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MaschaV

Benutzt ihr Plotmodelle?

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Wenn man nur eine Idee hat - ich schreib jetzt mal über Aliens oder über Karma - braucht man möglicherweise dringender ein Plotmodell; einfach um zu sehen, wie daraus eine spannende Geschichte werden kann. 

 

Sollte man meinen. Meine Erfahrung ist eine andere.

 

Als wir die "44 Stunden von Wolfenbüttel" gemacht haben – den Versuch, an einem Wochenende einen kompletten Roman zu schreiben* –, haben wir mit nur einer Idee angefangen: Ein Raumschiff fliegt zum Jupiter und entdeckt da irgendwas Epochales.

 

Und dann standen wir – alle 15 – eine geschlagene Stunde vor dem Plotmodell, das ich an die Tafel gemalt hatte, und uns fiel und fiel einfach nichts ein. Außer Kleinkram. Ich sah das Experiment schon scheitern.

 

Als uns nur noch 42,5 Stunden blieben, sagte ich: "Vergessen wir das mit dem Plot und den Akten. Denken wir über die Figuren nach." 

 

Und kaum fingen wir an, über unsere Figuren nachzudenken, purzelten die Ideen nur so. Und wenn bei 15 Leuten die Ideen purzeln, dann geht es ziemlich schnell: Eine halbe Stunde später stand der Plot, und wir konnten ans Schreiben gehen.  

 

____________________

*der übrigens geglückt ist: nach 43 Stunden und 12 Minuten (Essen und Schlafen inklusive!!) stand das Manuskript, mit über 300 Seiten!

 

 

Sehr vielsagende Geschichte! Sie bringt für mich (und mein Schreiben) die Sache sehr gut und anschaulich auf den Punkt. Es geht ja immer um Figuren, die Figuren ergeben die Handlung, und nicht die Handlung ergibt die Figuren. Sonst würde man nur Pappkameraden durch Kulissen schieben. (Sicher, solche Romane und Filme gibt es, ist aber nicht meins.) Deshalb gehe ich immer von den Figuren aus und von ihrer inneren Entwicklung. Das ist auch das, was mich interessiert. Dramaturgie ist dabei nur ein Werkzeug, um eine innere Entwicklung durch äußere Handlung abzubilden. Figuren und ihre Entwicklung sind für mich der Inhalt oder die Essenz, die Handlung ist die Verpackung.

 

 

Damit bin ich nur zum Teil einverstanden, Andreas. Klar, Figuren und ihre Ziele, ihr Charakter,  ihre inneren Konflikte, vor allem auch ihre Beziehungen zu oder Berührungen mit anderen Figuren und deren Ziele (etc.) tragen ganz maßgeblich zur Handlung bei. Und dass Figuren den Anstoß für eine Handlungsidee geben, wie AndreasE sagt, auch dass ist ohne Zweifel richtig. Alle meine Buchideen haben mit einer oder mehrerer Figuren begonnen.

 

Aber dass die Handlung nur Verpackung sein soll, damit bin ich gar nicht einverstanden. Denn, wie im richtigen Leben, zeigt sich der Mensch erst wirklich, wenn er in eine ungewohnte Situation gerät, unter Druck gesetzt oder bedroht wird. Wie weit ist es dann mit Solidarität, mit Empathie, Mut, Aufopferung, mit Cleverness, Durchhaltevermögen? Wie stark ist dann die Liebe, die Ehrlichkeit? Wie treu und wie verlässlich ist der Mensch dann? Zwölf Überlebende in einem Rettungsboot auf hoher See - weit und breit keine Hilfe in Sicht. Wie reagiert da jeder Einzelne?

 

Man kann Figuren und Handlung nicht voneinander trennen.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Wenn man nur eine Idee hat - ich schreib jetzt mal über Aliens oder über Karma - braucht man möglicherweise dringender ein Plotmodell; einfach um zu sehen, wie daraus eine spannende Geschichte werden kann. 

 

Sollte man meinen. Meine Erfahrung ist eine andere.

 

Als wir die "44 Stunden von Wolfenbüttel" gemacht haben – den Versuch, an einem Wochenende einen kompletten Roman zu schreiben* –, haben wir mit nur einer Idee angefangen: Ein Raumschiff fliegt zum Jupiter und entdeckt da irgendwas Epochales.

 

Und dann standen wir – alle 15 – eine geschlagene Stunde vor dem Plotmodell, das ich an die Tafel gemalt hatte, und uns fiel und fiel einfach nichts ein. Außer Kleinkram. Ich sah das Experiment schon scheitern.

 

Als uns nur noch 42,5 Stunden blieben, sagte ich: "Vergessen wir das mit dem Plot und den Akten. Denken wir über die Figuren nach." 

 

Und kaum fingen wir an, über unsere Figuren nachzudenken, purzelten die Ideen nur so. Und wenn bei 15 Leuten die Ideen purzeln, dann geht es ziemlich schnell: Eine halbe Stunde später stand der Plot, und wir konnten ans Schreiben gehen.  

 

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*der übrigens geglückt ist: nach 43 Stunden und 12 Minuten (Essen und Schlafen inklusive!!) stand das Manuskript, mit über 300 Seiten!

 

 

Sehr vielsagende Geschichte! Sie bringt für mich (und mein Schreiben) die Sache sehr gut und anschaulich auf den Punkt. Es geht ja immer um Figuren, die Figuren ergeben die Handlung, und nicht die Handlung ergibt die Figuren. Sonst würde man nur Pappkameraden durch Kulissen schieben. (Sicher, solche Romane und Filme gibt es, ist aber nicht meins.) Deshalb gehe ich immer von den Figuren aus und von ihrer inneren Entwicklung. Das ist auch das, was mich interessiert. Dramaturgie ist dabei nur ein Werkzeug, um eine innere Entwicklung durch äußere Handlung abzubilden. Figuren und ihre Entwicklung sind für mich der Inhalt oder die Essenz, die Handlung ist die Verpackung.

 

 

Damit bin ich nur zum Teil einverstanden, Andreas. Klar, Figuren und ihre Ziele, ihr Charakter,  ihre inneren Konflikte, vor allem auch ihre Beziehungen zu oder Berührungen mit anderen Figuren und deren Ziele (etc.) tragen ganz maßgeblich zur Handlung bei. Und dass Figuren den Anstoß für eine Handlungsidee geben, wie AndreasE sagt, auch dass ist ohne Zweifel richtig. Alle meine Buchideen haben mit einer oder mehrerer Figuren begonnen.

 

Aber dass die Handlung nur Verpackung sein soll, damit bin ich gar nicht einverstanden. Denn, wie im richtigen Leben, zeigt sich der Mensch erst wirklich, wenn er in eine ungewohnte Situation gerät, unter Druck gesetzt oder bedroht wird. Wie weit ist es dann mit Solidarität, mit Empathie, Mut, Aufopferung, mit Cleverness, Durchhaltevermögen? Wie stark ist dann die Liebe, die Ehrlichkeit? Wie treu und wie verlässlich ist der Mensch dann? Zwölf Überlebende in einem Rettungsboot auf hoher See - weit und breit keine Hilfe in Sicht. Wie reagiert da jeder Einzelne?

 

Man kann Figuren und Handlung nicht voneinander trennen.

 

 

Ich habe mich ein bisschen missverständlich ausgedrückt mit dem Wort "Verpackung", Ulf, denn eigentlich meine ich genau das, was du sagst. Die Handlung lässt sich nur von der Figur her entwickeln, ist aber natürlich nicht bloß "Nebensache". Aber bevor ich zur Handlung komme, frage ich mich: Was will ich an meiner Figur zeigen? Wie soll sie sich verändern? Was brauche ich für Situationen usw., um die Figur zu zeigen, und was muss mit ihr passieren, in welche Situationen muss sie kommen, damit sie sich so entwickelt, wie ich es mir vorstelle. Eigentlich sind Plot-Modelle daher eher "Psychogramme" von Charakterentwicklungen.

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Sebastian Niedlich

Ich glaube, dass man nicht konkret sagen kann "Eine Geschichte muss von den Figuren her kommen" oder "Eine Geschichte muss vom Plot her stammen". Das kommt auf jede schreibende Person individuell an. Manche Autoren funktionieren so, manche funktionieren so.

 

Ich glaube fest, dass man für eine Handlung die perfekten Figuren erfinden kann.

Ich glaube auch fest, dass man aus tollen Figuren einen tollen Plot machen kann.

Aber die Entstehung einer Geschichte kann eben mal so und mal so passieren. Das macht einen Weg nicht weniger richtig als den anderen.

Bearbeitet von Sebastian Niedlich
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Na, dann hätten wir's ja jetzt ;-). Und stellen fest, es gibt plot- und charaktergetriebene Geschichten. Entsprechend ist zuerst das eine oder das andere im Fokus ... sicher auch abhängig vom Genre.

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Na, dann hätten wir's ja jetzt ;-). Und stellen fest, es gibt plot- und charaktergetriebene Geschichten. Entsprechend ist zuerst das eine oder das andere im Fokus ... sicher auch abhängig vom Genre.

 

Für mich ist immer beides im Fokus.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Na, dann hätten wir's ja jetzt ;-). Und stellen fest, es gibt plot- und charaktergetriebene Geschichten. Entsprechend ist zuerst das eine oder das andere im Fokus ... sicher auch abhängig vom Genre.

 

Das kommt mir so bekannt vor. Als hätten wir das hier schon mehrmals diskutiert. Und richtig: zum Beispiel 2007 gab es einen

ganz großen Thread dazu, und so richtig emotional. ;)

 

Wichtig ist m.E. auf jeden Fall: Dass der Autor sich gleich am Anfang fragt, was für eine Geschichte er überhaupt erzählen will.

Aus dem alten Thread habe ich auch erfahren, dass diese Begriffe plot-getrieben und charaktergetrieben ebenfalls aus der Drehbucharbeit kommen.

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Sprich: Meiner Erfahrung ist die, dass man, wenn man erst eine Grundidee hat, die man ausbauen will, gut beraten ist, sich zuerst zu überlegen, was für Figuren in der Geschichte eine Rolle spielen müssen oder können … und sich Plotmodelle erst vorzunehmen, wenn man einen HAUFEN Ideen hat, die es zu ordnen gilt. Das ist dann erst mal simples Sortieren ("das gehört in den Anfang … das an den Schluss … das in die Mitte … das ist, ähm, nee, unbrauchbar …" usw.), und innerhalb der Abschnitte ergibt sich eine Reihenfolge meistens ganz logisch aus den Ideen selber.

 

 

 

Aber bist du dir sicher, dass das für alle Genres und nicht speziell für Science Fiction, Fantasy o.ä. gilt?

 

Bei den meisten anderen Genres stelle ich es mir schwer vor, erst einmal alle möglichen Ideen zu sammeln und die dann zusammenzubringen oder rauszuschmeißen.

 

Ich glaub, der Plot könnte dann schnell völlig überladen sein. Gerade bei Autoren, die keine Profis sind.

 

 

Von Genres versteh ich ja bekanntlich nichts, aber ich meine, für einen guten Liebesroman braucht man nicht weniger Ideen als für einen guten SF-Roman oder einen guten Thriller. 

 

Außerdem habe ich nichts von einem "Ideen-Annahme-Schluss" gesagt. Wenn weitere Ideen kommen, dann kommen sie eben. Wenn sie gut sind, strickt man sein Buch eben um.

 

"Überladene Plots" haben andere Ursachen als "zu viele Ideen gehabt".

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