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HenningS

Noch einmal: Ein langer Satz (Teil 1)

Empfohlene Beiträge

vor 29 Minuten schrieb Sebastian Niedlich:

 Weswegen eben "Der Helikopter stürzte ab. Die Männer darin verbrannten." als Ersatz für den Bandwurmsatz von King NICHT dasselbe transportiert. 

Ich bitte in aller Höflichkeit darum, mich korrekt wiederzugeben. Ich habe nicht behauptet, dass die kurze Version dasselbe transportiert, wie die lange. Was ich schrieb war:

Warum genügt es nicht, zu schreiben "Der Helikopter stürzte ab. Die Männer darin verbrannten."? Ist das nicht furchtbar genug?

Die Frage war auch nicht rhetorisch gemeint und ist nach wie vor offen.

Sagt Abraham zu Bebraham: Kann ich mal dein Cebraham?

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vor 2 Minuten schrieb DirkH:

Ich bitte in aller Höflichkeit darum, mich korrekt wiederzugeben. Ich habe nicht behauptet, dass die kurze Version dasselbe transportiert, wie die lange. Was ich schrieb war:

Warum genügt es nicht, zu schreiben "Der Helikopter stürzte ab. Die Männer darin verbrannten."? Ist das nicht furchtbar genug?

Die Frage war auch nicht rhetorisch gemeint und ist nach wie vor offen.

Furchtbar genug ist es sicher. Aber die Frage ist natürlich trotzdem, ob King "nur" sagen wollte: Krieg ist furchtbar. Das lässt sich anhand des Auszugs nicht entscheiden, dafür müsste man das gesamt Buch kennen.

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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vor 6 Minuten schrieb DirkH:

 

Warum genügt es nicht, zu schreiben "Der Helikopter stürzte ab. Die Männer darin verbrannten."? Ist das nicht furchtbar genug?

 

Auf einer intellektuellen Ebene ist das furchtbar genug. Auf der gefühlsmäßigen erst dann, wenn wir es uns vorstellen können, und dazu gehören Kontexte bzw Bilder die uns triggern. Wir haben in uns ja auch immer Abwehrmechanismen, die diese Schrecklichkeiten nicht wahrnehmen wollen. Ein entscheidendes Bild im Vietnamkrieg war zB das auf die Kamera zulaufende nackte schreiende Kind.

Es gibt keine Regeln, nur sachkundige Entscheidungen. Und sachkundige Entscheidungen könnt ihr nur treffen, wenn ihr euch sachkundig macht.

Elizabeth George

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vor 25 Minuten schrieb DirkH:

Ich bitte in aller Höflichkeit darum, mich korrekt wiederzugeben. Ich habe nicht behauptet, dass die kurze Version dasselbe transportiert, wie die lange. Was ich schrieb war:

Warum genügt es nicht, zu schreiben "Der Helikopter stürzte ab. Die Männer darin verbrannten."? Ist das nicht furchtbar genug?

Die Frage war auch nicht rhetorisch gemeint und ist nach wie vor offen.

Das wäre aber doch ein sehr armer Text. Selbst Nachrichtenberichte sind bildhafter und dramatischer. Wenn ich so schreiben würde, könnte ich einen 500 Seiten Roman auf 100 Seiten eindampfen. Vielleicht sogar noch weniger. "Harald segelte mit seinen Männern übers Meer und geriet dabei in einen Sturm. Das Schiff schlug voll. Sie wären beinahe ertrunken." Diese Episode umfasst bei mir aber 20 Seiten mit sehr dramatischen Schilderungen des Kampfes gegen die Elemente.. :)

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Sebastian Niedlich

@DirkH: Entschuldige bitte, wenn ich den Eindruck hinterlassen haben sollte, dir die Worte im ... Text herumdrehen zu wollen. Das war nicht meine Intention. Aber ich fand schon, dass du dadurch Wichtiges weglassen würdest. Insofern ist das wohl auch eine Beantwortung deiner Frage. Deine Verkürzung ist furchtbar, aber nicht furchtbar genug.

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vor 39 Minuten schrieb Ulf Schiewe:

Das wäre aber doch ein sehr armer Text. Selbst Nachrichtenberichte sind bildhafter und dramatischer. Wenn ich so schreiben würde, könnte ich einen 500 Seiten Roman auf 100 Seiten eindampfen. Vielleicht sogar noch weniger. "Harald segelte mit seinen Männern übers Meer und geriet dabei in einen Sturm. Das Schiff schlug voll. Sie wären beinahe ertrunken." Diese Episode umfasst bei mir aber 20 Seiten mit sehr dramatischen Schilderungen des Kampfes gegen die Elemente.. :)

Ulf, ich spreche nach wie vor nicht davon, dass man als Autor auf Inhalte und dramatische Schilderungen verzichten soll. Dann wären unser Bücher wirklich dünner (in einigen Fällen vielleicht wünschenswert). Wovon ich rede ist: Müssen wir Grausamkeiten so sehr auswalzen wie es in dem Textbeispiel geschehen ist? Warum genügt es nicht, an solchen Stellen zu verknappen?

Dazu noch einige Gedanken: Henning schreibt mehrfach davon, dass wir Bilder benötigen. Das habe ich auch festgestellt. Ich möchte hier einen Bogen zur Musik schlagen. Neulich spielte ich einem Freund, der mit Musik nicht viel anfangen kann, eine Fantasie von Bach vor. Er hörte zu. Dann sagte er: Dabei stelle ich mir einen Vogel vor, der an einem Wald vorbeifliegt. Offenbar hatte er den Eindruck der Schwerelosigkeit, den die Musik verbreitet, gespürt. Aber er war unfähig, das einfach so hinzunehmen. Es musste ein Bild über das Gefühl gestegezogen werden. Hier dasselbe: Ohne Bilder ist die ungeübte Fantasie hilflos. Aber warum ist das so? Und: Muss der Autor das bedienen? Muss er dem Leser wie einem Kind alles erklären? Oder sieht er im Leser einen mündigen Gleichgestellten, auf dessen Fantasie er sich verlassen kann? 

Ich glaube, darüber können wir uns die Finger wundschreiben. Ich steige hier aus Zeitgründen aus, möchte mich aber bei euch für die Ideen zum Thema bedanken. 

Sagt Abraham zu Bebraham: Kann ich mal dein Cebraham?

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»Ein Wort ist ein Zylinder, in den der eine ein Kaninchen hineintut und aus dem der andere eine Taube herausholt.« (Reinhard K. Sprenger)

Und das gilt für jedes andere Zeichen auch (In diesem Sinne hat auch jeder Aufbau eines Satzes etwas Zeichenhaftes). Wir werden nie erreichen können, dass unsere Leser unseren Text zu 100% so auffassen, wie wir es beabsichtigt haben. Wir können nur unser Bestes geben.

Es gibt keine Regeln, nur sachkundige Entscheidungen. Und sachkundige Entscheidungen könnt ihr nur treffen, wenn ihr euch sachkundig macht.

Elizabeth George

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vor 7 Stunden schrieb DirkH:

Warum genügt es nicht, zu schreiben "Der Helikopter stürzte ab. Die Männer darin verbrannten."? Ist das nicht furchtbar genug?

Die Frage war auch nicht rhetorisch gemeint und ist nach wie vor offen.

In der Szene geht es - ohne mehr als den Satz gelesen zu haben - um mehr als eine Aussage, dass da ein Helikopter abgestürzt und Menschen verbrannt sind. Da findet Charakterisierung statt. Die Figur, aus deren Perspektive erzählt wird, wird über ihre Art des Erzählens beschrieben.
King müsste in den ganzen Buch nicht einmal erwähnen, dass diese Perspektivfigur ein richtig fettes Trauma erlitten hat. Die Atemlosigkeit, der Hang zum Wahn, der da rausklingt - aus dem "ohne Punkt und Komma" sowie aus den krassen Vergleichen mit Essen - genügen, um zu sehen: Scheiße, der hat psychisch richtig was abbekommen. Das wüsste ich nicht, stünde da: Der Helikopter stürzte ab. Die Männer darin verbrannten. Und natürlich könnte King erzählen, dass XY - seine Perspektivfigur in dieser Szene - seitdem ein Posttraumatisches Stresssyndron (oder schlimmeres) hat. Das tut King aber nicht, das hat er nicht nötig. Er zeigt es uns.

MMn vermischen sich hier aber zwei Dinge: Der Effekt des langen Satzen und der Eindruck der effekthascherischen Vergleiche. (Hascherisch? Haschhisch?)
Um die Figur zu charakterisieren hätte vielleicht eins davon gereicht. Vielleicht aber auch nicht. Und vielleicht erfordert auch das eine das andere.

Effekte erzielt man übrigens auf alle mögliche Weise. Auch ein Zurücknehmen der Sprache auf pure, einfach vermittelte Information  kann einen großen Effekt erzielen, z.B. indem man sprachlich ganz viel Platz für die Handlung schafft und alles, was den Blick ablenkt, aus dem Weg räumt. (Hemingways Geschichten wirken mMn vor allem deshalb so groß, weil er die Sprache so reduziert und klein macht. -> Effekt.)

Oder weil man seine Leser:innen komplett mit einer Information allein lässt - wenig Worte, schöner, krasser Effekt. Hab ich in einem Buch so gemacht: Da befürchtet die Protagonistin, dass ihr Liebster gleich zu Tode gefoltert wird. Sie wartet in Gefangenschaft ab, weiß, dass sie gleich seine Schreie hören wird, ist hilflos. Dann passiert aber nichts, die Zeit verrinnt und sie hört nicht. Und dann steht da: "Aber dann schrie er doch."
Und dann ist das Buch zu Ende und ich bekomme heute - es ist lange vergriffen - noch Mails, in dem mir Leute schreiben, dass sie die letzte Seiten vom Einband kratzen wollten, in der Hoffnung, dass da noch was steht. Genau das wollte ich.  Ich wünschte, sowas würde mir noch mal einfallen :)

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vor 9 Stunden schrieb JenniferB:

In der Szene geht es - ohne mehr als den Satz gelesen zu haben - um mehr als eine Aussage, dass da ein Helikopter abgestürzt und Menschen verbrannt sind. Da findet Charakterisierung statt. Die Figur, aus deren Perspektive erzählt wird, wird über ihre Art des Erzählens beschrieben.
King müsste in den ganzen Buch nicht einmal erwähnen, dass diese Perspektivfigur ein richtig fettes Trauma erlitten hat. Die Atemlosigkeit, der Hang zum Wahn, der da rausklingt - aus dem "ohne Punkt und Komma" sowie aus den krassen Vergleichen mit Essen - genügen, um zu sehen: Scheiße, der hat psychisch richtig was abbekommen. Das wüsste ich nicht, stünde da: Der Helikopter stürzte ab. Die Männer darin verbrannten. Und natürlich könnte King erzählen, dass XY - seine Perspektivfigur in dieser Szene - seitdem ein Posttraumatisches Stresssyndron (oder schlimmeres) hat. Das tut King aber nicht, das hat er nicht nötig. Er zeigt es uns.

MMn vermischen sich hier aber zwei Dinge: Der Effekt des langen Satzen und der Eindruck der effekthascherischen Vergleiche. (Hascherisch? Haschhisch?)
Um die Figur zu charakterisieren hätte vielleicht eins davon gereicht. Vielleicht aber auch nicht. Und vielleicht erfordert auch das eine das andere.

Effekte erzielt man übrigens auf alle mögliche Weise. Auch ein Zurücknehmen der Sprache auf pure, einfach vermittelte Information  kann einen großen Effekt erzielen, z.B. indem man sprachlich ganz viel Platz für die Handlung schafft und alles, was den Blick ablenkt, aus dem Weg räumt. (Hemingways Geschichten wirken mMn vor allem deshalb so groß, weil er die Sprache so reduziert und klein macht. -> Effekt.)

Oder weil man seine Leser:innen komplett mit einer Information allein lässt - wenig Worte, schöner, krasser Effekt. Hab ich in einem Buch so gemacht: Da befürchtet die Protagonistin, dass ihr Liebster gleich zu Tode gefoltert wird. Sie wartet in Gefangenschaft ab, weiß, dass sie gleich seine Schreie hören wird, ist hilflos. Dann passiert aber nichts, die Zeit verrinnt und sie hört nicht. Und dann steht da: "Aber dann schrie er doch."
Und dann ist das Buch zu Ende und ich bekomme heute - es ist lange vergriffen - noch Mails, in dem mir Leute schreiben, dass sie die letzte Seiten vom Einband kratzen wollten, in der Hoffnung, dass da noch was steht. Genau das wollte ich.  Ich wünschte, sowas würde mir noch mal einfallen :)

Gut gesagt!

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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vor 9 Stunden schrieb JenniferB:

In der Szene geht es - ohne mehr als den Satz gelesen zu haben - um mehr als eine Aussage, dass da ein Helikopter abgestürzt und Menschen verbrannt sind. Da findet Charakterisierung statt. Die Figur, aus deren Perspektive erzählt wird, wird über ihre Art des Erzählens beschrieben.
King müsste in den ganzen Buch nicht einmal erwähnen, dass diese Perspektivfigur ein richtig fettes Trauma erlitten hat. Die Atemlosigkeit, der Hang zum Wahn, der da rausklingt - aus dem "ohne Punkt und Komma" sowie aus den krassen Vergleichen mit Essen - genügen, um zu sehen: Scheiße, der hat psychisch richtig was abbekommen. Das wüsste ich nicht, stünde da: Der Helikopter stürzte ab. Die Männer darin verbrannten. Und natürlich könnte King erzählen, dass XY - seine Perspektivfigur in dieser Szene - seitdem ein Posttraumatisches Stresssyndron (oder schlimmeres) hat. Das tut King aber nicht, das hat er nicht nötig. Er zeigt es uns.

 

Das wir als Leser das alles schon aus diesen wenigen Zeilen entnehmen, zeigt mir, dass der Text an Überdeutlichkeit krankt: Krieg, ja, ganz schrecklich, Zynismus und Verrohung, posttraumatisches Stresssyndrom - alles da. Die Sprache passt auch dazu. Etwas, das ich mir nicht auch selbst vorstellen könnte, lese ich nicht. Deshalb wirken zwar diese Effekte, aber eine tiefere Wirkung bleibt - zumindest bei mir anhand dieser Textstelle - aus.

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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vor 9 Minuten schrieb AndreasG:

Das wir als Leser das alles schon aus diesen wenigen Zeilen entnehmen, zeigt mir, dass der Text an Überdeutlichkeit krankt: Krieg, ja, ganz schrecklich, Zynismus und Verrohung, posttraumatisches Stresssyndrom - alles da. Die Sprache passt auch dazu. Etwas, das ich mir nicht auch selbst vorstellen könnte, lese ich nicht. Deshalb wirken zwar diese Effekte, aber eine tiefere Wirkung bleibt - zumindest bei mir anhand dieser Textstelle - aus.

Nun schreibt King auch Unterhaltungsliteratur, da geht es sicher nicht darum, die Welt neu zu erklären.

Aber mir stellt sich da die Frage: Kann irgendwer mit einem Satz - oder auch drei, denn dieser hier ist halt sehr lang - eine tiefere Wirkung erzielen, die über einen Effekt hinaus geht?
Vielleicht irre ich mich, aber ich glaube bislang, für eine tiefere Wirkung auf mich als Leserin, braucht es Handlung oder Entwicklung (die vorhergehende Charakterisierung erst mal voraussetzt) oder eine besondere, neue Erkenntnis. Ich könnte mich nicht erinnern, jemals gelesen zu haben, dass jemand ein solches Ziel in so wenigen Zeilen erreicht.
Erst recht in nicht mehr oder weniger wahllos herausgepickten.
 

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Sebastian Niedlich

Ich stimme JenniferB zu. Es handelt sich hier um EINEN Satz (na ja, vielleicht eigentlich doch eher mehrere Sätze), nicht um ein ganzes Buch. Und man mag von King halten, was man will, aber in dem kurzen Auszug bringt er doch relativ viel rüber. Das mag nicht jedermanns Geschmack treffen, aber den trifft kaum ein Text.

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Ich würde Jenny auch zustimmen. Wenn ein einziger (kurzer) Satz so eine Wirkung haben soll, dann muss er zumindest vorbereitet sein. 

Mein Beispiel - hatte ich schon mal irgendwo geschrieben - ist Frank Schätzings Schwarm. Da rutscht unterseeisch das Südschelf ab, rauscht in die Tiefe und löst einen Tsunami aus. Anschließend wird ausschweifend minutiös beschrieben, wie Norddeutschland untergeht, die Panik, die in Minuten zusammenbrechende Infrastruktur, die Millionen Toten und Verletzten ... das geht über Seiten. Langsam beruhigt sich die Lage wieder, die ungeheure Zerstörung wird sichtbar, alles ist schreckgelähmt. Dann kommt eine Leerzeile, danach nur noch ein einziger Satz: Dann rutschte das Nordschelf ab. 

Und man sitzt da mit seinem Kopfkino.

Bearbeitet von KerstinH
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vor 29 Minuten schrieb JenniferB:

Nun schreibt King auch Unterhaltungsliteratur, da geht es sicher nicht darum, die Welt neu zu erklären.

Aber mir stellt sich da die Frage: Kann irgendwer mit einem Satz - oder auch drei, denn dieser hier ist halt sehr lang - eine tiefere Wirkung erzielen, die über einen Effekt hinaus geht?
Vielleicht irre ich mich, aber ich glaube bislang, für eine tiefere Wirkung auf mich als Leserin, braucht es Handlung oder Entwicklung (die vorhergehende Charakterisierung erst mal voraussetzt) oder eine besondere, neue Erkenntnis. Ich könnte mich nicht erinnern, jemals gelesen zu haben, dass jemand ein solches Ziel in so wenigen Zeilen erreicht.
Erst recht in nicht mehr oder weniger wahllos herausgepickten.
 

Wenn ich die Diskussion hier richtig verstehe, geht es ja nicht um U gegen E, sondern darum, was ist "bloßer Effekt" und was "tiefere Wirkung". (Auch das bitte nicht so verstehen, dass Effekte immer schlecht und abzulehnen seien. Man sollte nur, finde ich, eines vom anderen unterscheiden können, um zu wissen, wann man was am "wirkungsvollsten" einsetzt.) Mit Effekten tue ich persönlich mich immer dann schwer, wenn es um die großen Themen geht.

Von Literatur, die die Welt erklären will, halte ich persönlich nicht viel, egal, ob U oder E. Wenn Literatur mir einen Aspekt der Welt oder des Lebens auf eine Weise zeigt, wie ich es noch nicht gesehen habe, ist das schon viel. 

 

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Eine seltsame Diskussion über "Effekt", finde ich.

Alles, was Autoren schreiben, schreiben sie und schreiben es so, weil sie damit einen Effekt erzeugen möchten. Sie möchen den Leser emotional berühren, aufrütteln, unterhalten, amüsieren, informieren, schockieren, erregen, mitfühlen lassen, und vieles mehr. Und natürlich soll der Satz von Stephen King ebenso einen Effekt haben. Nun gibt es Leser, die den Effekt lieben, andere, die ihn gar nicht verspüren und solche, die den Effekt ablehnen - alles hier in der Diskussion vertreten. Dieses Empfinden ist vollkommen individuell, hat vielleicht mit anderen Lebenserfahrungen zu tun, mit Leseerfahrung, mit Vorlieben, Einstellungen, Weltsicht, Charakter und vielem mehr, ist doch völlig normal. Dirk, dir missfällt der Effekt offenbar - fair enough, weder muss oder soll er jedem gefallen.

Du fragst letztlich "Warum genügt es nicht, zu schreiben "Der Helikopter stürzte ab. Die Männer darin verbrannten."? Ist das nicht furchtbar genug?" - Das musst du Stephen King fragen, dir hätte es genügt, ihm nicht. Aus deiner persönlichen Empfindung "furchtbar genug" lässt sich keine allgemeingültige Diskussion machen, jeder ist ein anderer Leser, jeder ist ein anderer Autor.

Andreas

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vor einer Stunde schrieb Andreas:

Du fragst letztlich "Warum genügt es nicht, zu schreiben "Der Helikopter stürzte ab. Die Männer darin verbrannten."? Ist das nicht furchtbar genug?" - Das musst du Stephen King fragen, dir hätte es genügt, ihm nicht. Aus deiner persönlichen Empfindung "furchtbar genug" lässt sich keine allgemeingültige Diskussion machen, jeder ist ein anderer Leser, jeder ist ein anderer Autor.

Andreas

Der Text ist von Stephen King, der noch nicht Mitglied im Forum ist, sonst würde ich ihn ja dazu befragen. Aber der Text ist hier zur Diskussion gestellt worden. Warum sollte ich dann die anderen nicht nach ihrer Meinung dazu fragen? Stimmt schon: Es gibt keine allgemeingültige Aussage, keinen Konsens. Na und? Sollen wir deshalb nicht mehr miteinander über Texte streiten? Ich sehe darin nur Vorteile, solange man die Aussagen anderer respektiert und sich nicht im Ton vergreift, was hier im Forum fast nie der Fall ist. 

Und ja, jeder ist ein anderer Autor. Aber niemand ist eine Insel, um einen berühmten Kollegen zu zitieren. Wir orientieren uns aneinander. Sonst wären unsere Diskussionen sinnleer und wir müssten uns nur noch gegenseitig beklatschen. 

Sagt Abraham zu Bebraham: Kann ich mal dein Cebraham?

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vor 1 Stunde schrieb Andreas:

Alles, was Autoren schreiben, schreiben sie und schreiben es so, weil sie damit einen Effekt erzeugen möchten. Sie möchen den Leser emotional berühren, aufrütteln, unterhalten, amüsieren, informieren, schockieren, erregen, mitfühlen lassen, und vieles mehr.

Das hätte ich ja auch gemeint. "Effekt" ist in meinen Augen eine unglücklich gewählte Kategorie, weil sie abstrakt einen Zweck benennt, den eben auf dieser abstrakten Ebene (richtig!) alle erreichen wollen, während doch eigentlich – jedenfalls soweit man sich an den Textausschnitten von King bzw. Bierbichler orientiert – über die gewählten sprachlichen Mittel gesprochen wird. 

Das heißt nicht, dass sich über die Kategorie des Effekts nicht diskutieren ließe, aber dann wäre mir der Plural lieber, dann müsste man über die inhaltlichen Seite der jeweils erwünschten Effekte sprechen, die sich in eben den gewählten sprachlichen Mitteln ja durchaus zeigen. Nach meinem Verständnis und erst mal grob und kurz umrissen, sehen die bei King für mich so aus:

Dieser Krieg ist – Wahnsinn! Wahnsinn!  Wahnsinn!  Wahnsinn!  Wahnsinn! 

Bei Bierbichler: Mitten im Frieden, keiner denkt an was Böses – ist der Krieg hereinspaziert. Und keiner weiß, was das demnächst für ihn heißt.

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Ich denke, dein Anliegen wäre klarer geworden, wenn du vielleicht geschrieben hättest: "Mir ist das zu plakativ, für mich hätte es gereicht zu schreiben, dass die Männer darin verbrannt sind. Welche Reaktionen löst der Text bei euch aus und warum denkt ihr, ist King hier so ins Details gegangen?"

Wie du an den Reaktionen sehen kannst, ist deine Frage "Warum genügt es nicht ..." nicht als offene sondern suggestive, bestenfalls rhetorische, augenrollende Frage aufgefasst worden. Es war leider nicht zu vermuten, dass du tatsächlich eine handwerkliche Antwort haben wolltest.

Es hat ja Stephen King offenbar nicht genügt. Warum, dazu kann man Vermutungen anstellen. Meine Vermutung: Er wollte den Erzähler charakterisieren als jemand, der nicht nüchtern, sachlich oder wortkarg berichtet, sondern als jemand, der im Empfinden noch sehr nah am Geschehen ist, und bei dem das Szenario ungewöhnliche und verstörende Assoziationen geweckt hat, noch immer auslöst. Dieser verstörende und abstoßende Eindruck sollte auch beim Leser erzeugt werden. Bei einigen Lesern funktioniert das, bei einigen nicht, einige Leser schätzen das, andere nicht.

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vor 12 Minuten schrieb Andreas:

Ich denke, dein Anliegen wäre klarer geworden, wenn du vielleicht geschrieben hättest: "Mir ist das zu plakativ, für mich hätte es gereicht zu schreiben, dass die Männer darin verbrannt sind. Welche Reaktionen löst der Text bei euch aus und warum denkt ihr, ist King hier so ins Details gegangen?"

Wie du an den Reaktionen sehen kannst, ist deine Frage "Warum genügt es nicht ..." nicht als offene sondern suggestive, bestenfalls rhetorische, augenrollende Frage aufgefasst worden. Es war leider nicht zu vermuten, dass du tatsächlich eine handwerkliche Antwort haben wolltest.

Das letzte sehe ich jetzt aber gar nicht, @Andreas und zumindest meine Reaktion steht auch nicht dafür, in Dirks Frage etwas Augenrollendes entdeckt zu haben. Sich über den Einsatz von Bildern in Texten zu äußern, ist eine Frage des Handwerks.

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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vor 3 Minuten schrieb Angelika Jo:

Das letzte sehe ich jetzt aber gar nicht, @Andreas und zumindest meine Reaktion steht auch nicht dafür, in Dirks Frage etwas Augenrollendes entdeckt zu haben. Sich über den Einsatz von Bildern in Texten zu äußern, ist eine Frage des Handwerks

Dann hab ich aus der Diskussion etwas anderes herausgelesen, tut mir leid. Von mir persönlich kann ich aber sprechen: Ich habe die Frage rhetorisch aufgefasst.

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Stimmt, Andreas, das könnte man tatsächlich so lesen (muss man aber nicht). Sehe ich jetzt auch. Ich war aber tatsächlich nur darauf gespannt, was sich in der Diskussion daraus entwickelt. 

Bearbeitet von DirkH

Sagt Abraham zu Bebraham: Kann ich mal dein Cebraham?

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Mir fällt auf, dass ein Aspekt von Effekten bisher nicht genannt wurde: Ob sie neu, frisch und/oder originell sind. Oder schon hundertmal gesehen wie zB der Cliffhanger.

Ich habe mir gerade die anderthalbminütige Duschszene aus Psycho angesehen: Eine Frau duscht, undeutlich durch den Duschvorhang sieht man den Umriss eines Menschen, ein Arm mit einem langen Messer kommt hinter dem Vorhang hervor, dazu die fiesen Geigen "Wiep, wiep, wiep", auf die Frau wird mehrfach eingestochen, Nahaufnahme: ihr schreiender Mund, die Person mit dem Messer flüchtet, Nahaufnahme: die Hand der Frau am Vorhang, Nahaufnahme: der Vorhangringe - der Vorhang reißt ab, die Frau fällt, Nahaufnahme: der Abfluss mit reinfließendem Blut ...

Diese Szene hat zweifellos Filmgeschichte geschrieben. Und zwar auch wegen der vielen Effekte. Die damals absolut neu und ungesehen waren. Allein das "Wiep, wiep, wiep" wurde tausendfach satirisch kopiert.

Es gibt keine Regeln, nur sachkundige Entscheidungen. Und sachkundige Entscheidungen könnt ihr nur treffen, wenn ihr euch sachkundig macht.

Elizabeth George

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vor 17 Stunden schrieb Angelika Jo:

Dieser Krieg ist – Wahnsinn! Wahnsinn!  Wahnsinn!  Wahnsinn!  Wahnsinn! 

Bei Bierbichler: Mitten im Frieden, keiner denkt an was Böses – ist der Krieg hereinspaziert. Und keiner weiß, was das demnächst für ihn heißt.

Zu dieser Unterscheidung der sprachlichen Mittel bin ich übriges auch gekommen, nachdem ich diesen Thread eine Zeitlang verfolgt hatte. Bei Kings Satz erinnere ich mich an verbrannte Haut und eine Stimme, die sich mit großer innerer Erregung daran erinnert. Mein Bild ist das von einem entsetzlichen Ereignis. Bei Bierbichler habe ich ein Bild von einer Idylle mit See, Boot, Pfarrer, Kirche im Gedächtnis, in das der Krieg einbricht.

 

@ HenningS: Die Bilder von Hitchcock haben sich auch bei mir eingebrannt. Wobei mir die Mordszene unter der Dusche weniger stark in Erinnerung ist als der Blick, den der Mörder am Schluss in die Kamera wirft.

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vor 2 Stunden schrieb Christa:

@ HenningS: Die Bilder von Hitchcock haben sich auch bei mir eingebrannt. Wobei mir die Mordszene unter der Dusche weniger stark in Erinnerung ist als der Blick, den der Mörder am Schluss in die Kamera wirft.

Ein weiteres Beispiel dafür, wie unterschiedlich solche Wirkungen sind: Diesen letzten Blick erinnere ich überhaupt nicht. Das ich den Film sah, ist allerdings auch schon über 40 Jahre her

Es gibt keine Regeln, nur sachkundige Entscheidungen. Und sachkundige Entscheidungen könnt ihr nur treffen, wenn ihr euch sachkundig macht.

Elizabeth George

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