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KerstinH

Wer ist der Antagonist in … ?

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Nein, das geht mir anders. Ich finde das ungeheuer praxisorientiert für die Handlung. Zum Beispiel das Murmeltier. Meiner Meinung nach geht es im Film darum, was ein sinnvolles Leben ist: Das, in dem ich mich zum Mittelpunkt der Welt mache, oder das, in dem ich auf andere achte und versuche zu helfen? Das ist doch das Thema, und alles, was im Film passiert, sind Variationen dieser Frage. Er kümmert sich erst weiterhin nur um sich selbst, lernt Klavier, spricht Sprachen, versucht das einzusetzen, um sich selbst Vorteile zu verschaffen - und scheitert. Erst, als er sich aufrichtig um andere bemüht, wird er erlöst.

Und bei einem guten Krimi geht es nicht um gut oder böse, sondern um andere Themen, die da gestellt werden und die durch die Figuren und die Handlung repräsentiert werden. Mir fallen da so viele Beispiele ein. Wenn du weißt, was die grundlegende Frage ist, die zwischen Protagonist und Antagonist verhandelt wird, hast du das Thema, die Tiefe.

 

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Sebastian Niedlich

Was John Truby schreibt ist ja schön und gut, trifft aber halt nur auf bestimmte Geschichten zu. Wie schon weiter oben gesagt: Nicht jede Geschichte braucht einen Antagonisten. (Wobei, zugegeben, die Anzahl der Geschichten OHNE Antagonisten deutlich geringer ausfällt als die mit.)

Das Buch von Truby ist durchaus lesenswert und sollte in keiner Sammlung fehlen, aber wie bei den meisten Schreibratgebern muss man eben filtern, was man damit anfangen kann.

Aber um mal ein paar Beispiele für @KerstinH zu geben, werde ich mal die Storys anführen, die ganz oft als Beispiele herhalten müssen:

  • In "The Dark Knight", also dem zweiten und vermutlich besten Film aus der Batman-Trilogie von Christopher Nolan mit Christian Bale als Batman, geht es um die "Seele" der Stadt Gotham. Sowohl Batman als auch der Joker kämpfen darum. Der Joker will beweisen, dass JEDER korrumpierbar ist. Er ist ein Agent des CHAOS. Er denkt, dass die Menschheit angeborenerweise schlecht ist. Batman hingegen will hingegen das Gegenteil beweisen. Er glaubt, dass die Menschheit grundsätzlich gut ist und nur mal ihren Weg verliert. Er glaubt, dass nicht alle korrumpierbar sind und sich niederen Instinkten hingeben. Er ist ein Agent der ORDNUNG.
    Deswegen ist der Joker der perfekte Gegenspieler für Batman. Ihre Ansichten sind diametral entgegengesetzt. Wenn man jetzt Truby glaubt, ist das, worum sie kämpfen, eben die besagte "Seele" der Stadt.
    Im Film sieht man immer wieder, wie Leute, die man eigentlich für gut hält, korrumpiert werden. Die Polizisten, die eigentlich als die guten gelten, nehmen Schmiergeld an oder vergessen ihre Pflichten, weil sie durch Umstände, in die der Joker die Stadt zwingt, entgegen ihrem eigentlichen Gewissen handeln wollen. (z.B. der Polizist, dessen Familie im Krankenhaus ist, welches ggf. in die Luft gesprengt wird.) Staatsanwalt Harvey Dent, das versinnbildlichte Gute, wird am Ende zum rachsüchtigen Two-Face, der nicht davor zurückschreckt Leute umzubringen und Familien zu bedrohen.
    Selbst Batman wird korrumpiert! Er muss zu unlauteren Mitteln greifen, um den Joker zu finden, was seinen Mitstreiter Lucius Fox dazu bringt, aufhören zu wollen. Zwar zerstört Batman am Ende das Mittel, welches fragwürdig ist, aber er hat sich "die Finger schmutzig gemacht".
    Es sind schließlich die Personen auf den beiden Schiffsfähren, die beweisen, dass Batman recht hat: Sie könnten sich gegenseitig in die Luft sprengen, aber selbst die Fähre mit den Gefängnisinsassen macht da nicht mit. Es besteht also noch Hoffnung für die Menschheit ... und Gotham. Der Joker hat verloren.
  • In "The Shawshank Redemption" ("Die Verurteilten" auf Deutsch), basierend auf der Novelle "Rita Hayworth And The Shawshank Redemption" von Stephen King - welches für mich übrigens der beste Film aller Zeiten ist - geht es um Hoffnung. Andy Dufresne, der unschuldig im Knast sitzende Protagonist, hat Hoffnung irgendwann wieder herauszukommen und ein normales Leben zu führen. Das gesamte Gefängnispersonal, allen voran der Direktor und der Wachleiter, wollen genau das Gegenteil. Sie wollen den Insassen jegliche Hoffnung austreiben. Das geht so weit, dass sie dazu sogar zu Mord greifen. Deswegen sind auch die Tangenten, die in der Geschichte z.T. vorhanden sind, so wichtig, wie z.B. der minutenlange Seitenstrang, in dem es um den alten Insassen Brooks geht, der zwar freikommt, aber mit der normalen Welt draußen nicht klarkommt und sich schließlich der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung hingibt und Selbstmord begeht. Red, der später vor genau dieselbe Wahl gestellt wird, behält seine Hoffnung, die ihm ständig von Andy vorgelebt wurde, und wird am Ende "belohnt".
    In Film und Novelle gibt es mehrere Szenen, die diese Hoffnung/Verzweiflung-These ansprechen. Die Szene mit dem Bier auf dem Dach, welche die Insassen sich "wie ein Mensch" fühlen lässt. Die Szene mit der Arie aus der Oper, wo sich die Insassen für einen Moment in eine bessere Welt transportiert sehen. Die ständigen Übergriffe der anderen Insassen auf Andy, die ihn in die Verzweiflung schicken könnten. Das Einschließen ins Loch ...
    Nach John Truby würde es in der Geschichte also im weitesten Sinne ebenfalls um "die Seele" von Andy bzw. Red gehen. Die versuchen Hoffnung zu behalten, das Gefängnispersonal versucht ihnen das auszutreiben. (Man könnte ggf. argumentieren, dass Red der Protagonist der Geschichte ist, nicht Andy ... aber das gehört vielleicht nicht hierher.)
  • Auch in "Herr der Ringe" geht es um Hoffnung. (Vielleicht etwas ungünstig, dass ich ausgerechnet drei Beispiele habe, in denen es im weitesten Sinne um Hoffnung geht, denn das ist natürlich nicht das einzige Thema, welches es gibt, wenn auch ein ungeheuer starkes Thema, weswegen uns die Geschichten darum besonders ans Herz gehen.)
    Ich beziehe mich hier explizit auf die Filme, denn so toll Tolkien ist ... seine Bücher sind da z.T. etwas wischiwaschi. Peter Jackson, seine Frau und die anderen Mitschreiber haben das Thema in den Filmen etwas besser herausgearbeitet, weswegen es auch ein paar entsprechende Szenen gibt, die so nicht im Buch vorkommen.
    Vordergründig geht es natürlich darum, dass der eine Ring zerstört bzw. gerettet werden soll. Die Guten müssen ihn zerstören, damit noch Hoffnung für Mittelerde bleibt, die Bösen wollen ihn zurückhaben, damit sie Angst und Schrecken verbreiten können. Unsere Protagonisten (ja, es gibt mehrere) verbreiten also in der Regel Hoffnung (wenn auch nicht immer... Frodo z.B.), die Antagonisten (auch hier gibt es mehrere) verbreiten Verzweiflung und Tod. Beispiele:
    • Aragorn ist eine Figur, die ständig Hoffnung versprüht. Die Hobbits werden fast von Ringgeistern gefangen? Aragorn rettet sie. Frodo ist kurz davor zu sterben? Aragorn findet eine Lösung. Rohan droht durch Uruk-Hai zerstört zu werden? Aragorn gibt gute Ratschläge. Eine riesige Armee marschiert auf Helm's Klamm? Aragorn führt sie an und erklärt, wie sie das überleben können. Eine Geisterarmee hat sich damit abgefunden in den Bergen zu verrotten? Aragorn gibt ihnen Hoffnung endlich mit allem abschließen zu können. Es sieht so aus, als würden Frodo und Sam nicht zum Berg kommen? Aragorn hat die rettende Idee.
    • In der Dynamik zwischen Frodo und Sam wird immer mal gewechselt. Mal verzweifelt der eine, dann der andere. Gegenseitig geben sie sich aber Hoffnung, die verdammte Aufgabe zu bewältigen. Später ist es zunehmend Sam, der die Hoffnung hochhält. ("Schau mal, ein Stern, es gibt noch Hoffnung irgendwo...", die Rede in den Ruinen von Osgiliath...)
    • Gandalf ist gleich mehrmals Hoffnungsträger. Am anschaulichsten natürlich, als her mit den Rohirrim bei Helm's Klamm auftaucht. Aber auch sonst öfter mal.
    • Der böse Zauberer Saruman verbreitet Verzweiflung. Theoden von Rohan hat er zunächst unter seiner Fuchtel, bis Gandalf kommt und Land und Leuten wieder Hoffnung bringt. Dann schickt er natürlich die Bilbis-Menschen und Uruk-Hai los, die Angst und Schrecken verbreiten. Er selbst ist im Grunde selbst ein Symbol dafür, dass er alle Hoffnung vor der Macht Saurons aufgegeben hat. (Weswegen er die Uruk-Hai ja erst züchtet.)
    • Denethor, der Truchsess von Gondor, verzweifelt nicht nur über den Tod seines Sohns, sondern auch über die schiere Übermacht, die die Streitkräfte Saurons haben. Auch hier ist es Gandalf, der den Menschen in Gondor Hoffnung bringt und auch Pippin mit einer ordentlichen Rede wieder Mut zuführt.
    • Die "Stimme Saurons" (kommt nur in der Extended Edition vor) ist quasi auch nur dazu da, die Leute vor der letzten Schlacht noch verzweifeln zu lassen. Hier sind es wieder Aragorn und Gandalf, die die Hoffnung nicht verlieren.

Man muss also sehen, dass Protagonist und Antagonist untrennbar miteinander verbunden sind. Zumal sie vor allem den philosophischen Konflikt der Geschichte repräsentieren. (Und, ja, es gibt mehrere Konfliktarten in Geschichten, wobei man zwar ohne philosophischen Konflikt auskommen kann, aber die Geschichten ohne diesen meistens nicht den "Biss" haben, den sie sollten.)

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vor 19 Minuten schrieb Ulrike:

Und bei einem guten Krimi geht es nicht um gut oder böse, sondern um andere Themen, die da gestellt werden und die durch die Figuren und die Handlung repräsentiert werden. Mir fallen da so viele Beispiele ein. Wenn du weißt, was die grundlegende Frage ist, die zwischen Protagonist und Antagonist verhandelt wird, hast du das Thema, die Tiefe.

Das hätte ich gern genauer erklärt. :-) 

Beim Murmeltier stimme ich dir da zu. Aber beim Krimi: Klar kann man da Lebensthemen anreißen. Und natürlich repräsentieren die Figuren ihre Welt, ihre Sichtweisen, ihr Milieu. Aber ich sehe da nicht automatisch eine Verzahnung, also ein Thema, an dem beide gleichzeitig arbeiten. Hast du da Beispiele?

Edit: Sebastian war schneller ... Aber: Da sind keine klassischen Krimibeispiele (detective stories) dabei, auf die sich Truby ja beruft. Sebastians Beispiele sind - zumindest in zwei Fällen - große Epen, Weltenschlachten geradezu, die sich ganz klar aus der archaistischen Kiste bedienen. Da stimmt das natürlich alles.  

Bearbeitet von KerstinH
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Gerade eben schrieb KerstinH:

Das hätte ich gern genauer erklärt. :-) 

Beim Murmeltier stimme ich dir da zu. Aber beim Krimi: Klar kann man da Lebensthemen anreißen. Und natürlich repräsentieren die Figuren ihre Welt, ihre Sichtweisen, ihr Milieu. Aber ich sehe da nicht automatisch eine Verzahnung, also ein Thema, an dem beide gleichzeitig arbeiten. Hast du da Beispiele?

Truby gibt zahlreiche Beispiele, aber die kann ich hier nicht alle zitieren. Er macht das total ausführlich.

Für mich, ganz frisch, gestern gesehen: "Harter Brocken - Der Geheimcode." Da geht es um die Frage, ob es gerechtfertigt ist, das Leben von Menschen zu retten, wenn dadurch andere Menschen sterben. Ermittler und Antagonist wollen die Formel - aber um etwas anderes damit zu machen. Ich sehe solche Themen in jeder der Drehbücher von Holger, aber das wird er sicher besser erklären können als ich. :-) Und hat das auch gemacht, im Interview von Andreas mit ihm.

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vor 15 Minuten schrieb Ulrike:

Wenn du weißt, was die grundlegende Frage ist, die zwischen Protagonist und Antagonist verhandelt wird, hast du das Thema, die Tiefe.

Vielleicht ist es das, woran mein Krimi krankt ... :-?

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vor 1 Minute schrieb KerstinH:

Vielleicht ist es das, woran mein Krimi krankt ... :-?

Ja, das kann gut sein. (Ich kenne deinen Krimi nicht). Wenn du nicht weißt, worum es im Grunde in deinem Roman geht, hast du keine Tiefe. 

Deshalb vermittle ich in meinen Workshops so gerne die Heldenreise. Nicht, weil ich Helden mag, sondern weil du mit der Heldenreise nicht plotten kannst, wenn du nicht die tiefste Angst deiner Figur kennst. Wenn du diese Angst gefunden hast, hast du den roten Faden und die Spannung. Worum es wirklich geht. Die Heldenreise zeigt dir sofort, wenn du das Thema nicht hast, weil du dann beim Plotten stecken bleibst. Du kommst schlicht nicht weiter. Das ist ein prima Werkzeug, um Fehler in der Struktur zu finden.

@Sebastian. Du schreibst, dass es nicht immer einen Antagonisten braucht. Sehe ich nicht so. Du brauchst immer einen Gegenpol. Ob in einer Figur oder als Impuls, Idee, Symbol. Ohne Antagonist gibt es keinen Konflikt, sprich keine Story.

 

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Sebastian Niedlich
vor 2 Minuten schrieb Ulrike:

@Sebastian. Du schreibst, dass es nicht immer einen Antagonisten braucht. Sehe ich nicht so. Du brauchst immer einen Gegenpol. Ob in einer Figur oder als Impuls, Idee, Symbol. Ohne Antagonist gibt es keinen Konflikt, sprich keine Story.

 

Dann sag mir doch bitte, wer der Antagonist in Forrest Gump oder Warten auf Godot ist.

 

vor 22 Minuten schrieb KerstinH:

Edit: Sebastian war schneller ... Aber: Da sind keine klassischen Krimibeispiele (detective stories) dabei, auf die sich Truby ja beruft. Sebastians Beispiele sind - zumindest in zwei Fällen - große Epen, Weltenschlachten geradezu, die sich ganz klar aus der archaistischen Kiste bedienen. Da stimmt das natürlich alles.  

Ah, okay, ich habe nicht gerafft, dass du konkret Krimi-Beispiele suchst. Muss ich etwas drüber nachdenken. Allerdings würde ich da sagen, dass sich der Protagonist/Antagonist-Konflikt in 99% der Fälle allein aus den Umständen speist, sprich: Antagonist macht irgendwas und die Polizei muss halt ermitteln.

Dort kommt es zugegebenermaßen auch selten zu wirklich interessanten philosophischen Konflikten.

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vor 41 Minuten schrieb KerstinH:

Für mich stimmt diese Aussage z.B. nur in dem Fall, dass zwischen Täter und Ermittler ein Katz- und Mausspiel beginnt. Wenn also die folgenden Morde z.B. nur für den Ermittler geschehen, weil da irgendein übergeordnetes Rätsel gelöst werden soll. Wenn sie sich gegenseitig ihre Brillanz beweisen wollen.

Aber vielleicht kann ich nur nicht sehen, was er meint.

Wäre wohl auch in einer Art "Wettkampf-Situation" passend. Beide wollen z. B. Box-, Formel1- etc.-Weltmeister oder Konzernchef werden. Oder beide wollen die gleiche Frau …

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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vor 6 Minuten schrieb Sebastian Niedlich:

Dann sag mir doch bitte, wer der Antagonist in Forrest Gump oder Warten auf Godot ist.

Warten auf Godot - da ist die antagonistische Idee, dass das Leben Sinn macht. Das Absurde Theater verneint diese Weltsicht. Und nur als Gegenpol zu einer These, dass das Leben mit Sinn erfüllt ist, macht das Theaterstück Warten auf Godot Sinn. Indem es jeglichen Sinn radikal verneint. Wenn wir alle davon ausgehen würden, dass das Leben keinen Sinn macht, würde uns das Stück nur langweilig erscheinen. So what?

 

 

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Bei Forrest Gump ist für mich das Thema die Anführerschaft. In den USA gilt ja The Survival of the Fittest.

Forrest Gump ist nicht klug, hat aber genau deshalb Erfolg. Weil er alles ganz genauso macht, wie es ihm gesagt wird. Er rennt, er behält den Ball im Auge, er fischt. Er macht alles, ohne nachzudenken - und hat genau deshalb Erfolg.

Der Antagonist ist hier die These (um es mal salopp zu formulieren), dass die Erfolgreichen die klügeren Menschen sind. Die besseren. Die Anführer. Und das wird im Film so wunderbar karikiert.

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vor 15 Minuten schrieb Ulrike:

Deshalb vermittle ich in meinen Workshops so gerne die Heldenreise. Nicht, weil ich Helden mag, sondern weil du mit der Heldenreise nicht plotten kannst, wenn du nicht die tiefste Angst deiner Figur kennst. Wenn du diese Angst gefunden hast, hast du den roten Faden und die Spannung.

Ich kann hier - da im öffentlichen Bereich - nicht näher auf meinen Krimi eingehen.

Aber ich habe die größten Ängste meiner beiden Protagonisten, und für das erfolgreiche Ende müssen sie zum Schluss auch beide über ihre jeweils größte Angst hinausgehen. Die Heldenreise ist bei mir also drin. Nur nicht unbedingt mit dem Antagonisten verzahnt. (Vielleicht bis auf die Tatsache, dass er am Ende mit in dieser Situation ist, eben als Antagonist. Aber nicht willentlich herbeigeführt.)

vor 5 Minuten schrieb Ulrike:

Warten auf Godot - da ist die antagonistische Idee, dass das Leben Sinn macht.

Das ist spannend! Eine Idee im Leser ist der Antagonist. 

vor 1 Minute schrieb Ulrike:

Der Antagonist ist hier die These (um es mal salopp zu formulieren), dass die Erfolgreichen die klügeren Menschen sind. Die besseren. Die Anführer. Und das wird im Film so wunderbar karikiert.

Auch das. Eine Idee im Rezipienten als Antagonisten. Oder ein unhinterfragtes Motto, nach dem ganze Gesellschaften leben. Das ist gut.

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vor 3 Minuten schrieb KerstinH:

Ich kann hier - da im öffentlichen Bereich - nicht näher auf meinen Krimi eingehen.

Aber ich habe die größten Ängste meiner beiden Protagonisten, und für das erfolgreiche Ende müssen sie zum Schluss auch beide über ihre jeweils größte Angst hinausgehen. Die Heldenreise ist bei mir also drin. Nur nicht unbedingt mit dem Antagonisten verzahnt. (Vielleicht bis auf die Tatsache, dass er am Ende mit in dieser Situation ist, eben als Antagonist. Aber nicht willentlich herbeigeführt.)

 

Hast du eine Angst, die beide verbindet? Die beide haben? Oder hast du zwei verschiedene Ängste? Wenn du letzteres hast, könnte da dein Problem liegen.

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Im Prinzip geht es immer um das Thema. BEI EINER GUTEN GESCHICHTE! :-) Und die Figuren sind nur die verschiedenen Antworten/Personifikationen auf die Frage, die das Thema stellt. 

Beim Murmeltier ist die Angehimmelte eine liebreizende, hilfsbereite Frau, und somit ist auch sie eine Antagonistin. :-)

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Nein, das sind bei mir zwei verschiedene Ängste, die jeweils aus dem Vorleben ihrer Figuren resultieren. Eine Verzahnung dieser Ängste ist nur insofern gegeben, als die Situation im Showdown "zufällig" beide Ängste triggert (da trete quasi ich als Autorin als Antagonistin auf und schmeiße meine beiden Protagonisten mitten hinein).

Aber mir kommt gerade der Gedanke, jetzt allgemein für den Thread, inwieweit man den Antagonisten "aufteilen" kann.

Holger schrieb weiter vorn was von einem antagonistischen Impuls. Im Fall meiner beiden Ermittler sind sie, was die Ängste betrifft, ihre eigenen Antagonisten (wie im Murmeltier, sie stehen sich da selbst im Weg). Aber natürlich kommen sie im Zug der Ermittlung in die Situation, in der die Ängste wirksam werden.

Meine allgemeine Frage: Inwieweit kann man die gesamte antagonistische Kraft eines Stoffs eigentlich aufteilen? Leidet die Geschichte darunter oder wird sie größer? Geben mehr antagonistische Kräfte die Würze oder schmälern sie die Kraft des eigentlichen Antagonisten? Ist das eine Addition, eine Multiplikation - oder geht es ins Minus?

Oder: Wann sind mehrere antagonistische Kräfte/Impulse/Ideen hilfreich - und wann nicht?

Bearbeitet von KerstinH
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Die Aufteilung des Antagonisten - ich würde so gerne ja mit euch mal John Truby besprechen. Er spricht von einem "character web". Ich finde seine Ausführungen so spannend. Aber es  ist wirklich schwierig, sein Buch  zu besprechen, weil man da viel Zeit investieren muss. Es ist unglaublich vielschichtig, und dazu haben nicht viele Lust. Es braucht seine Zeit. Ich habe das mal mit anderen Autor*innen versucht, das hat nicht lange funktioniert.

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Schon bestellt :-).

Das soll aber jetzt unsere interessante Diskussion nicht abwürgen. Vielleicht können wir noch mehr und andere Beispiele für spannende antagonistische Kräfte in Büchern und Filmen finden.

Bei "Stolz und Vorurteil" scheinen es mir einerseits, wie Ramona andernorts schrieb, die gesellschaftlichen Konventionen zu sein. Andererseits aber auch die im Titel genannten Charakter"schwächen" der Protagonisten selbst. Plus ein paar fiese Außengestalten wie der böse Mr. Wickham. Also ein "aufgeteilter" Antagonist?

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vor 2 Stunden schrieb Ulrike:

Bei Forrest Gump ist für mich das Thema die Anführerschaft. In den USA gilt ja The Survival of the Fittest.

Forrest Gump ist nicht klug, hat aber genau deshalb Erfolg. Weil er alles ganz genauso macht, wie es ihm gesagt wird. Er rennt, er behält den Ball im Auge, er fischt. Er macht alles, ohne nachzudenken - und hat genau deshalb Erfolg.

Der Antagonist ist hier die These (um es mal salopp zu formulieren), dass die Erfolgreichen die klügeren Menschen sind. Die besseren. Die Anführer. Und das wird im Film so wunderbar karikiert.

Hier wäre ich mir nicht so sicher, Ulrike. Besteht der eigentliche Antagonismus nicht eher zwischen dem einfachen, ungebildeten Amerikaner, der aber, gerade weil er unverbildet ist, das Herz auf dem rechten Fleck hat und daher überall, wo er auftaucht, mehr oder weniger unbeabsichtigt Gutes bewirkt (Forrest Gump) vs. das intellektuelle, abgehobene, umstürzlerische Ostküsten-Amerika (Jenny), das, wo es sich entfaltet kann, Chaos und Niedergang bringt (Drogen, Rassenunruhen, Missbrauch)?  Nur mal als These.

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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vor 1 Minute schrieb AndreasG:

Hier wäre ich mir nicht so sicher, Ulrike. Besteht der eigentliche Antagonismus nicht eher zwischen dem einfachen, ungebildeten Amerikaner, der aber, gerade weil er unverbildet ist, das Herz auf dem rechten Fleck hat und daher überall, wo er auftaucht, mehr oder weniger unbeabsichtigt Gutes bewirkt (Forrest Gump) vs. das intellektuelle, abgehobene, umstürzlerische Ostküsten-Amerika (Jenny), das, wo es sich entfaltet kann, Chaos und Niedergang bringt (Drogen, Rassenunruhen, Missbrauch)?  Nur mal als These.

Das ist eine gute These, und dieser Gedanke steckt sicherlich auch im Film. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das das Kernthema ist, sondern ein Seitenstrang, denn was den Film  für mich besonders auszeichnet ist die wiederkehrende Einflechtung diverser Politiker und die Satire dahinter. Ich muss mal drüber nachdenken.

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Ich möchte noch ergänzen, dass Forrest Gump für mich in seiner Tendenz ein durchaus fragwürdiger Film ist, gerade weil die Botschaft so unterschwellig und mit viel Humor verabreicht wird.

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So habe ich den Film tatsächlich bisher nicht gesehen. Aber ja, während Jenny nur kurzzeitig im Leben klarkommt und schließlich von ihrer umstürzlerischen Vergangenheit eingeholt wird, indem sie an AIDS stirbt, kommt Lieutenant Dan im wahrsten Sinn des Wortes wieder auf die Füße und auch noch zu einer vietnamesischen (?) Frau, also alles richtig gemacht als Vietnam Veteran. Hm. Da war ich wohl bisher blind auf einem Auge.

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vor einer Stunde schrieb AndreasG:

ch möchte noch ergänzen, dass Forrest Gump für mich in seiner Tendenz ein durchaus fragwürdiger Film ist, gerade weil die Botschaft so unterschwellig und mit viel Humor verabreicht wird.

Danke, @AndreasG, dass das jemand mal sagt. Für mich persönlich ist der Film subtil bösartig. Und das Leben ist keine Pralinenschachtel! Aber das ist jetzt o.t.

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