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DirkH

Die Kunst der Erkenntnis

Empfohlene Beiträge

Zu den großen Hürden beim Schreiben eines Romans gehört für mich das Verteilen von Wissen auf die Figuren. Wer weiß was? Wer erfährt was zu welchem Zeitpunkt? Hört sich einfach an, aber das Wissen jeder Figur über 500 Seiten im Blick zu behalten, sorgt doch manchmal für Stolperer in der Geschichte: "Huch, davon kann der Protagonist ja jetzt gar nicht überrascht sein, das hat er doch schon in Kapitel 4 erfahren." Oder: "Hier kann der Antagonist gar nicht so handeln, weil er noch gar nicht weiß, dass der Protagonist in Wirklichkeit eine Frau ist." Hinzu kommt, dass man nicht nur das Wissen des Protagonisten und Antagonisten im Blick behalten muss, sondern auch noch das des Lesers.

Ich gestehe: Bisweilen dreht sich mir alles im Kopf. 

Wie geht ihr damit um? Habt ihr Techniken, die dieses Problem übersichtlich werden lassen? Oder ergibt man sich einfach dem Chaos und überarbeitet bis alles passt?

Sagt Abraham zu Bebraham: Kann ich mal dein Cebraham?

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Nein, ich habe kein Problem damit. Aber ich schreibe ja auch keine Kriminalromane. Da könnte ich vielleicht auch ins Schwimmen kommen. :)

 

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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vor 2 Stunden schrieb DirkH:

Zu den großen Hürden beim Schreiben eines Romans gehört für mich das Verteilen von Wissen auf die Figuren. Wer weiß was? Wer erfährt was zu welchem Zeitpunkt? Hört sich einfach an, aber das Wissen jeder Figur über 500 Seiten im Blick zu behalten, sorgt doch manchmal für Stolperer in der Geschichte: "Huch, davon kann der Protagonist ja jetzt gar nicht überrascht sein, das hat er doch schon in Kapitel 4 erfahren." Oder: "Hier kann der Antagonist gar nicht so handeln, weil er noch gar nicht weiß, dass der Protagonist in Wirklichkeit eine Frau ist." Hinzu kommt, dass man nicht nur das Wissen des Protagonisten und Antagonisten im Blick behalten muss, sondern auch noch das des Lesers.

Ich gestehe: Bisweilen dreht sich mir alles im Kopf. 

Wie geht ihr damit um? Habt ihr Techniken, die dieses Problem übersichtlich werden lassen? Oder ergibt man sich einfach dem Chaos und überarbeitet bis alles passt?

In meinen historischen Romanen war das Figurenwissen nicht so das Problem. Aber es ging schon mal ums Leserwissen. Da hatte sich eine Leserin daran erinnert, dass ein Haus verkauft worden sei und später als eigenes Haus der Prota ausgegeben wurde. In Wirklichkeit hatte die Prota nur überlegt, ob sie das Haus verkaufen sollte.:-/

Bei meinen Krimis ging es schon eher um das Wissen der Figuren und der Leserìnnen. Die beste Methode sind wohl Testleser und -Leserinnen, die schnell solche kleinen Brüche aufspüren können. Auch ein gutes Lektorat achtet auf solche Dinge - Aber man sollte das schon vorher im Auge behalten. Es bleibt nichts übrig, als die Figuren so genau wie möglich zu zeichnen und das Wissen immer wieder zu überprüfen, bis alles stimmt. Hilfreich war dabei für mich zum Beispiel eine Figurenübersicht mit den Beziehungen untereinander und auch den Orten, an denen ich mich immer wieder orientieren konnte - hier ein Screenshot vom Denkbrett des Papyrus Autor, "Mörderische Förde":

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Ich habe eine Exceltabelle, in der ich die Kapitel angelegt habe (detaillierter schaffe ich es nicht zu planen), da steht, was alles drin vorkommen soll und da gibt’s auch ein paar ein paar Extraspalten der Art „Was soll der Leser hier denken?“, „Welche Fragen soll er sich stellen?“, die „falschen“ Infos für den Leser rot, die echten versteckten Hinweise grün usw., „Hier erfährt XY Folgendes …“ nochmal extra fett, damit es ins Auge springt.

Könnte eigentlich gut klappen. Wenn ich nicht ständig die Szenenfolge und ganze Handlungslinien umschmeißen würde. :s02

PS: Die Tabelle ergänze ich beim Schreiben ständig, manchmal ist nämlich erst das Kapitel da. Da muss ich mir die relevanten Infos nachträglich notieren, weil der grobe Handlungsüberblick in dem Fall natürlich nicht reicht. Die  Tabelle wächst quasi mit dem Schreiben mit (während ich beim Heftromanschreiben immer die abgearbeiteten Inhalte gelöscht habe). Der schon geplante, aber noch nicht realisierte Teil ist grau formatiert, wichtige Punkte darin auch grau, aber fett. Am Ende werde ich also den Krimi haben plus einen guten Kapitelplan, nach dem man ihn schreiben könnte. ;D

Bearbeitet von KerstinH
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Besonders hilfreich finde ich es, am Ende der x-ten Überarbeitung einmal alle Kapitel der jeweiligen Protagonistinnen und Protagonisten hintereinanderweg zu lesen – also z.B. sämtliche Kapitel aus der Perspektive des Kommissars, dann die Kapitel aus der Sicht der Täter/ oder die der Opfer. Dabei entdecke ich meistens noch einige Unstimmigkeiten.  

Helene Luise Köppel:  Romanreihe "Töchter des Teufels" (6 Historische Romane über den Albigenserkreuzzug); sowie Romanreihe "Untiefen des Lebens"  (6 SÜDFRANKREICH-thriller), Neu in 2022: "Abkehr".

                                         

                                 

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Deine Idee mit der Tabelle, Kerstin, hört sich sehr hilfreich an. Die Probleme, die das organische Wachsen der Geschichte mit sich bringt, allerdings auch. Mir stellt sich das Problem übrigens nicht nur in Krimihandlungen, somdern auch im historischen Roman und im Thriller. Protagonist, Antagonist und Leser sind dabei ja nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt ja noch mehr Figuren, die Wissensvorsprünge oder -nachteile haben. Eigentlich so gut wie jede, denn niemals wissen alle alles. Bisweilen habe ich sogar das Gefühl, manche meiner Figuren wissen mehr als der Autor. 

Helenes Trick, die Handlung durch die Augen jeweils einer Figur zu verfolgen, finde ich vielversprechend. Danke. Das werde ich mal probieren. 

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Bei dem Auftragskrimi, den ich mal zusammen mit einer Kollegin geschrieben habe, haben wir es auch so ähnlich gemacht wie Kerstin. Eine Tabelle mit vertikaler Achse für die Figuren und horizontaler für die Zeiten (Mo/12.. Juni/14.00). Überschrift: Wer weiß wann was? Das Wissen schloss natürlich auch die für Krimis wichtigen falschen Spuren ein, also eigentlich Fehlwissen. Der ganze Text war nicht lang (90 Seiten), das Personal also auch überschaubar. Aber ich glaube, ich würde, sollte ich längere Krimis schreiben, es wieder so machen.

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Ich kenne dein Problem sehr gut, Dirk. Ich hab auch ständig einen Knoten im Kopf, und habe das Gefühl nicht mehr zu wissen, wer jetzt überhaupt was weiß. Mir hilft hier nur ein klar strukturierter Szenenplan, in dem vermerkt ist, welche neue Information meine Protagonistin in der jeweiligen Szene erhält und was der Leser vermuten oder sich fragen soll. Und eine klare Trennung von Plot- und Storyline. Am besten die Plotline beim Schreiben der Szenen ganz vergessen.
Dadurch, dass ich selbst alles weiß, habe ich oft Angst, dass ich versäume, meine Protagonistin im Dialog bestimmte Dinge fragen zu lassen, die sie eben noch nicht weiß. Meistens fällt mir dann unter der Dusche ein, was sie eigentlich noch fragen müsste. Unter der Dusche fällt mir generell vieles ein.
Wenn die Erstfassung fertig ist und ich sie am Stück lese, versuche ich mich nochmal möglichst unbefangen in die Geschichte einzufühlen, als lese ich sie das erste Mal. Da stoße ich dann auch immer mal wieder auf Aspekte, die ich außer Acht gelassen habe.

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Da ich im Voraus nur grob plane, mache ich mir nach Abschluss eines Abschnitt eine kurze Inhaltsangabe mit allen relevanten Informationen. Verschiedene Perspektiven bekommen verschiedene Schriftfarben. Sehr wichtige Infos werden fett, kursiv o. ä. hervorgehoben.  

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Ich dachte schon, ich könnte nichts beisteuern, weil ich entweder immer im Kopf hatte, wer was wusste, oder weil es in meinen Geschichten immer wieder Zeiträume gibt, in denen Figuren zwar weiterleben, aber nicht auftreten. Da können sie alles Mögliche erfahren.

Aber jetzt hat @Sabine mir das Schlagwort geliefert. Szenenliste!!!

Die begleitet in der Tat den gesamten Textkörper, enthält Kurzinfos der Absätze, die Funktion der Szene und die wichtigsten Aspekte der Figurenbeziehungen. Dass ich anfangs die Vergangenheitsform wählte (hatte im Kopf), mag am merkbar zunehmendem Alter liegen oder an der Länge. der augenblicklichen Geschichte. Bei mittlerweile 260 Szenen in zehn Folgen muss ich schon mal zurückblättern. Da ich keine Krimis oder Thriller schreibe, muss ich mich nicht um einenen einzelnen Satz kümmern, weil sich jemand in genau diesen einen Satz verrät - oder so, aber die Geschichte steckt voller Rätsel und ist eine Spannungsgeschichte. Grundsätzlich sollte ich das Problem also auch haben.

Liebe Grüße
Wolf

 

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Ich schreibe mir das auch in den Kapitelplan und führe beim Schreiben zusätzlich eine Liste mit wichtigen Aspekten, auf die ich achten muss. Die gehe ich beim Überarbeiten noch mal durch.

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Danke für eure Antworten. Für mich könnte Andreas' Herangehensweise vermutlich am ehesten funktionieren, da ich zwar einen Plot, aber keinen Kapitelplan aufstelle. Vermutlich geht es ohne Liste nicht, aber auch die wird das Überarbeiten kaum ersetzen. Der Schweiß des Dichters ist wohl auch hier der Kitt, der alles zusammenhält. 

 

Sagt Abraham zu Bebraham: Kann ich mal dein Cebraham?

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