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Yvonne Struck

überschätzt oder überbewertet?

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Hallo zusammen,

ich schreibe (in einem Jugendbuch, das sehr umgangssprachlich daher kommt):

Frühstücken wird überschätzt.

Gegenvorschlag der Lektorin: Frühstücken wird überbewertet.

Ich würde denken, man kann beides sagen, finde Version 1 in diesem Kontext aber sprachlich passender.  

Aber stimmt das wirklich? Oder ist Version 1 doch falsch- oder umgangssprachlich - oder womöglich wieder so eine regional unterschiedliche Geschichte?

Was sagt ihr dazu?

Liebe Grüße,

Yvonne

www.yvonne-struck.de

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Ich finde ja Google bei solchen Fällen hilfreich.
… wird überbewertet hat 328.000 Ergebnisse
… wird überschätzt 93.300 Ergebnisse (und wird demnach etwas seltener verwendet)

Aber beim genaueren Anschauen der Treffer fällt auf, dass in den Artikeln oft beide Versionen vorkommen, eine in der Überschrift, die andere im Text, um sich nicht zu wiederholen. Öfter als "Frühstücken" wird "Frühstück / das Frühstück" verwendet.

Meinem persönlichen Sprachempfinden nach klingt "überbewertet" etwas gehobener als "überschätzt". Ich würde im Alltag "überschätzt" verwenden. Das sind die Dinge, bei denen ich frage: Was denken sich Lektoren dabei, ein Synonym einzutragen, das keine objektive Verbesserung bringt? Ein Wort auszutauschen, ist noch relativ belanglos, deswegen würde ich auch nicht streiten, aber wenn so etwas häufiger vorkommt im Text, kann es die gesamte Homogenität der Sprache im Text zerschießen, finde ich. Inhaltlich ändert das ja gar nichts.

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Ich kenne beides. Mir persönlich wäre es auch kurz aufgestoßen, weil „überbewertet“ häufiger benutzt wird, wie Heike schreibt, das „flutscht“ mehr als „überschätzt“ an der Stelle. Um es aber in den Kontext einordnen zu können, bräuchte man mehr von ebendiesem. „Überbewertet“ klingt für mich ein bisschen nonchalanter, hat eine gewisse gehobene schnoddrige Lässigkeit. Angemerkt hätte ich es vermutlich aber nicht.

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Hat es nicht zwei Bedeutungen?
- Schätzen tut man etwas, was man noch nicht gemacht hat.
- Bewerten tut man etwas, was man gemacht hat und nun einordnen soll.

Schätzen tut man das Unbekannte, bewerten das Bekannte:
Wenn mir jemand von der positiven Wirkungen eines Frühstücks erzählt, ohne das diese Person jemals gefrühstückt hat, dann überschätzt er das in meinen Augen. Denn ich, als jemand der schon mal gefrühstückt hat, werde eine Scheibe Toast nicht so überbewerten.

Bearbeitet von JoergR
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Jörgs Gedanken finde ich total einleuchtend. Ich schließe mich den anderen auch insofern an, dass mir "überbewertet" geläufiger ist. :)

~~~ Carina alias C. R. Scott ~~~

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Ha... interessant. Ich kann bei solchen Fragen selten etwas beitragen, denn vom Alter und von der doch realen Entfernung zum täglichen Sprachgeschehen und -entwicklung, aber in diesem Fall hätte ich mich spontan für "überbewertet" entschieden. 

Bis mir eingefallen ist, warum: Ich kenne den Spruch aus dem Englischen, und da heißt es: "Breakfast is overrated these days" und das übersetzt sich zu "überbewertet". 

Krimis, Liebe und Mehr.

www.ilonaschmidt.com

Translations, Lektorat & Exposé Coaching

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vor 2 Stunden schrieb JoergR:

Hat es nicht zwei Bedeutungen?
- Schätzen tut man etwas, was man noch nicht gemacht hat.
- Bewerten tut man etwas, was man gemacht hat und nun einordnen soll.

Schätzen tut man das Unbekannte, bewerten das Bekannte:
Wenn mir jemand von der positiven Wirkungen eines Frühstücks erzählt, ohne das diese Person jemals gefrühstückt hat, dann überschätzt er das in meinen Augen. Denn ich, als jemand der schon mal gefrühstückt hat, werde eine Scheibe Toast nicht so überbewerten.

Generell stimme ich Dir bei den Worten "schätzen" und "bewerten" zu, allerdings sehe ich hier den Kontext anders, dass es ja nicht um das Frühstück an sich geht, auch wenn das umgangssprachlich so ausgedrückt wurde, sondern um die Bedeutung / den gesundheitlichen Wert des Frühstücks für die Gesundheit / für den Verlauf des Tages. Die Bedeutung bzw. den Wert kann man aus der eigenen Erfahrung bewerten und muss sie im Vergleich mit anderen schätzen :-).

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vor 5 Stunden schrieb HeikeF:

Die Bedeutung bzw. den Wert kann man aus der eigenen Erfahrung bewerten und muss sie im Vergleich mit anderen schätzen :-).

@HeikeF Deinen Blickwinkel, deinen Hinweis, um den gesundheitlichen Verlauf des Tages, hatte ich aber auch mit in das Beispiel eingepackt; indem die Aussage des Erzählers in meinen Augen überschätzt war und ich meine Erfahrung um eine Scheibe Toast anders bewerte. :-)

Aber ja, ich sehe was, Du meinst. Vielleicht lege ich in dem Beispiel aber zu viel in die Wörter hinein und es ist einfach nur eine regionale Besonderheit der Sprache.
Man könnte auch argumentieren, das jemand, der das Frühstück überschätzt einfach nicht so hart und besserwisserisch klingen möchte, wie jemand, der ein Frühstück überbewertet. Der Kontext der Situation ist möglicherweise am wichtigsten, um die Frage zu klären.

Auf der anderen Seite, ob ich in einem Buch nun etwas über ein überbewertetes oder überschätztes Frühstück lese ... ich glaube, es würde mir gar nicht auffallen. @Yvonne Struck schreibt ein umgangssprachliches Jugendbuch. Sie sollte da auf ihren Bauch hören, der wird da richtig liegen.

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Es reden ja Jugendliche. Und meine Kinder (okay, sie sind in den Anfang-Zwanzigern) würden "überbewertet" sagen. Vielleicht, weil Jugendliche es gewohnt sind, ständig und überall von Eltern und Schule oder in den sozialen Medien bewertet zu werden. Dinge schätzen zu lernen würde ich in eine spätere Lebensphase schieben :-)

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Total spannend, was ihr dazu schreibt!

Ich sehe eine Mehrheit für "überbewertet", aber "überschätzt" scheint jedenfalls nicht falsch zu sein und würde beim Lesen auch nicht unbedingt negativ auffallen.

Interessant auch dein Bezug zu der Bewertung in den sozialen Medien, @UlrikeS! Daran hatte ich noch gar nicht gedacht.

Danke für eure Gedanken und euren Input!

 

www.yvonne-struck.de

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Vielleicht wäre auch der Unerschied zwischen schätzen (vermuten, annehmen) und wertschätzen noch interessant. Dann könnte man überschätzt als über-„gewert“-schätzt annehmen, und dann käme es in der Bedeutung dem „überbewertet“ ziemlich nahe.

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Auch wenn dein Problem schon gelöst ist, Yvonne, möchte ich an dieser Stelle noch den DWDS erwähnen, der bei solchen Fragen immer sehr hilfreich ist. Unter www.dwds.de kann man ganz bequem suchen, wie oft ein Wort in welchem Kontext vorkommt. Rechts unten findet man das: "Belege in Korpora". Es gibt verschiedene Korpora, aus denen man auswählen kann - ganz breit gefächert. Zum Beispiel Filmuntertitel, Blogs, bestimmte Zeitungen, Politische Reden - oder allgemein aufgeteilt nach Jahrhunderten, geografisch, etc.

Liebe Grüße!


Leonie Werdenfels: Liebeszauber am Chiemsee (Harper Collins 4/2023)
Sabrina Sonntag: Apfelglück am See (Harper Collins 4/2022) Unser Sommerblau für immer (Harper Collins 5/2021) Schwein gehabt, sagt die Liebe (MTB - Harper Collins 9/2019)

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