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CarinaR

Die Sache mit dem Show und dem Tell

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Der entscheidende Nachteil von "show" ist, dass die Handlung zwar spannend ist, aber sich kaum vorwärts bewegt. Würde alles in "show" geschrieben, hätten wir nur noch dicke Wälzer. Glücklicherweise ist nicht alles wert, detailliert ausgebreitet zu werden. Es kann gestrafft werden, und dafür ist "tell" das Mittel der Wahl. Der Handwerkskünstler weiß genau, wann er "show" und wann er "tell" einsetzen  muss. Das Prinzip ist einfach, die Einzelfallentscheidung allerdings überhaupt nicht.

Frohes Schaffen
Wolf

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In Stephen Kings Roman "Dead Zone" gibt es eine Stelle, die ich häufig für meinen Unterricht verwende, wenn es um Show und Tell geht.

Ich übersetze diese Stelle zunächst mal in reines Tell:

Anfang 1974 beendete Walt Hazlett seine Ausbildung. Er und Sarah gaben daraufhin eine riesige Party, bei der sehr viel Bier getrunken wurde. Es wurde ein extrem ausgelassenes Fest.

Stephen King schreibt aber:

Im Frühjahr 1974 bestand Walt Hazlett sein Examen. Er und Sarah gaben eine Party für seine Freunde, ihre Freunde und alle gemeinsamen Freunde --  alles in allem mehr als vierzig Leute. Das Bier floß wie Wasser, und nachdem es vorbei war, sagte Walt, sie könnten sich glücklich schätzen, dass sie nicht aus der Wohnung hinausgeworfen worden waren.

Das ist im strengen Sinne auch viel Tell, aber durchsetzt mit Show-Elementen und vor allem sehr bildhaft. Unter anderem:

-- für seine Freunde, ihre Freunde und alle gemeinsamen Freunde

-- Das Bier floß wie Wasser

-- sie könnten sich glücklich schätzen, dass sie nicht aus der Wohnung hinausgeworfen worden waren.

Ich habe diese Art des Schreibens intensiv analysiert und kann das nur jedem empfehlen. Es lohnt sich!

 

Es gibt keine Regeln, nur sachkundige Entscheidungen. Und sachkundige Entscheidungen könnt ihr nur treffen, wenn ihr euch sachkundig macht.

Elizabeth George

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Sehe ich auch so. Tell ist nicht gleich Tell. Es kommt auf die Umsetzung an. 

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Tell kann sich sehr gut lesen, wenn es durch einen guten Erzähler geschieht. Thomas Mann zum Beispiel. Da liegt der Lesegenuss einfach auf einer anderen Ebene. Ich würde auch sagen, dass sich die vielgepriesene Unverwechselbarkeit einer Erzählstimme vor allem im Tell zeigt.

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