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CarinaR

Die Sache mit dem Show und dem Tell

Empfohlene Beiträge

Freundin: "Wow, Carina, dein neues Buch läuft gut, obwohl du ziemlich viel Tell statt Show drin hast!"

 

Ich: "Das mache ich eigentlich immer so. Von seichten Liebesromanen wollen die Leser sich berieseln lassen, und mit dem hohen Tell-Anteil halte ich den Raum für notwendige Interpretationen in Grenzen."

 

Freundin: "Genau diesen Interpretationsraum wollen viele Leser aber gerne haben. Er macht die Romane lebendiger und wirkt nicht so nach, du weißt schon, unbeholfenem Erklärbar. Ein hoher Show-Anteil funktioniert deswegen auch für dieses Genre wunderbar. Wenn du ihn gekonnt einsetzt, steht er einem Sich-berieseln-Lassen nicht im Weg. Allerdings entdecke ich in den Charts tatsächlich nicht wenige Liebesromane, die einen recht hohen Tell-Anteil haben."

 

Ich: "Beides kann eben funktionieren."

 

Freundin: "Ich könnte mir jedenfalls nicht vorstellen, den Show-Anteil in meinen Romanen zu verringern."

 

Ich: "Musst du auch nicht. Wir können unterschiedliche Stile haben, selbst für dasselbe Subgenre. Und in einem Punkt gebe ich dir recht: Der Tell-Anteil darf nicht ZU groß werden. Ich kenne durchaus Liebesromane, die damit beginnen, dass der Erzähler dem Leser seitenweise erklärt, wo die Eltern des Protagonisten herkommen und so weiter. Mein Fall ist das auch nicht. Aber auch die können sich richtig gut verkaufen."

 

Freundin: "Wie hoch darf der Tell-Anteil bei dir also maximal sein?"

 

Ich: "Wenn ich das wüsste! Da gehe ich nach Gefühl. Ich bin mir aber dessen bewusst, dass er bei mir ziemlich hoch ist. Verlagen könnte das ein Dorn im Auge sein - ich bin mir nicht sicher."

 

Freundin: "Mag sein, dass Selfpublisher sich einen höheren Tell-Anteil erlauben können; darüber habe ich ebenfalls keinen Überblick. Aber wonach entscheidest du dann, an welchen Stellen ein Tell-Block vorkommt?"

Ich: "Auch nach Gefühl. Jedenfalls werde ich diesem Anteil auch in Zukunft mehr Raum geben, als viele Schreibratgeber erlauben würden."

 

Freundin: "Es gibt auch Fälle, in denen ein Tell-Block sinnvoller ist."

 

Ich: "Woran denkst du?"

 

Freundin: "An Rückblenden."

 

Ich: "Auch das kann man wohl nicht verallgemeinern."

 

Freundin: "Nee. Außerdem muss es nicht immer gleich ein ganzer Block sein. Hier und da ein Tell-Satz, das ist ja ganz normal."

 

...

 

Was sind eure Gedanken dazu? Würde mich mal interessieren.

~~~ Carina alias C. R. Scott ~~~

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Da gibt es meiner Meinung nach überhaupt keinen Königsweg. Ich kenne Bücher, da liebe ich das viele Show, aber ich habe auch schon Bücher gelesen, in denen sehr, sehr viel Tell war und ich war begeistert. Wenn jemand viel Tell verwendet, ist meist die Erzählstimme das Besondere, da höre ich dem Erzähler dann einfach gerne zu.

Es kommt auch drauf an, was dem Autor mehr liegt. Ich würde gerne gutes Tell können, ich mag es, wenn die Bücher mit "Geschwafel" des Protagonisten beginnen anstatt mit einer filmischen Szene, aber mir liegt Show einfach mehr.

Wenn sich deine Bücher super verkaufen, dann machst du alles richtig. Mach nicht den Fehler und ändere dich, nur weil andere was anderes von dir wollen.

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Meiner Meinung nach ist diese 'Show don't tell' - Regel tatsächlich für absolute Anfänger gedacht, die (noch) nicht wissen, wie sie ins Erzählen kommen. Und bei diesen Anfängern eben auch nur für die Gruppe, die diesbezüglich kein natürliches Gespür haben und sich das flüssige, lebendige Erzählen erst erarbeiten müssen. Sobald man weiß, was man erzählen will, entwickelt man auch recht schnell ein Gefühl dafür, wie es am besten gelingt und dass ich nicht alles, wirklich alles auserzählen muss. Dass ich Lücken lasse, mit Bildern arbeite, die Beschreibung in die Handlung einbaue oder aus dem Blickwinkel der Perspektivfigur verbunden mit deren Emotionen (oder nicht) präsentiere usw.

Ich bekomme beim Thema 'Show don't tell' immer ein paar Pickel, weil ich finde, dass es viel zu oft schablonenhaft verwendet wird und damit ein Hilfsmittel, das für absloute Anfänger vielleicht geeignet ist (meine Meinung, siehe oben), auf Texte angewandt wird, wo dieses Hilfsmittel nichts (mehr) zu suchen hat.

Bearbeitet von Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Ich bekomme beim Thema 'Show don't tell' immer ein paar Pickel, weil ich finde, dass es viel zu oft schablonenhaft verwendet wird und damit ein Hilfsmittel, das für absloute Anfänger vielleicht geeignet ist (meine Meinung, siehe oben), auf Texte angewandt wird, wo dieses Hilfsmittel nichts (mehr) zu suchen hat.

 

Oh ja, wenn dann jemand kommt und sagt, da hast du nur "Das macht mich wütend" geschrieben, besser ist, du zeigst, dass sie wütend ist, lasse sie ein paar Blätter vom Tisch fegen oder die Tür zuknallen  ::) . Ist ja nicht so, als würde der Leser nicht auch spüren, dass sie gerade wütend wird, aber man muss nicht jeden Satz in Show umsetzen. Da können Schreibratgeber-Sklaven echt nervig werden.

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Sebastian Niedlich

Aber ist das nicht immer das Problem mit Leuten, die gerade einen bestimmten Schreibratgeber gelesen haben und denken: "Mensch, so und nicht anders muss das sein!"?

 

Es kommt halt wirklich darauf an. Wie Sabine schon sagt: Manchmal ist das "Tell" durch die Art und Weise, wie es erzählt wird, halt gerade das Interessante. Gleichzeitig kann ich in einem anderen Buch, das fast komplett ohne große Dialoge auskommt, darüber fasziniert sein, wie gut das "Show" funktioniert.

 

Irgendwann stellt halt jeder mal fest, dass Dinge, die in Absoluten gemessen werden, vermutlich nicht richtig sind.

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Aber ist das nicht immer das Problem mit Leuten, die gerade einen bestimmten Schreibratgeber gelesen haben und denken: "Mensch, so und nicht anders muss das sein!"?

Ich verstehe Schreibratgeber auch als Impluse. Als Orientierungen. Vorschläge. Optionen. Als eine Möglichkeit unter mehreren. Eigentlich sollten sie auch stets dementsprechend formuliert sein. Auch wenn dadurch wahrscheinlich einiges von ihrer Eindringlichkeit und Klarheit verloren gehen könnte. :-/

~~~ Carina alias C. R. Scott ~~~

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Sebastian Niedlich

Vielleicht sollte man in erster Linie daran denken, dass man für sich selbst schreiben sollte. Also das, was du schreibst, sollte dir selbst auch gefallen. Und wenn du kein Problem hast, wenn einer ander Stelle mehr "Tell" als "Show" ist, dann haben es deine Leser vielleicht auch nicht. Manche sehen es vielleicht anders, aber die würden eben auch andere Bücher schreiben. Trotzdem sollte man immer offen für Kritik sein, wenn sie gut begründet ist. Vielleicht kannst du dich ja wirklich noch verbessern. Nur verbiegen solltest du dich eben nicht.

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Aber ist das nicht immer das Problem mit Leuten, die gerade einen bestimmten Schreibratgeber gelesen haben und denken: "Mensch, so und nicht anders muss das sein!"?

Ich verstehe Schreibratgeber auch als Impluse. Als Orientierungen. Vorschläge. Optionen. Als eine Möglichkeit unter mehreren. Eigentlich sollten sie auch stets dementsprechend formuliert sein. Auch wenn dadurch wahrscheinlich einiges von ihrer Eindringlichkeit und Klarheit verloren gehen könnte. :-/

 

 

Da empfehle ich: James Wood, Die Kunst des Erzählens.

 

Im Übrigen gilt für Show und Tell das, was für jedes dramaturgische Werkzeug gilt: Statt sich Gedanken über "erlaubte" oder gerade noch "tolerierbare" Prozentanteile in einem Text zu machen, sollte man sich überlegen, was ein Werkzeug kann und wie es wirkt. So kann man es nämlich immer dann passgenau einsetzen, wenn es gebraucht wird. Doch leider fehlt bei den Dogmatikern sehr oft das Wissen um die Wirkung.

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Ich gehe dann ins "Show", wenn es (für mich selbst) interessant wird. Wenn mein Bauch mir sagt, das möchte ich jetzt sozusagen im ON miterleben (ich glaube, das habe ich vom Drehbuchschreiben, bei dem man gezwungen ist, mit dem Show sehr ökonomisch umzugehen).
Ich nutze das "Tell" für Raffungen, Stimmungen und die Innensicht einer Figur. Einfach, wenn ich das Bedürfnis dafür empfinde. In den Überarbeitungen ändere ich das selten, und wenn, dann inhaltlich / stilistisch.

 

Schöne Grüße,

 

Holger

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Ich werde Worte weder zählen noch in Prozent umrechnen, aber ich bin im letzten Buch tatsächlich mal bewusst mehr ins Erzählen gegangen - habe den Leuten auch mal ganz klar erzählt, was sie bitteschön jetzt zu empfinden haben, statt es ihnen zu zeigen, wie ich es sonst gemacht habe.

Zack. 4 Auflagen und Spiegelbestsellerliste ;D

Okay, Disclaimer. Da hat sicherlich sehr viel mehr dazu beigetragen, als das schlichte Verständnis dafür, dass man den Leser:innen im Genre heute einfach mehr vorkauen muss. Cover, Werbung, starke Buchhandelspräsenz ... bestimmt nicht ganz unwichtig.

Aber. Ich habe in keiner, in absolut keiner Rezension mehr den Kritikpunkt gelesen, der sonst exemplarisch für meine Bücher stand: "Bisschen unterkühlt, es fehlen Emotionen, spröde ..." Und ich schwör's - die Emotionen waren vorher auch da. Ich habe sie nur gezeigt, statt den Leser an der Hand zu packen und "Ist das nicht tragisch!? Nu wein doch mal!" zu brüllen.

 

Dafür gibt es dann keine Preise und kein Lob von Kolleg:innen und sehr kritische Leser:innen sagen dann auch mal, es wäre nicht so besonders. Aber ... ich verdiene plötzlich Geld mit dem Buch ;)

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Ich werde Worte weder zählen noch in Prozent umrechnen, aber ich bin im letzten Buch tatsächlich mal bewusst mehr ins Erzählen gegangen - habe den Leuten auch mal ganz klar erzählt, was sie bitteschön jetzt zu empfinden haben, statt es ihnen zu zeigen, wie ich es sonst gemacht habe.

Zack. 4 Auflagen und Spiegelbestsellerliste ;D

Okay, Disclaimer. Da hat sicherlich sehr viel mehr dazu beigetragen, als das schlichte Verständnis dafür, dass man den Leser:innen im Genre heute einfach mehr vorkauen muss. Cover, Werbung, starke Buchhandelspräsenz ... bestimmt nicht ganz unwichtig.

Aber. Ich habe in keiner, in absolut keiner Rezension mehr den Kritikpunkt gelesen, der sonst exemplarisch für meine Bücher stand: "Bisschen unterkühlt, es fehlen Emotionen, spröde ..." Und ich schwör's - die Emotionen waren vorher auch da. Ich habe sie nur gezeigt, statt den Leser an der Hand zu packen und "Ist das nicht tragisch!? Nu wein doch mal!" zu brüllen.

 

Dafür gibt es dann keine Preise und kein Lob von Kolleg:innen und sehr kritische Leser:innen sagen dann auch mal, es wäre nicht so besonders. Aber ... ich verdiene plötzlich Geld mit dem Buch ;)

Schöne Geschichte, danke dafür. :-)

Gab es vorher also mehr Lob von Kolleginnen, eben für mehr Show?

~~~ Carina alias C. R. Scott ~~~

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Ja, definitiv! (Woran es sicher nicht NUR daran lag, sondern auch daran, dass ich früher versucht habe, beliebte Klischees zu vermeiden oder zumindest zu brechen - diesmal habe ich sie genutzt.)

Ich bin vor allen mit den Büchern zuvor echt oft zu Preisen nominiert worden oder habe welche mitgenommen - vor allem bei solchen, wo halt Autor:innen und Lektor:innen in der Jury sitzen.
Diesmal gar nicht, bzw nur einen Abstimmungs-Publikumspreis.

Ich habe halt gezielt publikumswirksamer geschrieben - und das spricht dann eben auch eher das Publikum an, während Fachleute es vielleicht sogar für einen Schritt zurück halten.

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Ein wenig off topic, Jennifer, aber mich würde interessieren, wie es dir mit der Entscheidung geht, gezielt für den Markt zu schreiben statt Klischees zu vermeiden, der Geschichte Brüche zu gestatten.

Kannst du genauso hinter diesem Buch stehen wie hinter den anderen? Oder wertest du es selbst eher ab? Hast du das Gefühl, du hast dein Ethos verraten oder freust du dich ganz einfach über den Erfolg?

Bearbeitet von KarinKoch
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Ich habe halt gezielt publikumswirksamer geschrieben - und das spricht dann eben auch eher das Publikum an, während Fachleute es vielleicht sogar für einen Schritt zurück halten.

"Einen Schritt zurück" - oh je.  :p  Ich denke, ich weiß, was du meinst. Und ich, die ausschließlich seichte Unterhaltung produziert und sich damit sauwohl fühlt, fände eine solche Ansicht schade.

~~~ Carina alias C. R. Scott ~~~

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Ein wenig off topic, Jennifer, aber mich würde interessieren, wie es dir mit der Entscheidung geht, gezielt für den Markt zu schreiben, Klischees zu vermeiden, der Geschichte Brüche zu gestatten.

Kannst du genauso hinter diesem Buch stehen wie hinter den anderen? Oder wertest du es selbst eher ab? Hast du das Gefühl, du hast dein Ethos verraten oder freust du dich ganz einfach über den Erfolg?

Ich freu mich riesig - und ich liebe diese Bücher. Mehr als die, die ich sofort emotional von mir abgetrennt habe, als klar wurde, dass die floppen werden oder ein total scheußliches Cover bekommen würden. Ich kann kein Buch, das mir wirklich viel bedeutet, scheitern sehen, die mache ich sofort zu Vergangenheit.

Es gibt durchaus einzelne Stellen, an denen ich kurz merke, dass ich dort lieber anders entschieden hätte. Aber die sind kurz und ich vergesse sie schnell wieder.

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Ich freu mich riesig - und ich liebe diese Bücher. Mehr als die, die ich sofort emotional von mir abgetrennt habe, als klar wurde, dass die floppen werden oder ein total scheußliches Cover bekommen würden. Ich kann kein Buch, das mir wirklich viel bedeutet, scheitern sehen, die mache ich sofort zu Vergangenheit.

Es gibt durchaus einzelne Stellen, an denen ich kurz merke, dass ich dort lieber anders entschieden hätte. Aber die sind kurz und ich vergesse sie schnell wieder.

 

 

 

Ja, definitiv! (Woran es sicher nicht NUR daran lag, sondern auch daran, dass ich früher versucht habe, beliebte Klischees zu vermeiden oder zumindest zu brechen - diesmal habe ich sie genutzt.)

Ich bin vor allen mit den Büchern zuvor echt oft zu Preisen nominiert worden oder habe welche mitgenommen - vor allem bei solchen, wo halt Autor:innen und Lektor:innen in der Jury sitzen.

Diesmal gar nicht, bzw nur einen Abstimmungs-Publikumspreis.

 

Ich habe halt gezielt publikumswirksamer geschrieben - und das spricht dann eben auch eher das Publikum an, während Fachleute es vielleicht sogar für einen Schritt zurück halten.

Ha! Haben wir darüber gesprochen, Jenny?

Haben wir diese Entscheidung gemeinsam gefällt und ich weiß es nur nicht mehr?

 

Ich versuche derzeit, das "Tell"; wenn ich es denn nutze, möglichst "tief" zugestalten, also nicht floskelhaft abzuhandeln. Und ich setze sehr hemmungslos Klischees ein ;D Bin gespannt, wie das so ankommt. (Dann. In hundert Jahren oder so.)

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Ich versuche derzeit, das "Tell"; wenn ich es denn nutze, möglichst "tief" zugestalten, also nicht floskelhaft abzuhandeln. Und ich setze sehr hemmungslos Klischees ein ;D Bin gespannt, wie das so ankommt. (Dann. In hundert Jahren oder so.)

Halte uns gerne auf dem Laufenden. :)

~~~ Carina alias C. R. Scott ~~~

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Ich habeden Eindruck, als wären mehr als früher viele Leserinnen verstärkt darauf angewiesen, dass der Charakter seine Motive, Gedanken, Gefühle vor sich herwälzt und genau darlegt, damit der Charakter an die Leserinnen herankommt, sie Verbindung zu ihm aufbauen.

Mit ist das als Schulbibliothekarin als erstes bei Panem derart deutlich begegnet, dann in Selection und anderen Jugendbüchern. Also vor allem, wo ich in "Ich + Präsens" erzählt wird".

Derzeit in Schreibpause... mit immer wieder Versuchen, dieses Sumpfloch zu verlassen

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Da hast Du absolut recht. Das ist mir auch aufgefallen. Da habe ich so hart daran gearbeitet, mit Show don't tell zu arbeiten und nicht alles direkt zu sagen, und jetzt gehe ich praktisch wieder zurück und schreibe vieles direkt hin, weil die Leserinnen es sonst nicht verstehen. Bei Show don't tell laufe ich immer Gefahr, dass dann ganz merkwürdige Reaktionen kommen. Metaphern werden manchmal gar nicht mehr verstanden. Wenn man beispielsweise sagen will, sie sind in einem Land, in dem es Palmen gibt und das also im Süden liegt, und dann so etwas schreibt wie dass sie sich später an Küsse unter Palmen erinnern, bekommt man doch glatt die verständnislose Reaktion, sie hätten sich ja nie direkt unter einer Palme geküsst (was stimmt), und deshalb hätte die Autorin da etwas Falsches versprochen oder sich auf etwas Falsches bezogen. Da habe ich zwar nur den Kopf geschüttelt, aber man muss wohl mit der Zeit gehen und jetzt jedes kleinste Detail deutlich hinschreiben. Und trotzdem nicht langweilig werden dabei. Aber merkwürdigerweise scheinen die meisten Leserinnen sich bei so vielen tatsächlich hingeschriebenen Details gar nicht zu langweilen. Nur ich tue das wohl, wenn ich so etwas lese. ;)

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Ich habe das Gefühl, dass das (auch) eine Generationenfrage ist - abhängig vom Schullesekanon + Einfluss des Internets. Wer noch lesen (lernen) musste, ohne dass das Internet mit seinen von jederman verfassbaren Texten verfügbar war (will sagen, als noch alles durch Lektorate und Redaktionen ging), hat andere Lesegewohnheiten entwickelt. 
Wobei das natürlich nicht hundertprozentig so ist, bei Heftromanen z.B. musste man den Leuten schon immer erklären, wie sie es zu sehen haben bzw. so plakativ wie möglich erzählen. 
Es bedeutet einfach, denke ich, dass man seine Zielgruppe sehr genau auf dem Schirm haben muss. 

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Am 28.1.2020 um 13:10 schrieb KarinKoch:

... Kannst du genauso hinter diesem Buch stehen wie hinter den anderen? Oder wertest du es selbst eher ab? Hast du das Gefühl, du hast dein Ethos verraten oder freust du dich ganz einfach über den Erfolg?

Spannend, dass man damit „sein Ethos verraten“ könnte. Wieso? Ist für den Markt schreiben per se unethisch oder verrät man sich oder sein Ethos, wenn man sich den Rezeptionsgewohnheiten einer Zielgruppe anpasst, auch wenn die nicht den eigenen entsprechen?

Bearbeitet von KerstinH
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vor 1 Stunde schrieb KerstinH:

Spannend, dass man damit „sein Ethos verraten“ könnte. Wieso? Ist für den Markt schreiben per se unethisch oder verrät man sich oder sein Ethos, wenn man sich den Rezeptionsgewohnheiten einer Zielgruppe anpasst, auch wenn die nicht den eigenen entsprechen?

Für manche Autor*innen ist das womöglich so. Deshalb habe ich gefragt.

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Am 9.11.2020 um 07:29 schrieb Michelle:

Da hast Du absolut recht. Das ist mir auch aufgefallen. Da habe ich so hart daran gearbeitet, mit Show don't tell zu arbeiten und nicht alles direkt zu sagen, und jetzt gehe ich praktisch wieder zurück und schreibe vieles direkt hin, weil die Leserinnen es sonst nicht verstehen. Bei Show don't tell laufe ich immer Gefahr, dass dann ganz merkwürdige Reaktionen kommen. Metaphern werden manchmal gar nicht mehr verstanden. Wenn man beispielsweise sagen will, sie sind in einem Land, in dem es Palmen gibt und das also im Süden liegt, und dann so etwas schreibt wie dass sie sich später an Küsse unter Palmen erinnern, bekommt man doch glatt die verständnislose Reaktion, sie hätten sich ja nie direkt unter einer Palme geküsst (was stimmt), und deshalb hätte die Autorin da etwas Falsches versprochen oder sich auf etwas Falsches bezogen. Da habe ich zwar nur den Kopf geschüttelt, aber man muss wohl mit der Zeit gehen und jetzt jedes kleinste Detail deutlich hinschreiben. Und trotzdem nicht langweilig werden dabei. Aber merkwürdigerweise scheinen die meisten Leserinnen sich bei so vielen tatsächlich hingeschriebenen Details gar nicht zu langweilen. Nur ich tue das wohl, wenn ich so etwas lese. ;)

Hallo Michelle,

ich grabe diesen älteren Beitrag noch einmal aus, weil ich mich als Neuling hier gerade durch die bisherigen Themen lese - das hier und deinen Beitrag finde ich sehr interessant, dieses "jedes kleinste Detail deutlich hinschreiben und trotzdem nicht langweilig werden" - warum gefällt dieses "jedes Detail hinschreiben" plötzlich wieder vielen Leserinnen und Lesern?

Ich kann jetzt nur für mich sprechen, aber ich habe selbst festgestellt, dass ich mich während der Corona-Zeit zunehmend wieder Büchern zugewandt habe, die viel erzählen und ausführlich beschreiben. Beispielsweise habe ich Salman Rushdie wieder aus dem Regal geholt, der ja auch in schier endlos langen Sätzen erzählt und dabei einen riesigen Fächer an Details und Hintergründen aufklappt. Ich glaube, dass ich persönlich das plötzlich wieder so genossen habe, weil für mich dieser erzählende Stil mit vielen Beschreibungen etwas von einem Gemälde hat, das ich mir ansehen kann, und das mich mit schöner Sprache und trotz vieler Details auch "Zwischenzeiligkeit" entführt und meine Aufmerksamkeit schlicht auf dieses "Bild" konzentriert. Meine Tochter hat jüngst gesagt, sie möge in Geschichten auch sehr lange Sätze total gern, weil man sich "darin verkriechen" könne. Das fand ich ein sehr passendes Bild. Vielleicht war während der vergangenen Jahre einfach ein Bedürfnis beim Publikum da, sich in Beschreibungen zu verkriechen und sich über schöne "gemalte" Sprachbilder zu freuen, weil es im Alltag schon anstrengend genug war? So erkläre ich mir das zumindest für mich. 

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Michael Beisteiner

„Jede Art zu schreiben ist erlaubt, nur nicht die langweilige. “

Jemand zitiert Voltaire, einmal mehr. (Sein Gedanke stimmt halt auch so sehr.)

Gegen den Reim setz ich mich heut nicht zur Wehr. :s01

Zuletzt erschienen: Der Tomatenrebell (wortweit)

                                 zwischenlandungen (Arovell)

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