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DirkH

Spannungsbogen

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Für mich sind die Mechanismen, die diene, um Spannung zu erzeugen, eigentlich vom Genre unabhängig. Ich habe am Anfang des Threads geschrieben, was meiner Meinung nach Spannung erzeugt. Und das gilt für einen Thriller, einen historischen Roman oder auch einen Liebesroman. Das Prinzip ist immer das gleiche. 

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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vor 1 Stunde schrieb Ulf Schiewe:

Für mich sind die Mechanismen, die diene, um Spannung zu erzeugen, eigentlich vom Genre unabhängig. Ich habe am Anfang des Threads geschrieben, was meiner Meinung nach Spannung erzeugt. Und das gilt für einen Thriller, einen historischen Roman oder auch einen Liebesroman. Das Prinzip ist immer das gleiche. 

Im Umkehrschluss müsste jeder Roman, der mir beim Lesen langweilig erscheint, am fehlenden Spannungsaufbau kranken.

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vor 16 Minuten schrieb Christa:

Im Umkehrschluss müsste jeder Roman, der mir beim Lesen langweilig erscheint, am fehlenden Spannungsaufbau kranken.

Das glaube ich überhaupt nicht. Da muss ich nur an all die Vorabendserien  denken mit ihren Landärzten und Hebammen und Hafenpolizisten. Jede einzelne Folge ist ersichtlich von geschultem Personal produziert, da fehlt es nicht an Wendepunkten, Cliffhangern, retardierenden Momenten etc. Woran es fehlt, ist Originalität. Und ein wenig Realismus wäre wohl auch nicht schlecht, aber das denke ich jetzt ganz persönlich. Quasi heimlich. :)

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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vor 37 Minuten schrieb Angelika Jo:

Das glaube ich überhaupt nicht. Da muss ich nur an all die Vorabendserien  denken mit ihren Landärzten und Hebammen und Hafenpolizisten. Jede einzelne Folge ist ersichtlich von geschultem Personal produziert, da fehlt es nicht an Wendepunkten, Cliffhangern, retardierenden Momenten etc. Woran es fehlt, ist Originalität. Und ein wenig Realismus wäre wohl auch nicht schlecht, aber das denke ich jetzt ganz persönlich. Quasi heimlich. :)

Das stimmt. Der fehlende Spannungsaufbau kann also auf dem Immergleichen gewachsen sein. Und die innere Stimme sagt: Das kann ich jetzt nicht mehr hören und sehen.(Gähn). Realismus: Haben die das einfach vergessen, ist das den Zuschauern egal oder passt er etwa nicht in den Spannungsaufbau, in die Wendepunkte, Cliffhanger usw. hinein? Mal ganz doof gefragt.:s03

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vor einer Stunde schrieb Angelika Jo:

Das glaube ich überhaupt nicht. Da muss ich nur an all die Vorabendserien  denken mit ihren Landärzten und Hebammen und Hafenpolizisten. Jede einzelne Folge ist ersichtlich von geschultem Personal produziert, da fehlt es nicht an Wendepunkten, Cliffhangern, retardierenden Momenten etc. Woran es fehlt, ist Originalität. Und ein wenig Realismus wäre wohl auch nicht schlecht, aber das denke ich jetzt ganz persönlich. Quasi heimlich. :)

Aber Angelika, wenn die Wendepunkte usw. so klar erkennbar sind, dann ist es doch nicht gut gemacht, oder? Ich meine, wenn es gut gemacht ist, dann erkennt man die zugrundeliegende Struktur ja eben genau nicht mehr. Diese dramaturgischen Dinge sollen doch letztlich nur als Hilfsmittel dienen, um sich darüber klar zu werden, was man eigentlich schreiben will. Als Schablone für Einheitsbrei sind sie nicht gedacht. Bei Schablonen wird es langweilig nach Folge 3. Spätestens.

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Missverständnis, Susann. Dass wir die Wendepunkte als solche erkennen, liegt daran, dass wir diese Fachbegriffe kennen. Und dass ich sie erkennen kann, tut meinem Vergnügen an einem Stück Literatur oder einem Film überhaupt keinen Abbruch. ("Manche mögen's heiß", das ich mir mal mit Papier und Bleistift angesehen habe, um mir die Struktur darin zu vergegenwärtigen bleibt ja trotz meines Gekritzels ein toller Film und ich vermute, dass es den meisten Zusehern ganz ähnlich geht – auch wenn sie normalerweise nicht über den Terminus "Wendepunkt" nachdenken, merken sie doch, wenn sich im Film etwas gedreht hat). Soweit die Struktur. Die hat Billy Wilder möglicherweise genauso am Reißbrett festgelegt wie der Regisseur eines Heimatfilms.

Aber einen Inhalt gibts ja auch noch. Eine (mehr oder weniger moralische) Botschaft, vielleicht sogar einen Erkenntnisgewinn. Und in den genannten Vorabendserien sehe ich immer wieder das gleiche: zwei Königskinder, die erst nicht, dann doch zueinander kommen. Beide handeln sie immerzu edel, hilfreich und gut. Wenigstens einer aber hat ein schlimmes Trauma hinter sich. Das wird er mit Sicherheit im Lauf von 45 oder 90 Minuten los. Geeignete Orte dafür: Ozean, Buchenwald, Bergesgipfel, Kapelle. Dazu Helfer: die weise Großmutter, der gute (gern schwule) Freund. Immer dieselben Konflikte, dieselben Requisiten, dieselben holzgeschnitzten Figuren, die in jeder Morgenszene duftend in frisch gebügelter Bettwäsche erwachen. Ich bin geneigt zu sagen, dass die vom  Fundus der Augsburger Puppenkiste mehr interessante Figuren haben als bei den Produzenten vom Bergdoktor. Sogar wenn die in Augsburg aus Holz geschnitzt sind.

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vor einer Stunde schrieb Angelika Jo:

Ich bin geneigt zu sagen, dass die vom  Fundus der Augsburger Puppenkiste mehr interessante Figuren haben als bei den Produzenten vom Bergdoktor. Sogar wenn die in Augsburg aus Holz geschnitzt sind.

Da ist bestimmt was dran. Es liegt aber auch an der Zielgruppe, zumindest an der vermuteten, die sich hin und wieder gern selbst bestätigt. Ich habe in einen Heftroman mal einen syrischen geflüchteten Assistenzarzt hineingeschrieben, ein klitzekleines bisschen realistischen Konflikt. Ich kannte mich sogar aus, weil ich selbige mal unterrichtet habe. Das Ding ist mir auf Amazon um die Ohren geflogen. 

Bearbeitet von KerstinH
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vor 16 Stunden schrieb Angelika Jo:

Das glaube ich überhaupt nicht. Da muss ich nur an all die Vorabendserien  denken mit ihren Landärzten und Hebammen und Hafenpolizisten. Jede einzelne Folge ist ersichtlich von geschultem Personal produziert, da fehlt es nicht an Wendepunkten, Cliffhangern, retardierenden Momenten etc. Woran es fehlt, ist Originalität. Und ein wenig Realismus wäre wohl auch nicht schlecht, aber das denke ich jetzt ganz persönlich. Quasi heimlich. :)

Das stimmt natürlich. Ein Roman sollte mehr zu bieten haben als nur Spannung. Aber das Thema hier war ja eben Spannung. Und ohne ein bisschen Spannung wird einem schnell langweilig und dann wird man auch das andere nicht genießen.

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vor 13 Stunden schrieb Angelika Jo:

Missverständnis, Susann. Dass wir die Wendepunkte als solche erkennen, liegt daran, dass wir diese Fachbegriffe kennen. Und dass ich sie erkennen kann, tut meinem Vergnügen an einem Stück Literatur oder einem Film überhaupt keinen Abbruch. ("Manche mögen's heiß", das ich mir mal mit Papier und Bleistift angesehen habe, um mir die Struktur darin zu vergegenwärtigen bleibt ja trotz meines Gekritzels ein toller Film und ich vermute, dass es den meisten Zusehern ganz ähnlich geht – auch wenn sie normalerweise nicht über den Terminus "Wendepunkt" nachdenken, merken sie doch, wenn sich im Film etwas gedreht hat). Soweit die Struktur. Die hat Billy Wilder möglicherweise genauso am Reißbrett festgelegt wie der Regisseur eines Heimatfilms.

Aber einen Inhalt gibts ja auch noch. Eine (mehr oder weniger moralische) Botschaft, vielleicht sogar einen Erkenntnisgewinn. Und in den genannten Vorabendserien sehe ich immer wieder das gleiche: zwei Königskinder, die erst nicht, dann doch zueinander kommen. Beide handeln sie immerzu edel, hilfreich und gut. Wenigstens einer aber hat ein schlimmes Trauma hinter sich. Das wird er mit Sicherheit im Lauf von 45 oder 90 Minuten los. Geeignete Orte dafür: Ozean, Buchenwald, Bergesgipfel, Kapelle. Dazu Helfer: die weise Großmutter, der gute (gern schwule) Freund. Immer dieselben Konflikte, dieselben Requisiten, dieselben holzgeschnitzten Figuren, die in jeder Morgenszene duftend in frisch gebügelter Bettwäsche erwachen. Ich bin geneigt zu sagen, dass die vom  Fundus der Augsburger Puppenkiste mehr interessante Figuren haben als bei den Produzenten vom Bergdoktor. Sogar wenn die in Augsburg aus Holz geschnitzt sind.

Schaust du dir diese Serien tatsächlich an? :)

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vor einer Stunde schrieb Ulf Schiewe:

Schaust du dir diese Serien tatsächlich an? :)

Ich schau mir täglich um 19.00 die Nachrichten im ZDF an. Anschließend koche ich und da der Fernseher in der Küche steht, lasse ich meistens weiter laufen bis um 20.00 zur Tagesschau. Wenn ich eine Hand frei habe, schalte ich auch schon mal herum, aber "Dahoam is dahoam" auf dem Regionalsender ist keine wirkliche Lösung und die privaten ... darüber muss ich ja jetzt nichts sagen. Irgendwie ist die Gewohnheit des Durchlaufen Lassens geblieben, seit Corona anfing und dauernd Sondersendungen kamen. Ich könnte ganz ausschalten natürlich. Vielleicht sollte ich das tun. :)

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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vor einer Stunde schrieb Angelika Jo:

Ich schau mir täglich um 19.00 die Nachrichten im ZDF an. Anschließend koche ich und da der Fernseher in der Küche steht, lasse ich meistens weiter laufen bis um 20.00 zur Tagesschau. Wenn ich eine Hand frei habe, schalte ich auch schon mal herum, aber "Dahoam is dahoam" auf dem Regionalsender ist keine wirkliche Lösung und die privaten ... darüber muss ich ja jetzt nichts sagen. Irgendwie ist die Gewohnheit des Durchlaufen Lassens geblieben, seit Corona anfing und dauernd Sondersendungen kamen. Ich könnte ganz ausschalten natürlich. Vielleicht sollte ich das tun. :)

Bei uns ist die Reihenfolge etwas anders. Wir schauen zuerst Nano auf 3SAT, gefolgt von den ZDF Nachrichten. Dann schalten wir auf Arte das Journal (um Längen besser als ZDF 19:00 und Tagesschau 20:00) und dann meistens noch eine Doku auf Arte. Die haben da wirklich meist tolle Themen aus Europa.

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vor 7 Minuten schrieb Ulf Schiewe:

Bei uns ist die Reihenfolge etwas anders. Wir schauen zuerst Nano auf 3SAT, gefolgt von den ZDF Nachrichten. Dann schalten wir auf Arte das Journal (um Längen besser als ZDF 19:00 und Tagesschau 20:00) und dann meistens noch eine Doku auf Arte. Die haben da wirklich meist tolle Themen aus Europa.

Sieh mal an, also kann man auch Nachrichten spannender und informativer gestalten. Bei mir sind es ntv und n24. Das Mittagsmagazin im ARD habe ich jetzt ausgeschaltet. Und durch diese Diskussion ist mir klarer geworden, dass selbst die Tatorte, besonders die neueren, manchmal keine richtigen Spannungskurven haben (auch wenn sie etwas Abwechslung in die Coronazeit brachten).

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Ein paar Gedanken zu Spannung im klassischen Ermittlerkrimi: Da gibt es einmal die Spannung, die aus der Frage entsteht, wer aus welchem Grund das Verbrechen begangen hat. Was hat den/die Täter:in so weit getrieben, ein anderes Leben zu vernichten? Das Warum finde ich hierbei entscheidend. Der/die Täter:in braucht eine starke Motivation. Die Motivation der ermittelnden Person finde ich gar nicht so wichtig - was nicht heißt, dass die ein fader Charakter sein darf. Dazu tragen die persönlichen Probleme bei. Wenn man an alte TV-Krimis wie Derrick denkt, waren die Ermittler:innen tatsächlich aus heutiger Sicht eher langweilig, weil sie auf ihre ermittelnde Funktion reduziert waren.

Eine zweite Spannungsebene entsteht dadurch, dass man - durch den Ermittler - Einblicke in ein Beziehungsgeflecht erhält, das man erst nach und nach durchdringt. Denn es wird ja das Umfeld des Opfers durchleuchtet und all das, was verborgen werden sollte, ans Licht gehoben. Da geht es nicht um den Mord an sich, sondern um all die Dinge, die in einer Familie/einer Clique/einer Firma unter den Teppich gekehrt werden. In guten Krimis haben alle was zu verbergen, niemand hat eine völlig weiße Weste. Was dazu führt, dass es mehrere Verdächtige und Red Herrings gibt, die die Spannung steigern.

Und eine dritte Spannunsgebene entsteht dadurch, wie der/die Ermittler:in den Fall angeht, Spuren interpretiert, Irrtümern aufsitzt, wieder auf den richtigen Weg findet. Je schwieriger das wird, umso mehr erhöht sich die Betriebstemperatur, wie Susan sie passenderweise nennt. Aber nicht unbedingt die der ermittelnden Person, sondern der Geschichte an sich. Wie in jedem anderen Roman sind es die Wendepunkte und Twists, die den Konflikt auf den Höhepunkt treiben. Aufhänger: Der Mord, dann Steigerung bis zum Midpoint (alle Informationen sind gesammelt, die Jagd beginnt), danach der „All is lost“-Moment (evtl. wurde in eine falsche Richtung ermittelt oder der/die Täter:in scheint entkommen zu sein, zweiter Mord o. ä.), neuer Ansatz, Lösung (Entlarvung des/der Täter:in). Der epischen Gerechtigkeit ist Genüge getan und die Leser:innen können sich entspannen.

Bearbeitet von MaschaV
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Also eigentlich bin ich in allem ganz deiner Meinung, Mascha. Du hast in allem Recht, was die möglichen Spannungselemente in einem Krimi angeht. Aber bei der Frage nach dem Spannungsbogen - und darum ging es ja in dieser Diskussion - ist mir das ein bisschen zuviel auf einmal.

Du schreibst:

vor 7 Stunden schrieb MaschaV:

Je schwieriger das wird, umso mehr erhöht sich die Betriebstemperatur, wie Susan sie passenderweise nennt. Aber nicht unbedingt die der ermittelnden Person, sondern der Geschichte an sich. Wie in jedem anderen Roman sind es die Wendepunkte und Twists, die den Konflikt auf den Höhepunkt treiben. Aufhänger: Der Mord, dann Steigerung bis zum Midpoint (alle Informationen sind gesammelt, die Jagd beginnt), danach der „All is lost“-Moment (evtl. wurde in eine falsche Richtung ermittelt oder der/die Täter:in scheint entkommen zu sein, zweiter Mord o. ä.), neuer Ansatz, Lösung (Entlarvung des/der Täter:in). Der epischen Gerechtigkeit ist Genüge getan und die Leser:innen können sich entspannen

Richtig. Aber wie entsteht diese Struktur? Wenn ich jetzt zum Beispiel keine Ahnung hätte, wie man einen Krimi schreibt, und deinen Ratschlägen in deinem Beitrag folgen würde, ich denke, dann würde ich mich recht rasch verzetteln. Meiner Ansicht nach sollte man sich zuerst den einen großen über allem liegenden Spannungsbogen erarbeiten, dessen Struktur du ja in dem Zitat oben schilderst. Wenn man den wasserdicht beisammen hat, dann schaut man, auf welchen Ebenen noch weitere Hindernisse aufgebaut werden können, auf der physischen Ebene, auf der psychischen des Ermittlers, durch falsche Fährten, Nebenfiguren, die ablenken usw. .

Am Beginn steht die Entwicklung der Täterfigur (Ziel, Motivation, Umfeld, Defekt). Diese Figur begeht den - aus ihrer Sicht - perfekten Mord. Okay, dieser Ausgangspunkt ist aber erst der Beginn meiner eigentlichen Geschichte. Wie also komme ich nun zu meinem Drei-Akte-Plot mit den Wendepunkten, dem Midpoint, der Krise (All is lost- Moment), der überraschenden Wendung und der Lösung? Diese Kernstuktur brauche ich doch zunächst als erstes. Erst dann kann ich all die anderen netten Hindernisse auf allen Ebenen (siehe oben) einbauen, ohne den Überblick zu verlieren. Oder nicht?

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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vor 1 Stunde schrieb Susann:

Also eigentlich bin ich in allem ganz deiner Meinung, Mascha. Du hast in allem Recht, was die möglichen Spannungselemente in einem Krimi angeht. Aber bei der Frage nach dem Spannungsbogen - und darum ging es ja in dieser Diskussion - ist mir das ein bisschen zuviel auf einmal.

Du schreibst:

Richtig. Aber wie entsteht diese Struktur? Wenn ich jetzt zum Beispiel keine Ahnung hätte, wie man einen Krimi schreibt, und deinen Ratschlägen in deinem Beitrag folgen würde, ich denke, dann würde ich mich recht rasch verzetteln. Meiner Ansicht nach sollte man sich zuerst den einen großen über allem liegenden Spannungsbogen erarbeiten, dessen Struktur du ja in dem Zitat oben schilderst. Wenn man den wasserdicht beisammen hat, dann schaut man, auf welchen Ebenen noch weitere Hindernisse aufgebaut werden können, auf der physischen Ebene, auf der psychischen des Ermittlers, durch falsche Fährten, Nebenfiguren, die ablenken usw. .

Am Beginn steht die Entwicklung der Täterfigur (Ziel, Motivation, Umfeld, Defekt). Diese Figur begeht den - aus ihrer Sicht - perfekten Mord. Okay, dieser Ausgangspunkt ist aber erst der Beginn meiner eigentlichen Geschichte. Wie also komme ich nun zu meinem Drei-Akte-Plot mit den Wendepunkten, dem Midpoint, der Krise (All is lost- Moment), der überraschenden Wendung und der Lösung? Diese Kernstuktur brauche ich doch zunächst als erstes. Erst dann kann ich all die anderen netten Hindernisse auf allen Ebenen (siehe oben) einbauen, ohne den Überblick zu verlieren. Oder nicht?

Kann man sicher so machen. Ich arbeite nicht so. Und ich wollte hier auch keine Anleitung zum Krimischreiben für Anfänger liefern. Da muss jede:r seine eigene Herangehensweise finden.

Bei mir läuft viel intutiv, mit der Struktur ganz tief im Hinterkopf, wo sie mich nicht stört. Die Struktur ist sowas wie eine ganz schwache Vorzeichnung, an die ich beim Planen und Schreiben gar nicht bewusst denke. Ich gehe da auch nicht systematisch vor. Alle Ebenen/Stränge ruckeln parallel Stück für Stück voran, vernetzen und beeinflussen sich gegenseitig, bis ein möglichst dichtes Geflecht entsteht. Ich spiele viel mit den verschiedenen Möglichkeiten, bevor ich entscheide, was passiert. Die Spannung anziehen oder lockern mache ich dann auch nach Gefühl während des Schreibens. Merkt man ja, wenn es ein bisschen abflaut, und dann muss eben ein neues Problem her - salopp gesagt. Es muss natürlich passen und die Geschichte noch spannender machen, indem es neue Fragen aufwirft. Ich überlege vorab sehr viel, halte die Bälle aber möglichst lange in der Luft. Gilt nicht nur für Krimi (mein erster erscheint im April), sondern auch für meine anderen Romane. 

Wer der/die Täter:in ist, habe ich übrigens erst irgendwo unterwegs beim Schreiben entschieden. Ich hatte zwar eine Idee, wollte es mir aber so lange wie möglich offenhalten. 

Bearbeitet von MaschaV
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vor 2 Stunden schrieb Susann:

Meiner Ansicht nach sollte man sich zuerst den einen großen über allem liegenden Spannungsbogen erarbeiten, dessen Struktur du ja in dem Zitat oben schilderst.

Ich glaube ja immer noch, Susann, dass du da was verwechselst. Mascha schildert oben nicht die Struktur des Spannungsbogens, sondern die Struktur der Story an sich. Ob daraus Spannung entsteht, ist noch eine ganz andere Geschichte. Und das war m.E. auch die Frage von Dirk: Wie kriegt man Spannung in einen Text (Thriller)? Das sind Techniken, die angewendet werden, wobei der Geschichte natürlich eine Struktur zugrunde liegen muss oder sollte, an der man sich entlanghangelt. Aber die beste Struktur taugt nichts, wenn a.) die Konflikte - zwischen wem auch immer - nicht groß genug sind und b.) der Autor beim Schreiben daraus technisch keine Spannung zu erzeugen vermag. Ich bin z.B. der Meinung, dass zu keinem Zeitpunkt der Story alle aufgeworfenen Fragen beantwortet sein dürfen.

 

Bearbeitet von KerstinH
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Ich wüsste nicht, wie man die Spannung von der Geschichte trennen könnte. Ich kann mir doch nicht eine Geschichte ausdenken und dann überlegen, wie ich sie spannend mache. Sondern ich muss mur überlegen, welche Variante der Geschichte die interessanteste ist. Eine schwache Geschichte kriege ich mit keinem Kniff der Welt spannend. Dass eine potentiell interessante Geschichte langweilig erzählt wird, kommt dagegen öfter vor.  :)

Struktur, Inhalt und Stil bilden eine Einheit. Und nur, wenn all das stimmt, entsteht eine gute Geschichte. 

Bearbeitet von MaschaV
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vor 8 Minuten schrieb MaschaV:

Dass eine potentiell interessante Geschichte langweilig erzählt wird, kommt dagegen öfter vor.

Genau so habe die Ausgangsfrage verstanden: Wie kriegt man die potentiell interessante Geschichte spannend auf's Papier? Welche Mechanismen wendet man an? Natürlich muss man vorher die potentiell spannendste Variante wählen. Aber ich glaube, zu Struktur, Inhalt und Stil muss noch etwas dazukommen, damit die Geschichte wirklich spannend wird. Du schreibst z.B., dass du die Bälle möglichst lange in der Luft hältst.

Bearbeitet von KerstinH
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vor 54 Minuten schrieb KerstinH:

Genau so habe die Ausgangsfrage verstanden: Wie kriegt man die potentiell interessante Geschichte spannend auf's Papier? Welche Mechanismen wendet man an? Natürlich muss man vorher die potentiell spannendste Variante wählen. Aber ich glaube, zu Struktur, Inhalt und Stil muss noch etwas dazukommen, damit die Geschichte wirklich spannend wird. Du schreibst z.B., dass du die Bälle möglichst lange in der Luft hältst.

@KerstinH Wie gesagt, ich kann das gar nicht voneinander trennen. Der Spannungsbogen ist die Geschichte bzw. die Art, wie die Geschichte erzählt wird. Wenn eine potentiell spannende Geschichte langweilig wirkt, muss man sie anders erzählen und von Grund auf neu anlegen. Wie bei einem Haus, dessen Mauern schief gebaut sind, hilft da nur einreißen und besser machen.


Ich glaube, @DirkH braucht auch gar keinen Rat von uns – er kann nämlich ganz wunderbar spannend und noch dazu extrem amüsant erzählen –, sondern meinte seine Frage eher als Anregung, um über das Thema Spannung zu disutieren.

Bearbeitet von MaschaV
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Am 2.11.2021 um 10:03 schrieb DirkH:

Bei jedem neuen Roman stellt sich dieselbe Frage: Wie lege ich den Spannungsbogen an? Wie viele Spannungsbögen gibt es? Wie hängen sie miteinander zusammen? Wie löse ich sie auf? Und letztendlich kratze ich mir den Kopf und frage mich: Was ist das überhaupt, dieser Spannungsbogen? 

Eins steht fest, er kommt wohl in jedem Genre vor (wenn man Lyrik und technische Bedienungsanleitungen ausnimmt). Wie geht ihr damit um? 

So, nach all dem Herummäandern komme ich auf die eigentliche Frage. :-)

Ich stelle mir den Spannungsbogen visuell vor, und zwar ganz traditionell zuerst kontinuierlich ansteigend bis zum Höhepunkt und dann relativ steil abfallend (Kurze Bildersuche im Netz nach "Spannungsbogen" zeigt, was ich meine). Die Nebenstränge haben ebenfalls ihre Spannungsbögen, die je nach Wichtigkeit vielleicht etwas sanfter verlaufen und auch nicht alle von Beginn bis zum Ende der Geschichte reichen. Ich glaube, es hat auch jede Figur ihren eigenen Spannungsbogen, so klein er auch sein mag, wobei die sich überschneiden, da die Figuren ja über die Spannungsbögen der einzelnen Handlungsstränge miteinander verbunden sind. Visuell sähe das wahrscheinlich aus, als würde eine Dreijährige ein Gewitter zeichnen. :D
Wir man die Gewitterwolken auflöst? Indem man die Sonne scheinen lässt: Indem die Figur eine Lösung für ihr Problem findet oder es von Außen gelöst wird (Ersteres ist besser). Kleinere Spannunsgbögen können auch mal ungelöst bleiben – dann muss die Figur mit ihrem Problem weiterkämpfen oder irgendwie zurechtkommen.
Den großen Spannungsbogen des Hauptstrangs sollte man aber auflösen. In einer reihe genügt vielleicht auch eine nur teilweise Lösung.

Was ist ein Spannungsbogen eigentlich? Ich würde sagen, eine ansteigende und dann wieder abfallende Dringlichkeit. Da wird Druck in verschiedenen Formen aufgebaut, der sich dann entlädt.


Ich finde aber, man muss darüber nicht zu viel nachdenken, sondern darf das Unterbewusstsein arbeiten lassen. Die Fähigkeit, intuitiv das Passende zu wählen, wächst mit der Erfahrung, glaube ich. Wie heißt es sinngemäß in "Zen und die Kunst, ein Motorad zu warten"? Dass etwas gut ist, erkennt man daran, das es gut ist. Oder so ähnlich.
Hier der Link zum Wikipediaartikel zum Buch und zum Thema Qualität: https://de.wikipedia.org/wiki/Zen_und_die_Kunst_ein_Motorrad_zu_warten#Qualitätsbegriff

Muss ich mal wieder lesen.

Bearbeitet von MaschaV
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vor 2 Stunden schrieb MaschaV:

Bei mir läuft viel intutiv, mit der Struktur ganz tief im Hinterkopf, wo sie mich nicht stört. Die Struktur ist sowas wie eine ganz schwache Vorzeichnung, an die ich beim Planen und Schreiben gar nicht bewusst denke. Ich gehe da auch nicht systematisch vor. Alle Ebenen/Stränge ruckeln parallel Stück für Stück voran, vernetzen und beeinflussen sich gegenseitig, bis ein möglichst dichtes Geflecht entsteht. Ich spiele viel mit den verschiedenen Möglichkeiten, bevor ich entscheide, was passiert. Die Spannung anziehen oder lockern mache ich dann auch nach Gefühl während des Schreibens. Merkt man ja, wenn es ein bisschen abflaut, und dann muss eben ein neues Problem her - salopp gesagt. Es muss natürlich passen und die Geschichte noch spannender machen, indem es neue Fragen aufwirft. Ich überlege vorab sehr viel, halte die Bälle aber möglichst lange in der Luft. Gilt nicht nur für Krimi (mein erster erscheint im April), sondern auch für meine anderen Romane. 

Wer der/die Täter:in ist, habe ich übrigens erst irgendwo unterwegs beim Schreiben entschieden. Ich hatte zwar eine Idee, wollte es mir aber so lange wie möglich offenhalten. 

Ah, dann hat mich deine Aufzählung oben (also die mit Wendepunkten, Midpoint usw.) bisschen irregeleitet, weil Leute, die diese Begriffe verwenden, ja eher umgekehrt vorgehen, also erst die Struktur entwickeln. So wie du es machst geht es natürlich auch. Sophie Bonnet hat ja in dem Interview oben eine ähnliche Herangehensweise geschildert, sagte aber auch, dass sie ab einem gewissen Punkt dann immer genau weiß, wer der Täter ist und ab da nach vorne raus viel überarbeitet. Ist so gar nicht meins, finde ich aber trotzdem interessant, wenn man so an ein Projekt herangehen kann.

Edit: Hat sich überschnitten.

Bearbeitet von Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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vor 6 Minuten schrieb MaschaV:

Ich finde aber, man muss darüber nicht zu viel nachdenken, sondern darf das Unterbewusstsein arbeiten lassen. Wie heißt es sinngemäß in "Zen und die Kunst, ein Motorad zu warten"? Dass etwas gut ist, erkennt man daran, das es gut ist. Oder so ähnlich.

Hier denke ich gilt, was du weiter oben gesagt hast: Jeder muss seinen eigenen Weg finden. ;)

Bearbeitet von Susann

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vor 6 Minuten schrieb Susann:

Ah, dann hat mich deine Aufzählung oben (also die mit Wendepunkten, Midpoint usw.) bisschen irregeleitet, weil Leute, die diese Begriffe verwenden, ja eher umgekehrt vorgehen, also erst die Struktur entwickeln. So wie du es machst geht es natürlich auch. Sophie Bonnet hat ja in dem Interview oben eine ähnliche Herangehensweise geschildert, sagte aber auch, dass sie ab einem gewissen Punkt dann immer genau weiß, wer der Täter ist und ab da nach vorne raus viel überarbeitet. Ist so gar nicht meins, finde ich aber trotzdem interessant, wenn man so an ein Projekt herangehen kann.

Edit: Hat sich überschnitten.

Vielleicht kann ich es so besser erklären: Die Struktur ist wie der tägliche Weg zur Arbeit, der sich einem so eingeprägt hat, dass man nicht mehr bewusst auf ihn achten muss und während des Fahrens über andere Dinge nachdenken kann.

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Gerade eben schrieb MaschaV:

Vielleicht kann ich es so besser erklären: Die Struktur ist wie der tägliche Weg zur Arbeit, der sich einem so eingeprägt hat, dass man nicht mehr bewusst auf ihn achten muss und während des Fahrens über andere Dinge nachdenken kann.

Ich hab das schon verstanden. Es gibt aber trotzdem Leute, die auch mit viel Erfahrung stärker auf der Strukturebene arbeiten. Es ist eine Charakter- und keine Erfahrungsfrage. Das ist zumindest meine Meinung. Mir zum Beispiel fällt es leichter, wenn ich die Dinge auf ihr Gerüst herunterbrechen kann. Und auch zwischendrin immer wieder mit Hilfe des Struktur-Gerüstes Probleme lösen kann, wenn sie denn auftauchen. Ich brauche in jeder Lebenslage den Überblick, nicht nur beim Schreiben. :-)

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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