grüße

Quidam

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Schaufelnde Scheibenwischer und den Satz:

'Er hatte noch ein paar Stufen Zeit.'

 

Mag ich auch.

 

Mit dem "Zerklingeln" habe ich aber immer noch Probleme. Dafür habe ich wohl nicht genug Phantasie. :s03

 

LG

Monika

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Schaufelnde Scheibenwischer - das finde ich klasse. Ich sprach von 'schnaufenden', liebe Monika. Aber das schaufelnd, das ergibt auch Sinn.

 

Diese Diskussion hat mir eine Menge gebracht! Ich hab mich wieder ein Stück weit kennen gelernt.

 

Danke Alf fürs gutheißen und Monika fürs zurecht rücken. :)

 

Quiddy

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Oje, ich muss mir wohl mal die nicht vorhandene Brille putzen :s18

 

Schnaufende Scheibenwischer sind aber auch nicht schlecht.

Das klingt, als müssten sie schwer arbeiten. Ein schönes Bild.

 

Liebe Grüße

Monika

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So, ich hab den Thread nicht komplett gelesen, möchte aber dennoch meinen Senf dazugeben, auch auf die Gefahr hin, dass ich damit überwürze.

 

Das Telefon zerklingelte den Satz.

 

Ja, das hätte ich auch geschrieben, es gefällt mir. Ich mag solche Konstruktionen, bin aber der Meinung, dass sie immer eine Gratwanderung darstellen und dass das Gelände, wie bei jeder Gratwanderung, entscheidend ist. Es hat, in meinen Augen, etwas durchaus Virtuoses, Künstlerisches. Aber das setzt Kunst voraus und dass die Textumgebung passt. (Will meinen, dass ein bestimmtes Niveau erreicht wird, in dem solche Konstruktionen gedeihen können.)

 

Und es geht, wie immer, um das Maß. In einem solchen eingesetzt haben derartige Worte für mich etwas Erfrischendes, das Herkömmliche Durchbrechendes. Doch einmal zuviel, und die Kiste kippt.

 

Grundsätzlich bin ich für ein gewandtes Maß an Neologismen. Man kann sich ja schließlich immer noch mit dem Lektor drüber zanken.

 

Schöne Grüße

 

Eva

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Liebe Eva,

 

da unterstreiche ich doch jedes Wort. ;)

 

Ich vergleiche Geschichten schreiben wie Gerichte kochen. Fix-Produkte gehören in keine Gourmetküche, besondere Gewürze sind nur dezent zu gebrauchen usw.

 

Quiddy

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Hi Quid,

 

gerade gelesen: "Sie lagerte auf dem Sofa und belärmte die Insuffizienz der Männer."

 

'belärmte' gefällt mir auch gut - genau wie zerklingeln (obwohl es nicht der Satz sein müsste; das klingt mir zu grammatisch)

 

Nach-senfend,

 

Tin ;)

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gerade gelesen: "Sie lagerte auf dem Sofa und belärmte die Insuffizienz der Männer."

 

'Belärmte' finde ich auch toll!

 

Den Satz unerträglich für mich machen das 'lagerte', weil es so nach campen, Wagenburg, Lagerfeuer und drei Tage nicht wegbewegen klingt, und 'Insuffizienz', weil es arg konstruiert zynisch Frauenromanig klingt...

 

Was wieder ein tolles Beispiel für einige Grundaussagen dieses Threads ist: Neologismen sind gar nicht unbedingt das Problem, sondern eher die falschen Worte an falscher Stelle... ;)

 

Lieben Gruß,

Marco! :s17

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Auf jeden Fall ist es das Buch eines Mannes  ;D

 

:o :o

 

Naja, auch dafür gibt ein Klischee das passt: Männer müssen alles, was einfach ist, immer unnötig kompliziert ausdrücken! :-X

 

Optimal Geschlechtsneutral,

Marco! :s17

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Es ist noch viel komplizierter' date=' lieber Marco: Es ist das Buch eines Mannes, der unter weiblichem Pseudonym geschrieben hat![/quote']

 

:s03

 

Höchstens: Die spinnen, die Autoren!

 

Marco!

*irritiert*

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Ich fand sogar das "lagerte" gut. Es stellt mir die Figur in einer Pose zwischen, liegen und lümmeln dar, raumgreifend und nicht fortzubewegen. Wie bei einer römischen Orgie. Ich habe das Bild einer Frau vor Augen, die das Territorium für sich beansprucht und von ihrem Platz aus das Volk mit ihren Hetzreden unterhält. Die "Insuffizienz" ordne ich dem Wortschatz der Figur zu, nicht dem Erzähler. Insofern passt es.

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Das hast du überraschend richtig erklärt, Rocker. Der Kontext ist genau dieser. Alle Worte sind mit Bedacht und Berechnung gewählt - ob sie gefällig sind oder nicht.

 

Aber wir geraten ins Off.

 

Gruß,

 

Tin

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Hallo Quidam,

 

ich weiß nicht, ob dir das noch hilft, wollte aber trotzdem noch loswerden, dass ich deinen Satz inkl. Neologismus für sehr gelungen halte. Er hat mich geradezu erfreut.

 

Alle Einschränkungen bezüglich des Kontexts wurden hier schon genannt.

 

Etwas irritiert hat mich daher deine Frage nach richtig oder falsch. Denn, wie hier auch schon angedeutet wurde, bekäme man beim Lesen des Textes das Gefühl, dem Autor sei dieser Satz nur so passiert, er habe ihn also nicht 100% bewusst angewandt, dann könnte man ihm auch unterstellen, ihm sei da letztlich doch nur ein Fehler unterlaufen.

Alles was du aber später dazu gesagt hast, scheint mir doch diesen Verdacht deutlich auszuräumen, weshalb ich dir zu diesem Satz nur gratulieren kann.

 

Gruß

Philipp

 

Twitter: @autorlekt

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Hallo, Quidam,

 

der Satz gefällt mir, weil er zu dir passt. Er passt zu dem Autor, den ich in einigen Kurzgeschichten kennen gelernt habe. Er klingt authentisch, sinnlich . Quidam eben.

Ist das schon ein eigener Stil? Ein Markenzeichen?

Keine Ahnung, zumindest ist es der Weg dahin.

 

Und: Er klingt in meinen Ohren sehr frisch. Neu. "Das Gespräch wurde vom Telefonklingeln unterbrochen", ist ein Satz, der sich anfühlt wie eine tausend Mal benutzte Plastikverpackung. Und deiner fühlt sich nach dem Gegenteil an.

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Hallo Phillip,

 

dieser Thread wurde gesplittet, ansonsten hätte dich die Frage wohl nicht irritiert. Es ging nämlich darum, dass ein geseufzter Satz falsch ist und mich interessierte, ob dann solche Zerklinglersätze auch falsch sind.

Ich hab den Satz bewußt geschrieben, aber deshalb musst du mir nicht Gratulieren. Ist ja nicht so, dass das großartig schwer ist, so einen Satz zu kreieren. Trotzdem danke.

 

Auch dir, liebe Ines, ein danke fürs Schmeicheln. Tut gut.

Bin gerade ohnehin etwas angeschlagen. Markenzeichen ist es nicht, aber halt ne Facette von meiner Schreibe.

 

Grüße

Quidam

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