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AnnetteSD

Offener Brief gegen Intoleranz

Empfohlene Beiträge

"... auch Leute wie Daniel Radcliffe oder Emma Watson, ja sogar Stephen King, haben sich recht deutlich gegen diese Äußerungen positioniert ..." - na, da bin ich aber froh. Dann muss es ja stimmen, dass Frau Rowling "eine 'schwache' Gruppe gegen die andere aufwiegelt". 

Vielleicht hatte sie einfach nur eine andere Meinung zu einer Sache. Wollte als jemand, der menstruiert (hat), als Frau bezeichnet werden. Geht ja gar nicht! Da muss man natürlich im Namen der Toleranz so richtig einen Shitstorm lostreten und jeden ihrer Verteidigungsversuche immer noch weiter in den Dreck ziehen, da sie ja "nicht ein einziges Mal reflektiert hat". 

Wissen wir natürlich ganz genau. Dass sie durchblicken ließ, Dumbledore könne eventuell homosexuell gewesen sein, was machen wir denn jetzt damit? War das jetzt tolerant oder hinterwäldlerisch? Ich mein, durfte sie das überhaupt, so als Hetera?

 

Weshalb ich mittlerweile auch eigentlich keine Lust mehr darauf habe, zu diesem Thema in diesem Forum zu diskutieren. Es wird gar nicht erst versucht, eine gewisse Empathie an den Tag zu legen oder Strukturen zu überdenken (oder sich um einen vernünftigen Ton zu bemühen?). Ich verfolge nämlich tatsächlich - vermutlich leider im Gegensatz zu manch anderem - die Worte, Texte und Analysen von tatsächlich Betroffenen. Als Empfehlung lege ich euch mal ans Herz, die Texte der AutorInnen Linus Giese (trans Mann) oder Elea Brandt (queer & Psychologin) zu folgen. Nicht alle Kritik ist gleich ein Shitstorm.

Ansonsten lasse ich diese Links hier: https://mobile.twitter.com/Carter_AndrewJ/status/1270787941275762689 https://taz.de/Hormonbehandlung-fuer-trans-Jugendliche/!5696002/ https://alpakawolken.de/harry-potter-und-viele-problematische-dinge/ https://medium.com/@pennyred/terf-wars-why-transphobia-has-no-place-in-feminism-60d3156ad06e (Ja, wird sich vermutlich eh keiner durchlesen, aber was soll's).

 

Mit "schwach" meinte ich übrigens lediglich die gleiche Argumentation, die so mancher AfD'ler gern heranzieht: "Den Ausländern wirft man Geld nach, während unsere Rentner in Armut leben". Auch da wiegelt man eine marginalisierte Gruppe gegen die andere auf, was nicht zielführend und auch nicht Ursache des Problems ist.

 

Und nur mal so als kleinen Fun Fact am Rande: Wenn JKR ja SO sehr für eine ordentliche Repräsentation ist: Warum hat sie Dumbledore dann nicht von Anfang an als homosexuell beschrieben, sondern es - wie so einige andere Dinge - erst später nachgeschoben, als es in den Kern der Zeit passte? Wenn man die Bücher gründlich durch analysiert, gibt es bei JKR einige Problemfelder (einer meiner Links fasst das gut zusammen). Die Bücher sind natürlich auch im Kontext ihrer Zeit zu sehen, man kann sie aber trotzdem mögen und gleichzeitig - samt ihrer Autorin - kritisch sehen. Und zum Glück darf man das auch noch so kommunizieren, ohne sich einen Shitstorm unterjubeln zu lassen.

 

Das war jetzt auch mein letzter Beitrag dazu.

Bearbeitet von KatharinaS
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Und nur mal so als kleinen Fun Fact am Rande: Wenn JKR ja SO sehr für eine ordentliche Repräsentation ist: Warum hat sie Dumbledore dann nicht von Anfang an als homosexuell beschrieben, sondern es - wie so einige andere Dinge - erst später nachgeschoben, als es in den Kern der Zeit passte? 

 

Möglicherweise, weil es für den Roman überhaupt keine Rolle spielte? Sie hat es später erwähnt, als es für die Handlung wichtiger wurde - die Beziehung von Dumbledore zu Grindelwald. Das war im letzten Band und es gibt es ja auch die Serienableger.

 

Im Übrigen ist eine Debattenkultur wichtig und man sollte sich ganz allgemein lieber mit Inhalten anstatt mit Moralkeulen auseinandersetzen. Meistens wird die Moralkeule von denen als erste gezogen, denen die inhaltlichen Argumente ausgehen.

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Und nur mal so als kleinen Fun Fact am Rande: Wenn JKR ja SO sehr für eine ordentliche Repräsentation ist: Warum hat sie Dumbledore dann nicht von Anfang an als homosexuell beschrieben, sondern es - wie so einige andere Dinge - erst später nachgeschoben, als es in den Kern der Zeit passte? 

 

Möglicherweise, weil es für den Roman überhaupt keine Rolle spielte? Sie hat es später erwähnt, als es für die Handlung wichtiger wurde - die Beziehung von Dumbledore zu Grindelwald. Das war im letzten Band und es gibt es ja auch die Serienableger.

 

Im Übrigen ist eine Debattenkultur wichtig und man sollte sich ganz allgemein lieber mit Inhalten anstatt mit Moralkeulen auseinandersetzen. Meistens wird die Moralkeule von denen als erste gezogen, denen die inhaltlichen Argumente ausgehen.

 

 

Na, dann ist es ja vortrefflich, dass ich einiges an Inhalt in meinem Beitrag verpackt habe.

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Doch, ich habs grad gelesen und fühlte mich an so manche 1-Stern-Rezensionen erinnert, die wir alle bekommen. Man schreibt ein Buch, denkt sich nichts Schlimmes dabei und wird dann von Leuten, die sich an bestimmten Inhalten stören, durch den Fleischwolf gedreht. Und plötzlich kommen noch weitere Leute hinzu – nach dem Motto, jetzt wo du es sagst, sehe ich es auch – die den moralischen Finger ausstrecken und auf die unmoralische Autorin zeigen.

Nach all dem, was ich bisher an Kritiken gelesen habe, tut mir J.K. Rowling echt leid. Als Autor hat man es nicht leicht, egal was man schreibt, es kann einem immer im Negativen ausgelegt werden.

Statt Frau Rowling zu fragen, was ihre Gedanken dazu waren, ob sie überhaupt irgendwelche Absichten damit verfolgte, stellen selbsternannte Analysten eine These auf, der sich Hinz und Kunz anschließt. Das ist echt nicht schön.

Bearbeitet von Sabine
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Doch, ich habs grad gelesen und fühlte mich an so manche 1-Stern-Rezensionen erinnert, die wir alle bekommen. Man schreibt ein Buch, denkt sich nichts Schlimmes dabei und wird dann von Leuten, die sich an bestimmten Inhalten stören, durch den Fleischwolf gedreht. Und plötzlich kommen noch weitere Leute hinzu – nach dem Motto, jetzt wo du es sagst, sehe ich es auch – die den moralischen Finger ausstrecken und auf die unmoralische Autorin zeigen.

Nach all dem, was ich bisher an Kritiken gelesen habe, tut mir J.K. Rowling echt leid. Als Autor hat man es nicht leicht, egal was man schreibt, es kann einem immer im Negativen ausgelegt werden.

Statt Frau Rowling zu fragen, was ihre Gedanken dazu waren, ob sie überhaupt irgendwelche Absichten damit verfolgte, stellen selbsternannte Analysten eine These auf, der sich Hinz und Kunz anschließt. Das ist echt nicht schön.

 

Ich oute mich auch. Hab's ebenfalls gelesen (obwohl unterstellt wurde, dass sich eh keiner damit beschäftigt). Und stelle fest, dass nach dieser Analyse (2. Link) Harry Potter auf den Index gehörte. Nein, keine Ironie meinerseits. Die Autorin kann am Ende ihrer Analyse nicht fassen, dass es immer noch Eltern gibt, die ihren Kindern Harry-Potter-Bücher vorlesen. Das wiederum kann ich nicht fassen. Im Übrigen sehe ich es wie Sabine.

 

Kleine Anmerkung am Rande zu Post #26 von KatharinaS:

Jemandem, der Dinge anders sieht und ausdrückt, mangelnde Empathie vorzuwerfen, ist eine Sache. Im gleichen Post die Verbindung zur AfD zu ziehen ... ist eine andere. 

Bearbeitet von KerstinH
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Sebastian Niedlich

Der Text von KatharinaS zeigt recht anschaulich, was in der Diskussion falsch läuft, finde ich. Es fällt mir jetzt etwas schwer das zu schreiben, weil es nicht wie ein Katharina-Bashing rüberkommen soll und sie sicherlich in einigen Punkten recht hat, wie auch viele der Leute, die sich über JKR aufgeregt haben, in gewissen Punkten recht haben. Aber das Posting ist zu stimmig, um es unkommentiert zu lassen.
 
 

Weshalb ich mittlerweile auch eigentlich keine Lust mehr darauf habe, zu diesem Thema in diesem Forum zu diskutieren. Es wird gar nicht erst versucht, eine gewisse Empathie an den Tag zu legen oder Strukturen zu überdenken (oder sich um einen vernünftigen Ton zu bemühen?). Ich verfolge nämlich tatsächlich - vermutlich leider im Gegensatz zu manch anderem - die Worte, Texte und Analysen von tatsächlich Betroffenen. Als Empfehlung lege ich euch mal ans Herz, die Texte der AutorInnen Linus Giese (trans Mann) oder Elea Brandt (queer & Psychologin) zu folgen. Nicht alle Kritik ist gleich ein Shitstorm.
Ansonsten lasse ich diese Links hier: https://mobile.twitter.com/Carter_AndrewJ/status/1270787941275762689 https://taz.de/Hormonbehandlung-fuer-trans-Jugendliche/!5696002/ https://alpakawolken.de/harry-potter-und-viele-problematische-dinge/ https://medium.com/@pennyred/terf-wars-why-transphobia-has-no-place-in-feminism-60d3156ad06e (Ja, wird sich vermutlich eh keiner durchlesen, aber was soll's).

 
Es wird allen anderen Diskutierenden erstmal generell Empathie abgesprochen, was im Grunde heißt: Nur die eigene Meinung zählt oder zählt irgendwie mehr, denn nur man selbst ist ja "empathisch". Das andere Leute eventuell eine andere Perspektive haben, wird erstmal unter den Teppich gekehrt. Sicherlich hat Katharina hier recht, dass viele nicht in der Tiefe die ganze Problematik verfolgen. Aber auch das macht Katharina (oder dich, Katharina, falls du noch mitliest) nicht zur Expertin. Selbst wenn man selbst Transperson, homosexuell o.ä. bist, hast man u.U. nicht dieselbe Perspektive wie andere, bei denen das auch der Fall ist. Vor allem muss man ganz klar sagen, dass nicht alle LGBTQ+-Leute es so sehen. Gehört bzw. gelesen wird nur ein Teil, der ganz besonders laut schreit. Leider kann ich jetzt mit keinen Links dienen, weil ich mir die nicht immer speichere, wenn ich gerade mal was lese, aber ich habe auch von LGBTQ+-Menschen gehört, die den ganzen Rummel um Rowling befremdlich fanden. Aber das ist eben der Punkt: Die meisten Leute lesen das, denken: "Ja, jut, muss ich mich nicht drüber aufregen, also poste ich halt nichts dazu."
 

Mit "schwach" meinte ich übrigens lediglich die gleiche Argumentation, die so mancher AfD'ler gern heranzieht: "Den Ausländern wirft man Geld nach, während unsere Rentner in Armut leben". Auch da wiegelt man eine marginalisierte Gruppe gegen die andere auf, was nicht zielführend und auch nicht Ursache des Problems ist.

 
Und hier wird gleich wieder die Nazi-Keule rausgeholt. Das ist auch so eine Unsitte der "Social Justice Warriors". Wer nicht 100% derselben Meinung ist, ist vermutlich einfach ein Halb-Nazi. Das ist ja auch das, was Rowling von einigen aus der LGBTQ+-Community vorgeworfen wurde. Dass sie sich vermutlich mehr für Frauen, Homosexuelle und Transpersonen eingesetzt hat, als viele jemals im Ansatz tun würde ... egal. Frei nach dem Motto: "OMG! Sie hat nicht so argumentiert, wie ich es tun würde und eventuell hat sie als mißbrauchte Frau eine andere Perspektive darauf, aber DAS GEHT JA GAR NICHT!"
 
Nur zur Klarstellung: Hat JKR z.T. dämliche Sachen gesagt? Keine Frage. Muss man sie deswegen an den Pranger stellen? Nein, denn sie ist auch nur ein Mensch, weiß vielleicht nicht alles und - wie gesagt - hat vielleicht eine bestimmte Perspektive auf das Ganze, die von anderen so nicht geteilt wird. Selbst manche weit schlimmeren Politiker, die tatsächlich mehr bewegen könnten, werden da nicht so angegangen.

 

Und nur mal so als kleinen Fun Fact am Rande: Wenn JKR ja SO sehr für eine ordentliche Repräsentation ist: Warum hat sie Dumbledore dann nicht von Anfang an als homosexuell beschrieben, sondern es - wie so einige andere Dinge - erst später nachgeschoben, als es in den Kern der Zeit passte? Wenn man die Bücher gründlich durch analysiert, gibt es bei JKR einige Problemfelder (einer meiner Links fasst das gut zusammen). Die Bücher sind natürlich auch im Kontext ihrer Zeit zu sehen, man kann sie aber trotzdem mögen und gleichzeitig - samt ihrer Autorin - kritisch sehen. Und zum Glück darf man das auch noch so kommunizieren, ohne sich einen Shitstorm unterjubeln zu lassen.

 
Natürlich darf man die Bücher kritisch sehen. Natürlich darf man das auch kommunizieren. Aber wenn man sich nicht selbst einen Shitstorm unterjubeln lassen will, sollte man vielleicht auch keinen lostreten. Vor allem nicht, wenn man die Bücher auf eine Art und Weise zerpflückt, in der man jedem anderen Buch ebenfalls vorwerfen kann, transphob, rassistisch, tierquälerisch usw. zu sein. Einige der Punkte, die ihr in dem Link vorgeworfen werden, sind so albern, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Snape mobbt ... ja, ach was? Darum ging es doch, zu zeigen, wie scheiße das ist.
Und warum Rowling nicht die ganze Zeit auf Dumbledore mit großen roten Pfeilen gezeigt hat, auf denen "SCHWUL!" stand, sollte mittlerweile auch beantwortet sein. Man KANN es herauslesen, muss man aber nicht. Es gibt durchaus Hinweise darauf, zumal sie ganz klar von Anfang an wusste, welche Backstory Dumbledore hat. (Wenn jemand die Welt vorher durchdacht hat, dann war es JKR.)
Sie hat ebenso bei den meisten Figuren nicht erwähnt, welche Hautfarbe sie haben, weswegen z.B. Hermine im Theaterstück von Teil 8 (wenn man so will) als Schwarze gecastet wurde. Aber offenbar ist man nur wirklich PC wenn man ein großes Gewese um Hautfarben macht.

 

Das war jetzt auch mein letzter Beitrag dazu.

Und dann zieht man sich aus der Diskussion zurück, weil man glaubt, mit seinem letzten Statement das ultimative Argument gegen alle anderen geliefert zu haben ...

 

 

Das Problem mit der ganzen Diskussion ist, dass irgendwann mal Leute anfingen zu glauben, dass Berühmtheiten irgendwie mehr wüssten als "Normalsterbliche". Alle sind nur Menschen. Alle machen Fehler. Deswegen muss man nicht gleich jedem böse Absichten unterstellen. Im Fall von JKR finde ich es pesönlich besonders schlimm, weil sie ohne Frage viel für marginalisierte Gruppen getan hat und tut. Dass ausgerechnet die Leute sie anschreien und bedrohen(!), auf deren Seite sie eigentlich ist, ist einfach absurd zu nennen und hilft nur denen, die etwas gegen diese Personen haben. (Wie schon weiter oben jemand schrieb: Die Revolution frisst ihre Kinder.) Gerade in diesem Fall ist das Thema auch hochkomplex. Selbst wenn man sagt "Na klar, Transfrauen sind Frauen" ist es in der Realität eben nicht ganz so einfach.
Der Diskurs wird leider viel zu emotional geführt.
 

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Der Text von KatharinaS zeigt recht anschaulich, was in der Diskussion falsch läuft, finde ich. Es fällt mir jetzt etwas schwer das zu schreiben, weil es nicht wie ein Katharina-Bashing rüberkommen soll und sie sicherlich in einigen Punkten recht hat, wie auch viele der Leute, die sich über JKR aufgeregt haben, in gewissen Punkten recht haben. Aber das Posting ist zu stimmig, um es unkommentiert zu lassen.

 

Ich finde auch, dass die gesamte Diskussion hier im Faden den Kern der Sache sehr schön darstellt - allerdings mit anderen Vorzeichen:

 

Diskussionen über Themen, die auch nur entfernt irgendetwas mit marginalisierten, unterrepräsentierten oder nicht "normierten" Personengruppen zu tun haben, werden hier mehrheitlich von einer relativ kleinen Gruppe und mit den immer gleichen Argumenten geführt.

Das ist nach einiger Zeit ermüdend, weil nichts Neues dazukommt.

Gegenmeinungen werden zerpflückt und zertrampelt, was dann dazu führt, dass sich noch weniger Gegenmeinungen zu Wort melden.

Letztlich sitzt man dann in seiner Kleingruppe, regt sich über die Intoleranz der Toleranten auf und hält sein Blut schön in Wallung - hat aber überhaupt nichts dazugelernt und den eigenen Horizont auch nicht erweitert.

Im Gegenteil - die ruhigen, ausgleichenden Stimmen schweigen erst recht, wenn sie sich in der Minderheit wähnen.

Und dass man die anderen Stimmen nicht liest, heißt nicht, dass es sie nicht gibt oder dass man auf der vermeintlich "richtigen" Seite steht. Das heißt nämlich, dass die interessanten Diskussionen an anderen Stellen geführt werden, wo eine echte Diskussion möglich und gewünscht ist und man auch gewillt ist, seine eigene Haltung zu überdenken (egal, auf welcher "Seite").

Wenn sich mit Katharina (und zwei, drei anderen) auch die letzte Gegenstimme zurückzieht, haben wir hier wirklich viel Meinungsvielfalt verloren.

Dabei ist Montségur viel mehr als das, was man hier lesen kann.

 

Mit emotionalem Abstand lässt sich das relativ leicht aus dieser Diskussion herauslesen und sie illustriert genau das, was da eigentlich kritisiert werden soll.

 

 

 

 

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Danke Melanie, deine Ausführungen entsprechen genau dem, wie ich diese Diskussion und alle damit zusammenhängenden Threads der letzten Zeit empfinde.

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Man schreibt ein Buch, denkt sich nichts Schlimmes dabei und wird dann von Leuten, die sich an bestimmten Inhalten stören, durch den Fleischwolf gedreht. Und plötzlich kommen noch weitere Leute hinzu – nach dem Motto, jetzt wo du es sagst, sehe ich es auch – die den moralischen Finger ausstrecken und auf die unmoralische Autorin zeigen.

 

Ist nicht genau das Problem, dass Rowling (und andere) sich nichts Schlimmes gedacht, sondern gedankenlos Vorurteile und diskriminierende Glaubenssätze verbreitet haben? Hab ich früher sicher auch, einfach, weil ich gewisse Dinge und Verhältnisse nicht hinterfragt habe. Gedankenlosigkeit IST schlimm.

 

Man kann ein Buch schätzen und es dennoch kritisch betrachten. Die Zeiten haben sich geändert, wir sind alle sensibler für Dinge, die wir vor zwanzig, zehn, fünf Jahren noch nicht hinterfragt haben. Und auch ältere Bücher bzw. bestimmte Inhalte daraus müssen neu bewertet werden. Man kann auch "Robinson Crusoe" nicht mehr so lesen wie jemand, der den Roman zum Zeitpunkt des ersten Erscheinens las. Oder "Vom Winde verweht", "Onkel Toms Hütte" etc.

 

Ich finde sehr wichtig, problematische Aussagen einzuordnen und auch mit seinen Kindern darüber zu reden. Wer will, kann die Bücher (damit meine ich nicht nur Harry Potter) ja weiterhin unkritisch lesen, zeigt damit aber auch, dass ihn Themen wie Rassismus, Sexismus und Ableismus nicht interessieren.

 

Ich finde, das gerade Kinder- und Jugendbuchautor*innen besonders viel Verantwortung haben. Und daher besonders gut darüber nachdenken sollten, was sie ihren Leser*inen vermitteln und wie sie es einordnen. Damit meine ich ausrücklich nicht, dass alles Zuckerwatte, Schmetterlinge und Regenbogen sein soll. Im Gegenteil. Es ist gut, wenn man Dinge wie Rassismus, Sexismus und Ableismus thematisiert – nur sollte man sie auch als Autor*in kritisch hinterfragen und nicht verbreiten. Denn über, dardass diese Dinge nicht okay sind, sind wir uns hoffentlich einig.

Bearbeitet von MaschaV
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Was historische Filme/Cartoons angeht, stellt "Warner Bros." aufgrund der zurzeit grassierenden "Cancel Culture" nun einen jeweiligen Kommentar vorne an:

"The cartoons you are about to see are products of their time. They may depict some of the ethnic and racial prejudices that were commonplace in American society. These depictions were wrong then and are still wrong today. While the following does not represent the Warner Bros. View of Today's Society, these cartoons are being presented as they were originally created, because to do otherwise would be the same as claiming these prejudices never existed.”

Ähnliches wäre vielleicht auch für Buch-Klassiker interessant.

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Was historische Filme/Cartoons angeht, stellt "Warner Bros." aufgrund der zurzeit grassierenden "Cancel Culture" nun einen jeweiligen Kommentar vorne an:

 

"The cartoons you are about to see are products of their time. They may depict some of the ethnic and racial prejudices that were commonplace in American society. These depictions were wrong then and are still wrong today. While the following does not represent the Warner Bros. View of Today's Society, these cartoons are being presented as they were originally created, because to do otherwise would be the same as claiming these prejudices never existed.”

 

Ähnliches wäre vielleicht auch für Buch-Klassiker interessant.

Das fände ich auch gut.

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Michael Beisteiner

Mehr oder weniger

 

Die Problematik ist hier schwarz auf weiß abgebildet. Dem/Der jeweils anders Argumentierenden wird (mehr oder weniger) unterschwellig mitgeteilt, er/sie könne den (mehr oder weniger) konträren Standpunkt nicht einnehmen, verstehen, nachvollziehen. Diverse Standpunkte einnehmen, kann man aber sehr rasch, und ich glaube, die meisten tun das auch. Dann aber ziehen wir uns allmählich zurück auf das Feld der Rechthaberei – und die führt den Diskurs in einen engeren Raum. Weil sie ablenkt. Man verlässt den einmal eingenommenen Standpunkt nicht/kaum mehr, verteidigt ihn (mehr oder weniger) blind. Mal um Mal verschließt man sich den Argumenten des Gegenübers. In diesem Verteidigungswirbel verliert man sukzessive auch seine eigenen aus den Augen. Das ist in erster Linie menschlich. Und eben diese Menschlichkeit verlangt nach immer erneuerbarer und erneuerter Offenheit.

Zuletzt erschienen: Der Tomatenrebell (wortweit)

                                 zwischenlandungen (Arovell)

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Sebastian Niedlich

Ja, Melanie, ich gebe dir in Teilen recht. Allerdings finde ich es gerade interessant und gut, dass die Diskussionen hier im Forum relativ ruhig ablaufen. Denn das, was auf Twitter, Facebook o.ä. abläuft, empfinde ich im Grunde nur als Herumbrüllen. Ich finde es auch schade, wenn du oder Katharina oder andere kritische Stimmen nicht mehr zu Wort kämen, ABER dann bitte auch nicht in einer Art und Weise, die an die oben genannten Formate erinnert.
Und natürlich "zerpflücken" sich hier beide Seiten, wobei es da eben auch unterschiedliche Niveaus gibt.

 

Gerade die Stimmen derer, die sich sonst nicht trauen in so eine Diskussion einzusteigen, interessieren mich persönlich. (Betonung auf "persönlich".)

 

Und Mascha, Gedankenlosigkeit mag schlimm sein, aber sie ist eben genau das: Gedankenlosigkeit. Viel zu oft hat man den Eindruck, dass Gedankenlosigkeit mit "Ich hasse alle und esse auch kleine Kinder" gleichgesetzt wird. Das ist aber keine Basis für eine Diskussion. Wie ich oben schon sagte: Menschen machen Fehler. Keiner von uns ist perfekt. Und ja, wir alle passen unsere Ansichten mit der Zeit an.

 

Ich finde es ebenfalls wichtig, problematische Aussagen gerade mit Kindern zu besprechen. Ich finde es ebenfalls wichtig, dass z.B. Kommentare wie von Ramona gepostet vor Filme und Bücher gesetzt werden. Ich finde es aber eben auch ebenfalls wichtig, dass man solche Filme und Bücher nicht an den Maßstäben von heute messen kann und deswegen nachträglich daran herumfuhrwerkt. Kritische Auseinandersetzung? Ja. Zensur? Nein.

Das bringt uns jetzt aber schon wieder etwas vom Thema weg. Das Thema ist ja eigentlich der Brief gegen Intoleranz. Und ich persönlich empfinde halt wirklich, dass der Tenor in Diskussionen (nicht unbedingt hier im Forum) immer intoleranter wird. Das ist für mich ermüdend.

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Mehr oder weniger

 

Die Problematik ist hier schwarz auf weiß abgebildet. Dem/Der jeweils anders Argumentierenden wird (mehr oder weniger) unterschwellig mitgeteilt, er/sie könne den (mehr oder weniger) konträren Standpunkt nicht einnehmen, verstehen, nachvollziehen. Diverse Standpunkte einnehmen, kann man aber sehr rasch, und ich glaube, die meisten tun das auch. Dann aber ziehen wir uns allmählich zurück auf das Feld der Rechthaberei – und die führt den Diskurs in einen engeren Raum. Weil sie ablenkt. Man verlässt den einmal eingenommenen Standpunkt nicht/kaum mehr, verteidigt ihn (mehr oder weniger) blind. Mal um Mal verschließt man sich den Argumenten des Gegenübers. In diesem Verteidigungswirbel verliert man sukzessive auch seine eigenen aus den Augen. Das ist in erster Linie menschlich. Und eben diese Menschlichkeit verlangt nach immer erneuerbarer und erneuerter Offenheit.

 

Sehr gut auf den Punkt gebracht!

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Man schreibt ein Buch, denkt sich nichts Schlimmes dabei und wird dann von Leuten, die sich an bestimmten Inhalten stören, durch den Fleischwolf gedreht. Und plötzlich kommen noch weitere Leute hinzu – nach dem Motto, jetzt wo du es sagst, sehe ich es auch – die den moralischen Finger ausstrecken und auf die unmoralische Autorin zeigen.

 

Ist nicht genau das Problem, dass Rowling (und andere) sich nichts Schlimmes gedacht, sondern gedankenlos Vorurteile und diskriminierende Glaubenssätze verbreitet haben? Hab ich früher sicher auch, einfach, weil ich gewisse Dinge und Verhältnisse nicht hinterfragt habe. Gedankenlosigkeit IST schlimm.

 

Nein, ist es nicht. Weil man dann jedes Wort auf die Goldwaage legen muss, auch die Worte, bei denen man eben keine Hintergedanken hat, nur um keinem zu nahe zu treten. Wir sind Menschen und keine Roboter, die alles perfekt und den Normen entsprechend machen. Wir haben unterschiedliche Ansichten und geben diese unterschiedlich preis. Gedankenlosigkeit gibt es eigentlich nicht – jemandem so etwas vorzuwerfen, bedeutet in meinen Augen nur, dass das Gesagt nicht den eigenen Werten und Vorstellungen entspricht. Oder dass es schlicht und ergreifend falsch interpretiert wurde. Deshalb wäre es so wichtig, nachzufragen, bevor man jemandem Gedankenlosigkeit vorwirft.

 

Mir wäre es ehrlich gesagt egal, wenn Frau Rowling wirklich etwas gegen Homosexuelle hätte. Das ist ihr Recht, weil ihre persönliche Meinung. Die muss ich mir nicht überstülpen. Dass sich trotzdem immer wieder Menschen Meinungen anderer Personen anschließen, ist nun mal unumgänglich, das sieht man nicht nur an diesem Thread.

Bearbeitet von Sabine
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Ich weiß gar nicht, ob es bei z.B. Rowlings Büchern wirklich um Gedankenlosigkeit geht. Die Bücher sind z.T. mehr als zwanzig Jahre alt, in diesem Zeitkontext sind sie geschrieben. Man müsste doch einer ganzen Generation von Eltern und Kindern Gedankenlosigkeit, Rassismus, Genderfeindlichkeit, fehlende Empathie usw. unterstellen, da sie diese Bücher gehypt haben. Aber damals wurden die Bücher - mein Eindruck - als fortschrittlich gesehen.

 

Wenn es jetzt heißt, sogar Stephen King distanziere sich: Wenn sich jemand dessen Bücher vornähme und sie in dieser Ausführlichkeit wie in dem von Katahrina geposteten Link auf Mobbing, Bodyshaming, Tierquälerei untersuchte, was käme da wohl raus? Aber auch seine Bücher sind Produkte seiner Zeit.

 

Ich glaube außerdem nicht, dass die meisten - zumindest hier - nicht in der Lage sind, den anderen, konträren Standpunkt einzunehmen oder ihn zumindest zu sehen (insofern empfinde ich den ständigen Vorwurf der Empathielosigkeit zumindest haltlos, wenn nicht sogar aggressiv und gewollt beleidigend). Aber es ist eben auch so, dass man Argumente in verschiedene Richtungen drehen (und verdrehen) kann. Nach derselben Logik, nach der man fordert, Rowling hätte bereits damals den Diskurs der jetzigen Zeit vorhersehen sollen, könnte man Emma Watson (oder ihren Eltern) vorwerfen, dass sie die Rolle der Hermine angenommen hat, denn Hermine im Buch ist nicht hübsch, sie hat Hasenzähne und wird für ihr Aussehen gemobbt. Wieder umgedreht könnte man Rowling beschuldigen, dass sie, was Hermine betrifft, im Buch Bodyshaming betreibt und der Film das 'korrigiert'. Es geht in beide Richtungen zu drehen, und ich habe den Eindruck, genau das wird fleißig getan.

 

Rowling wollte Jugendbücher schreiben und hat das beschrieben, was damals im Fokus der Wahrnehmung war. 

Bearbeitet von KerstinH
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Ich finde es treffend, dass jk Rowling's buecher sowohl von ultra-konservativen Christen als bedenklich verteufelt werden, weil es sort um vermeintlich anti-christliche hexerei und Magie geht, und radikale Anhaenger von ultra-linken Bewegungen mit genau demselben fanatischen Eifer gegen sie hetzen.

Fuer mich ist das Ausdruck dafuer, dass solche Ideologien in ihren Glaubenssaetzen immer quasi-religoese Doktrinen haben, deren Gegenmeinung sofort als Haeresie gilt. Wer von dem Eifer, mit dem Miss Rowling angefeindet wird, ueberrascht ist, der sehe sich mal die Reaktion einiger ultrakonservativer Christen auf ihre Buecher an.

Die jetzige Reaktion auf Rowling hat denselben fanatischen Glaubenseifer, im ideologischen Gewand.

Bearbeitet von AlexanderW
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Natürlich waren Rassismus, Sexismus und Ableismus auch schon vor 50,20, 10 Jahren scheiße, ebenso wie Sklaverei. Nur machte man sich als nicht betroffene Person darüber keine Gedanken. Dass viele Bücher dementsprechende Inhalte haben, ist einfach so. Ja, war normal damals, aber dennoch muss man sich aus heutiger Sicht bewusst machen, dass es nicht okay ist, wie Dinge zum Teil dargestellt werden (wieder gar nicht allein auf Rowling zielend, sondern allgemein). Hätte ich in vergangenen Büchern aus Gedankenlosigkeit bzw. der damals üblichen Sichtweise solche Sachen geschrieben, würde ich meine Bücher überarbeiten, falls sich meine Ansichten inzwischen geändert hätten bzw. mir die Problematik bewusst geworden wäre. Oder zumindest ein entsprechendes Vorwort voranstellen.

 

Edit: Meine zukünftigen Bücher werden garantiert auch weniger weiß und heteronormativ werden als vergangene. Da fasse ich mir durchaus auch an die eigene Nase.

Bearbeitet von MaschaV
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Und ich kann mich tatsächlich in keine Position hineinversetzen, die Diskriminierung, Misogynie, Rassismus oder Sexismus in der Literatur verteidigt oder entschuldigt. Auch wenn es "unabsichtlich" war.

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Und ich kann mich tatsächlich in keine Position hineinversetzen, die Diskriminierung, Misogynie, Rassismus oder Sexismus in der Literatur verteidigt oder entschuldigt. Auch wenn es "unabsichtlich" war.

 

Aber macht Rowling das denn wirklich? Oder meinst du, allgemein?

 

PS: Die Frage mag seltsam klingen, da ich schrieb, ich habe den Link von Katharina gelesen. Aber ich finde die meisten Beispiele dort eben nicht überzeugend.

Bearbeitet von KerstinH
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Und ich kann mich tatsächlich in keine Position hineinversetzen, die Diskriminierung, Misogynie, Rassismus oder Sexismus in der Literatur verteidigt oder entschuldigt. Auch wenn es "unabsichtlich" war.

Aber macht Rowling das denn wirklich? Oder meinst du, allgemein?

 

PS: Die Frage mag seltsam klingen, da ich schrieb, ich habe den Link von Katharina gelesen. Aber ich finde die meisten Beispiele dort eben nicht überzeugend.

Allgemein, und ich meinte auch nicht Rowling selbst, sondern diejenigen, die diskriminierende Stereotype in ihren Werken und/oder denen anderer Autor*innen entschuldigen.

 

Ich sehe problematische Darstellungen (Fatshaming zum Beispiel) in Harry Potter, empfinde es aber nicht als sinnvoll, jeden Einzelfall aufzudröseln. Mir geht es um unsere Haltung als Autor*innen und wie wir die in unseren Büchern umsetzen. Für mich ist selbstverständlich, als Autorin auf Seiten derer zu stehen, die diskriminiert werden. Literatur ist für mich nicht dazu da, bestehende Ungerechtigkeit zu zementieren, sondern sie aufzubrechen.

Bearbeitet von MaschaV
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Sebastian Niedlich

Aber Mascha, da sagst du es doch schon selbst:
 

Literatur ist für mich nicht dazu da, bestehende Ungerechtigkeit zu zementieren, sondern sie aufzubrechen.

Wenn Du mit DEINER Literatur das machen willst, okay. Das ist super. Aber diesen Anspruch kann man nicht bei anderen Schriftstellern haben. Manche wollen einfach nur unterhalten. Und manchmal vergreifen sie sich vielleicht dabei im Ton, weil sie es nicht besser wissen oder nicht über jede Art und Weise nachgedacht haben, wie irgendeine Gruppe etwas missverstehen könnte. Und manchmal wollen sie eine auf eine Ungerechtigkeit aufmerksam machen, wie z.B. JKR mit dem Bullying, und dann wird ihnen genau das vorgeworfen.

Die eigentliche Frage dabei ist doch: War es die Intention der schreibenden Person, diese bestehende Ungerechtigkeit durch ihr Schreiben fortbestehen zu lassen?

Und da bezweifle ich bei JKR und auch vielen anderen, die angeprangert wurden, dass das der Fall ist. Wie gesagt: Das soll nicht heißen, dass z.B. JKR nicht auch im Nachgang dumme Dinge gesagt hat, aber sie hat sich wohl kaum hingesetzt und hat gesagt: "So, jetzt werde ich mal ein Buch schreiben, keine Schwarzen drin vorkommen lassen, rassistische Namen benutzen, darin Tiere quälen und die größte weibliche Rolle ordentlich gebulliet werden lassen, weil das so eine tolle Sache ist." Tatsächlich macht sie ja ein Statement GEGEN Bullying, aber das wird aus irgendwelchen Gründen nicht gesehen.
Daniel Defoe hat bei der Beschreibung von Freitag sicherlich auch nicht großartig darüber nachgedacht, ob das irgendwie rassistisch sein könnte, weil er einfach ein Kind seiner Zeit war und man da eine andere Sicht der Dinge hatte. Das muss einem nicht gefallen, ist aber einfach so.
Stephen King hat sicher auch nicht gedacht, dass er Rollstuhlfahrern jetzt mal richtig einen reinwürgen will, als er "Werwolf von Tarker Mills" geschrieben hat.

 

Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendeiner von uns sich ernsthaft hinsetzt und denkt: "Mensch, dieser bestimmten marginalisierten Gruppe werde ich mal ordentlich eins vor den Bug geben!"
Eventuell tun wir das mal, aber Absicht ist das - hoffe ich zumindest - nicht. Und dieser Punkt wird gerne völlig übergangen.

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 Hätte ich in vergangenen Büchern aus Gedankenlosigkeit bzw. der damals üblichen Sichtweise solche Sachen geschrieben, würde ich meine Bücher überarbeiten, falls sich meine Ansichten inzwischen geändert hätten bzw. mir die Problematik bewusst geworden wäre. Oder zumindest ein entsprechendes Vorwort voranstellen.

Der Meinung bin ich überhaupt nicht. Vergangenheit ist für mich nicht nachträglich korrigierbar, dass kann ich nur im zukünftigen Tun. Zu seiner Vergangenheit zu stehen, exakt so wie sie war und ohne sie nachträglich politisch korrekt schön zu färben, ist für mich ein Zeichen von Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Ich bin ein Gegner vom nachträglichen Verändern von Kunst. Ich habe auch etwas dagegen, Denkmäler wegzureißen, weil sie nicht mehr ins aktuelle politische Weltbild passen. Für mich hat das den faden Beigeschmack von "die Fahne nach dem Wind zu hängen".

 

 

Ich sehe problematische Darstellungen (Fatshaming zum Beispiel) in Harry Potter, empfinde es aber nicht als sinnvoll, jeden Einzelfall aufzudröseln. Mir geht es um unsere Haltung als Autor*innen und wie wir die in unseren Büchern umsetzen. Für mich ist selbstverständlich, als Autorin auf Seiten derer zu stehen, die diskriminiert werden. Literatur ist für mich nicht dazu da, bestehende Ungerechtigkeit zu zementieren, sondern sie aufzubrechen.

Auf der Seite von Jemanden zu stehen, heißt für mich auch, sein Tun kritisch zu hinterfragen.

Bearbeitet von Dietmar
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Aber Mascha, da sagst du es doch schon selbst:

 

Literatur ist für mich nicht dazu da, bestehende Ungerechtigkeit zu zementieren, sondern sie aufzubrechen.

Wenn Du mit DEINER Literatur das machen willst, okay. Das ist super. Aber diesen Anspruch kann man nicht bei anderen Schriftstellern haben. Manche wollen einfach nur unterhalten. Und manchmal vergreifen sie sich vielleicht dabei im Ton, weil sie es nicht besser wissen oder nicht über jede Art und Weise nachgedacht haben, wie irgendeine Gruppe etwas missverstehen könnte. Und manchmal wollen sie eine auf eine Ungerechtigkeit aufmerksam machen, wie z.B. JKR mit dem Bullying, und dann wird ihnen genau das vorgeworfen.

 

Die eigentliche Frage dabei ist doch: War es die Intention der schreibenden Person, diese bestehende Ungerechtigkeit durch ihr Schreiben fortbestehen zu lassen?

 

Und da bezweifle ich bei JKR und auch vielen anderen, die angeprangert wurden, dass das der Fall ist. Wie gesagt: Das soll nicht heißen, dass z.B. JKR nicht auch im Nachgang dumme Dinge gesagt hat, aber sie hat sich wohl kaum hingesetzt und hat gesagt: "So, jetzt werde ich mal ein Buch schreiben, keine Schwarzen drin vorkommen lassen, rassistische Namen benutzen, darin Tiere quälen und die größte weibliche Rolle ordentlich gebulliet werden lassen, weil das so eine tolle Sache ist." Tatsächlich macht sie ja ein Statement GEGEN Bullying, aber das wird aus irgendwelchen Gründen nicht gesehen.

Daniel Defoe hat bei der Beschreibung von Freitag sicherlich auch nicht großartig darüber nachgedacht, ob das irgendwie rassistisch sein könnte, weil er einfach ein Kind seiner Zeit war und man da eine andere Sicht der Dinge hatte. Das muss einem nicht gefallen, ist aber einfach so.

Stephen King hat sicher auch nicht gedacht, dass er Rollstuhlfahrern jetzt mal richtig einen reinwürgen will, als er "Werwolf von Tarker Mills" geschrieben hat.

 

Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendeiner von uns sich ernsthaft hinsetzt und denkt: "Mensch, dieser bestimmten marginalisierten Gruppe werde ich mal ordentlich eins vor den Bug geben!"

Eventuell tun wir das mal, aber Absicht ist das - hoffe ich zumindest - nicht. Und dieser Punkt wird gerne völlig übergangen.

 

Ob etwas Absicht ist oder nicht, ist auch gar nicht entscheidend. Denn bloß weil ein Autor sich keine Gedanken macht, heißt das nicht, dass er keine Gedanken äußert. Es sind halt nur nicht die seinen, sondern die "herrschenden", also die der herrschenden Verhältnisse. Unterhaltung ist kein ideologiefreier Raum, im Gegenteil. Gerade dort, wo wenig gedacht bzw. durchdacht und viel gefühlt wird, nisten die Stereotype. Es geht natürlich nicht um jede Einzelheit, jeden kleinen Missgriff, der einem aus Unkenntnis oder Unachtsamkeit unterläuft. Es geht insgesamt um eine Perspektivumkehr. Wenn jemand sich betroffen, marginalisiert, diskriminiert, lächerlich gemacht fühlt, ist nicht der Getroffene derjenige, der sich rechtfertigen muss und der Verursacher nicht dadurch entschuldigt, dass er sagt: War nicht so gemeint, war keine Absicht. Der Elefant im Porzellanladen wollte auch das Geschirr nicht zerdeppern.

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Sebastian Niedlich

Ich finde schon, dass das ganz entscheidend ist. Siehe das Beispiel, dass ich bei JKR gebracht habe. Man wirft ihr vor übers Bullying zu schreiben, aber ihre Absicht war es ja ganz eindeutig nicht zu sagen "Das ist total super!", sondern ganz das Gegenteil.

 

Und man kann eben nicht steuern, wovon andere Leute sich auf den Schlips getreten fühlen. Das wird man nie 100%ig hinbekommen. Wenn jemand Krimis schreibt und da eine Frau umgebracht wird, könnte auch jemand sagen: "Was soll diese Gewalt gegen Frauen? Hätte es nicht ein Mann sein können?" Das ist aber nicht die Absicht des Autors. Der wollte einfach nur jemanden haben, der am Anfang des Krimis umgebracht wird. (Die nächste Frage wäre dann, ob man offenbar gar keine Krimis mehr schreiben darf, in denen Frauen umgebracht werden etc.)

Ich kann auch nicht Karl May vorwerfen, dass er die amerikanischen Ureinwohner Indianer genannt hat. Seine Absicht dahinter war sicherlich nicht, sie schlecht zu machen. Zumindest meiner Erinnerung nach. Ist zu lange her, ich mag mich irren.

Der Elefant im Porzellanladen muss auch nicht gleich getötet werden, weil er bestimmt nicht in den Laden ging, um das Geschirr zu zerdeppern.

 

Noch einmal: Ich sag nicht, dass man auf gewisse Dinge nicht achten sollte, aber man kann nicht alle Fälle antizipieren.

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