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Wolf

Die eigene Stimme finden und Ähnliches

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Michael Beisteiner
Am 2.4.2021 um 22:32 schrieb Angelika Jo:

Weil hier immer wieder strukturelle Begriffe erwähnt wurden, über die sich "die eigene Stimme" erkennen (oder sogar finden) ließe, also so was wie: Satz ohne Verb, Adjektive viel oder wenig – ich glaube nicht, dass die erkennbaren Erzählerstimmen sich rein formal herstellen. Nicht dass ich genau sagen könnte, worüber eine Erzählerstimme ihre Eigenheit erhält, da möchte ich erst mal nur vermuten: Hat es nicht vielleicht auch etwas mit der Themenwahl zu tun? Auch mit einer Stellung zur Welt (kritisch oder affirmativ in vielen Ausformungen)?

Das denke ich auch, rein formal wird das nicht funktionieren. Weiter oben habe ich es erwähnt, Inhalte haben wohl einen wesentlichen Anteil an so einer Stimme. Doch würde ich die Kleinigkeiten mit großer Wirkung nicht unterschätzen, da ein Verb, dort ein, oder zwei, drei Adjektive weniger, Interpunktion etc. Nicht zuletzt ist aber sicherlich der Mensch hinter einem Text ausschlaggebend, sein Charakter, seine Einstellengen, wie du das ja auch anführst. Ich hab in Leipzig mal ein Zitat gelesen, leider weiß ich den Autor nicht mehr, doch wird mir die Botschaft in Erinnerung bleiben: "Zuerst der Mensch, dann der Text."

Zuletzt erschienen: Der Tomatenrebell (wortweit)

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Am 2.4.2021 um 10:39 schrieb Wolf:

Auf alle Fälle betulich. Allerdings hatte ich in meiner Kurzgeschichtenphase niemals das Problem, jede nötige Erzählstimme zu schreiben, sodass ich beinahe der Ansicht bin, dass die Erzählstimme eine reine Handwerksfrage ist.

Hallo Wolf,
meiner Beobachtung nach kann ein halbwegs intelligenter Mensch so ziemlich jedes Handwerk erlernen, auch das des Schreibens. Mit dem Entwickeln einer eigenen Stimme ist es dann jedoch nicht so einfach, weil es über einstudierte Regeln hinausgeht und stark von der Persönlichkeit eines Menschen abhängt. (Manchen fehlt auch einfach der Mut ihrer eigenen Stimme zu folgen, denn da schwingt ja viel persönliches Fühlen und Denken mit).

Für mich hat das Entwickeln einer eigenen Stimme jedenfalls mehr mit dem Wesen/Charakter eines Menschen zu tun, als mit dem Handwerk, über das es ja hinauszuwachsen gilt. Um aber insgesamt besser zu werden und seine eigene Stimme zu finden, braucht es (wie beim Handwerk)  lesen, lesen, lesen und schreiben, schreiben, schreiben. Dann kann diese Magie entstehen, die Leser und Leserinnen so anziehend finden.

Liebe Grüße
Ramona

Bearbeitet von Ramona

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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vor 8 Minuten schrieb Ramona:

Für mich hat das Entwickeln einer eigenen Stimme jedenfalls mehr mit dem Wesen/Charakter eines Menschen zu tun, als mit dem Handwerk, über das es ja hinauszuwachsen gilt. Um aber insgesamt besser zu werden und seine eigene Stimme zu finden, braucht es (wie beim Handwerk)  lesen, lesen, lesen und schreiben, schreiben, schreiben. Dann kann diese Magie entstehen, die Leser und Leserinnen so anziehend finden.
 

Als Leserin merke ich es daran, dass ein Text zu mir spricht, mich anspricht. Hat vielleicht auch was mit der Kommunikation zu tun, also der Fähigkeit, die eigenen Gedanken, Gefühle, sein "Wesen",  seine Erfahrung, den Wortschatz, eine ganze Geschichte zum Leser zu transportieren.

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vor 1 Stunde schrieb KarinKoch:

Und ich dachte schon: Schau mal an, der Paul Maar. Jetzt erfindet er nicht nur das Sams, sondern ist auch noch als Literatur-Sachbuchautor erfolgreich unterwegs.

Karin, Michael Maar ist der Sohn vom Paul. Meine Schusseligkeit bleibt also immerhin in der Familie.

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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was ihr alle, glaube ich, unterschätzt ist die bildungsbiographie eines schriftstellers. ich zb habe mir nahezu alles selbst angeeignet, weil ich mit sechzehn die schule verlassen und auch zuvor wenig dort gelernt habe. eine uni habe ich zum ersten mal mit anfang dreißig von innen gesehen, als dort gedichte u.a. von mir besprochen wurden.

da ich mich also wild selbst gebildet habe, ist mein stil eine mischung aus gosse und elaborierter hochkultur. rimbaud und rambo. conan und camus. womit wir bei einem anderen nicht zu unterschätzenden einfluss auf den eigenen stil sind: was man liest, vor allem in seiner jugend, prägt.

mein eigener stil ist - vor allem in meinen gedichten - unverwechselbar durch meine biographie geworden. und durch die zeitläufte, die schriftliche umgebung. so wie brecht zb von der gereimten werbung der 20er jahre beeinflusst war, so bin ich es von der schlagzeilenhaften der 80er. so wie zb gryphius vom stil der bibel in der lutherübertragung inspiriert war, sind es zeitgenössische dichter oft von der sprache der französischen strukturalisten.

prägung, umgebung und bildungserfahrung = literarischer stil.

Bearbeitet von FlorianV
typo
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Das nehme ich Dir sofort ab, Florian, weil ich selbst nicht aus dem Bildungsbürgertum komme und außerdem Naturwissenschaften studiert habe. Das finde ich in meinen eigenen Texten wieder. Mein Stil lebt von anderen Quellen. vielleicht sollte ich Deinem Gedanken mal nachgehen. Auf mich bezogen, versteht sich. Danke für die gute Anregung

Liebe Grüße
Wolf

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vor 14 Stunden schrieb Wolf:

Das nehme ich Dir sofort ab, Florian, weil ich selbst nicht aus dem Bildungsbürgertum komme und außerdem Naturwissenschaften studiert habe. Das finde ich in meinen eigenen Texten wieder. Mein Stil lebt von anderen Quellen. vielleicht sollte ich Deinem Gedanken mal nachgehen. Auf mich bezogen, versteht sich. Danke für die gute Anregung

Liebe Grüße
Wolf

Ich schätze mal, dass du auf Basis all der genossenen Bildung auch deshalb Naturwissenschaften studiert hast, weil dein Wesen ganz einfach "naturwissenschaftlich" tickt. Und irgendwo hätte dies wohl schon immer einen gewissen Einfluss auf deine Erzählstimme gehabt. 

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vor 15 Stunden schrieb FlorianV:

was ihr alle, glaube ich, unterschätzt ist die bildungsbiographie eines schriftstellers. ich zb habe mir nahezu alles selbst angeeignet, weil ich mit sechzehn die schule verlassen und auch zuvor wenig dort gelernt habe. eine uni habe ich zum ersten mal mit anfang dreißig von innen gesehen, als dort gedichte u.a. von mir besprochen wurden.

da ich mich also wild selbst gebildet habe, ist mein stil eine mischung aus gosse und elaborierter hochkultur. rimbaud und rambo. conan und camus. womit wir bei einem anderen nicht zu unterschätzenden einfluss auf den eigenen stil sind: was man liest, vor allem in seiner jugend, prägt.

mein eigener stil ist - vor allem in meinen gedichten - unverwechselbar durch meine biographie geworden. und durch die zeitläufte, die schriftliche umgebung. so wie brecht zb von der gereimten werbung der 20er jahre beeinflusst war, so bin ich es von der schlagzeilenhaften der 80er. so wie zb gryphius vom stil der bibel in der lutherübertragung inspiriert war, sind es zeitgenössische dichter oft von der sprache der französischen strukturalisten.

prägung, umgebung und bildungserfahrung = literarischer stil.

Lieber Florian, ich gebe dir uneingeschränkt Recht. Dass all das in jeder Lebensepoche Gelesene eine Art Kompost bildet, auf dem das eigene Schriftgrün ersprießt, sehe ich sowieso schon so, aber mit der Bildungserfahrung und mit dem, was sich ein Federhalter überhaupt je im Leben zugemutet hat (oder ihm ohne zu fragen, zugemutet wurde), hast du noch zwei entscheidende Gedanken dazugelegt. Es ist ja wirklich so, dass man es einem Buch anmerkt, ob sein Verfasser in der ehemaligen DDR geboren wurde, im Deutschen Reich oder in der BRD. Von Ländern wie Äthiopien oder Siam ganz abgesehen. Ob ein goldener Löffel im Geburtstaggsgebinde steckte oder die Rute.

Übrigens finde ich deinen Stil (aus den Textkritiken) beeindruckend. Rimbaud und Rambo - im Nachhinein macht es Sinn, ja.

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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Michael Beisteiner
vor 16 Stunden schrieb FlorianV:

da ich mich also wild selbst gebildet habe, ist mein stil eine mischung aus gosse und elaborierter hochkultur. rimbaud und rambo. conan und camus. womit wir bei einem anderen nicht zu unterschätzenden einfluss auf den eigenen stil sind: was man liest, vor allem in seiner jugend, prägt.

kollega! ; ) spontan möchte ich noch die terminator-reihe hinzufügen! und die sex pistols.

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vor einer Stunde schrieb Ramona:

Ich schätze mal, dass du auf Basis all der genossenen Bildung auch deshalb Naturwissenschaften studiert hast, weil dein Wesen ganz einfach "naturwissenschaftlich" tickt. Und irgendwo hätte dies wohl schon immer einen gewissen Einfluss auf deine Erzählstimme gehabt. 

Möglich. Jedenfalls finde ich die Naturwissenschaften mit den Märchen meiner Kindheit verbunden. Und das ist ein merkwürdiger Mix, der manchmal Wege öffnet, aber auch ganz schön sperrig sein kann. Aber nach zwanzig Jahren Schreiben ist er ein Teil meiner selbst geworden, den ich nicht mehr einfach so wegschieben kann.

He, das ist ein richtig spannendes Thema geworden, über das ich so vorher noch nie nachgedacht habe.

 

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Die Aspekte, die jetzt ihr in die Diskussion hineingebracht habt, finde ich enorm wichtig. Die eigene Lesebiographie, die eigene Leserrolle nimmt starken Einfluss auf die Erzählhaltung, aber auch auf die Stimme und den Stil. 
Deshalb finde ich übrigens den oft an AnfängerInnen gerichtete Ratschlag, v.a. im eigenen Genre zu lesen, eher schwierig. Sicherlich muss ich meine Nische kennen, muss wissen, was gefragt ist und wie die Erwartungen sind.
Aber ich glaube, dass es der eigenen Schreibentwicklung mehr hilft, sich Kapazitäten zu bewahren, in denen man selbst ein neugieriger und staunender Leser bleibt und sich auch an Bücher heranwagt, die erstens außerhalb der eigenen Komfortzone und zweitens außerhalb des „Vergleichstitel“-Stapel liegen.

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Mich würde mal interessieren, ob jemand, der unter verschiedenen Pseudonymen schreibt, ebenfalls verschiedene, eindeutig zuordenbare Stimmen entwickeln kann. Auch einige der „Großen“ haben ja teilweise unter Pseudonymen geschrieben, wenn sie beispielsweise auch als Journalisten tätig waren. 

Bearbeitet von KerstinH
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vor 2 Stunden schrieb Angelika Jo:

Übrigens finde ich deinen Stil (aus den Textkritiken) beeindruckend. Rimbaud und Rambo - im Nachhinein macht es Sinn, ja

Dankeschön.

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Ich hatte zwei Pseudonyme für zwei koplett unterschiedliche Genres.

Wie zu erwarten gab es deutliche Unterschiede in der Stimme. Viele Leser hielten mich für eine Autorin.
Aber es gab eben auch Gemeinsamkeiten, weil derselbe Mensch dahinterstand.

Liebe Grüße
Wolf

 

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vor 1 Stunde schrieb Michael Beisteiner:

und die sex pistols.

Ja, Punk war ich natürlich auch in den 80ern. Hab die ganzen Scheiben noch im Schrank: Pistols, Damned, Buzzcocks, X-Ray-Spex, UK Subs, Richard Hell, Rocket from the Tombs etc pp. Heutzutage höre ich aber eher Klassik. Interessant ist, dass ich dies oft beobachtet habe, bei den mehr intellektuellen Punks aus den 80ern, die, die schon früh mit der Kunstszene in Verbindung standen - von Punk und Gothic zu Bach und Schubert.

Bearbeitet von FlorianV
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"Die eigene Stimme" hat für mich persönlich weniger mit Stil, Wortschatz oder Satzkonstruktionen zu tun, als vielmehr mit so etwas altmodischem wie einer Botschaft. Wenn ich meine eigene Stimme gefunden habe, kann ich sie erheben. Das heißt, ich muss für mich herausfinden, was ich zu erzählen habe. Was ich zu sagen habe, was ich mitteilen möchte. Und das hängt natürlich von den Lebenserfahrungen ab, denen ich ausgesetzt war (oder die ich selbst verursacht habe).

Ich kann mir vorstellen, dass das bei Genreliteratur nicht unbedingt der Fall ist. Ein Regionalkrimi oder eine Gay Romance kann eine Botschaft haben, muss es aber nicht. Hier müssen in erster Linie die Erwartungen der LeserInnen erfüllt werden. Oder täusche ich mich total?

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Ob Du Dich da total täuscht, kann ich nicht beurteilen, @KarinKoch. Mit Sicherheit hat ein Krimi vom Typ Whodunnit? höchstens noch ein paar Sekundärbotschaften, wenn überhaupt. Aber wenn ich mir meine eigenen Romane anschaue, dann steht immer mindestens eine, oft auch mehrere Botschaften im Zentrum. Warum sonst sollte ich meine Bücher schreiben. Und einer der Gründe, warum ich Fantasy als Genre gewählt habe, ist, dass ich unaussprechliche Dinge so besser verstecken kann. Vielleicht müssen wir etwas differenzieren.

Ich schreibe im Augenblick (seit 2 Jahren) über Rassismus und Genderdiversität. Glaubt jemand, dass ich das in dieser aufgeheizten Stimmung, die überall herrscht innerhalb eines real-wirklichen Settings tun könnte, ohne stranguliert zu werden. Aber bei Drachen kann niemand so leicht behaupten, ich würde mir fremde Kulturen aneignen. Und auch einige der alten Fantasyschreiber hatten ihre Botschaften in ihren Romanen. Sodass die Sache mit der Botschaft wohl genreabhängig und nicht für den ganzen Bereich gilt. Vielleicht mit einem leichten Plus(?) für Deine Position, weil reine Abenteuergeschichten (Wildwest im Weltraum) selten eine Botschaft enthalten.

Aber für mich ist die Botschaft "WAS" etwas anderes als die eigene Stimme "WIE", auch wenn es da bestimmt einige Überlappungen gibt.

Liebe Grüße
Wolf

Bearbeitet von Wolf
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vor 2 Stunden schrieb KarinKoch:

"Die eigene Stimme" hat für mich persönlich weniger mit Stil, Wortschatz oder Satzkonstruktionen zu tun, als vielmehr mit so etwas altmodischem wie einer Botschaft. Wenn ich meine eigene Stimme gefunden habe, kann ich sie erheben. Das heißt, ich muss für mich herausfinden, was ich zu erzählen habe. Was ich zu sagen habe, was ich mitteilen möchte. Und das hängt natürlich von den Lebenserfahrungen ab, denen ich ausgesetzt war (oder die ich selbst verursacht habe).

Ich kann mir vorstellen, dass das bei Genreliteratur nicht unbedingt der Fall ist. Ein Regionalkrimi oder eine Gay Romance kann eine Botschaft haben, muss es aber nicht. Hier müssen in erster Linie die Erwartungen der LeserInnen erfüllt werden. Oder täusche ich mich total?

Nein, das sehe ich nicht so. Eine Botschaft ist etwas anderes. Und die ändert sich meist auch von Roman zu Roman. Die hat ja mit der jeweiligen Geschichte zu tun. Wobei die eigene Stimme eines Autors etwas eher Konstantes und Wiedererkennbares ist. Das hat mit Stil, Sprache, Dramatisierung und verwendeten Sprachmustern- und Bildern zu tun. Auch mit der Atmosphäre der Romane. Positiv oder pessimistisch. Romantisch oder hart realistisch. Ein Hemmingway schrieb anders als ein Philip Roth. Nur um ein Beispiel zu nennen. Ein Fitzek anders als ein Daniel Wolf. Ein Grisham anders als ein Cornwell. Wenn ich einen neuen Grisham lese, erkenne ich sofort seinen Schreibstil wieder. Manche Reaktionen meiner Leser lassen mich glauben, dass es ihnen auch mit mir so geht. Am besten, denke ich, man schreibt wie man schreibt und macht sich nicht zu viele Gedanken darüber. Sich selbst etwas aufzuzwingen, was nicht auf natürliche Weise aus einem selbst fließt, ist ein Fehler und wird vom Leser nicht gewürdigt.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Ich denke, wie einige andere hier, dass die "eigene Stimme" verdammt viel mit den Inhalten zu tun hat, die man favorisiert, zu denen man immer wieder zurückkehrt ( das heißt nicht, dass man unzählige Bücher des gleichen Inhalts schreibt, sondern dass man, nach Geschichten, die sich im professionellen Autorenleben eben ergeben, weil es bestimmte Interessen und Moden gibt, wieder zum Grundthema zurückkehrt, vielleicht zu einem Buch, an dem man bereits seit Jahren schreibt, während man andere veröffentlicht) und den Themen, die über jeder Geschichte liegen. Und, wie Florian schreibt, mit der Kunst-Sozialisation, was habe ich gelesen, gehört, gesehen, woran war ich beteiligt. In meinem Lebenslauf steht ... Bassistin in einer Punkband, Comedian ... (okay, auch klassische Gitarre) sagen wir, das sieht jetzt nicht nach ... äh Wohlfühlroman aus. Und ja, ich glaube, dass man, wenn man im Pseudonym für ein Genre schreibt, eventuell die Sprache und auch einige Handlungsweisen oder Absichten der Protagonist:innen anpasst, aber dennoch immer zu erkennen ist. Bei mir war es im Genre "komischer Frauenroman" (ich hatte vorher noch nie einen Frauenroman gelesen und musste mich vorher kurz quer durchs Genre lesen, ging aber schnell) eine gewisse Turbulenz, Wahnwitz und die Tendenz, dass alles Versöhnliche entweder schief ging oder ironisiert wurde, obwohl ich mich an Themen mehr oder weniger anpasste, versuchsweise, der Hund fraß das Hochzeitskleid, die geplante Ehe kam nie zustande, geglückte Paarungen fanden eher im Tierreich statt. Deshalb waren meine Leserunden eine Schlacht des Unverständnisses und ich bin froh, dass ich das nie mehr machen und diese Art Romane nicht mehr schreiben muss, es war ein Ausprobieren, aber es hat nicht gepasst. Mir ist eine gewisse Heftigkeit und auch Krassheit eigen, ich mag entsprechende Bücher (Virginie Despentes zb) und all das kommt sicher auch von der Sozialisation in dieser Zeit, aber nicht nur.

Mit Botschaften bin ich extrem vorsichtig. Es gibt sicher, wie gesagt, die eigene Wahrheit, die man vermutlich nicht verbergen kann. Und ich denke, dass man zwar von dem geprägt ist, was man las und hörte und hineinnahm, dass man aber, ebenso wie als Musiker:in, bestimmte Sounds oder Stile zur Verfügung hat oder (hoffentlich) beherrscht oder wenigstens annähernd beherrscht. Ich würde, auch wenns ums Geld ginge, keine Schlager spielen (oder wenn dann auf komplett ironisierende Weise) oder easy listening Kram, dafür aber durchaus abgefahrene Folklore - außer all dem, was ich wirklich gern spiele und das meine musikalische Stimme ausmacht. Zu meiner "Stimme" in der Musik gehört zb dass ich mir gerne Stile aneigne, wie Heavy Metal, davon fasziniert bin, ohne es allzu oft hören oder ernstnehmen zu können (Teufel, Posing, Kitsch, das Heroische, Männliche, albern.)  Ebenso mache ich das auch beim Schreiben, ich probiere ganz gern mal was an (nicht aus, es ist eher so, als ob man ein fremdes Kleid anzieht) und lege es wieder weg. Das gehört vielleicht auch zur "eigenen Stimme", all diese Eigenarten.

 

 

 

 

 

Bearbeitet von ClaudiaB

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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vor 2 Stunden schrieb Ulf Schiewe:

Wobei die eigene Stimme eines Autors etwas eher Konstantes und Wiedererkennbares ist. Das hat mit Stil, Sprache, Dramatisierung und verwendeten Sprachmustern- und Bildern zu tun.

Aber sind Sprache, Daramatisierung und Sprachmuster nicht der Stil? Und am Stil kann ich eineN AutorIn auch erkennen, oder an den Themen, die gewählt werden. Wenn ich an John Irving denke: Dessen Themen wiederholen sich unendlich und sind doch immer wieder neu. Bären, Ringen, vaterlose Söhne tauchen in jedem seiner Romane auf. Und seine langen Schachtel- und Klammersätze sind unverkennbar. Aber ist das seine STIMME (auch so ein typischer Irving, die Großbuchstaben ;D)?

 

vor 2 Stunden schrieb Ulf Schiewe:

Eine Botschaft ist etwas anderes. Und die ändert sich meist auch von Roman zu Roman.

Stimmt. Wenn ich immer die gleiche Botschaft hätte, wäre das ja öde für alle Beteiligten.
 

vor 51 Minuten schrieb ClaudiaB:

 

Mit Botschaften bin ich extrem vorsichtig. Es gibt sicher, wie gesagt, die eigene Wahrheit, die man vermutlich nicht verbergen kann.

Eine Botschaft ist ja in der Literatur total aus der Mode gekommen, wenn nicht gar verpönt. Und sicher auch zurecht. Gerade in der Kinderliteratur gab es Zeiten, in denen kaum ein Buch ohne irgendeine Mission daherkam, teilweise mit dem Holzhammer. Heute nerven mich persönlich all die vielen gezuckerten Heileweltgeschichten, die niemandem wehtun. Als könne Kindern nicht auch ein wenig Realität zugemutet werden. Ich merke, dass ich abschweife. Denn das ist ein ganz anderes Thema.

Vielleicht ist die "Stimme eines Autors oder einer Autorin ja die Mischung aus alledem. Aus Stil, Themen, Atmosphäre und Botschaft, wobei eine konkrete Botschaft womöglich für gute Unterhaltung am entbehrlichsten ist.

 

 

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vor 20 Minuten schrieb KarinKoch:

Eine Botschaft ist ja in der Literatur total aus der Mode gekommen, wenn nicht gar verpönt.

Das sehe ich völlig anders - jede Form von Literatur vermittelt Botschaften. Nur ist die Form vielleicht nicht mehr so "holzhammermäßig" - was möglicherweise auch an der differenzierteren Weltsicht liegt, in der es kein eindeutiges schwarz oder weiß mehr gibt, sonder die Grautöne dominieren.

Für mich ist die eigene Stimme übrigens genau so zu definieren, wie @Ulf Schiewees in seinem Posting darstellt. Der Stil, die Stimme des Autors, die man in seinen Werken immer wieder erkennt. Natürlich kann eine Stimme auch mit einer Botschaft verbunden sein oder einem Kernthema, um das sich die Geschichten immer wieder drehen. Kernthemen können sehr plakativ sein, sodass sie jeder sofort erkennt, oder aber auch sehr feinfühlig und versteckt, dass man sie beim Lesen eher erspürt, noch bevor man vom Verstand her erfasst, was dieses Buch eigentlich mit einem gemacht hat. 

In meinen Büchern, die mein Agent als "gehobene Unterhaltungsliteratur" bezeichnet, gibt es immer Botschaften auf verschiedenen Ebenen. Manche sind ganz bewusst und deutlich dargestellt, manches lasse ich nur am Rande anklingen - und lustig ist, dass das dann auch oft nur Leute finden, die mich entweder gut kennen oder schon etliche Bücher von mir gelesen haben. Das finde ich dann immer besonders spannend im Austausch mit den Leser'innen. 

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Ich würde generell einen Unterschied machen zwischen Botschaft und Thema.

Bei Botschaften bin ich vorsichtig. Natürlich gibt es die uns allen aus der Schule bekannte Frage: Was will uns der Autor damit sagen? Aber vielleicht wollte er nur spielerisch mit einem Thema umgehen oder es von mehreren Seiten beleuchten oder für sich eine Frage klären oder ... hatte einfach Spaß am Schreiben als Selbstausdruck. Und das verlegte dann jemand, weil es ihm gefiel und anderen auch gefallen könnte. 

Botschaft, da klingt für mich schnell eine Art Sendungsbewusstsein durch, und hin und wieder erzeugt das einen Missklang in mir. Da ist für mich manchmal der Missionar nicht weit. Ich finde es schöner, wenn sich die LeserInnen ihre eigenen Wahrheiten, Lebensregeln, was auch immer aus den Texten holen, Anregungen vielleicht. Oder er ihnen einfach nur gefällt.

Insofern würde ich auch unbedingt einen Unterschied machen zwischen der Stimme eines Autors und dem Stimme erheben, das Karin weiter oben angesprochen hat. Das sind für mich zwei grundverschiedene Dinge.

Was die eigene Stimme betrifft, sehe ich es wie Ulf. 

Bearbeitet von KerstinH
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Mal ehrlich, wie viele Inhalte und Botschaften gibt es denn, seit Menschen schreiben? Im Großen und Ganzen sind es doch immer wieder die gleichen Inhalte/Botschaften/Themen, an denen sich Autorinnen und Autoren abarbeiten, oder? Aber gäbe man beispielsweise mehreren Autoren ein Thema vor, so würde man nach der Umsetzung doch mit ziemlicher Sicherheit unterschiedliche Stimmen wahrnehmen können. 

Bearbeitet von Ramona

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Michael Beisteiner
vor 21 Stunden schrieb FlorianV:

Ja, Punk war ich natürlich auch in den 80ern. Hab die ganzen Scheiben noch im Schrank: Pistols, Damned, Buzzcocks, X-Ray-Spex, UK Subs, Richard Hell, Rocket from the Tombs etc pp. Heutzutage höre ich aber eher Klassik. Interessant ist, dass ich dies oft beobachtet habe, bei den mehr intellektuellen Punks aus den 80ern, die, die schon früh mit der Kunstszene in Verbindung standen - von Punk und Gothic zu Bach und Schubert.

hell yeah! ... welch sprache wir hier ins forum schleppen! ; ) diese beobachtung habe ich auch gemacht. bei mir ist es seit je bunt, klassik höre ich nach wie vor, neben punk oder metal, pop und schlager, thrash ... solange es mich anrührt, ist doch unbedeutend welcher gattung man es zuordnet. ist bei kunst und literatur auch so, das meer des menschlich erschaffenen ist so immens groß, eine chaotische herangehensweise, eine kreuz- und querfahrt, gar eine irrfahrt bisweilen, ist doch nicht die übelste art den künsten zu begegnen. wobei wir wieder bei der stimme wären, die sich, für mich, das erkenne ich aus dieser diskussion, sehr stark von den inhalten herleitet. siehe punk, haltung ist primär. eine eigene stimme entwickelt sich en passent aus einem entsprechend kantigen charakter. das stilistische feilen am text gibt den schliff, je nachdem, wie man klingen will. das alte klischee von leidenden künstlern hat zuletzt schon etwas. spürst du, dass die autorin etwas durchlitten hat, klingt ihre stimme glaubwürdig. das geht natürlich auch in die andere richtung, einer, der die freude bis in die haarspitzen gespürt hat, wird das mit talent auch vermitteln können. was natürlich nicht funktioniert, ist das schreiben während man am boden zerstört ist, man muss die hürde schon zuerst überwinden bzw. auf den boden kommen. im gleichgewicht kann man arbeiten. diese eigene stimme, für mich gründet sie jedenfalls zuerst im menschlichen, großartige menschen haben großartiges zu erzählen bzw. erzählen oft genug großartig.

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