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Sabine

Ich-Erzähler verschweigt Wissen

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Das ist ein interessanter Gedanke, Angelika. Als ich überlegt hatte, den Roman diesmal im Präteritum zu schreiben, kam mir kurzzeitig tatsächlich in den Sinn, dass meine Prota die Geschichte jemandem erzählen könnte. Ich dachte dabei an den Film „Der unsichtbare Gast“, der mich dahingehend sehr fasziniert hat.

 

Der Film ist übrigens ein super Beispiel für den Perspektivwechsel, den ich meinte (mir fiel der gerade als Beispiel nicht ein).

 

Am Anfang sehen und hören wir das Ganze durch die Augen und Ohren der "Anwältin".

Wir gehen mit ihr ins Gebäude, fahren Aufzug, gehen zum Zimmer, lernen den Mandanten kennen, hören uns seine Geschichte an und haben genau die Zweifel, die auch sie hat.

Und so kriegen wir Stück für Stück raus, dass er gelogen hat.

 

Am Ende wechselt dann die Perspektive! Die Anwältin geht raus - und jetzt sehen wir das Ganze durch die Augen des Mandanten.

Wir sehen jetzt aus der Perspektive des Bösen, dass nicht er die Gute ausgetrickst hat, sondern umgekehrt: Sie hat ihn ausgetrickst.

 

Der Kniff daran ist der Perspektivwechsel.

Der Film ist so genial, weil wir die ganze Zeit über belogen und ausgetrickst werden - und zwar von mehreren Seiten.

Das funktioniert aber nur, weil wir das Ganze immer zusammen mit der Person wahrnehmen, die gerade belogen/ausgetrickst wird!

Bearbeitet von MichaelT
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Das ist ein interessanter Gedanke, Angelika. Als ich überlegt hatte, den Roman diesmal im Präteritum zu schreiben, kam mir kurzzeitig tatsächlich in den Sinn, dass meine Prota die Geschichte jemandem erzählen könnte. Ich dachte dabei an den Film „Der unsichtbare Gast“, der mich dahingehend sehr fasziniert hat.

 

Der Film ist übrigens ein super Beispiel für den Perspektivwechsel, den ich meinte (mir fiel der gerade als Beispiel nicht ein).

 

Am Anfang sehen und hören wir das Ganze durch die Augen und Ohren der "Anwältin".

Wir gehen mit ihr ins Gebäude, fahren Aufzug, gehen zum Zimmer, lernen den Mandanten kennen, hören uns seine Geschichte an und haben genau die Zweifel, die auch sie hat.

Und so kriegen wir Stück für Stück raus, dass er gelogen hat.

 

Am Ende wechselt dann die Perspektive! Die Anwältin geht raus - und jetzt sehen wir das Ganze durch die Augen des Mandanten.

Wir sehen jetzt aus der Perspektive des Bösen, dass nicht er die Gute ausgetrickst hat, sondern umgekehrt: Sie hat ihn ausgetrickst.

 

Der Kniff daran ist der Perspektivwechsel.

Der Film ist so genial, weil wir die ganze Zeit über belogen und ausgetrickst werden.

Das funktioniert aber nur, weil wir das Ganze immer zusammen mit der Person wahrnehmen, die gerade belogen/ausgetrickst wird!

 

 

Genau. Das meinte ich damit, als ich sagte, dann müsste die Prota dem Leser von Anfang an etwas verschweigen, und zwar das ganze Buch hindurch. Oder zumindest bis zum Midpoint, so wie es bei "Während du stirbst" von Tammy Cohen der Fall ist.

Aber in meinem Fall kann man nicht von einer unzuverlässigen Erzählerin sprechen – bis auf diese eine winzige Stelle. Aber nur wegen dieser einen Stelle einen Perspektivwechsel zu machen, fände ich künstlich.

Bearbeitet von Sabine
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Hallo zusammen,

 

bei unzuverlässigen Erzählern gibt es drei Alternativen:

 

1. a)Die Verwendung einer Erzählfigur, die absichtlich unzuerlässig erzählt: Unzuverlässig bedeutet, dass die Erzählerfigur aus bestimmten  Gründen (er war nicht dabei, er dramatisiert, er schönt für sich oder jemand anderen die Geschichte, ...) erzählt er nicht "zuverlässig", sondern entscheidet als Figur, was er erzählt. Die Figur kann Teil der Geschichte sein oder nur eine Figur, die z.B. in einer Nebenhandlung/ Rahmenhandlung vorkommt. Der unzuverlässige Erzähler bringt sozusagen eine weitere Ebene in die Geschichte. Besonders schillernde Erzählfiguren bieten dem Autor die Möglichkeit noch weitere Ebenen in eine Geschichte einzuziehen, indem der Leser überlegt, ob die Figur ihr die Wahrheit erzählt.

 

1.b) Die Verwendung mehrerer Erzählfiguren, die personal (aus ihrer Sichtweise) erzählen:George R.R.Martin lässt die Geschichte von mehreren Figuren erzählen. Die Figuren erzählen aus ihrer Perspektive, sie sind nicht allwissend, daher schildern sie gerade zentrale Ereignisse aus unterschiedlichen Sichtweisen und Perspektiven. Sie sind also nur "unzuverlässig", da sie nicht allwissend sind und als Handelnde selber erzählen. Besondere Beispiele sind die Narrengeschichten, in der ein Narr offensichtlich übertreibt.

 

1.c) Es gibt auch einen allwissenden Erzähler, der absichtlich Dinge verschweigt, ohne dies einer Erzählfigurzu zuordnen. Viele Leser betrachten dies als "Verrat am Vertrag Autor/ Leser", weil der Erzähler Wissen nachschiebt (erklärende Rückblende), wenn er es braucht, statt die Geschichte anders aufzubauen. Das Beispiel ist "Der Mann ging zu Tasche, in der er die Waffen aus seiner Navyzeit aufbewahrte, und die er gestern aus dem Schließfach geholt hatte,...." oder "Er erinnert sich an den Beisatz, der ihm vorher nicht wichtig erschienen war, als der Mann gesagt hatte, dass ..." Die etwas weniger "verräterische Variante" ist der Cliffhanger.

 

Gruß

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Sabine, auf Amazon Prime läuft gerade "The Whole Truth" mit Keanu Reeves, der mit einem unzuverlässigen Erzähler arbeitet. Nur als Hinweis.

Bearbeitet von Ulrike
Ulrike Hartmann | Autorin & Coach
 
Ich helfe dir, deinen Roman zu schreiben.
 
 

 

 

 

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Was Sabine beschreibt, hat mit einem unzuverlässigen Erzähler gar nichts zu tun, das ist etwas anderes.

Es hat mit den Szenen zu tun, die wir erzählen - wir erzählen ja nie das gesamte Leben der Figur, sondern immer nur Szenen daraus. Die Frage ist nur, welche wir weglassen.

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Es ist so wie Jenny sagt.

Meine Protagonistin teilt ihren Kenntnisstand von Anfang an mit dem Leser. Alles was sie zu wissen glaubt, weiß auch er. Nur an einer Stelle spare ich ihren Kenntnisstand aus, und zwar einzig und allein aus dramaturgischen Gründen und nicht, weil die Prota etwas verschleiern will.

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Ich bin gerade beim Plotten eines neuen Romans. Den werde ich aus der Ich-Perspektive schreiben. Der Leser bekommt also alles mit, was die Prota denkt und ausheckt. Um den Antagonisten zu überlisten, würde ich ihr aber gerne ein Ass in den Ärmel schieben, von dem der Leser nichts weiß. Das würde bedeuten, sie trifft Vorbereitungen ohne dass der Leser dabei ist und geht dem Antagonisten augenscheinlich in die Falle. Im Gegensatz zur Prota ahnt der Leser nicht, dass es eine Falle ist und denkt dann erstmal Oh nein. Dann aber zieht die Prota ihr Ass aus dem Ärmel.

 

Jetzt frage ich mich: Kommt sich der Leser hintergangen vor, wenn sie ihm ihr Wissen unterschlagen hat?

Denkt ihr, so ein Vorgehen birgt Gefahren, auf die ich achten muss? Vielleicht kennt ihr Romane/Filme, in denen das daneben ging oder auch funktionierte?

 

Also ich persönlich würde mich als Leser (vermutlich) verschaukelt fühlen. Ich denke, wenn mir das Buch ansonsten Spaß gemacht hätte, wäre das kein Problem, da würde ich das verzeihen, weil das Gesamtgefühl stimmt. Grundsätzlich aber empfinde ich es, so wie du es schilderst, als dramaturgische Schwäche. So, wie du es oben schilderst, ist die Protagonistin ja dem Antagonist überlegen. Sie bereitet eine Falle vor, die sie ihm stellen will, und um die Spannung zu halten, verschweigst du das dem Leser. Ich bevorzuge Spannung, die entsteht, weil Protagonist und Antagonist sich ebenbürtig sind und die Lösung sich aus dem Geschehen oder aus einer bislang unerkannten Stärke der Haupfigur ergibt. Ich kenne dein Projekt jetzt nicht, aber hast du nicht noch eine Idee, wie du das anders drehen könntest? Dann wäre das Problem nämlich gelöst, dann würde der Leser ehrlich mit der Hauptfigur mitfiebern, weil er sie kennt, weil er ihr vielleicht einen Schritt voraus ist und die Lösung sieht, nach der sie noch sucht, und man wünscht es ihr doch so, dass sie die findet.

Ich will damit sagen: Wenn sie dem Antagonist wirklich in die Falle geht und sich aus eigener Kraft wieder befreit, dann ist das für mich als Leser befriedigender, dann 'gönne' ich ihr den Sieg mehr, als wenn sie ihm nur scheinbar in die Falle geht und zum Leser dann sagt "Ätschebätsch, reingelegt! Beklag dich nicht, wär doch sonst nicht spannend gewesen, oder?"

Ich denke, in diesem Fall kann man auch nur bedingt mit Filmen vergleichen. Die Bindung eines Lesers zu einer Ich-Erzählerin, die zumindest scheinbar alles von sich preis gibt (die also nicht als Erzählerin angelegt ist, bei der man spürt, dass nicht alles gesagt wird), ist eine ganz enge, die meines Erachtens im Film so nicht möglich ist.

Wie immer: Alles meine persönliche Meinung.

Bearbeitet von Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Ich bin gerade beim Plotten eines neuen Romans. Den werde ich aus der Ich-Perspektive schreiben. Der Leser bekommt also alles mit, was die Prota denkt und ausheckt. Um den Antagonisten zu überlisten, würde ich ihr aber gerne ein Ass in den Ärmel schieben, von dem der Leser nichts weiß. Das würde bedeuten, sie trifft Vorbereitungen ohne dass der Leser dabei ist und geht dem Antagonisten augenscheinlich in die Falle. Im Gegensatz zur Prota ahnt der Leser nicht, dass es eine Falle ist und denkt dann erstmal Oh nein. Dann aber zieht die Prota ihr Ass aus dem Ärmel.

 

Jetzt frage ich mich: Kommt sich der Leser hintergangen vor, wenn sie ihm ihr Wissen unterschlagen hat?

Denkt ihr, so ein Vorgehen birgt Gefahren, auf die ich achten muss? Vielleicht kennt ihr Romane/Filme, in denen das daneben ging oder auch funktionierte?

 

Also ich persönlich würde mich als Leser (vermutlich) verschaukelt fühlen. Ich denke, wenn mir das Buch ansonsten Spaß gemacht hätte, wäre das kein Problem, da würde ich das verzeihen, weil das Gesamtgefühl stimmt. Grundsätzlich aber empfinde ich es, so wie du es schilderst, als dramaturgische Schwäche. So, wie du es oben schilderst, ist die Protagonistin ja dem Antagonist überlegen. Sie bereitet eine Falle vor, die sie ihm stellen will, und um die Spannung zu halten, verschweigst du das dem Leser. Ich bevorzuge Spannung, die entsteht, weil Protagonist und Antagonist sich ebenbürtig sind und die Lösung sich aus dem Geschehen oder aus einer bislang unerkannten Stärke der Haupfigur ergibt. Ich kenne dein Projekt jetzt nicht, aber hast du nicht noch eine Idee, wie du das anders drehen könntest? Dann wäre das Problem nämlich gelöst, dann würde der Leser ehrlich mit der Hauptfigur mitfiebern, weil er sie kennt, weil er ihr vielleicht einen Schritt voraus ist und die Lösung sieht, nach der sie noch sucht, und man wünscht es ihr doch so, dass sie die findet.

Ich will damit sagen: Wenn sie dem Antagonist wirklich in die Falle geht und sich aus eigener Kraft wieder befreit, dann ist das für mich als Leser befriedigender, dann 'gönne' ich ihr den Sieg mehr, als wenn sie ihm nur scheinbar in die Falle geht und zum Leser dann sagt "Ätschebätsch, reingelegt! Beklag dich nicht, wär doch sonst nicht spannend gewesen, oder?"

Ich denke, in diesem Fall kann man auch nur bedingt mit Filmen vergleichen. Die Bindung eines Lesers zu einer Ich-Erzählerin, die zumindest scheinbar alles von sich preis gibt (die also nicht als Erzählerin angelegt ist, bei der man spürt, dass nicht alles gesagt wird), ist eine ganz enge, die meines Erachtens im Film so nicht möglich ist.

Wie immer: Alles meine persönliche Meinung.

 

 

Da geht es nur eine Szene. Der Roman besteht natürlich aus noch viel mehr Szenen. Protagonist und Antagonist sind ja nur dann ebenbürtig, wenn einmal der eine, dann wieder der andere die Nasenspitze vorn hat. In dieser Szene hätte die Protagonistin die Nase vorn.
 
Ich würde ihren Plan nicht verschweigen, um die Spannung zu halten, sondern, um der Spannung am Ende einen neuen Dreh zu geben. Die Spannung wäre auch ohne Überraschung da, nur wäre das Ganze am Ende dann halt sehr konservativ gelöst. Und genau davon wollte ich weg.
 

 

Weshalb genau würdest du dich denn verschaukelt fühlen? Wenn der Autor dir sagt, dass die Protagonistin einen Plan hat, kannst du ihm doch eigentlich nicht mehr böse sein, wenn sie dich mit ihrem Plan dann überrascht, oder? Noch dazu, wenn du selbst auch auf die Idee hättest kommen können. Würdest du dann nicht eher denken "Ganz schön clever von ihr" und dich mit ihr freuen, dass sie ihm ein Schnippchen geschlagen hat?
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Da geht es nur eine Szene. Der Roman besteht natürlich aus noch viel mehr Szenen. Protagonist und Antagonist sind ja nur dann ebenbürtig, wenn einmal der eine, dann wieder der andere die Nasenspitze vorn hat. In dieser Szene hätte die Protagonistin die Nase vorn.
 
Ich würde ihren Plan nicht verschweigen, um die Spannung zu halten, sondern, um der Spannung am Ende einen neuen Dreh zu geben. Die Spannung wäre auch ohne Überraschung da, nur wäre das Ganze am Ende dann halt sehr konservativ gelöst. Und genau davon wollte ich weg.
 

 

Weshalb genau würdest du dich denn verschaukelt fühlen? Wenn der Autor dir sagt, dass die Protagonistin einen Plan hat, kannst du ihm doch eigentlich nicht mehr böse sein, wenn sie dich mit ihrem Plan dann überrascht, oder? Noch dazu, wenn du selbst auch auf die Idee hättest kommen können. Würdest du dann nicht eher denken "Ganz schön clever von ihr" und dich mit ihr freuen, dass sie ihm ein Schnippchen geschlagen hat?

 

 

Hm. Ich hab letzt schon den Eindruck gehabt, dass wir bisschen aneinander vorbei reden. Ich vermute, das liegt daran, dass ich nicht so richtig deutlich machen kann, was ich eigentlich meine. Ich versuche nochmal, meinen Standpunkt zu erklären (was hoffentich nicht als Beharren missverstanden wird. Es ist lediglich ein Bemühen um Verständnis in der Sache).

 

Zu der Frage, warum ich mich verschaukelt fühlen würde: So, wie ich dich verstanden habe, lädst du den Leser von Beginn an ein, im Kopf der Figur mitzureisen. Du hast eine Ich-Erzählerin, die alles von sich erzählt, was sie denkt, was sie beobachtet und was sie plant. Es ist also nicht so wie bei den anderen hier genannten Beispielen, dass der Leser von Beginn an spürt, dass die Erzählerin nicht die ganze Wahrheit sagt. Natürlich ist so ein Erzählkonstrukt immer Fiktion. Ein Autor nimmt den Leser immer mit in eine von ihm erfundene Welt. Aber innerhalb dieser Welt ist es eben sinnvoller das Versprechen, dass er von Beginn an gibt, auch einzuhalten. Versprichst du mir also eine Figur, die alles offen mit mir teilt, dann bin ich als Leser enttäuscht, wenn sie im entscheidenden Moment das Wichtigste verschweigt. Es wird etliche Leser nicht stören. Mich stört es.

Und das hängt auch mit dem zweiten Punkt zusammen.

Wenn ich dich richtig verstehe, dann geschieht diese Täuschung des Lesers am Schluss im showdown des Romans, also zu einem Zeitpunkt, an dem ich Protagonistin und Antagonist einander gegenüberstehen sehen will. Die Stärke der Hauptfigur kann ich hier als Leser doch nur dann nachvollziehen, wenn ich miterlebe, mit welchen Mitteln sie ihre Herausforderung meistert. Dein Kniff hingegen, eine grundehrliche Figur am Schluss etwas verschweigen zu lassen, der zielt so offensichtlich darauf ab, mich als Leser nur um der Spannung Willen in die Irre zu führen, dass ich das durchschaue, und mich persönlich nervt so was. Für mich entscheidet sich im letzten Viertel ob ein Roman gelungen ist, denn da sind keine Nebelkerzen mehr möglich, da muss der Autor Farbe bekennen und zeigen, dass er Figuren und Geschichte im Griff hat.

Ich würde mir an deiner Stelle nochmal überlegen, warum du dem Leser diesen Kniff der Hauptfigur überhaupt vorenthalten willst und ob es nicht eine ebenso spannende (und überraschende) Lösung gibt, die einen miterleben lässt, wie die Hauptfigur im Moment des größten Konfliktes, in dem sie sich final gegen den Gegner behaupten muss, agiert. Wenn das plausibel und konsequent aus der Hauptfigur heraus entwickelt wird, dann ist das originell, überraschend und man braucht keine Lesertäuschung.

Andere Lösung (für mich) wäre, wenn deine Hauptfigur schon von Beginn an nicht immer so ganz die Wahrheit sagt, ich also als Leser schon recht früh den Eindruck bekomme, dass sie mir nicht alles erzählt. Das ginge auch, da gehe ich als Leser dann auch mit (wobei sich mir auch da der Sinn deiner Täuschung am Schluss nicht erschließt, was aber auch daran liegen kann, dass ich das Projekt nicht kenne).

Bearbeitet von Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Naja, es ist ja nicht die Figur, die absichtlich etwas verschweigt. Sie ist nach wie vor grundehrlich zum Leser. Nur ich als Autor verschweige etwas oder schöner gesagt, erzähle nicht alles aus.

 

Ich glaube einfach, es hängt stark vom „Wie mache ich es“ ab und welche Anker setze ich. Vielleicht denkst du da gerade zu kompliziert.

Um mal ein Beispiel zu kreieren: Meine Figur könnte am Kapitelende denken „Ich werde seiner Einladung folgen, aber vorher will ich noch in die Bücherei“. Im neuen Kapitel geht sie dann zur Einladung und wenn ihr Gegenüber dann – wie bereits zwanzig Seiten zuvor – mit seinem Argument daherkommt, dass es im Mittelalter keine Spinnräder gab, holt sie ein Buch aus der Tasche und sagt: Doch die gab es.

 

Und da nimmst du es der Prota bzw. dem Autor dann übel, dass du nicht erfahren hast, dass sie in der Bücherei ein Buch über Mittelalter suchen wollte, um sein ewiges Argument zu entkräften?

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Naja, es ist ja nicht die Figur, die absichtlich etwas verschweigt. Sie ist nach wie vor grundehrlich zum Leser. Nur ich als Autor verschweige etwas oder schöner gesagt, erzähle nicht alles aus.

 

Ich glaube einfach, es hängt stark vom „Wie mache ich es“ ab und welche Anker setze ich. Vielleicht denkst du da gerade zu kompliziert.

 

 

So, wie du es geschildert hast, trittst du aber als Autorin ganz hinter der Ich-Erzählerin zurück, das heißt, die Ich-Erzählerin erzählt mir (aus welchen Gründen auch immer) ihre Geschichte. Du als Autorin bist für mich als Leser nicht erkennbar, was wiederum bedeutet, wenn die Ich-Erzählerin mir plötzlich etwas verschweigt, obwohl sie davor die ganze Zeit so getan hat, als sei sie offen und ehrlich mit mir Leser, dann nehme ich das der Ich-Erzählerin übel. Nicht dir als Autorin, die natürlich hinten steht und die Fiktion erschaffen hat - nur das realisiere ich ja nicht beim lesen, zumindest nicht, wenn mich das Buch fesselt.

 

Ich glaube, das hängt jetzt auch ganz gut zusammen mit dem, was Angelika weiter vorne geschrieben hat und was ich sehr wichtig fand. Ich zitiere mal den Beginn von dem, was Angelika gesagt hat:

 

"Das kommt mir jetzt fast so vor wie einer der Fälle, wo es wichtig wird, wem und warum der Ich-Erzähler seine Geschichte überhaupt erzählt. Aus diesem Verhältnis ergibt sich das Motiv, warum er das entscheidende Moment – das Trumpf-As – nicht erwähnt."

 

Genau. Was ist das eigentlich für eine Erzählerin, warum erzählt die ihre Geschichte, wem erzählt sie sie und warum ist sie mal auskunftsfreudig und mal nicht. Wenn ich so ein Projekt angehen würde, dann stünden diese Fragen für mich ganz am Anfang und ich würde die für mich auch unbedingt klären wollen. Auch, weil ich weiß, dass ich ein schlüssiges und für den Leser befriedigendes Ende vor allem dann finde, wenn ich die Figur kenne.

 

Und ich glaube nicht, dass das daran liegt, dass ich zu kompliziert denke oder du zu einfach. Es mag aber sehr wohl sein, dass ich nicht zu der angepeilten Zielgruppe gehöre - insofern nimm meine Einwürfe einfach als anderen Blickwinkel, den man berücksichtigen kann aber nicht muss.

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Ehrlich gesagt, weiß ich überhaupt nicht, worauf du hinaus willst.

Auf meine Frage zum geschilderte Beispiel hast du nicht geantwortet. Das hätte mir zumindest Auskunft darüber geben, ob du mein geplantes Vorgehen verstanden hast.

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Der Erzähler ist halt auch in einer Ich-Perspektive nicht identisch mit der Ich-Figur :)

Man kann nah dran sein, aber der Erzähler trifft immer noch eigene Entscheidungen: Wann blendet er ein, wann blendet er aus. Was wird fokussiert, was unscharf dargestellt?

 

Ich glaube nicht, dass es ein einziges Buch gibt, in dem der Erzähler jeden Gedanken, jede Wahrnehmung und jedes Gefühl der Ich-Perspektive an den Leser weitergibt. Eine Stunde Lebenszeit der Figur würde vermutlich 200 Seiten benötigen.
Stattdessen stellen wir unsere Figuren so vor, dass Leserin und Leser sie zu kennen glaube, nachvollziehen kann, wie sie tickt.

 

Solange die Leserin im Text an der Stelle der "Offenbarung" sofort nachvollziehen kann, wie die Figur aus diese Lösung gekommen ist ("Ach, das hat sie doch beim Schachspiel mit dem LoveInterest genau so gemacht - hätte ich drauf kommen können!") ist das ideal.
Der Teufel auf der Kiste - auf Seite 506 fällt ihr plötzlich erstmalig ein, dass sie eine Kampfsportmeisterin ist - wäre dagegen billig.

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Ich denke, der Punkt ist, dass Sabine sowohl den Antagonisten als auch den Leser am Ende überraschen will, obwohl der Leser die ganze Zeit im Kopf der Protagonistin war und die ganze Planung mitgekriegt hat. Es muss also irgendwo einen Punkt geben, wo Protagonistin und Leser in ihrem Denken in verschiedene Richtungen abgebogen sind, ohne dass es der Leser gemerkt hätte.

Wie Jenny meint: Der Hätte ich drauf kommen können-Moment muss (im Rückblick) deutlich sichtbar sein, sonst ist die Lösung billig und der Leser fühlt sich veräppelt.

Bearbeitet von KerstinH
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Genau.

Das was Jenny beschreibt (ein-/ausblenden, scharf/unscharf fokussieren) zählt zum Handwerk, wenn man einen Thriller schreibt. Auch bei Ich-Perspektive.

 

Genau. Die Schwierigkeit ist aber: Man darf das Handwerk nicht sehen. Also wenn ich als Leser die ganze Zeit über die Gedanken und Absichten des Ich-Erzählers bestens informiert werde, und nur dieses eine Mal werde ich ausgeblendet, kapiere ich sofort: Huch, Spannung! Das ist dann für mich als Leser so ein Gefühl wie ich es kriege, wenn ich bei einem Kartenspielertrick die Karte im Ärmel sehe. Oder wie wenn ein Schauspieler aus der Rolle fällt.

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Mir fällt da "The Sixt Sense" ein. Der Zuschauer ist die ganze Zeit mit den Augen des Therapeuten dabei und sieht die Wahrheit trotzdem nicht. Er wird nirgendwo draußengelassen. Der Punkt ist, dass er ganz am Anfang kurz aufs Glatteis geführt wurde - mit der Option, selbst wieder runterzufinden (Hinweise wurden und werden ständig gegeben), und von da an aber alles Gesehene falsch interpretiert. Sein Problem also; belogen wird er nirgendwo. Er hätte genauso gut in der anderen Richtung vom Eis gehen können (natürlich wurde alles dafür getan, dass er es nicht tut :-) ).

Ausgeblendet wurde er also nicht. Das Nicht-gesehen-Haben lastet er sich daher selbst an, findet die Täuschung gelungen und zollt dem Drehbuchschreiber/Produzenten Respekt.

Bearbeitet von KerstinH
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Ausgeblendet wurde er also nicht. Das Nicht-gesehen-Haben lastet er sich daher selbst an, findet die Täuschung gelungen und zollt dem Drehbuchschreiber/Produzenten Respekt.

 

The Sixth Sense ist handwerklich etwas anderes, weil der Protagonist seiner eigenen Lüge glaubt. Das ist ein unzuverlässiger Erzähler.

Und obwohl wir alle beeindruckt waren - großes Wow und toll - funktioniert der beim zweiten Schauen nicht mehr und offenbart seine Schwächen.

Im Off zwischen den gezeigten Szenen müssten nämlich aller Logik nach ein Dutzend Szenen stattfinden, die das Ganze aufklären oder zumindest den Protagonisten stark zweifeln lassen. Der lebt aber nur in den Szenen und scheint sich außerhalb von ihnen in Nichts aufzulösen, ohne es zu merken. Toller Effekt, aber nur, solange man nicht zu genau hinschaut und sich ablenken lässt.

(Und trotzdem funktioniert es so gut!)

 

Sabine will das Gegenteil tun: Die Geschichte phasenweise im Off weiterspielen lassen. Das ist vollkommen legitim, sofern es schlüssig ist.

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Ja stimmt, der Erzähler ist unzuverlässig. Ich wollte auch eher darauf hinaus, dass der Zuschauer sich da nicht veräppelt gefühlt hat, sondern die Täuschung cool fand, gerade weil sie gut gemacht war. Sowas rechnet er dem Regisseur an und geht dann auch in dessen nächsten Film - Ziel erreicht.

 

Was die Zwischenszenen von "Sixth Sense" betrifft: Wenn wir uns träumend erleben, sind wir auch immer gleich mitten im Geschehen. Wir "begeben" uns nicht von einem Ort zum anderen, sondern sind plötzlich da (mitten in der Matheprüfung, und finden die auch noch logisch ;-) ), stehen auch nie auf und putzen uns erst einmal die Zähne. Da lösen wir uns zwischendurch auch auf und merken es (normalerweise) nicht. Insofern passte das für mich.

 

Aber stimmt, insgesamt hinkte mein Vergleich ein bisschen.

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Bei einem Twist-Film heiligt, glaube ich, der Zweck die Mittel. Ich habe den Film bestimmt schon an die fünf mal gesehen und empfinde die Aussparungen nicht als Schwächen, sondern als legitime Mittel für eine gezielte Täuschung – das muss man erstmal so hinkriegen. Und wichtig ist doch eigentlich, was man beim ersten Ansehen empfindet und nicht beim zweiten Mal. Mit der Realität lässt sich kein Szenenschnitt vergleichen, egal welchen Films oder Romans. Oft lese ich Thriller, da überspringen die Autoren Tage oder Wochen in ihrer Handlung, als wäre da gar nichts passiert. Immer wieder frage ich mich dann, wie ihr Alltag in diesen Tagen wohl ausgesehen hat, in Anbetracht der schrecklichen Lage, in der sie sich derzeit befinden. Haben sie da Däumchen gedreht? Diese Aussparungen finde ich fast noch schlimmer als wenn in einem Twist-Film nur Miniausschnitte von Szenen gezeigt werden, die dem späteren Zweck dienen.

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Sabine will das Gegenteil tun: Die Geschichte phasenweise im Off weiterspielen lassen. Das ist vollkommen legitim, sofern es schlüssig ist.

 

 

Das ist aber etwas komplett anderes als das, was ich an Sabines Konstruktion bemängelt habe. Natürlich spielen Geschichten zeitweise im Off, natürlich erzählt auch keine Ich-Erzählerin in epischer Breite, wie sie morgens aufsteht, sich die Zähne putzt und dabei überlegt, ob sie den Kaffee heute lieber schwarz trinken soll, weil sie so müde ist. Es sei denn, das ist für Handlung und/oder Figur relevant, dass es erzählt wird. Und hier greift mein Kritikpunkt. Sabine will, wenn ich sie richtig verstehe, dem Leser nicht nur einen Aspekt verschweigen, der relevant für Figur und Handlung ist, sondern sie will sogar den wichtigen Kniff geheim halten, der mir zeigt, wie die Figur den Antagonist besiegt - der mir also beweist, dass die Figur zurecht den Sieg davon trägt, der mir viel über die Figur erzählt und den ich, wenn ich ihn direkt miterlebe, besser nachvollziehen kann. Vorausgesetzt die Figur (und in diesem Fall mit ihr die Ich-Erzählerin) ist so angelegt, wie Sabine sie anlegen will, nämlich offen dem Leser gegenüber.

Habe ich hingegen einen Ich-Erzähler, der mir von Beginn an relevante Sachen verschweigt oder von dem ich spüre, dass er mich in die Irre leiten will (gutes Beispiel hierfür: Marian Keyes, Rachel im Wunderland. Die Ich-Erzählerin wird hier zu Beginn in eine Drogenklinik eingeliefert, findet das selbst absurd und glaubt an einen Irrtum. Erst im weiteren Verlauf wird einem als Leser klar, wie sehr sich die Erzählerin in einer Selbsttäuschung befindet und damit auch den Leser (bewusst) täuscht), dann gehe ich anders mit der Figur mit aber auch hier muss die Täuschung einen anderen Zweck haben als nur den, oberflächlich und plakativ Spannung zu erzeugen.

 

Darum geht es mir. Nur damit das nicht falsch verstanden wird. Und, wie gesagt, mich persönlich nervt so was, das muss nicht heißen, dass es anderen auch so geht. Wir haben eine ziemlich große Bandbreite beim Erzählen und auch eine ausreichend große Menge an ganz unterschiedlichen Lesern.

Bearbeitet von Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Susann schrieb:

 

Sabine will, wenn ich sie richtig verstehe, dem Leser nicht nur einen Aspekt verschweigen, der relevant für Figur und Handlung ist, sondern sie will sogar den wichtigen Kniff geheim halten, der mir zeigt, wie die Figur den Antagonist besiegt - der mir also beweist, dass die Figur zurecht den Sieg davon trägt, der mir viel über die Figur erzählt und den ich, wenn ich ihn direkt miterlebe, besser nachvollziehen kann.

 

Ja, ich denke, das ist der Punkt. Im Rückblick müsste meiner Meinung nach zu sehen sein, dass sie den Kniff - oder zumindest einen Hinweis, von dem aus ich selber weiterdenken kann - nicht verschwiegen hat. Dass er da war, ich ihn aber aus irgendeinem Grund überlesen habe. Wenn keinerlei Hinweis da war, würde ich mich als Leserin hintergangen fühlen (das war ja deine Ausgangsfrage, Sabine), auch wenn der Showdown am Ende superspannend ist. Eventuell scheiden sich hier die Geister zwischen Psychothriller- und Krimilesern.

 

Ich würde den Kniff aber vorher nicht offen präsentiert bekommen wollen und damit direkt miterleben können, wie sie das alles plant - sondern gekonnt versteckt; wie Edgar Allan Poe zum Beispiel den wichtigen Brief versteckt , den die Polizisten nicht finden sollen: als schmuddeliges Stück Papier, eingerissen, zerknittert und ohne schützenden Umschlag mitten auf dem Schreibtisch zwischen anderem Zettelkram. Nicht des Anschauens wert - aber dass ich nicht geschaut habe, habe ich selbst entschieden.

Bearbeitet von KerstinH
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Genau. Die Schwierigkeit ist aber: Man darf das Handwerk nicht sehen. Also wenn ich als Leser die ganze Zeit über die Gedanken und Absichten des Ich-Erzählers bestens informiert werde, und nur dieses eine Mal werde ich ausgeblendet, kapiere ich sofort: Huch, Spannung! Das ist dann für mich als Leser so ein Gefühl wie ich es kriege, wenn ich bei einem Kartenspielertrick die Karte im Ärmel sehe. Oder wie wenn ein Schauspieler aus der Rolle fällt.

 

 

 

Genau darum finde ich das auch mit dem Cliffhanger bei ihrem Plan schwierig.

 

Denn Überraschung funktioniert am besten, wenn sie überraschend kommt. :)

Und wenn mir durch den Cliffhanger schon klar ist, dass ich jetzt überrascht werde, dann bin ich zumindest nicht mehr so überrascht wie ich es wäre, wenn ich nicht drauf vorbereitet wäre.

 

Bitte nicht falsch verstehen: Ich liebe Cliffhanger in Psychothrillern. Sie sind m.E. mit die wichtigste Zutat.

Aber ich glaube, hier würde das Überraschungsmoment viel besser funktionieren, wenn der Leser nicht schon durch den Cliffhanger weiß, dass die Protagonistin ein Ass im Ärmel hat und das gleich rauszieht.

Bearbeitet von MichaelT
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Ich kann dem, was du schreibst, schon zustimmen, Kerstin. Sabine aber schreibt ganz am Anfang Folgendes:

 

Ein Gedanke von mir ist, dass sie den Leser bis zu einem gewissen Punkt mitnimmt, sodass der merkt, dass sie etwas plant. Aber da das Kapitel an der Stelle endet, weiß er nicht was sie plant. Dann begleitet er sie auf dem Weg in die Falle und anhand ihrer Gedanken, dass sie den Bösen jetzt besiegen wird, nimmt der Leser an, dass dieser Weg ihr Plan ist und fühlt sich eingeweiht. Und erst nachdem die Falle zuschnappt, erfährt er, was ihr eigentlicher Plan war.
Das heißt, ich schicke den Leser lediglich in eine falsche Annahme.

 

Und das heißt für mich, dass der Leser bewusst in die Irre geführt werden soll. Mir reicht in diesem Fall dann nicht ein Hinweis, den ich vielleicht überlesen habe. Das wäre für mich nur noch mehr Irreführung. Wenn die Autorin und mit ihr die Ich-Erzählerin, die bislang alles Relevante mit mir geteilt hat im Roman, plötzlich am Schluss bewusst so eine Täuschung veranstaltet, dann fühle ich mich als Leser nicht ernst genommen.

Das heißt also, wenn Sabine es so machen würde, wie du sagst, dem Leser quasi 'aus Versehen' etwas verschweigen, ihn aber doch auch irgendwo darauf hinweisen, damit er zumindest die Chance hat, es zu durchschauen - ja. Könnte gehen. Könnte auch so gehen, dass es mich persönlich überzeugt. Krimis arbeiten ja mit solchen Kniffen und da mag ich das auch sehr.

Ob und wie das aber bei Sabines Projekt möglich ist und vor allem warum sie diese Irreführung nur ein einziges Mal verwenden will und das ausgerechnet am showdown, an dem die Protagonistin sich dem Antagopnist stellen muss - das ist mir immer noch unklar und das ist auch der Punkt, weswegen ich hier mitdiskutiert habe, bzw warum ich sage: Das überzeugt mich nicht.

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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