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SabineB

Romanende - Polizei weiß weniger als die Leserschaft

Empfohlene Beiträge

Hallo,

 

ich weiß, wenn es gut gemacht ist, geht alles.

 

Bei meinem ersten Krimi bin ich allerdings unsicher und möchte gerne Eure Meinung dazu hören.

 

Ich will den Roman, in dem es um rechtsradikale Terroranschläge geht, so enden lassen, dass die Leserschaft alle Hintergründe der Terrororganisation kennt, die Polizei ein paar Täter verhaftet hat, ansonsten aber weitestgehend im Dunkeln tappt. Eine Fortsetzung ist nicht geplant.

 

Als Neuling im Krimigenre würde mich vor allem die Meinung der "alten Hasen" interessieren. Kann ich das wagen? Oder ist es besser, die Story auszuerzählen?

Gibt es bei so einem Ende Fallstricke, die mir vielleicht nicht bekannt sind?

Danke für Eure Meinung

Sabine

 

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Ich bin zwar kein alter Hase im Schreiben von Krimis, aber einer im Lesen/Gucken. :)

 

Wenn das wirklich gut gemacht ist und man als Leser das irgendwie gut findet bzw. zumindest nachvollziehen kann, kann das generell funktionieren.

"Haus des Geldes" ist da ein gutes Beispiel für (kein wirklicher Krimi, aber es ist auch das Prinzip, dass man die Täter nicht kriegt, aber die Zuschauer das gut finden, weil sie eh auf ihrer Seite sind).

 

Beim Thema "rechtsradikale Terroranschläge" finde ich das sehr schwierig.

Wenn du damit an Agenturen/Verlage willst, würde ich es auf jeden Fall lassen (ich glaube, das ist denen zu heikel).

Beim SP geht es wohl eher, aber m.E. auch nur, wenn das wirklich gut erklärt ist und irgendwie "logisch"/plausibel erscheint.

 

Aber tendenziell würde ich es bei diesem Thema eher ganz lassen.

Bearbeitet von MichaelT
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Hm ... aus meiner Erfahrung fühlen Leser sich sowieso sehr gerne etwas klüger und überlegener. Ich habe es in meinen Leserunden öfter, dass es heißt "also ICH hätte in der Situation aber ..." oder "warum ist XY denn darauf jetzt nicht gekommen?" oder irgendwas in der Art. Leser überschätzen da gern auch die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Polizei – ja, und sich selbst auch. 
Insofern kann ich mir gut vorstellen, dass da auch Reaktionen in die Richtung kommen dürfte, dass die Polizei aber keine gute Arbeit gemacht hätte, denn man selbst wüsste ja alles und warum denn jetzt nicht die Polizei? Das finden viele sicher relativ unbefriedigend. 

Ich glaube, ich würde es nicht machen. Mich würde aber interessieren, was du dir davon versprichst. 

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Wenn du es als Wermutstropfen verpackst, spricht nichts dagegen. Also wenn die Polizei sich darüber bewusst ist oder zumindest die Vermutung hat, dass da noch mehr dahintersteckt. Dann kannst du das am Ende so stehen lassen. Dann hat der Leser das schöne Gefühl, dass soweit erstmal alles gut ist, aber dass es theoretisch trotzdem noch ein "nach der Geschichte" gibt.

Bearbeitet von Sabine
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Dann hat der Leser das schöne Gefühl, dass soweit erstmal alles gut ist, aber dass es theoretisch trotzdem noch ein "nach der Geschichte" gibt.

 

Okay, wenn das so ist, dann geht das vielleicht.

Das hatte ich etwas anders verstanden.

 

Wenn nur die Hintermänner/"das große Ganze" nicht gefasst/aufgeklärt sind, aber die richtigen Täter (also die, die die Taten wirklich ausgeführt haben) schon - dann kann das wohl gehen.

 

Obwohl ich dann mal überlegen würde, ob es nicht spannender wäre, wenn die Leser es auch nicht genau wissen (sondern nur Theorien anstellen).

Bearbeitet von MichaelT
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Wenn es nach dem Motto geht, die kleinen Fische fängt man, an die großen Fische kommt man mangels hieb- und stichfester Beweise, die auch vor Gericht Bestand hätten, nicht heran, fände ich das in Ordnung. Das hat man ja öfter in Krimis, dass die Ermittler an die ziemlich clever agierenden Hintermänner nicht rankommen, obwohl sie wissen, das sind die wahren Drahtzieher.

Sind die Ermittler dagegen einfach nur zu blöd, fände ich als Leserin das überhaupt nicht in Ordnung.

LG Luise

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Hallo,

 

vielen Dank für Eure Meinungen. Es geht tatsächlich eher darum, dass die hinter den Anschlägen stehende Organisation so verzweigt ist, dass man nicht an sie herankommt. Die Polizei wird auf keinen Fall als dumm dargestellt.

 

Ich möchte so enden, weil ich das Gefühl habe, die Geschichte ist auserzählt. Die Leserschaft würde also, sollten die weiteren Ermittlungen erfolgreich sein, Dinge erfahren, die sie schon weiß.

 

Sabine

Bearbeitet von SabineB
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Ich glaube, der springende Punkt, ob man das machen kann oder nicht bzw. machen sollte oder nicht, kommt auf die Erzählperspektive an. Das Wichtige ist, dass die Person, um die es im Buch geht, weiß, was passiert ist. Und somit eben auch der Leser.

 

Hm, das ist genau nicht der Fall. Die wichtigeste Person ist meine Kommissarin und die weiß eben nicht alles.

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 Es geht tatsächlich eher darum, dass die hinter den Anschlägen stehende Organisation so verzweigt ist, dass man nicht an sie herankommt. Die Polizei wird auf keinen Fall als dumm dargestellt.

 

Dann könnte ich es mir vorstellen. Wenn selbst der Leser hinterher das Gefühl hat, die Organisation ist so mächtig, dass da keiner rankommt, sehe ich da eigentlich kein Problem. Und solange er alle Informationen hat, müsste es passen. 

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Sebastian Niedlich

 

Ich glaube, der springende Punkt, ob man das machen kann oder nicht bzw. machen sollte oder nicht, kommt auf die Erzählperspektive an. Das Wichtige ist, dass die Person, um die es im Buch geht, weiß, was passiert ist. Und somit eben auch der Leser.

 

Hm, das ist genau nicht der Fall. Die wichtigeste Person ist meine Kommissarin und die weiß eben nicht alles.

 

 

Hm... also ich stecke jetzt natürlich nicht in deinem Roman drin, aber das kommt mir irgendwie merkwürdig vor. Das es immer mal Figuren gibt, die nicht alles wissen, ist klar. Aber ... hast du mehrere Erzählperspektiven? Auktorialer Erzähler? Halbwissender Erzähler?

So auf den Plutz käme es mir so vor, als würdest du die Hauptfigur am Ende für dumm verkaufen, was ich als Leser vermutlich weniger gut fände. Aber es ist halt schwer etwas dazu zu sagen, wenn man nicht weiß, wie die Geschichte aufgebaut ist.

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Sebastian Niedlich

Um meinen Standpunkt etwas klarer zu machen, werde ich mal ein paar Beispiele anführen:

 

In "Mord im Orient-Express" sucht Hercule Poirot einen Mörder. Am Ende kommt heraus (SPOILER-ALARM), dass es mehrere Mörder gab. Poirot weiß das, die Mörder wissen es ... aber die Polizei weiß es nicht. Poirot entscheidet sich, die Wahrheit der Polizei zu verschweigen. Der Leser/Zuschauer ist aber trotzdem zufrieden, weil die Figur, mit der wir mitgefiebert haben, das Rätsel gelöst hat.

 

In "Mission: Impossible IV" ist die Welt kurz davor in einem Nuklearkrieg zu enden. In letzter Sekunde gelingt es dem Team, dass zunächst herausfinden musste, was eigentlich passiert ist, die Detonation zu stoppen. Der Bösewicht weiß das, das Team weiß das ... aber die Welt weiß es nicht. Der Leser/Zuschauer ist trotzdem zufrieden, weil die wichtigsten Personen das Rätsel gelöst haben.

 

Deine Zusammenfassung, Sabine, liest sich für mich so, als wüssten Poirot bzw. das Team von "Mission: Impossible" am Ende nicht, was eigentlich los war. Das hängt aber auch damit zusammen, dass es sich um ein Puzzlespiel bzw. Rätsel handelt. Da geht es nämlich genau darum, dass das Rätsel gelöst wird. Sicherlich gibt es auch Geschichten, die am Ende offen sind, aber zumindest sollte es dann eindeutige Hinweise geben, welche Möglichkeiten richtig gewesen sein könnten.
Es wirkt, als möchtest du quasi einen Sozialkommentar machen, dass die Nazis so fest im Sattel sitzen, dass da schon nichts mehr zu machen ist. Das ist auch völlig okay. Aber vielleicht wäre dann ein Ende, in dem der Protagonist weiß, was los gewesen ist, aber nichts dagegen machen kann, besser. Auch dazu ein Beispiel...

 

Im Film "Zodiac" von David Fincher, geht es um den Zodiac-Killer, der in den 70er Jahren in San Francisco sein Unwesen getrieben hat. Die Polizei tappt im Dunkeln, aber ein Karikaturist will das Rätsel lösen. Am Ende kommt der Täter davon, die Polizei weiß nicht, wer der Täter gewesen ist. Auch das Publikum weiß es nicht. Aber die Figur, der Karikaturist, hat einen Aha-Moment und kann für sich den Fall abschließen. Zumindest er selbst ist sich sicher, wer der Täter war. Er kann zwar nichts unternehmen, um den Täter der Gerechtigkeit zuzuführen, aber er hat sein Rätsel gelöst. Und auch das ist für den Zuschauer befriedigend.

Noch einmal: Ich weiß nicht, wie dein Buch aufgebaut ist. Vielleicht hast du eine gute Möglichkeit gefunden. Aber im ersten Moment kommt es zumindest mir vor, als würde Sherlock Holmes damit beauftragt werden, einen Mörder zu finden. Der Leser bekommt zwar mit, dass es Moriarty war, aber Sherlock huscht von hier nach dort und sagt am Ende: "Ja, wat weiß ich?", während Moriarty entkommt. Ich glaube kaum, das Conan Doyle damit Erfolg gehabt hätte. ;)
 

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Für mich klingt das jetzt so, als wäre das Ende recht realitätsnah (wobei ich von meiner vermuteten Realität ausgehe). Das beklemmende Gefühl, mit dem du den Leser zurücklässt, passt auch zur aktuellen Situation. Wenn du das gut umsetzt – und davon gehe ich bei dir aus – kann sich das Buch damit positiv abheben, denke ich. 

Olaf Fritsche 

www.seitenrascheln.de

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Hm ... aus meiner Erfahrung fühlen Leser sich sowieso sehr gerne etwas klüger und überlegener. Ich habe es in meinen Leserunden öfter, dass es heißt "also ICH hätte in der Situation aber ..." oder "warum ist XY denn darauf jetzt nicht gekommen?" oder irgendwas in der Art. Leser überschätzen da gern auch die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Polizei – ja, und sich selbst auch. 

Insofern kann ich mir gut vorstellen, dass da auch Reaktionen in die Richtung kommen dürfte, dass die Polizei aber keine gute Arbeit gemacht hätte, denn man selbst wüsste ja alles und warum denn jetzt nicht die Polizei? Das finden viele sicher relativ unbefriedigend. 

Ich glaube, ich würde es nicht machen. Mich würde aber interessieren, was du dir davon versprichst. 

 

Schwierig einzuschätzen, wenn man den Text nicht kennt. Die Fragestellung hat aber meinen Blick dafür geschärft. Gestern sah ich einen ganz hervorragenden Krimi, in dem ein Täter à la Michael Kohlhaas eine Stadt in Angst und Schrecken versetzt. Der Zuschauer weiß die ganze Zeit, wer der Mörder ist, die Polizei nicht. Am Ende spricht die Polizei sogar mit ihm, ohne Hinweise auf ein Fahrzeug und Indizien zu überprüfen. Das war ein dramaturgischer Schachzug, weil es so zu einem weiteren Blutbad kommt. Aber wie Dania sagt, habe ich mich als Zuschauerin gefragt: Hat die Polizei da wirklich eine gute Arbeit gemacht? Es kam auch kein Vorwurf von den Vorgesetzten oder eigene Gedanken der Ermittler. Als notorische Krimi-Leserin würde ich es also gerne mehr auserzählt haben.

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Ihr Lieben,

 

danke für die weiteren Ausführungen. Bestenfalls wird das Ende so, wie Olaf es beschreibt, aber ich stecke zu sehr drin, als dass ich es beurteilen könnte.

 

Ich denke, ich werde es ein paar Leuten zu lesen geben, sobald ich mit dem Ende zufrieden bin, bevor ich es Agenturen anbiete.

 

Herzlichen Dank und ein superschönes Wochenende

wünscht

 

Sabine

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Mir kommt es so vor, als hätte ich so etwas immer wieder in Filmen gesehen: Die Zuschauer wissen, wer warum welches Verbrechen begangen hat. Die Zuschauer dürfen aber auch einen Blick hinter die Kulissen der Ermittlungen und evtl. bürokratischer/politischer/sonstiger Hürden werfen. Und ahnt schon, dass am Ende die Täter nicht der gerechten/vollen Strafe zugeführt werden. Ich denke da gerade drüber nach, leider fallen mir keine Beispiele ein. Aber wenn die Rahmenbedingungen und das Umfeld der Ermittler/Behörden gezeigt wird, glaube ich schon, dass das gut funktioniert.

 

Viel Glück!

www.klippenschreiber.de

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Christine Spindler

Liebe Sabine,

 

so etwas kann unheimlich gut funktionieren, finde ich. Ich habe gerade einen Krimi gelesen, in dem es um eine Entführung geht. Ganz am Ende gibt es eine Szene aus der Sicht des Entführungsopfers, das bis dahin nur indirekt auftauchte, da es ja die ganze Zeit verschwunden war. In dieser letzten Szene erfährt der Leser etwas, das außer ihm nie jemand erfahren wird, da ziemlich klar ist, dass das Opfer sich schämt und niemals darüber reden wird. Es hat das ansich schon gute Buch noch einmal zusätzlich aufgewertet und der Geschichte einen besonderen Twist verpasst. Dass man als Leser der einzige Mitwisser ist, erhöht den Gänsehautfaktor.

 

Liebe Grüße

Christine

Hört mal rein in meinen Podcast: https://anchor.fm/tinazang

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