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DirkH

Zwei Fälle für den Kommissar

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OK, also müsste der zweite Fall die Dramaturgie des ersten bereichern. 

Sagt Abraham zu Bebraham: Kann ich mal dein Cebraham?

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Ja. Noch besser beide gegenseitig. Interessantes Thema  übrigens, ich überlege ja auch grade, wie ich in meinen Krimi mehr Spannung kriege.

Bearbeitet von KerstinH
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vor 41 Minuten schrieb DirkH:

@Kerstin und Holger: Dramaturgischer Gewinn – was wäre das? Könnt ihr ein konkretes Beispiel für das nennen, was ihr damit meint? Wäre das nicht schon gegeben, wenn beide Fälle ungelöst sind und vom Ermittler in durchaus dramatischer Handlung gelöst werden müssen? 

Warum erzählt  man die dann nicht in zwei einzelnen Romanen, wenn sie keinerlei Auswirkung auf den jeweils anderen Fall haben? Wo ist die "Potenzierung", von der Kerstin schreibt bzw. der "dramaturgische Gewinn", beide Fälle in einem Roman abzuhandeln. Diese Auswirkung suche ich.

Als "dramaturgischen Gewinn" verstehe ich z. B. die von Dir angeführten Dinge (Zeitdruck, Katalysator etc.).

Anders gesagt: wenn man die beiden Fälle auch hintereinander in zwei Romanen einzeln abhandeln könnte, warum handelt man sie dann in einem ab? Wo ist das Plus / der dramaturgische Effekt / der Sinn?
Sofern sie sich nicht verschränken - davon gehen wir ja hier aus -, kann ich mir nur vorstellen, dass es Auswirkungen auf die Figur des Ermittlers hat, die der Autor mit einem Fall nicht in der Lage ist zu erzählen. Oder, wie AndreasG sagt, dass ein Fall alleine nicht genügt, um eine Metaebene zu bedienen und man dazu einen zweiten Fall / Blick auf die identische Thematik heranzieht.

Spannende Unterhaltung, übrigens.

Schöne Grüße,

Holger
 

Bearbeitet von Holger
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Ich kenne ein Beispiel aus einem Film, kann mich aber an keine Einzelheiten mehr erinnern. Da unterschieden sich die beiden fälle nur dadurch, dass der Held am Anfang vor einer Entscheidung stand, die zunächst nicht gefallen zu sein schien. dann liefen die beiden Trcks nebeneinander her, zunächst nur dadurch zu unterscheiden, dass der Held ein mal ein rotes und einmal ein blaues Hemd trug. Oder so ähnlich. Da ging es aber rein um die Psychologie. Die zweite Verbindung war, dass hinter beiden Fällen derselbe Bösewicht stand.

 

Liebe Grüße
Wolf

 

Edit: Da hat das zitieren nicht geklappt. Egal - bezog sich auf etwas, was Holger geschrieben hatte. Und im Übrigen stimme ich den Beteiligten zu: Ohne einen Mehrwert lohnt sich der Aufwand eines zweiten Falles nicht.

 

Bearbeitet von Wolf
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vor 54 Minuten schrieb KerstinH:

ich überlege ja auch grade, wie ich in meinen Krimi mehr Spannung kriege.

Wäre natürlich optimal, wenn unsere Gedanken gleich Früchte tragen.

 

vor 47 Minuten schrieb Holger:

Anders gesagt: wenn man die beiden Fälle auch hintereinander in zwei Romanen einzeln abhandeln könnte, warum handelt man sie dann in einem ab? Wo ist das Plus / der dramaturgische Effekt / der Sinn?

Ich will diese Vorgehenswiese hier jetzt nicht verteidigen oder befürworten. Nur zur Erklärung: In dem von mir oben genannten Buch dient die Ermittlung im zweiten Fall dazu, die etwas langwierigen Ermittlungen im ersten Fall anzudicken. Konkret: In Fall Eins fährt der Ermittler von Pontius zu Pilatus und spricht mit vielen Leuten (es geht um eine Erbschaftsgeschichte). In Fall zwei (hier ist ein Serienvergewaltiger am Werk), muss der Held seine verschwundene Kollegin aufspüren (da gibt es Schusswechsel und Actionszenen). Vielleicht hat das Lektorat reingeredet und verlangt, dass es etwas mehr zur Sache gehen muss. Sowas soll es ja geben.

Sagt Abraham zu Bebraham: Kann ich mal dein Cebraham?

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Ich finde beide Möglichkeiten total in Ordnung. Zwei Fälle, die ineinander verstrickt sind oder zwei ganz getrennte Fälle.  Beides kann reizvoll sein. Aber ich bin kein Freund von offenen Enden. Für mein Lesevergnügen müssen beide Fälle aufgelöst werden. 

LG
Sandra

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vor 5 Minuten schrieb DirkH:

... dient die Ermittlung im zweiten Fall dazu, die etwas langwierigen Ermittlungen im ersten Fall anzudicken. Konkret: In Fall Eins fährt der Ermittler von Pontius zu Pilatus und spricht mit vielen Leuten ... 

Genau so geht es mir mit meinem Krimi, die labern zu viel. Und ich überlege da die ganze Zeit, wie ich Action reinkriege, denn es ist zu wenig los. Aber einen zweiten Fall würde ich da nicht reinbasteln wollen. Das muss anders gehen. Im Grunde lohnt sich nämlich sonst der ganze Fall nicht (so klingt es für mich bei dem Erbschaftsfall. - Aber ich kenne das Buch nicht.)

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Ich würde bei einem Fall bleiben. Zwei parallele Fälle, die nichts miteinander zu tun haben, geht für mich gar nicht.

Allerdings hast du recht, dass es unwahrscheinlich ist, dass ein Ermittler nur einen Fall bearbeitet. Dem kann man Rechnung tragen, indem es zwei, drei Nebenschauplätze gibt, die aber den Roman höchstens ausschmücken aber nicht von dem einen großen Fall ablenken. In der Fernsehserie "Bosch" ist das ständig der Fall, da laufen immer ein paar Sachen nebenher, die auch aufgelöst werden, aber der rote Faden folgt immer Hauptfall, der den größten Raum einnimmt.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Ich lese im Spannungsbereich durchweg Psychothriller - und gebe zu, dass mir da ein Verbrechen (oder eine Verbrechensserie), das/die ein Täter begangen hat, gar nicht ausreicht. Für mich macht genau das den Reiz aus: Überall passiert was - mit Taten und Personen, die (scheinbar) überhaupt nichts miteinander zu tun haben und ich frage mich die ganze Zeit: "Wie passt das alles zusammen?". Die Psychothriller, die ich lese, erfüllen das fast alle.

Ob die Ermittler jetzt davon ausgehen, dass die Taten zusammenhängen oder nicht, ist für mich nicht entscheidend, da ich beim Lesen sowieso davon ausgehe, dass sie zusammenhängen (sogar gerade dann, wenn scheinbar gar keine Verbindung besteht).

Und wenn dann von fünf Taten (und ich rede nicht von Serienverbrechen, sondern von verschiedenen) vier zusammenhängen und die fünfte war die falsche Fährte, die entweder von den Tätern der vier Verbrechen ablenken sollte oder (noch besser) eine der (vermeintlich) guten Figuren, die die ganze Zeit für uns sichtbar war, auch einen Täter sein lässt, finde ich das oft sehr gelungen. Die Überraschung funktioniert dann deshalb so gut, weil die Figur überhaupt keinen Grund oder keine Gelegenheit hatte, mit den anderen vier Taten was zu tun zu haben, und wir sie deshalb automatisch auch für die fünfte ausgeschlossen haben.

Bearbeitet von MichaelT
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Mir fällt z.B. ein Psychothriller eines sehr erfolgreichen Autors ein, wo es zwei Verbrechensserien gab - völlig unterschiedliche Sachen, an zwei verschiedenen Orten, mit zwei verschiedenen Ermittlerinnen, die sich zwar kannten, aber getrennt voneinander ermittelten. Natürlich ging man beim Lesen davon aus, dass die Taten zusammenhängen - auch wenn das keine Figur im Buch jemals angesprochen hat. Man war im Kopf von beiden Ermittlerinnen und hat - immer im Wechsel - aus deren Sicht miterlebt, wie beide jeweils ihren Fall gelöst haben. Mit vollem Einsatz.

Die Auflösung war, dass die Ermittlerin aus Fall B Mitwisserin in Fall A war und den Täter gedeckt hat. Da sie so authentisch Fall B bearbeitet hat und keine Sekunde der Verdacht aufkam, dass sie damit was zu tun haben könnte, wäre man auch niemals auf die Idee gekommen, dass sie in Fall A mit drinhängen könnte (weil man halt dachte, dass die zusammenhängen). Verbrechen A hatte nichts mit Verbrechen B zu tun - die einzige Verbindung war die Frau, die Ermittlerin im einen und Mitwisserin im anderen Fall war.

Bei einem einzigen Ermittler ist es das gleiche Prinzip. Dann ist es ein Kollege oder Freund des Ermittlers oder jemand, der präsent im Umfeld des einen Falles dabei ist und mit dem anderen (scheinbar) gar nichts zu tun hat.

Bearbeitet von MichaelT
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vor einer Stunde schrieb MichaelT:

Und wenn dann von fünf Taten (und ich rede nicht von Serienverbrechen, sondern von verschiedenen) vier zusammenhängen und die fünfte war die falsche Fährte, die entweder von den Tätern der vier Verbrechen ablenken sollte oder (noch besser) eine der (vermeintlich) guten Figuren, die die ganze Zeit für uns sichtbar war, auch einen Täter sein lässt, finde ich das oft sehr gelungen.

Das ist aber für mich etwas anderes. Vier Taten vs. eine, das ergibt eine ganz andere Konstellation. Zudem dienen die vier Taten zum Covern des fünften Täters, das hat dramaturgisch Sinn. Hier setzt die fünfte Tat also sogar noch einen drauf, indem eine gute Figur plötzlich einen Twist hinlegt.

 

vor 55 Minuten schrieb MichaelT:

Verbrechen A hatte nichts mit Verbrechen B zu tun - die einzige Verbindung war die Frau, die Ermittlerin im einen und Mitwisserin im anderen Fall war.

Das ist für mich ebenfalls etwas anderes. Die Fälle laufen nur scheinbar nebeneinander her. Sie haben eine Verbindung (und ich bin sicher, die scheint auch zwischendurch auf, nur dass der Leser sie natürlich nicht bemerken soll).

Das wären beides Fälle, wo ich von der Auflösung nicht enttäuscht wäre, denn es gab die Verbindung, nur habe ich sie nicht gesehen.

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Ich finde dieses Thema auch deshalb so interessant, weil ich gerade das Gegenteil konstruiere: zwei Ermittlerpaare untersuchen - zeitversetzt - denselben Fall. Durch unterschiedliche Erkenntnisse ergibt sich für die Leserschaft der Zugang zu einem Gesamtbild, das den beiden Teams jeweils (im Detail) versagt bleibt. Beide Teams ermitteln also mit weniger Informationen als jenen, die dem Leser zur Verfügung stehen. Macht Spaß.

Schöne Grüße,

Holger

Bearbeitet von Holger
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Grundsätzlich bin ich ein großer Befürworter mehrerer Handlungsstränge in einem Roman. Wenn sie am Ende alle zusammengehören und nachvollziehbar aufgelöst werden.

Ein zweiter Fall, der in der Gewichtung ähnlich gelagert ist wie der Hauptfall, aber am Ende mit diesem nichts zu tun hat, würde mich als Leser irritieren. Und möglicherweise sogar verärgern.

"Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren"

(Karl Lagerfeld - und der muss es ja wissen)

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vor 18 Stunden schrieb Ulf Schiewe:

In der Fernsehserie "Bosch" ist das ständig der Fall, da laufen immer ein paar Sachen nebenher, die auch aufgelöst werden, aber der rote Faden folgt immer Hauptfall, der den größten Raum einnimmt

Das Buch, das ich las, dreht sich ebenfalls um den Ermittler Harry Bosch. Wie ist das denn in der TV-Serie? Laufen die Fälle da zusammen, Ulf?

vor 18 Stunden schrieb MichaelT:

Verbrechen A hatte nichts mit Verbrechen B zu tun - die einzige Verbindung war die Frau, die Ermittlerin im einen und Mitwisserin im anderen Fall war.

Das scheint ein gutes Beispiel dafür zu sein, was Kerstin schrieb: Erwartung erfüllen und trotzdem überraschen.

vor 10 Stunden schrieb Holger:

Beide Teams ermitteln also mit weniger Informationen als jenen, die dem Leser zur Verfügung stehen.

Der Leser, das haben wir anfangs ja festgestellt, spielt in dieser Art Verwirrspiel eine große Rolle. Toll, an wie vielen Schrauben man drehen kann, und es kommt immer ein anderes Gemisch dabei raus.

Ich fand gestern einen Fall, da geht der Autor noch einen Schritt weiter. Colin Dexter lässt seinen Ermittler über das Thema unseres Threads räsonieren. 

»Ja, aber wo ist dann der Zusammenhang?« Morse sah einen Augenblick mit starrem Blick vor sich hin. »Ich bin mir jetzt gar nicht mehr so sicher, ob es einen Zusammenhang gibt«, sagte er leise. »Eine Verbindung zwischen dem einen Vorfall und einem anderen herzustellen, ist besonders schwierig, wenn sie auf der Hand zu liegen scheint …«"

Hier stellt sich die Frage, ob da noch der Ermittler spricht, oder der Autor selbst? ;)

 

 

 

Sagt Abraham zu Bebraham: Kann ich mal dein Cebraham?

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vor 17 Minuten schrieb DirkH:

Das Buch, das ich las, dreht sich ebenfalls um den Ermittler Harry Bosch. Wie ist das denn in der TV-Serie? Laufen die Fälle da zusammen, Ulf?

Ich habe inzwischen schon sehr viele Bücher von Michael Connelly mit seiner Figur Harry Bosch gelesen. In den Büchern wird eigentlich immer nur ein Fall behandelt. In der TV Serie ist es anders. Die geht ja über 7 Staffeln. Da hat man einfach eine ganze Reihe von Fällen aus den verschiedenen Romanen miteinander verwoben. Die Hauptfälle folgen sequentiell, aber nicht wie abgeschlossene Geschichten, sondern sie gehen ineinander über. Und zwischendurch werden andere Fälle parallel bearbeitet, manchmal nur von Kollegen mit geringer Bosch-Beteiligung, auch einige Episoden privater Natur, die entweder Bosch oder Kollegen betreffen. Das ist sehr geschickt gemacht. Die Serie bleibt den Büchern im Prinzip treu und stellt doch auch etwas Eigenständiges dar. Sogar meine Frau, die sonst kein Krimi-Fan ist, war begeistert. Binge Viewing unvermeidlich. ;D

Der Effekt der Serie ist, dass man sich in eine Detektiv-Abteilung versetzt fühlt, mit mehreren Akteuren, obwohl Bosch die Hauptfigur ist. Sein Partner hat eine große Rolle, seine Tochter aber auch der Polizeichef.

Bearbeitet von Ulf Schiewe

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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vor 4 Stunden schrieb Ulf Schiewe:

In den Büchern wird eigentlich immer nur ein Fall behandelt. In der TV Serie ist es anders.

Man müsste Meister Connelly mal selbst dazu befragen. Wen ich richtig informiert bin, schreibt er ja an den Drehbüchern mit. 

Sagt Abraham zu Bebraham: Kann ich mal dein Cebraham?

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vor 49 Minuten schrieb DirkH:

Man müsste Meister Connelly mal selbst dazu befragen. Wen ich richtig informiert bin, schreibt er ja an den Drehbüchern mit. 

Jedenfalls kommt die Serie sehr authentisch rüber und auch die Figur Bosch ist wie in den Büchern, der jazzliebende Ermittler in seinem Haus hoch über Los Angeles. mit all seinen privaten und professionellen Herausforderungen.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Am 13.7.2021 um 13:31 schrieb MichaelT:

@ DirkH: Aus meiner Sicht (habe das häufig super umgesetzt gelesen und gesehen) ist genau das der Trick:

Man hat zwei Verbrechen - und die Leser*innen (nicht zwingend der Ermittler selbst) gehen davon aus, dass beide Verbrechen zusammenhängen und schließen somit mögliche Täter*innen für beide Taten aus, weil sie eine von beiden nicht begangen haben können (zeitlich, körperlich; oder gar kein Motiv dafür hatten, die Leute nicht kannten etc.).

Meistens ist es dann so, dass ein Verbrechen (Tat A) wirklich aus böser Absicht verübt wurde (von einem Bösewicht) und die andere Tat (Tat B) schicksalhafter/emotionaler von einer (nicht unbedingt bösen) Figur, auf die man nie als Täter*in gekommen wäre, weil sie Tat A nicht begangen haben konnte.

Der Trick ist also, die Leser*innen dadurch auf eine falsche Fährte zu locken, indem man sie Verbindungen zwischen mehreren Taten vermuten lässt, die es gar nicht gibt. Und dadurch, dass der (eigentlich gute) Täter B niemals die grausame Tat A begangen haben konnte, hat man ihn auch automatisch für Tat B ausgeschlossen - weil man halt davon ausging, dass beide zusammenhängen.

Auch in (z.B. skandinavischen) Krimis im Fernsehen sieht man dieses Muster häufig.

 

Da würde ich mich als Leserin/Zuschauerin verschaukelt fühlen. 

Keine zwei Fälle, aber zum Thema "Erwartungen enttäuschen": Was habe ich much über "Shutter Island" aufgeregt! Im Buch fand ich es nicht ganz so schlimm, aber beim Film hätte ich die Fernbedienung in den Bildschirm schmettern mögen. 

Ich habe nichts gegen unzuverlässige Erzähler:innen, aber es muss gut gemacht sein. Den Leser:innen eine Nase zu drehen, finde ich lazy writing. 

Bearbeitet von MaschaV
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Bei "Shutter Island" kommt's natürlich auch drauf an, wie man den Film interpretiert.

Hab da mal eine Diskussion zwischen mehreren erlebt - die wäre fast eskaliert. ;D

Kaum zu glauben, wie unterschiedlich man diesen Film interpretieren kann.

Bearbeitet von MichaelT
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Inspiriert von diesem Thread, habe ich mir aus der Bibliothek mal einen Connelly geholt. Zufällig zugegriffen. Der Klappentext geht so:

... To get to the people at the top, Bosch must go undercover in the shadowy world of organized crime. 
Hier wird mir ein spannender Fall versprochen. 
Meanwhile, an old case  from Bosch's  LAPD days comes back to haunt him when a long-imprisoned killer claims Harry framed him and seems to have new evidence to prove it.
Hier gibt es einen zweiten Fall, der aber schon lange zurückliegt, jetzt nur wieder aufgenommen wird.
If this conviction is overturned, every case Bosch ever worked on will be called into question.
Hier steht demnach richtig was auf dem Spiel mit dem zweiten Fall, der eigentlich als der erste gesehen werden müsste, da er Jahrzehnte zurückliegt. Damit hat er schon mal mehr Bedeutung als irgendein anderer zweiter Fall, der einfach neben der Handlung herliefe, selbst wenn er sonst nichts mit dem ersten zu tun hätte.
... The two cases wind around each other like strands of barbed wire.
Hier wird mir aber doch eine Verschränkung versprochen, allerdings weiß ich noch nicht, ob die Fälle direkt zusammenhängen oder nur die Art gemeint ist, wie Bosch bei der Ermittlung in einem Fall von den Ergebnissen des jeweils anderen vielleicht profitiert.
Along the way, Bosch discovers there are two kinds of truth: the kind that sets you free and the kind that leaves you buried in darkness.
Hier kommt die Meta-Ebene ins Spiel, von der weiter oben gesprochen wurde und die die Fälle auf jeden Fall verschränkt. Das reicht mir persönlich aus, mich für den Krimi zu interessieren, denn ich erwarte, dass die Fälle wirklich auf eine irgendeine interessante Weise miteinander zu tun haben - und sei es nur in Boschs Kopf. Bin gespannt, was rauskommt und wie die Fälle im Buch gewichtet sind. Der Titel ist übrigens: Two Kinds of Truth, auch das lässt ja eine irgendwie geartete Verbindung der Fälle anklingen.
 

Bearbeitet von KerstinH
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Habe gerade eine Thriller-Serie bei einem Stramingdienst gesehen, die mich wieder einmal an diesen Thread erinnert hat. Da die Serie aktuell ist, setz ich das in Spoiler. Wer also zurzeit so eine Serie guckt oder sie noch auf dem Zettel hat, sollte vielleicht nicht weiterlesen. Ich beschreibe die Handlung aber auch nicht konkret.

 

 

Es gibt vier Verbrechen (bzw. Verbrechensserien):

A war in der Vergangenheit (früher).

B war in der Vergangenheit (später).

C ist eine Mordserie heute.

D ist eine Reihe von kleineren Straftaten, die sich immer weiter bis zu einer großen hochschaukeln.

A und C haben voraussichtlich denselben Täter. B und D betrifft dasselbe Opfer. C und D finden parallel statt. B und C haben eine gerichtsmedizinische Verbindung. C und D haben ab etwa der Hälfte eine starke thematische Verbindung. B, C und D haben schließlich denselben Verdächtigen (von A wissen die Ermittler die ganze Zeit nichts; das hat nur der Zuschauer gesehen).

Es ist alles ineinander verzahnt - und das Ganze bezieht die Spannung daraus, dass der Zuschauer unbedingt wissen will, wie alles zusammenhängt, weil das alles gefühlt nicht zusammenpasst.

Ja, und der Trick ist dann der übliche: D hat mit dem Rest überhaupt nichts zu tun. Anderer Täter, anderes Motiv. Die thematische Verbindung sowie die zeitliche Überschneidung mit C und dasselbe Opfer wie bei B sind Zufall. Der Täter von A, B und C nutzt die Gelegenheit und schiebt nachher dem Täter von D die Taten B und C auch in die Schuhe (wird aber ganz am Ende noch aufgeklärt).

Es ist bei Thrillern (sowohl in Serien und Filmen als auch in Büchern) immer wieder der gleiche Trick: ein Strang, der nichts mit den anderen zu tun hat, aber Leser*innen/Zuschauer*innen gehen natürlich die ganze Zeit vom Gegenteil aus.

Und es funktioniert jedes Mal.

Bearbeitet von MichaelT
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Am 14.10.2021 um 14:14 schrieb MichaelT:

Habe gerade eine Thriller-Serie bei einem Stramingdienst gesehen, die mich wieder einmal an diesen Thread erinnert hat. Da die Serie aktuell ist, setz ich das in Spoiler. Wer also zurzeit so eine Serie guckt oder sie noch auf dem Zettel hat, sollte vielleicht nicht weiterlesen. Ich beschreibe die Handlung aber auch nicht konkret.

 

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Es gibt vier Verbrechen (bzw. Verbrechensserien):

A war in der Vergangenheit (früher).

B war in der Vergangenheit (später).

C ist eine Mordserie heute.

D ist eine Reihe von kleineren Straftaten, die sich immer weiter bis zu einer großen hochschaukeln.

A und C haben voraussichtlich denselben Täter. B und D betrifft dasselbe Opfer. C und D finden parallel statt. B und C haben eine gerichtsmedizinische Verbindung. C und D haben ab etwa der Hälfte eine starke thematische Verbindung. B, C und D haben schließlich denselben Verdächtigen (von A wissen die Ermittler die ganze Zeit nichts; das hat nur der Zuschauer gesehen).

Es ist alles ineinander verzahnt - und das Ganze bezieht die Spannung daraus, dass der Zuschauer unbedingt wissen will, wie alles zusammenhängt, weil das alles gefühlt nicht zusammenpasst.

Ja, und der Trick ist dann der übliche: D hat mit dem Rest überhaupt nichts zu tun. Anderer Täter, anderes Motiv. Die thematische Verbindung sowie die zeitliche Überschneidung mit C und dasselbe Opfer wie bei B sind Zufall. Der Täter von A, B und C nutzt die Gelegenheit und schiebt nachher dem Täter von D die Taten B und C auch in die Schuhe (wird aber ganz am Ende noch aufgeklärt).

Es ist bei Thrillern (sowohl in Serien und Filmen als auch in Büchern) immer wieder der gleiche Trick: ein Strang, der nichts mit den anderen zu tun hat, aber Leser*innen/Zuschauer*innen gehen natürlich die ganze Zeit vom Gegenteil aus.

Und es funktioniert jedes Mal.

Welche Serie ist das denn?

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