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Wolf

Die eigene Stimme finden und Ähnliches

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vor 1 Stunde schrieb Michael Beisteiner:

... wir wieder bei der stimme wären, die sich, für mich, das erkenne ich aus dieser diskussion, sehr stark von den inhalten herleitet. siehe punk, haltung ist primär. eine eigene stimme entwickelt sich en passent aus einem entsprechend kantigen charakter. das stilistische feilen am text gibt den schliff, je nachdem, wie man klingen will. das alte klischee von leidenden künstlern hat zuletzt schon etwas. spürst du, dass die autorin etwas durchlitten hat, klingt ihre stimme glaubwürdig. das geht natürlich auch in die andere richtung, einer, der die freude bis in die haarspitzen gespürt hat, wird das mit talent auch vermitteln können. was natürlich nicht funktioniert, ist das schreiben während man am boden zerstört ist, man muss die hürde schon zuerst überwinden bzw. auf den boden kommen. im gleichgewicht kann man arbeiten. diese eigene stimme, für mich gründet sie jedenfalls zuerst im menschlichen, großartige menschen haben großartiges zu erzählen bzw. erzählen oft genug großartig.

Ja, ja, da sagst du was. Lebenshaltung – und dazu gehört, ob die Leute das nun selbst wollen/wissen oder nicht – schon auch eine Stellung gegenüber der Welt. Die man (zugunsten der eigenen Innerlichkeit) ignorieren oder für wenigstens befassenswert halten oder blutig erst nehmen (AgitProp) kann (grobe Einteilung). Auf jeden Fall stimmt dein Ansatz mit dem Charakter, dem Talent und dem Feilen (wollen).

Leider weiß ich den entsprechenden Namen nicht mehr, ich hab das vor langer Zeit mal vom Qualtinger gehört. Der erzählte von einem Wiener "Spontaninterpreten", der abends auf der Bühne stand, es wurden ihm auf einem Tischlein nacheinander irgendwelche Gegenstände dargeboten – in dem beschriebenen Fall ein Taschentuch – und dann schrie irgendjemand aus dem Publikum einen literarischen Namen – in diesem Fall: "Rilke!" Der "Spontaninterpret" nahm das Taschentuch in die Hand, sinnierte ein paar Sekunden und sagte dann: "Taschentücher sind wie weiße Brüder ..." – Ich mein, das ist es doch, oder? Der Mann jedenfalls hat die Rilkesche Stimme erfasst, ich könnte mich heute noch kugeln bei der Vorstellung.

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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vor 5 Stunden schrieb KerstinH:

Botschaft, da klingt für mich schnell eine Art Sendungsbewusstsein durch, und hin und wieder erzeugt das einen Missklang in mir. Da ist für mich manchmal der Missionar nicht weit. Ich finde es schöner, wenn sich die LeserInnen ihre eigenen Wahrheiten, Lebensregeln, was auch immer aus den Texten holen, Anregungen vielleicht. Oder er ihnen einfach nur gefällt.

 

vor 1 Stunde schrieb Michael Beisteiner:

(...)  haltung ist primär. (...)

Vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass auf eine konkrete Botschaft verzichtet werden kann, während die Haltung zu bestimmten Themen oder Problemfeldern den Text erst glaubwürdig macht.

Dass für mich "Die Stimme der Autorin" bisher damit verknüpft war, dass eine Botschaft vermittelt wird, ist ja meine ganz persönliche Haltung zum Schreiben. Das ist ja nix Universelles, oder etwas, das ich, wenn ich selbst ein Buch lese, in jedem Fall erwarte. Bisher war ich mit meinen Büchern in dieser Hinsicht einfach sehr gut beim Peter Hammer Verlag aufgehoben, der es zulässt, dass Themen wie Überforderung, Trennung der Eltern oder Rassismus realitätsnah und ungeschönt dargestellt werden und die Bücher eher zum gemeinsamen Bearbeiten mit den Eltern gedacht sind und die Botschaften auch an sie gerichtet sind. Insofern habe ich dort zu meiner Stimme gefunden.

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Ja, ich würde auch zwischen Haltung und Botschaft differenzieren. Haltung betrifft mich selbst, Botschaft ist (für mich) appellativ, das hat was Erzieherisches. Da schalte ich mittlerweile oft ab.

Das Rilke-Beispiel von Angelika gefällt mir. Genau das würde ich unter "Stimme" verstehen. 

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vor 33 Minuten schrieb KarinKoch:

Vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass auf eine konkrete Botschaft verzichtet werden kann, während die Haltung zu bestimmten Themen oder Problemfeldern den Text erst glaubwürdig macht.

Karin, beides findet sich in jedem Text, davon gehe ich – als durchaus herumschweifende – Leserin aus. Auch jemand, der von sich behauptet, die ganze Welt könne ihm gestohlen bleiben, er fände die eigene Seele oder ausgedachte Drachen oder Frauenschicksale interessanter, hat damit seine Haltung zur Welt bekundet.

Und bei der Botschaft ist es ähnlich. Dass er eine hat, davon weiß der eine Autor etwas und schreibt ihretwegen bewusst so, wie er es tut. Das ist ein Kästner, der nach jedem Kapitel im "Doppelten Lottchen" eine kurze "Nachdenkerei" eingefügt hat, ein Brecht sowieso mit seinem "Nun, Leute, sucht euch selbst den Schluss!"  Da ist aber auch ein Wilhelm Busch, der zum Schein ein Erziehungsbuch für böse Buben verfasst und auf jeder Seite merkt man ihm das Vergnügen an, das er an solchen Rotznasen hat. Ist doch auch eine Botschaft – "Bleibt mal locker!", lese ich jedenfalls zwischen all dem "Ritze-ratze" und letzte Eier legenden Hühnern. Nicht zu vergessen die riesige Kiste der Heile-Welt-Literatur, worin tugendhafte arme Mädels es am Ende geschafft haben zur Arztgattin oder Königin etc. – Hat das nichts vom "Wer ewig strebend sich bemüht" (nur der Inhalt des Strebens ist ein wenig anders als bei Goethe)? Botschaften haben irgendwie alle.

Bearbeitet von Angelika Jo

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Du hast immer so schöne Beispiele, Angelika :-) !

Es macht jedoch einen Unterschied, ob die Botschaft bewusst (missionierend oder nicht) gesetzt wird, oder sich unbewusst zwischen die Zeilen geschlichen hat. Das Motto "Wenn du weißt, was du tust, kannst du tun, was du willst" kommt hier ganz bestimmt zum Tragen und ist beim Schreiben von Vorteil.

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vor 35 Minuten schrieb Angelika Jo:

Da ist aber auch ein Wilhelm Busch, der zum Schein ein Erziehungsbuch für böse Buben verfasst und auf jeder Seite merkt man ihm das Vergnügen an, das er an solchen Rotznasen hat. Ist doch auch eine Botschaft – "Bleibt mal locker!", lese ich jedenfalls zwischen all dem "Ritze-ratze" und letzte Eier legenden Hühnern. Nicht zu vergessen die riesige Kiste der Heile-Welt-Literatur, worin tugendhafte arme Mädels es am Ende geschafft haben zur Arztgattin oder Königin etc. – Hat das nichts vom "Wer ewig strebend sich bemüht" (nur der Inhalt des Strebens ist ein wenig anders als bei Goethe)? Botschaften haben irgendwie alle.

Die Hühner u.a. von Busch haben bei mir so stark nachgewirkt, dass ich viele Anfänge heute noch auswendig kenne: 

Jedes legt noch schnell ein Ei, und dann kam der Tod herbei. Mienz und Maunz die Katzen, sie heben ihre Tatzen ...:) Und auch bei anderen Autoren wirken "Stimmen" bei mir nach, die Erinnerungen auslösen. Bei den Klassikern zum Beispiel der Osterspaziergang und der Pudel, an die ich fast jedes Ostern denken muss.

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vor 16 Minuten schrieb Christa:

Die Hühner u.a. von Busch haben bei mir so stark nachgewirkt, dass ich viele Anfänge heute noch auswendig kenne: 

Jedes legt noch schnell ein Ei, und dann kam der Tod herbei. Mienz und Maunz die Katzen, sie heben ihre Tatzen ...:) 

Christa, ich glaube, Mienz und Maunz sind aus dem Struwwelpeter (eine Art Anti-Busch)

Und Karin:

vor 38 Minuten schrieb KarinKoch:

Es macht jedoch einen Unterschied, ob die Botschaft bewusst (missionierend oder nicht) gesetzt wird, oder sich unbewusst zwischen die Zeilen geschlichen hat.

Wieso ist "bewusst" sofort "missionierend"? Missionieren wäre für mich mit Drohung verbunden: Lass dich gelb/grün-grau taufen, sonst kommst du in die Hölle (wie immer sie gemeint ist). Bewusst heißt, dass jemand weiß, was er tut. Was soll denn daran eigentlich schlecht sein? – Ich brech jetzt einfach mal eine Lanze fürs Bewusstsein (eine große).  ::)

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vor einer Stunde schrieb Angelika Jo:

Wieso ist "bewusst" sofort "missionierend"? Missionieren wäre für mich mit Drohung verbunden: Lass dich gelb/grün-grau taufen, sonst kommst du in die Hölle (wie immer sie gemeint ist). Bewusst heißt, dass jemand weiß, was er tut. Was soll denn daran eigentlich schlecht sein? – Ich brech jetzt einfach mal eine Lanze fürs Bewusstsein (eine große).

Da hast du mich jetzt aber komplett missverstanden. Ich meinte, dass eine Botschaft missionierend daher kommen kann, wie Kerstin es beschrieb, und somit erzieherisch, was viele unangemessen empfinden (ich auch). Wenn ich mir bewusst bin, dass ich eine Botschaft habe, kann ich sie einsetzen wie ich möchte. Sie kann bewusst zwischen den Zeilen versteckt werden oder mit dem Holzhammer zuschlagen.

 

 

 

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vor 29 Minuten schrieb KarinKoch:

Da hast du mich jetzt aber komplett missverstanden. Ich meinte, dass eine Botschaft missionierend daher kommen kann, wie Kerstin es beschrieb, und somit erzieherisch, was viele unangemessen empfinden (ich auch). Wenn ich mir bewusst bin, dass ich eine Botschaft habe, kann ich sie einsetzen wie ich möchte. Sie kann bewusst zwischen den Zeilen versteckt werden oder mit dem Holzhammer zuschlagen.

Ach so, ja, da gehe ich mit.

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Für mich können Botschaften auch leise einher kommen und Aufforderungscharakter haben.

Meine Assoziation ist nicht die eines Herolds. Wohl aber ist die Botschaft einer Geschichte an eine Figur gebunden: meist der Autor.
Aber Apell, Mission und Ähnliches ist für viele Geschichten viel zu aufdringlich.
Leiser sind Beispiel, Vorschlag, Bitte und was es noch so gibt.

Liebe Grüße
Wolf

 

Edit: Hat sich teilüberschnitten

 

Bearbeitet von Wolf
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Michael Beisteiner

Ad Angelika, Kerstin und Karin:

Erwachsene sind Schwererziehbare. Und Erziehung ist so ein hartes Wort. Würden wir von Beeinflussung sprechen, sähe es da anders aus? Nach einer analytischen Prüfung einer Botschaft lasse ich mich ev. von ihr beeinflussen, oder nicht. Kein Vorwurf an irgendjemand, doch verschließen würde ich mich nicht, wollte sagen nie, aber es ist nicht so einfach echte Offenheit zu wahren. Zudem kommt das Manipulative ins Spiel, eine Botschaft, die subtil zw. den Zeilen daherkommt, ist in ihrer Wirkung wahrscheinlich intensiver als die plakative. Ob aber eine Botschaft missionierend wirkt, entscheidet allein der Rezipient.

Zwischen Haltung und Botschaft kann man, denke ich, relativ leicht differenzieren. Sollte man ev. auch, solange man die wahren Absichten des Aussenders nicht kennt.  

Das Rilke-Beispiel, (geschätzter Qualtinger!), trifft es recht genau, hier imitiert jemand klar eine unverwechselbare, literarische Stimme, wenn auch etwas eigentümlich. Ich finde, genau dieses Markante versteht man unter einer „Stimme“.    

 

Zuletzt erschienen: Der Tomatenrebell (wortweit)

                                 zwischenlandungen (Arovell)

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vor einer Stunde schrieb SabineB:

Danke für den tollen Tipp! Auf sowas warte ich schon lange.

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vor 16 Stunden schrieb SabineB:

Oh ja, das liest sich sehr interessant, das bestelle ich. Durchaus nicht alle Namen sind mir bekannt, einige aber schon und ihre Stimmen sind in der Tat anhörenswert.

Danke, Sabine!

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Ich habe die Armut in der Zeit nach dem Krieg kennengelernt, aber da hat sie die soziale Ungleichheit eher verringert als verschärft. Es geht also wohl nicht um die Armut an sich. Für uns war sie unabänderlich, konnte überwunden werden und was ich davon mitgenommen habe, war vor allem Genügsamkeit. Würde ich über die Armut schreiben, wäre meine Stimme wohl eine ganz andere. Zu meiner Zeit war eines der Haupthindernisse auf dem Weg zu einer guten Schulbildung das Schulgeld für den Besuch des Gymnasiums und die Kosten für die vielen Schulbücher. Das Schulgeld wurde aber ab 1959, wenn ich mich recht erinnere, nicht mehr erhoben. Das war ein Segen. Und für die Schulbücher gab es jedes Jahr nach Ostern einen regen Handel auf dem Schulhof. Eigentlich musste man nur die Mathematikbücher neu kaufen. Die gab niemand ab.
Das Wichtigste aber im Unterschied zu heute war die Aufbruchsstimmung und die vielen Chancen für unsere noch jungen Eltern.

Sorry für das etwas OT, aber ich habe immer den Eindruck, dass es heute in den westlichen Ländern immer nur ein ganz bestimmtes Bild gibt, wenn man von Armut spricht. Das aber lässt sich nicht auf alles Zeiten und schon gar nicht auf alle Länder übertragen.

Meine Erfahrungen mit der Armut kann ich in meine Bücher mit einbringen und nutzen. Sie sind ein Teil meiner Geschichten, aber niemals Thema. Ob sie auch zu meiner Stimme gehören, kann ich nicht entscheiden. Eher nicht, würde ich vermuten.

Wobei wir wieder beim Thema wären

Liebe Grüße
Wolf

 

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Michael Beisteiner
vor 23 Stunden schrieb Wolf:

Meine Erfahrungen mit der Armut kann ich in meine Bücher mit einbringen und nutzen. Sie sind ein Teil meiner Geschichten, aber niemals Thema. Ob sie auch zu meiner Stimme gehören, kann ich nicht entscheiden. Eher nicht, würde ich vermuten.

 

Hm, ich würde sagen, dass sie schon zu deiner Stimme gehören. Für mich klingt das so, als könntest du die Erfahrungen mit Armut nicht völlig ausblenden, als färbten sie, bewusst, unbewusst, den Klang deiner Stimme mit.

Zuletzt erschienen: Der Tomatenrebell (wortweit)

                                 zwischenlandungen (Arovell)

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Das meine ich – in aller Abstraktion, ich will hier niemandem seine Stimme erklären – auch. Nachdem @Michael Beisteiner den Charakter ins Spiel gebracht hat, von dem aus die befeilte oder naturbelassene Stimme in die Welt hallt, kann man sich ja schon fragen, woraus der sich wieder zusammensetzt und da würde es mich schon wundern, wenn es nicht letztlich die Summe aller Erlebnisse ist, die einem Menschen widerfahren sind und der Reim, den er sich darauf gemacht hat. War da eine freundliche Kindheit oder eine grobe (oder gar keine)? Gab es Verletzungen und wie hat man darauf zu reagieren gelernt? Sind Jammerlaute zu vernehmen oder Wutgeschrei oder ein mutiger Ton? 

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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vor 1 Stunde schrieb Angelika Jo:

(...) und da würde es mich schon wundern, wenn es nicht letztlich die Summe aller Erlebnisse ist, die einem Menschen widerfahren sind und der Reim, den er sich darauf gemacht hat.

Der Reim, den sich jemand auf seine Erlebnisse gemacht hat- das hast du so schön ausgedrückt, das kommt in meinen Wortschatz!

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Ich fand und finde die Stimmen derer, die aus bildungsfernen Schichten stammten (wie zb Ulla Hahn) und auf steinigen oder verschlungenen Wegen zur Kunst kamen immer oder meist reizvoller als die Stimmen derjenigen, die sich den Weg nicht in dieser Hinsicht erkämpfen mussten. Und ich weiß, dass dies selbstverständlich mit der eigenen Sozialisation und dem eigenen Weg zusammenhängt. Bildungsfern stimmt bei mir nicht ganz - es gab durch die DDR-Sozialisation der Eltern Bücher, aber die Umgebung: Wohnblock, niemand geht ins Gymnasium, außer uns hat niemand Bücher zu Hause, generell hat niemand viel, manches ist ein bisschen asso, manches arm-spießig ... die stimmt mit den Umgebungen der Literaten aus dem Arbeitermilieu überein (deshalb las ich früher auch so gerne Ralf Rothmann, bevor er kitschig wurde, obwohl er und Ulla Hahn älter sind, der Zeitbezug nicht mehr stimmt ... Ich denke auch an Tauben fliegen auf von Melinda Nadj Aboni, auch an die ersten Bücher von Stanisic usw. Der sogenannte Migrationshintergrund kommt ab den späten siebzigern und achtzigern hinzu. Und sicher prägt der eigene Weg sehr für die  Vorliebe der Stimmen, die man hören will oder auf die man zuallererst hört (natürlich liest man breitgefächerter, sonst wäre man schon sehr einseitig)

Und "Weltbild", das ist immer ein Wort, das mir zuerst einfällt, wenn es um die "Stimme" geht: Das ganze Weltbild dahinter. Wissen, Tiefe, Witz, Güte, Reife, Weisheit ... manche haben all das sehr früh.

 

Bearbeitet von ClaudiaB

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Michael Beisteiner
Am 10.4.2021 um 21:43 schrieb ClaudiaB:

Ich fand und finde die Stimmen derer, die aus bildungsfernen Schichten stammten (wie zb Ulla Hahn) und auf steinigen oder verschlungenen Wegen zur Kunst kamen immer oder meist reizvoller als die Stimmen derjenigen, die sich den Weg nicht in dieser Hinsicht erkämpfen mussten. Und ich weiß, dass dies selbstverständlich mit der eigenen Sozialisation und dem eigenen Weg zusammenhängt. Bildungsfern stimmt bei mir nicht ganz - es gab durch die DDR-Sozialisation der Eltern Bücher, aber die Umgebung: Wohnblock, niemand geht ins Gymnasium, außer uns hat niemand Bücher zu Hause, generell hat niemand viel, manches ist ein bisschen asso, manches arm-spießig ... die stimmt mit den Umgebungen der Literaten aus dem Arbeitermilieu überein (deshalb las ich früher auch so gerne Ralf Rothmann, bevor er kitschig wurde, obwohl er und Ulla Hahn älter sind, der Zeitbezug nicht mehr stimmt ... Ich denke auch an Tauben fliegen auf von Melinda Nadj Aboni, auch an die ersten Bücher von Stanisic usw. Der sogenannte Migrationshintergrund kommt ab den späten siebzigern und achtzigern hinzu. Und sicher prägt der eigene Weg sehr für die  Vorliebe der Stimmen, die man hören will oder auf die man zuallererst hört (natürlich liest man breitgefächerter, sonst wäre man schon sehr einseitig)

Und "Weltbild", das ist immer ein Wort, das mir zuerst einfällt, wenn es um die "Stimme" geht: Das ganze Weltbild dahinter. Wissen, Tiefe, Witz, Güte, Reife, Weisheit ... manche haben all das sehr früh.

 

Das hast du wunderbar gesagt, Claudia!

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Ach, das freut mich, Michael. Ich denke so oft über so etwas nach und finde es schön, dass es diesen Thread gibt.

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Mein eigener, etwas ungewöhnlicher Weg zum Schreiben findet sich ganz klar in meinen Romanen wieder. Das ist ein Teil der Stimme, den ich kenne und auch pflege. Deshalb liebe ich es, manchmal sogar ein Stück Plot daraus zu machen, wie man nicht verhungert, was man können sollte und ähnliches. Aber das ist nicht alles. Vielleicht sollt eich meine eigenen Bücher einmal viel sorgfältiger Lesen, aber ich schreibe lieber als dass ich etwas lese, von dem annehme, es zu kennen.

Ist alles gar nicht zu einfach.

Liebe Grüße
Wolf

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