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VeronikaB

"Frauen Literatur" – Männer, Männer und nochmals Männer

Empfohlene Beiträge

Hallo an alle,

hat jemand von euch den Artikel in der Zeit gelesen?

https://www.zeit.de/kultur/2022-03/frauen-literatur-nicole-seifert-misogynie-literaturkritik

Ich fand ihn sehr interessant. Als große Dürrenmatt- und Camus-Liebhaberin, habe ich mir Gedanken gemacht, welche Autorinnen ich während meiner Schulzeit gerne gelesen habe. Christa Wolff, Elfriede Jelinek und Rose Ausländer (als Lyrikerin) sind mir sofort eingefallen.

Bei Buchkritiken habe ich gerade im Krimi-Genre das Gefühl, dass es mittlerweile zwar viel mehr Krimi-Autorinnen gibt, die Bücher von Männern jedoch überproportional mehr Aufmerksamkeit erhalten. Dabei bin ich gar keine passionierte Krimileserin (wenn Dürrenmatt-Romane nicht als Krimis gelten).

Wie geht es euch mit dem Thema?

Veronika

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vor 22 Minuten schrieb VeronikaB:

wenn Dürrenmatt-Romane nicht als Krimis gelten).

Ganz kurz nur: Dürrenmatt-Romane sind Krimis! Die wunderbar, große, literarische Form des Genres.


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Sebastian Niedlich

Vorweg: Ich bin ein heterosexueller Mann, halte mich für mittelmäßig intelligent, folge den Feuilletons in den Zeitungen praktisch nicht und mir sind im Grunde nur wirklich drei Kritiker so auf den Plutz ein Begriff: Christine Westermann, Elke Heidenreich und Denis Scheck. Zwei Frauen, ein Mann.

Wie schon gesagt, ich folge den Feilletons nicht. Mag sein, dass da überwiegend Männer in den Zeitungen sitzen. Würde mich auch nicht wundern, wenn es da arg misogyn zugeht. Gerade in letzter Zeit hat man da ja einiges gehört. (*hust* Julien Reichelt *hust*)

Vor einer Weile habe ich mal gehört, dass die Chefetagen in den Verlagen überwiegend mit Männern besetzt seien. Weiß ich nicht ... lass ich so mal stehen.

Meine persönliche(!) Erfahrung ist, dass ich es in Verlagen, auf Websiten, in Bezug auf Blogs, Rezensionen, Fans in den sozialen Medien etc. zu 90% mit Frauen zu tun habe. Nicht nur die Branche, sondern auch die Leserschaft scheint zu 90% aus Frauen zu bestehen. Auch hier im Forum erscheint es mir so, als wären Frauen deutlich in der Überzahl. (Vielleicht nicht 90%, aber halt die Mehrheit.)

Wenn es dann heißt, dass die Bücher von Männern überproportional mehr Aufmerksamkeit bekommen ... muss man sich schon manchmal am Kopf kratzen. (Bitte beachten: Ich sage nicht, dass es anders wäre, ich finde das lediglich bemerkenswert.)

Man könnte jetzt zu zwei Schlüssen kommen:
1. Männer sind die besseren Schriftsteller.
2. Es werden lieber Bücher von Männern gelesen.

Ich finde Punkt 1 sehr, sehr, sehr unwahrscheinlich. Punkt 2 finde ich befremdlich, ABER ... ich habe tatsächlich in meine eigene Bibliothek geschaut und finde da deutlich mehr Männer als Frauen und ich kann versichern, dass ich noch nie im Leben einen Gedanken daran verschwendet habe, ob ich ein Buch wegen des Geschlechts des Autory kaufe. Ich kaufe Bücher, weil sie mich aufgrund von Gerne oder Story interessieren oder ich andere Bücher der jeweiligen Autorys vorher mochte. In meinem Fall könnte man also sagen, dass vielleicht nicht genug Frauen die Bücher schreiben, die mich interessieren.

Es gab ja mittlerweile mehrere Ansätze in der Buchbubble, dass mehr Frauen gelesen werden sollen. Bei einigen scheint das auch so zu fruchten. Man brüstet sich in den sozialen Medien damit, dass man explizit Bücher von Frauen liest. Finde ich auch merkwürdig, muss ich gestehen. Lest halt das, was euch gefällt. Tatsächlich nach Geschlecht zu sortieren impliziert für mich irgendwie, als würde man auf ein Merkmal Wert legen, was völlig irrelevant ist.

Was will ich eigentlich sagen? Weiß ich vermutlich selbst nicht so genau. Vielleicht: Wenn Frauen in der Buchbubble das Gefühl haben unterrepräsentiert zu sein, dann liegt es (zumindest in Teilen) auch an ihnen selbst.

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vor einer Stunde schrieb VeronikaB:

Bei Buchkritiken habe ich gerade im Krimi-Genre das Gefühl, dass es mittlerweile zwar viel mehr Krimi-Autorinnen gibt, die Bücher von Männern jedoch überproportional mehr Aufmerksamkeit erhalten.

Ich lese kaum Krimikritiken.

Allgemein habe ich das Gefühl, dass die Buchkritiken im "Spiegel" sich in den vergangenen Monaten zu 80% auf Romane von Autorinnen bezogen haben. Kann aber auch sein, dass ich hauptsächlich nur die gelesen habe.

In der aktuellen Spiegelbestsellerliste sind auf den ersten 20 Plätzen: Belletrisik 9 Frauen, Sachbuch 6 Frauen --- also männliche Dominanz eher im Sachbuchbereich.

Von den Krimis, die ich im Bücherregal habe, sind etwa 2/3 von Autorinnen geschrieben

Es gibt keine Regeln, nur sachkundige Entscheidungen. Und sachkundige Entscheidungen könnt ihr nur treffen, wenn ihr euch sachkundig macht.

Elizabeth George

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Was ich allerdings merkwürdig finde:

Ich unterrichte seit 10 Jahren Kreatives Schreiben -- unter den Teilnehmer:innen waren in dieser Zeit 3 Männer und 30 Frauen. Zur Zeit sind es nur Frauen. Das finde ich oft seltsam klischeehaft. Ein Mann unterrichtet Frauen.

Das Problem könnte ich leider nur dadurch lösen, indem ich aufhöre zu unterrichten ...

Es gibt keine Regeln, nur sachkundige Entscheidungen. Und sachkundige Entscheidungen könnt ihr nur treffen, wenn ihr euch sachkundig macht.

Elizabeth George

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Ich persönlich lese bunt gemischt, so wie Sebastian vermutlich auch. Im Moment mal wieder Atwood, aber auch andere Autorinnen.

Ich kenne keine Statistiken, aber ich vermute dennoch, dass die Dame in ihrem Artikel recht hat. Zumindest was Preisverleihungen und das Feuilleton betrifft. Es gibt eben immer noch Branchen, die von Neanderthalern dominiert sind und vermutlich gehören die Kritiker "gehobener Literatur" dazu. Das ist in der Tat ungerecht und für die idiotischen Meinungen, die sie in dem Artikel zitiert, kann man nur den Kopf schütteln. Ich kenne das aus der Filmbranche, wo meine Tochter tätig ist, aber langsam gibt es dort zum Glück eine Wende.

Im Markt sieht es aber wieder ganz anders aus. Ich meine damit, was gelesen und gekauft wird. Da dominieren doch inzwischen sehr die Autorinnen. Sagt mir jedenfalls mein persönliches Gefühl. Und warum nicht? Wir alle schreiben und wollen damit ein Publikum finden. Damit muss man sich natürlich auch als schreibender Mann auseinandersetzen. Ich schreibe historische Abenteuer. Da kann man wild fantasieren, oder man kann sich an Fakten halten. Ich habe mich für Faktentreue entschieden. Vielleicht ein Nachteil? Und man kann brutale Haudrauf-Dramen schreiben oder sich mit subtileren Plots, mit Figurentiefe und natürlich auch mit weiblichen Protagonisten beschäftigen, die maßgeblich zur Handlung beitragen oder ganz im Vordergrund stehen. Auch hier habe ich mich für Letzteres entschieden. Entspricht sowieso mehr meiner persönlichen Sicht von ausgewogenen Geschlechterrollen. Kann sein, dass ich damit einige männliche Leser verprelle, aber das ist mir eigentlich zu ziemlich wurscht.

Bearbeitet von Ulf Schiewe

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Sebastian Niedlich

Es ist halt so wie Uwe schreibt: Die Neanderthaler dominieren in vielen Fällen noch. Der Wandel kommt, dauert aber halt. Das ist in der Buchbranche so, aber das ist eben auch ganz generell in der Bevölkerung so. (Nicht umsonst haben wir gerade einen Krieg in Europa. Da haben halt auch die Neanderthaler entschieden ... wobei ich das Thema damit jetzt aber auch gleich wieder abschließen will.)

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vor 2 Stunden schrieb Ulf Schiewe:

Im Markt sieht es aber wieder ganz anders aus. Ich meine damit, was gelesen und gekauft wird. Da dominieren doch inzwischen sehr die Autorinnen. Sagt mir jedenfalls mein persönliches Gefühl. Und warum nicht? Wir alle schreiben und wollen damit ein Publikum finden.

Das habe ich persönlich auch als erstes gedacht. Das "Feuilleton" hat mich eigentlich noch nie beeinflusst. Außer dass ich vielleicht mal ein Buch gekauft habe, das Elke Heidenreich empfohlen hat. ("Ein alter Traum von Liebe", von Nuola O`Faolain) In der Schulzeit und später habe ich Christa Wolf, Max Frisch, Dürrenmatt usw. gelesen, aber immer auch "Unerhaltungsliteratur." Für mich sind die besten Bücher diejenigen, die es verstehen, mich mit einem guten, bildhaften Stil und einer psychologisch oder auch krimimäßig aufgebauten Spannung an der Stange zu halten- egal ob von Männlein oder Weiblein geschrieben. Der letzte Roman dieser Art war "Die Nachtigall" von Kristin Hannah. Da geht es um eine Geschichte aus der französischen Resistance, um Anpassung und Widerstand, um die gefährlichen Wege über die Pyrenäen und eine insgesamt dramatische Entwicklung. In den USA war es ein Bestseller, im Feuilleton habe ich nur bei Literaturschock etwas gefunden. Und in einem der wenigen 1-SterneKommentare bei Amazon war von "Groschenroman" die Rede.

Bearbeitet von Christa
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Ich orientiere mich selbst beim Kauf meiner Bücher durchaus am Feuilleton. Bei meinen letzten Erungenschaften war das Verhältnis von Frau zu Mann 2:1. Es war aber nur ein Krimi dabei. Der war von einer Frau.

Ich kann die Gesamtsituation nicht einschätzen, habe aber einen allgemeinen Eindruck, der selbstverständlich nicht zutreffen muss. In der Verlagslandschaft gilt, was woanders auch gilt: In den Topp-Positionen dominieren die Männer. Und bei den (Nachwuchs)- und (Möchtegern)-Autoren sind 80 oder 90% Frauen. Von denen geben viele unterwegs auf. Bei den Versuchen, die ich gelesen habe, standen die Frauen in Ideenkraft oder allgemeiner Schreibkompetenz den Männern ganz bestimmt nicht nach, waren ihnen in Ideenkraft vielleicht sogar überlegen.

Weiter traue ich mich nicht mich aus dem Fenster zu lehnen. Ich bin ein wenig in der Nachwuchsförderung unterwegs, würde aber trotzdem nicht behaupten, dass mein Bauchgefühl auf einer repräsentativen Stichprobe beruht. Ist also nicht mehr als ein Eindruck.

Liebe Grüße
Wolf

 

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vor 5 Stunden schrieb Ulf Schiewe:

 

Ich kenne keine Statistiken, aber ich vermute dennoch, dass die Dame in ihrem Artikel recht hat. Zumindest was Preisverleihungen und das Feuilleton betrifft. Es gibt eben immer noch Branchen, die von Neanderthalern dominiert sind und vermutlich gehören die Kritiker "gehobener Literatur" dazu.

 

Die Statistik #frauenzählen wird in dem Artikel ja erwähnt. Ich habe damals (2018) mitgezählt und war ziemlich (negativ) überrascht, wie wenig schreibende Frauen im Feuilleton vorkommen.

Sabine

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Dazu fällt mir nur eines ein: Man sieht nur das, was man sehen will.
Über solche Artikel kann ich nur den Kopf schütteln, denn in meiner Welt ist es komischerweise genau umgekehrt. Ich sehe überall nur Autorinnen. Was nicht heißt, dass ich nicht auch Autoren sehen würde, wenn ich denn wollte.

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vor 6 Stunden schrieb Ulf Schiewe:

Ich kenne keine Statistiken, aber ich vermute dennoch, dass die Dame in ihrem Artikel recht hat. Zumindest was Preisverleihungen und das Feuilleton betrifft. Es gibt eben immer noch Branchen, die von Neanderthalern dominiert sind und vermutlich gehören die Kritiker "gehobener Literatur" dazu. Das ist in der Tat ungerecht und für die idiotischen Meinungen, die sie in dem Artikel zitiert, kann man nur den Kopf schütteln.

Das sehe ich auch so.

vor 6 Stunden schrieb Ulf Schiewe:

Im Markt sieht es aber wieder ganz anders aus. Ich meine damit, was gelesen und gekauft wird. Da dominieren doch inzwischen sehr die Autorinnen. Sagt mir jedenfalls mein persönliches Gefühl.

Auch das. Ich denke aber, dass das mit den Themen zu tun hat, auf die vonseiten des Feuilletons gern hinabgeschaut wird. Man(n) bzw. frau kann sich natürlich fragen, mit welchem Recht. Weil sie dem "Gedöns" näherkommen als Goethen?

Bearbeitet von KerstinH
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vor 11 Stunden schrieb BeateB:

Ganz kurz nur: Dürrenmatt-Romane sind Krimis! Die wunderbar, große, literarische Form des Genres.

Da hast du natürlich recht. Mich hat nur einmal jemand ganz empört wissen lassen, das gälte nicht, das wäre Literatur, als ich die Frage nach meinem Lieblingskrimi mit Dürrenmatts Verdacht beantwortet habe.

Zum Thema: Ja, ich habe auch das Gefühl, dass viel mehr Frauen schreiben. Mir geht es nicht darum, die Geschlechter gegeneinander auszuspielen. Bisher habe ich stets zu den Büchern gegriffen, die mich thematisch und sprachlich angesprochen haben. Ob sie von einer Frau oder von einem Mann verfasst worden waren, war mir egal. 

Als ich – gerade erwachsen – meinen ersten Schreibversuch an ein paar Verlage geschickt habe, erhielt ich tatsächlich eine Antwort: Der Text (ein Jugendroman) wäre interessant und flüssig, allerdings sprächen die zwei weiblichen Protagonistinnen ausschließlich Mädchen an. Jungen würden lieber Geschichten lesen, in denen die Helden männlich sind, während Mädchen weniger Probleme mit männlichen Hauptfiguren hätten. Dabei waren die Abenteuer überhaupt nicht geschlechtsspezifisch.

Obwohl ein Unterschied zwischen Autor und Figuren besteht, musste ich bei der Lektüre des Artikels wieder daran denken. Denn diese Bemerkung hat mich lange geärgert. Ich kann nicht genau sagen warum – vielleicht, weil das auch mit Ernstnehmen zu tun hat. 

Ich lese Geschichten mit männlichen Hauptfiguren genauso gerne wie mit weiblichen. Wenn mich die Geschichte packt, ist mir alles andere gleichgültig. 

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vor 10 Stunden schrieb VeronikaB:

Da hast du natürlich recht. Mich hat nur einmal jemand ganz empört wissen lassen, das gälte nicht, das wäre Literatur, als ich die Frage nach meinem Lieblingskrimi mit Dürrenmatts Verdacht beantwortet habe.

So hätte das meine Literaturwissenschaftsprofessorin auch gesehen - die vor zwei Jahren mit ca 100 gestorben ist :). Mit einem anderen Wort: Bull...


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vor 12 Stunden schrieb VeronikaB:

 

Als ich – gerade erwachsen – meinen ersten Schreibversuch an ein paar Verlage geschickt habe, erhielt ich tatsächlich eine Antwort: Der Text (ein Jugendroman) wäre interessant und flüssig, allerdings sprächen die zwei weiblichen Protagonistinnen ausschließlich Mädchen an. Jungen würden lieber Geschichten lesen, in denen die Helden männlich sind, während Mädchen weniger Probleme mit männlichen Hauptfiguren hätten. Dabei waren die Abenteuer überhaupt nicht geschlechtsspezifisch.

Obwohl ein Unterschied zwischen Autor und Figuren besteht, musste ich bei der Lektüre des Artikels wieder daran denken. Denn diese Bemerkung hat mich lange geärgert. Ich kann nicht genau sagen warum – vielleicht, weil das auch mit Ernstnehmen zu tun hat. 

Ich lese Geschichten mit männlichen Hauptfiguren genauso gerne wie mit weiblichen. Wenn mich die Geschichte packt, ist mir alles andere gleichgültig. 

Ehrlich gesagt glaube ich, das ist hier der springende Punkt. Meine Beobachtung soweit wäre folgende:

Die meisten Frauen lesen sowohl Bücher von Männern als auch von Frauen. Weibliche und männliche Hauptfigur sind beide willkommen. Es gibt einige Frauen, die Bücher von Frauen und/ oder über Frauen bevorzugen. Wie gross diese Gruppe genau ist, weiss ich nicht, aber in manchen Genres, die eine weibliche Zielgruppe haben, richten Verlage sich danach, d.h. sie wollen Protagonistinnen, Männer nur als Nebenfiguren bzw. love interest.

Es gibt aber auch Frauen, die lieber Bücher von Männern lesen und/ oder männliche Hauptfiguren bevorzugen. Die meckern dann über diesen Trend zur weiblichen Hauptfigur. Das gilt übrigens auch für Autorinnen. Einige wollen vor allem über Männer schreiben - und gerade das scheint schwierig an Verlage zu verkaufen zu sein. Offenbar werden Bücher über Helden und Abenteurer - also auch männliche Zielgruppe - weniger oft gekauft, wenn ein weiblicher Name draufsteht.

Was nun Männer betrifft, so lesen die meisten wohl auch beides. Manche sagen offen, dass sie Bücher von Männern und über Männer vorziehen. Das finde ich übrigens völlig okay, solange man es als seinen persönlichen Geschmack beschreibt und nicht irgendwelche allgemeinen Werturteile fällt. Männer, die vor allem Bücher über und auch von Frauen lesen, kenne ich hingegen keine. Ich vermute mal, dass es da auch ein paar Exemplare geben wird, aber die sind selten. Das gilt übrigens auch für Autoren. Viele haben auch weibliche Hauptfiguren, doch kaum einer beschränkt sich völlig darauf. Wenn jedoch Männer über Frauen und für Frauen schreiben, haben sie keine Probleme, das an Verlage zu verkaufen.

Zusammengefasst würde ich also sagen: Frauen können in Genres mit weiblicher Zielgruppe sehr erfolgreich werden. Da gibt es auch etliche bekannte Namen. Nur werden diese Genres von der etablierten Literaturkritik eher milde belächelt und nicht besonders ernst genommen. In Genres, die sowohl männliche als auch weibliche Zielgruppe haben, sind auch etliche Frauen erfolgreich. Krimis würde ich da einordnen. Auch diese werden von Literaturkritikern eher ignoriert. In Genres mit männlicher Zielgruppe haben Autorinnen es aber schwerer als umgekehrt Autoren in Genres mit eher weiblicher Zielgruppe.

Bei Romanen, die als literarisch gelten und von Kritikern ernst genommen werden, gibt es durchaus einige bekannte weibliche Namen. Juli Zeh wird da gern als Beispiel genannt. Hilary Mantel bekam zweimal den Booker Prize. Ken Follett hat meines Wissens noch keine literarische Auszeichnung bekommen, obwohl ihn jeder kennt. Unmöglich ist es also nicht, nur scheinen da Frauen tatsächlich weniger beachtet zu werden. Meine Theorie dazu ist, dass Frauen dazu neigen, ein bisschen anders zu schreiben als Männer. Sie haben einen weiblichen Blickwinkel auf die Ereignisse, bevorzugen Themen, die Frauen eher betreffen usw. Da die etablierten Literaturkritiker aber immer noch hauptsächlich männlich sind (mein Eindruck, Zahlen habe ich keine) kommt das bei ihnen nicht so gut an. 

(Ich hoffe, das ist jetzt nicht zu konfus geworden. Ich sitze gerade im Brotjob, wollte aber meine Gedanken loswerden.;))

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Wenn es ums Zählen geht, kann man ja auch mal statt Namen Geld zählen, und dazu finde ich in meinem Archiv folgende, leider schon etwas alte Liste:

Zitat

Top Paid Authors 2009

  1. James Patterson $70 mio
  2. Stephenie Meyer $40 mio
  3. Stephen King $34 mio
  4. Danielle Steel $32 mio
  5. Ken Follett $20 mio
  6. Dean Koontz $18 mio
  7. Janet Evanovich $16 mio
  8. John Grisham $15 mio
  9. Nicholas Sparks $14 mio
  10. Joanne K. Rowling $10 mio

6 Männer, 4 Frauen könnte man feststellen und das je nach Sichtweise für einigermaßen ausgeglichen oder für empörend ungleichgewichtig halten. Ich dagegen sehe in solchen Listen, dass alle "top paid authors" der Welt entweder aus den USA oder aus England kommen …

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vor 29 Minuten schrieb AndreasE:

Wenn es ums Zählen geht, kann man ja auch mal statt Namen Geld zählen, und dazu finde ich in meinem Archiv folgende, leider schon etwas alte Liste:

6 Männer, 4 Frauen könnte man feststellen und das je nach Sichtweise für einigermaßen ausgeglichen oder für empörend ungleichgewichtig halten. Ich dagegen sehe in solchen Listen, dass alle "top paid authors" der Welt entweder aus den USA oder aus England kommen …

Ich habe noch eine Aufstellung aus den Jahren 2016/17. Die 10 bestverdienenden Autoren der Welt. Sie kommen immer noch aus den USA oder aus England, das Verhältnis ist 5/5, und Rowling verdiente 95 Millionen Dollar.

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vor 14 Stunden schrieb VeronikaB:

Als ich – gerade erwachsen – meinen ersten Schreibversuch an ein paar Verlage geschickt habe, erhielt ich tatsächlich eine Antwort: Der Text (ein Jugendroman) wäre interessant und flüssig, allerdings sprächen die zwei weiblichen Protagonistinnen ausschließlich Mädchen an. Jungen würden lieber Geschichten lesen, in denen die Helden männlich sind, während Mädchen weniger Probleme mit männlichen Hauptfiguren hätten. Dabei waren die Abenteuer überhaupt nicht geschlechtsspezifisch.

Obwohl ein Unterschied zwischen Autor und Figuren besteht, musste ich bei der Lektüre des Artikels wieder daran denken. Denn diese Bemerkung hat mich lange geärgert. Ich kann nicht genau sagen warum – vielleicht, weil das auch mit Ernstnehmen zu tun hat. 

Ich lese Geschichten mit männlichen Hauptfiguren genauso gerne wie mit weiblichen. Wenn mich die Geschichte packt, ist mir alles andere gleichgültig. 

Dazu ist mir noch was eingefallen. Warum habe ich mit 12/14 neben Karl May die Abenteuerbücher von Enid Blyton so verschlungen? Und warum las mein Sohn im gleichen Alter wiederholt und immer wieder die 5-Freunde-Bücher(TKKG)? Die Figuren waren Jungen und Mädchen, und sie haben wirlkiche Abenteuer erlebt, wenn auch klischeehaft gezeichnet. Auch heute noch gehen Hundertausende dieser Bücher über den Ladentisch. Ich glaube deswegen, weil jeder, der das liest, ein Held, eine Heldin sein kann! Ein Mann liest sicher nicht gern über Mutterschaft und Frauenthemen (wie es oben im Artikel angesprochen wurde), doch die Abenteuer und die Spannung einen die Leserìnnen, denke ich. Die Themen sind entscheidend.
  

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vor 1 Stunde schrieb Christa:

die Abenteuer und die Spannung einen die Leserìnnen, denke ich. Die Themen sind entscheidend.  

Da ist was dran, denke ich.

Und überhaupt, Enid Blyton! Gehörte als Knirps zu meinen ersten Leseerlebnissen (präzise gesagt: "Fünf Freunde auf geheimnisvollen Spuren"), und damals dachte ich, das ist ein Mann. Weil mir der Vorname "Enid" irgendwie vorkam wie eine Abwandlung von "Erich". Später erfuhr ich, nein, das ist (war) eine Frau und "Enid" ein englischer Frauenname. Aha, dachte ich , zuckte mit den Schultern und nahm es hin: Da sich an den spannenden Büchern dadurch ja nichts geändert hatte, hieß das für mich, dass es egal ist, ob ein Buch von einem Mann oder einer Frau geschrieben ist, Hauptsache, es liest sich toll und saugt einen weg.

Und noch heute merke ich, dass ich, wenn ich meine Jugendbücher schreibe, eigentlich immer versuche, Enid Blyton zu "channeln" und so zu schreiben, dass sie mir über die Schulter schauen und zustimmend nicken kann. Meine "Marsprojekt"-Serie sind ja praktisch die fünf Freunde, nur eben auf dem Mars.

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Am 2.3.2022 um 22:18 schrieb VeronikaB:

Als ich – gerade erwachsen – meinen ersten Schreibversuch an ein paar Verlage geschickt habe, erhielt ich tatsächlich eine Antwort: Der Text (ein Jugendroman) wäre interessant und flüssig, allerdings sprächen die zwei weiblichen Protagonistinnen ausschließlich Mädchen an. Jungen würden lieber Geschichten lesen, in denen die Helden männlich sind, während Mädchen weniger Probleme mit männlichen Hauptfiguren hätten. Dabei waren die Abenteuer überhaupt nicht geschlechtsspezifisch.

Wenn dem so wäre, hätten weibliche „Helden“ wie Pippi Langstrumpf, Ronja Räubertochter oder Lisbeth Salander kaum eine Chance gehabt. 

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Am 3.3.2022 um 12:21 schrieb AndreasE:

Wenn es ums Zählen geht, kann man ja auch mal statt Namen Geld zählen, und dazu finde ich in meinem Archiv folgende, leider schon etwas alte Liste:

6 Männer, 4 Frauen könnte man feststellen und das je nach Sichtweise für einigermaßen ausgeglichen oder für empörend ungleichgewichtig halten. Ich dagegen sehe in solchen Listen, dass alle "top paid authors" der Welt entweder aus den USA oder aus England kommen …

Wobei einige Autoren und Autorinnen dieser Liste schon seit den 70/80ern im Buchgeschäft sind.

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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vor 12 Stunden schrieb Ramona:

Wenn dem so wäre, hätten weibliche „Helden“ wie Pippi Langstrumpf, Ronja Räubertochter oder Lisbeth Salander kaum eine Chance gehabt. 

Bei Lisbeth Salandar muss man allerdings anmerken, dass sie nicht die einzige Hauptfigur ist. Es gibt da noch den Journalisten (dessen Namen ich jetzt vergessen habe). Männliche plus weibliche Hauptfigur geht, ist bei Verlagen sogar recht beliebt, v.a. bei Genres, die beide Geschlechter ansprechen sollen.

Mögen Jungs Pippi Langstrumpf und Ronja Räubertochter? Oder haben die eher Mädchen als Zielgruppe? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht, aber ich hätte vermutet, dass der typische Junge lieber Abenteuergeschichten mit Jungs in der Hauptrolle mag. Dass es nicht bei allen so ist, ist mir klar.

Die Reaktion des Verlags auf Veronikas erste Schreibversuche überrascht mich aber trotzdem. Wir hatten da mal einen anderen thread, wo eine Autorin sich beklagte, dass ein Verlag für Jugendbücher ihr die weibliche Hauptfigur quasi vorschrieb, weil Bücher vor allem von Mädchen gelesen werden und Mädchen über Mädchen lesen wollen. Vielleicht haben die Zeiten sich in dem Punkt geändert.

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Am 3.3.2022 um 14:57 schrieb AndreasE:

Da ist was dran, denke ich.

Und überhaupt, Enid Blyton! Gehörte als Knirps zu meinen ersten Leseerlebnissen (präzise gesagt: "Fünf Freunde auf geheimnisvollen Spuren"), und damals dachte ich, das ist ein Mann. Weil mir der Vorname "Enid" irgendwie vorkam wie eine Abwandlung von "Erich". Später erfuhr ich, nein, das ist (war) eine Frau und "Enid" ein englischer Frauenname. Aha, dachte ich , zuckte mit den Schultern und nahm es hin: Da sich an den spannenden Büchern dadurch ja nichts geändert hatte, hieß das für mich, dass es egal ist, ob ein Buch von einem Mann oder einer Frau geschrieben ist, Hauptsache, es liest sich toll und saugt einen weg.

Und noch heute merke ich, dass ich, wenn ich meine Jugendbücher schreibe, eigentlich immer versuche, Enid Blyton zu "channeln" und so zu schreiben, dass sie mir über die Schulter schauen und zustimmend nicken kann. Meine "Marsprojekt"-Serie sind ja praktisch die fünf Freunde, nur eben auf dem Mars.

Ich oute mich auch als ehemaliger Enid Blyton Fan. Es waren bei mir aber vorwirgend die 5-Freunde Bücher nicht so der ... der Abenteuer, obwohl ich aus heutiger Sicht da gar keinen Unterschied mehr sehe.

Bearbeitet von Wolf
Tippfehler
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vor 1 Stunde schrieb Tereza:

Vielleicht haben die Zeiten sich in dem Punkt geändert.

Das haben sie sich definitiv. Die Verlage schauen doch viel mehr auf Vermarktbarkeit als noch zu Zeiten von Pippi Langstrumpf und Ronja Räubertochter. Wobei Vermarktbarkeit ja nicht per se ein zu kritisierendes Kriterium ist. Verlage müssen sich selbstverständlich danach richten, um zu überleben. Die Entwicklung geht aber gerade im Kinderbuchbereich schon eine ganze Weile dahin, dass zu viele Verlage nicht mehr den Mut haben, Neues, Unkonventionelles und Unbequemes zu veröffentlichen. Das finde ich schade, weil dadurch Vielfalt verloren geht.

Parallel dazu gibt es bei Instagram eine Initiative, die Verlage dazu aufruft, die Trennung von Kinderbüchern in Jungs- und Mädchengeschichten (mit entsprechend klischeehaften Covern) aufzuheben.

vor 14 Stunden schrieb Ramona:

Wenn dem so wäre, hätten weibliche „Helden“ wie Pippi Langstrumpf, Ronja Räubertochter oder Lisbeth Salander kaum eine Chance gehabt. 

 Lisbeth Salander eignet sich in diesem Zusammenhang nicht als Referenz. Sie ist ja keine Kinderbuch-Heldin, um die es bei Veronikas Beispiel ging. Ihr Erfolg speist sich auch aus der Schweden-Krimi-Phase, während derer ja auch so manch fragwürdiges Manuskript veröffentlich wurde. Ich kann mich nicht mehr an den Titel erinnern, aber einer der Krimis war sprachlich dermaßen schlecht, dass ich ihn nach wenigen Seiten verärgert in den Müll geworfen habe.

Bearbeitet von KarinKoch
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Am 3.3.2022 um 11:01 schrieb Tereza:

Männer, die vor allem Bücher über und auch von Frauen lesen, kenne ich hingegen keine. Ich vermute mal, dass es da auch ein paar Exemplare geben wird, aber die sind selten. Das gilt übrigens auch für Autoren. Viele haben auch weibliche Hauptfiguren, doch kaum einer beschränkt sich völlig darauf.

Meine Theorie dazu ist, dass Frauen dazu neigen, ein bisschen anders zu schreiben als Männer. Sie haben einen weiblichen Blickwinkel auf die Ereignisse, bevorzugen Themen, die Frauen eher betreffen usw.

In den letzten Jahren habe ich eher Romane von Frauen gelesen als von Männern

Die Hauptfiguren meiner bisher geschriebenen sechs Romane sind allesamt Frauen. Über Männerthemen zu schreiben, ist für mich langweiliger. Die kenne ich ohnehin einigermaßen gut. Frauen dagegen sind mir einerseits nah (meine Frau und meiner erwachsene Tochter), doch andererseits und für immer unendlich fern. Deren Leben und Gefühle zu erkunden und zu versuchen mich hineinzuversetzen, finde ich ungeheuer spannend und bereichernd.

(Apropos Blickwinkel: Meine Frau meint, Alan Dean Foster sei der einzige Autor, bei dem sie mal gelesen habe, dass jemand auf Toilette ging. Bei Autorinnen dagegen habe sie es schon häufiger gelesen)

Am 3.3.2022 um 13:16 schrieb Christa:

 Ein Mann liest sicher nicht gern über Mutterschaft und Frauenthemen  

Ich finde das superspannend (s.o.) und schreibe auch darüber.

Die Romanstelle, mit der ich bei Lesungen die meisten großen Augen und offenen Münder hervorgerufen habe, ist die ausführliche Darstellung einer Geburt, die ich aus der Sicht der Gebärenden geschrieben habe.

Es gibt keine Regeln, nur sachkundige Entscheidungen. Und sachkundige Entscheidungen könnt ihr nur treffen, wenn ihr euch sachkundig macht.

Elizabeth George

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