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Michael Beisteiner

Handke? Kann das sein?

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https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/das-handke-urteil?fbclid=IwAR2s2qVAmcRfwlAoRlqTFpXvR1QRyPLGjaGg-sD8_PEq29mfXH3pASsoOL8

 

Der beste Artikel, den ich bis jetzt darüber gelesen habe.

Und es geht weder darin noch überhaupt um Buchverkäufe.

Und ja, wir sollten über die Nobelpreisträgerin von 2018 reden. Aber vielleicht nicht, ohne sie gelesen zu haben. :) Unrast ist ein sperriges Buch, und ein lohnendes dazu.

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Sehr lesenswert, in der Tat. 

Dass jemand, der sich die Mühe macht, Handke zum Thema zu lesen, nicht von Bücherverkäufen labern wird, hatte ich auch erwartet. 

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Wirklich lesenswert! Ich verstehe es so, dass ein Autor in seiner Zeit sich beoachtend und schreibend - auch gegen den Zeitgeist - an eine Wirklichkeit annähern und für sich daraus eine Wahrheit und den Wunsch nach Gerechtigkeit entwickeln kann. Und dass er dabei immer Gefahr läuft, gedeutet zu werden.

 

Und ein kleiner Schock für mich: Virginia Woolf, die verehrte Autorin im Schriftstellerolymp, hat in ihrem Tagebuch geschrieben, dass man diese "entsetzlichen Kretins und idiotischen Gestalten" (geistig Behinderte) wirklich töten müsste? Das war etwa 1915. Und doch schreibt die "Madame" dieses Artikels, dass sie nicht aufhöre sie zu lesen, nur unter anderen Vorzeichen. Knut Hamsum bekam den Nobelpreis, obwohl er glühender Hitler-Verehrer war. Auch Ernst Jünger (kein Nobelpreisträger) war heftigst umstritten, aber er wurde geehrt.

Bearbeitet von Christa
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Dass jemand, der sich die Mühe macht, Handke zum Thema zu lesen, nicht von Bücherverkäufen labern wird, hatte ich auch erwartet.

 

Ja, ich auch, war die pure Ironie. In keinem der vielen Artikel wurde und wird über Bücherverkäufe geredet :-X  Es war nur meine Reaktion auf dieses Posting

 

Seine Rede hatte die hundertfache Aufmerksamkeit gegenüber der Rede der zweiten Preisträgerin. Ergo werden sich auch seine Bücher wieder viel besser verkaufen.
Bearbeitet von ClaudiaB

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Michael Beisteiner

Schöner Artikel! Danke!

Zuletzt erschienen: Der Tomatenrebell (wortweit)

                                 zwischenlandungen (Arovell)

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Michael Beisteiner

Mag sein ich wiederhole mich längstens, doch was abschließend noch angeführt werden sollte, weil diese Aussage Handkes sehr viele Menschen irritiert hat: „Den Müttern von Srebrenica kaufe ich ihre Trauer nicht ab.“ Handke sagt in einem Interview, im Anschluss an die Preisverleihung in Stockholm, auf die Frage hin, warum er so agiert habe: „Ich habe etwas gegen Institutionen. Eine einzelne Mutter, die trauert, kann ich verstehen.“ Die Aussage bleibt, wie immer, streitbar. Und sie spiegelt womöglich auch eine männliche Herangehensweise wider. Ich kann seine Ansicht nachvollziehen. Kann aber ebenso verstehen, oder wenigstens akzeptieren, dass Menschen lieber gemeinschaftlich trauern. (Obwohl ich persönlich lieber einsam trauere.)

 

Warum ich oben Stehendes hier noch anführe: Es zeigt, finde ich, was Handke tatsächlich zu diesem Thema zu sagen hat und sagt, zeigt, dass er in keiner Weise etwas leugnet oder herunterspielt, zeigt sein Verständnis von Trauer. Und zeigt, wie sehr seine Kritiker seine Worte aus dem Zusammenhang reißen und verzerren, bzw. in ihrem Sinne umfärben. Man kann natürlich mit einer billigen Emotion auf seine Aussagen reagieren und eine flache Betroffenheit zur Schau stellen. Etwa: Wie kann er so etwas nur sagen! Doch geht es bei dieser ganzen Thematik nicht um einzelne Befindlichkeiten, sondern um eine wagemutig angelegte Kritik am Umgang mit Serbien als Allein-Aggressor in diesem Krieg. So schwierig es ist, eine derartige Debatte ohne Emotionen zu führen, falls es (für persönlich Betroffene) überhaupt möglich ist, so notwendig ist es. Und ich halte Menschen nicht automatisch für gefühlskalt, nur weil sie nicht weinen, oder ihr Mitgefühl verborgen halten, oder es auch nur im Zaum halten, um ein gewisses Ziel zu erreichen. (In dieser Angelegenheit die Fragestellung: Aus welchem Grund hat man die Geschichte zu diesem Krieg medial so erzählt, wie sie in den Neunzigern erzählt wurde?)

 

Eine Diskussion zu dieser Frage würde meine zeitlichen Ressourcen weit übersteigen. Nun, somit ziehe ich mich auch aus der Debatte zurück. Danke allen, die dabei waren!

Zuletzt erschienen: Der Tomatenrebell (wortweit)

                                 zwischenlandungen (Arovell)

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Ich kann nicht für die Mütter von Srebrenica sprechen, aber ich kann mir vorstellen, dass sie in dieser Angelegenheit eine andere Position einnehmen.

Ich denke, dass es ihnen wurscht ist, was Handke von Institutionen hält, ich kann nachvollziehen, wenn er sie mit seiner Aussage, die er ja erst im Nachhinein versucht hat, zu relativieren, zutiefst verletzt hat. Dass daraus Empörung und Wut, Unverständnis und Ablehnung erfolgt, darf nicht verwundern.

Wenn ich gezwungen wäre, hier eine Position einzunehmen, wäre es nicht die von Handke.

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Man kann natürlich mit einer billigen Emotion auf seine Aussagen reagieren und eine flache Betroffenheit zur Schau stellen. Etwa: Wie kann er so etwas nur sagen! Doch geht es bei dieser ganzen Thematik nicht um einzelne Befindlichkeiten, sondern um eine wagemutig angelegte Kritik am Umgang mit Serbien als Allein-Aggressor in diesem Krieg. So schwierig es ist, eine derartige Debatte ohne Emotionen zu führen, falls es (für persönlich Betroffene) überhaupt möglich ist, so notwendig ist es. Und ich halte Menschen nicht automatisch für gefühlskalt, nur weil sie nicht weinen, oder ihr Mitgefühl verborgen halten, oder es auch nur im Zaum halten, um ein gewisses Ziel zu erreichen. (In dieser Angelegenheit die Fragestellung: Aus welchem Grund hat man die Geschichte zu diesem Krieg medial so erzählt, wie sie in den Neunzigern erzählt wurde?)

 

Eine Diskussion zu dieser Frage würde meine zeitlichen Ressourcen weit übersteigen. Nun, somit ziehe ich mich auch aus der Debatte zurück. Danke allen, die dabei waren!

 

Also, erst mal danke ich dir auch sehr, Michael, dass du diese Diskussion angestoßen und  mit viel Überlegung und Sachverstand mit allen hier geführt hast.

 

Zu der Sache mit den "Müttern von Srbrenica" möchte ich noch etwas sagen, auch, weil mich selbst, die ich hier ja eher pro Handke (zumindest contra seinen Gegnern) argumentiert habe, diese Aussage von ihm sehr irritiert hat. Ich selber hätte so einen Satz (den Müttern ... glaube ich nicht) gewiss nie gesagt. Weil trauernde Mütter selbstverständlich trauern. Eine größere Trauer als die um die eigenen Kinder kann ich mir nicht vorstellen. Da einen Unterschied aufzumachen zwischen südamerikanischen Müttern, die wirklich trauern und bosnischen, die nur so tun, hat keinerlei Boden unter den Füßen.

 

Nun hat es allerdings am Tag der Preisverleihung eine Demonstration eben jener Mütter gegeben. Die Tagesschau berichtete darüber, wie sie von Bosnien nach Stockholm reisten und ließ sie ausführlich zu Wort kommen. Was sie sagten, war die getreuliche Wiedergabe dessen, was die hiesige Presse seit Wochen dazu von sich gibt: dass Handke die Erschießungen in Bosnien geleugnet hätte, dass er ein Parteigänger der Serben wäre, also quasi ein Befürworter der Füsilierung ihrer Söhne. In Bosnien Leute gegen Handke aufzuhetzen ist garantiert ein leichtes Spiel. Da reichen wahrscheinlich schon die Bilder aus Serbien, wo man über den vermeintlichen Parteigänger als Nobelpreisträger jubelt. Wie auch immer – der Wind, der die bosnischen Mütter nach Stockholm trug, war eine Empörung über eine vermeintliche Ungerechtigkeit, die auf Hetze beruhte. Sehr vorbei am wirklich Gesagten und Gemeinten. Und die – natürlich wirklich trauernden – Mütter in der Tagesschau zu zeigen war eine Fortführung der Hetze und zwar besonders perfider Art, weil trauernde Mütter etwas so Unwidersprechliches haben. Wer will denn angesichts älterer Frauen, die um ihre toten Söhne weinen, noch sagen: Stopp! Da liegt doch eine politische Parteilichkeit vor. Werdet mal klarsichtig, Leute!

 

Er (Handke) hätte den Satz trotzdem nicht sagen sollen. Wegen der Gefahr, gerade die zu verletzen, um die es ihm in dieser Sache gewiss nicht ging. 

Bearbeitet von Angelika Jo

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Danke auch von mir aus für die Diskussion.

 

Es wäre schön gewesen, wenn sich noch mehr beteiligt hätten. So wurde sie in sehr kleinem Kreis geführt. Schade.

Derzeit in Schreibpause... mit immer wieder Versuchen, dieses Sumpfloch zu verlassen

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Michael Beisteiner

Er (Handke) hätte den Satz trotzdem nicht sagen sollen. Wegen der Gefahr, gerade die zu verletzen, um die es ihm in dieser Sache gewiss nicht ging. 

 

Da muss ich dir abschließend noch einmal Recht geben, Angelika! Auf bald!

Zuletzt erschienen: Der Tomatenrebell (wortweit)

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