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Montségur Videokanal - Dr. Andrea Müller - Programmleiterin Populäre Belletristik im Piper Verlag

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Ein neues Video ist online. Dieses Mal unterhalte ich mich mit Programmleiterin Dr. Andrea Müller, und sie gibt Einblick hinter die Kulissen ihrer Arbeit: Wie entstehen Verlagsprogramme, wie setzen sie sich zusammen, worauf muss im Verlag geachtet werden? Und warum es trotz aller Planung immer wieder eine Überraschung ist, wie und welche Romane zu Bestsellern werden.

 

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Interessantes Interview.

Für mich klang zwischen den Sätzen heraus, dass sich die meisten Publikumsverlage stark an Programmplätze halten, und ein Roman im Zweifelsfall mehr thematische als qualitative Kriterien erfüllen muss.
Das Interview steht für mich ein wenig im Gegensatz zu dem Interview mit einer Lektorin des Diogenes Verlags vor einigen Monaten, die anmerkte, man halte sich dort im Gegensatz zu vielen anderen Verlagen nicht an Programmplätze, sondern gehe wirklich eher nach der Qualität.

Mit dem Dilemma zwischen Originalität und Marktorientiertheit konfrontiert, entscheiden sich die meisten Publikumsverlage verständlicherweise für das Letztere. Es ist aber am Beispiel von Diogenes gut zu sehen, dass einige Verlage die Originalität (und das damit verbundene unternehmerische Risiko) nicht scheuen und sich auch an unkonventionelle Stoffe herantrauen. Jeder Verlag hat seine eigene Einstellung hierzu, aber als Schreiber und Leser kann man nur hoffen, dass  mehr Publikumsverlage das mit der Originalität verbundene Risiko nicht scheuen.

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Über Qualitäts-Kriterien haben wir wenig gesprochen. Und Originalität per se ist auch nicht zwangsläufig eines, das sollte man nicht vermischen. Klar ist: Es werden in Summe die bekannten und erfolgreichen Muster den experimentelleren oder originelleren Ansätzen vorgezogen, da bei letzteren das Risiko schlechter kalkulierbar ist. Daher sollen die nur einen geringen Teil des Programm ausmachen. Bei Diogenes ist ja auch keineswegs alles originell. Aber der Verlag hat insgesamt ein anderes Profil und plant auch sein Programm auf andere Weise, wie wir jetzt wissen. Ein Autor tut in jedem Fall gut daran, zu prüfen, ob und in welchem Maße der eigene Stoff in das Programm eines Verlages passt; je stärker es abweicht, desto weniger Programmplätze stehen theoretisch dafür zur Verfügung, die Chancen sind also kleiner und die Konkurrenz größer.

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Ich glaube auch, da unterscheiden sich U und E voneinander.

Bei U sind die "Muster" m.E. noch klarer vorgegeben als bei E, weil es bei U Genres gibt, bei denen die Leser*innen sehr klare Erwartungen an Handlung und Figuren haben.

Da es die Genre-Einteilung bei E in der Form nicht gibt, sind auch die Erwartungen der Leser*innen nicht so klar definiert wie bei U.

Bearbeitet von MichaelT
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vor 22 Stunden schrieb AlexanderW:

Interessantes Interview.

Für mich klang zwischen den Sätzen heraus, dass sich die meisten Publikumsverlage stark an Programmplätze halten, und ein Roman im Zweifelsfall mehr thematische als qualitative Kriterien erfüllen muss.
Das Interview steht für mich ein wenig im Gegensatz zu dem Interview mit einer Lektorin des Diogenes Verlags vor einigen Monaten, die anmerkte, man halte sich dort im Gegensatz zu vielen anderen Verlagen nicht an Programmplätze, sondern gehe wirklich eher nach der Qualität.

Mit dem Dilemma zwischen Originalität und Marktorientiertheit konfrontiert, entscheiden sich die meisten Publikumsverlage verständlicherweise für das Letztere. Es ist aber am Beispiel von Diogenes gut zu sehen, dass einige Verlage die Originalität (und das damit verbundene unternehmerische Risiko) nicht scheuen und sich auch an unkonventionelle Stoffe herantrauen. Jeder Verlag hat seine eigene Einstellung hierzu, aber als Schreiber und Leser kann man nur hoffen, dass  mehr Publikumsverlage das mit der Originalität verbundene Risiko nicht scheuen.

Hallo Alexander,

zurzeit gibt es in der ARTE-Mediathek die Doku-Reihe "Firmen am Abgrund". Mein Mann und ich haben uns die letzten Tage die Dokus über "Marvel" und "Lego" angeschaut. Beide Firmen waren bis weit in die Neunziger top im Geschäft, dann kam der wirtschaftliche Abstieg. Zum Erfolg zurückgeführt haben beide Firmen u. a. kluge "Konkursverwalter" (z. B. bei Marvel), die erkannten, dass die Firmen vor allem daran krankten, dass das Marketing (bzw. die "Zahlendenker") komplett das Sagen übernommen hatten und die kreativen Mitarbeiter nur noch entwickelten durften, was der Kunde laut Marketing "wünschte" (was dazu führte, das viele der Top-Kreativen die Firmen verließen). Parallel dazu expandierten die Firmen irrwitzig, produzierten vieles an Comics (oder Spielzeug), was zwar Kosten verursachte, aber kaum ein Kunde kaufen wollte … Kurzum, die einstigen Firmen-Philosophien hinter Marvel und Lego verlor man über die Statistiken völlig aus dem Blick, wodurch man sich vom sogenannten "Kerngeschäft" (Qualität statt Quantität) mehr und mehr entfernte … Irgendwo erinnert dies doch sehr an gewisse Probleme, mit denen seit den letzten Jahren (unabhängig von der Digitalisierung) auch die Konzern-Verlage (Publikumsverlage) zu kämpfen haben, weil vom Angebot her doch sehr austauschbar, kein wirkliches Profil etc. 

Bearbeitet von Ramona

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Am 18.8.2021 um 16:28 schrieb Ramona:

Hallo Alexander,

zurzeit gibt es in der ARTE-Mediathek die Doku-Reihe "Firmen am Abgrund". Mein Mann und ich haben uns die letzten Tage die Dokus über "Marvel" und "Lego" angeschaut. Beide Firmen waren bis weit in die Neunziger top im Geschäft, dann kam der wirtschaftliche Abstieg. Zum Erfolg zurückgeführt haben beide Firmen u. a. kluge "Konkursverwalter" (z. B. bei Marvel), die erkannten, dass die Firmen vor allem daran krankten, dass das Marketing (bzw. die "Zahlendenker") komplett das Sagen übernommen hatten und die kreativen Mitarbeiter nur noch entwickelten durften, was der Kunde laut Marketing "wünschte" (was dazu führte, das viele der Top-Kreativen die Firmen verließen). Parallel dazu expandierten die Firmen irrwitzig, produzierten vieles an Comics (oder Spielzeug), was zwar Kosten verursachte, aber kaum ein Kunde kaufen wollte … Kurzum, die einstigen Firmen-Philosophien hinter Marvel und Lego verlor man über die Statistiken völlig aus dem Blick, wodurch man sich vom sogenannten "Kerngeschäft" (Qualität statt Quantität) mehr und mehr entfernte … Irgendwo erinnert dies doch sehr an gewisse Probleme, mit denen seit den letzten Jahren (unabhängig von der Digitalisierung) auch die Konzern-Verlage (Publikumsverlage) zu kämpfen haben, weil vom Angebot her doch sehr austauschbar, kein wirkliches Profil etc. 

Das ist leider sehr wahr. Interviews mit Lektoren von größeren Publikumsverlagen erwecken oft den Eindruck eines Produktmanagers anstatt eines Lektors. Dass dieser Eindruck unbeabsichtigt ist, sagt umso mehr über den Zustand und das buchstäbliche Schubladendenken aus, das den schwer definierbaren Wert von Büchern anhand von Kategorien einzuordnen sucht. An wem das letztendlich liegt ist aber schwer zu sagen, denn wenn man sich die Verkaufszahlen ansieht, merkt man: Seicht verkauft sich leicht. Und kann man es dem überarbeiteten und gehetztem Publikum der Gegenwart übel nehmen, dass man leicht verdauliche und vertraute literarische Hausmannskost vorzieht, die anregend, aber nicht aufwühlend ist? Literarisch ist zB ein Verlag wie Diogenes sehr viel interessanter als jeder Publikumsverlag, aber ich frage mich, ob sich das auch auf die Verkaufszahlen auswirkt. 

Ein weiterer Faktor ist natürlich, dass in solch großen Organisationen oft derjenige Karriere macht, der Risiken scheut und vorsichtig vorgeht. Ich weiss das, weil ich zu Beginn meiner Karriere in der IT-Branche selber ein risikoscheuer Manager war und mir das rückblickend sehr geholfen hat. Das mittlere Management vieler Firmen ist voll von vorsichtigen Apparatschiks, die alles kategorisieren und nur auf bewährtes Prozedere setzen. In einigen Branchen mag das von Vorteil sein, aber für die Unterhaltungsindustrie ist das natürlich sehr hemmend. Fortsetzungsorgien wie die Avengers-Filmreihe sowie die eher vorhersehbare Gegenwartsliteratur sprechen Bände. 

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vor einer Stunde schrieb AlexanderW:

... aber für die Unterhaltungsindustrie ist das natürlich sehr hemmend ...

Denke ich nicht. Das Wort sagt es doch. Bei „Industrie“ geht es um Geld, Unterhaltung ist dann nur Mittel zum Zweck.

Edit: Allgemein gesprochen, nicht auf obigen Verlag bezogen.

Bearbeitet von KerstinH
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vor 5 Stunden schrieb AlexanderW:

Das ist leider sehr wahr. Interviews mit Lektoren von größeren Publikumsverlagen erwecken oft den Eindruck eines Produktmanagers anstatt eines Lektors. Dass dieser Eindruck unbeabsichtigt ist, sagt umso mehr über den Zustand und das buchstäbliche Schubladendenken aus, das den schwer definierbaren Wert von Büchern anhand von Kategorien einzuordnen sucht […]

Ganz ohne Kategorien geht es ja auch nicht. Und für jene Titel, die da nicht direkt reinpassen, gibt es immer noch die allgemeine Belletristik. Und natürlich muss ein Verlag erst einmal schauen, dass er wirtschaftlich gesund bleibt (egal, ob Publikumsverlag oder Nischenverlag). Dann steht auch mal etwas "Handgeld" für das ein oder andere Ausnahmeprojekt zur Verfügung, für ein Projekt, an das man inhaltlich glaubt, von dem man aber nicht wissen kann, ob (potentielle) Leserinnen und Leser es annehmen oder überhaupt auf dem schnelllebigen Markt entdecken werden. 

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