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GesineS

„Leben, schreiben, atmen – Eine Einladung zum Schreiben“

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„Leben, schreiben, atmen – Eine Einladung zum Schreiben“
 

Hat jemand von Euch schon das kürzlich bei Diogenes erschienene Buch übers Schreiben von Doris Dörrie gelesen? Ich werde heute ihren Schreibworkshop auf Zeche Zollverein besuchen und bin gespannt. Das Konzept klingt sehr anregend.

 

 

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Nur zu <3

 

Ich habe jahrzehnte lang Logbuch geführt. Das autobiographische Schreiben wäre das letzte, was ich anpacken möchte.

Aber abgesehen davon ist Schreiben für mich ALLES. Da man aber nicht alles auf einmal machen kann, kommt der schwierige Entscheidungsprozess was und was nicht.

 

Und warum nicht Autobiographisches. Das ist nicht besser und auch nicht schlechter als alles andere. Und wer sich noch nie mit sich selbst auseinandergesetzt hat, kann da auf ganz tolle Dinge stoßen. Oder auch weniger tolle Dinge ;D

 

Viel Spaß beim Schaffen

Wolf

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Mich auch! Wir hatten gerade eine Diskussion auf FB über Doris Dörrie, mit ihrem Uraltfilm "Männer" habe ich Generationen von Studenten amüsiert.

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Möchstest Du etwas vom Workshop erzählen?

 

Gerne!

 

Leben, schreiben, atmen, erzählte Doris Dörrie, sei ihr persönlichstes Buch.

 

Der Abend im Salzlager auf Zollverein bestand aus Lesung, Gespräch mit Moderator Knut Elstermann und Schreibübungen. Es war intensiv, kurzweilig und nachhaltig anregend. Ich war nicht die Einzige im Publikum, die verblüfft, aber vor allem enttäuscht war, als die Zeit vorüber war.

 

Anders als in den Romanen und Erzählungen schreibt Doris Dörrie diesmal ungefiltert über sich, ihre Empfindungen, ihr Leben – und gibt dabei Anleitungen zum Schreiben, ohne das sie nicht leben kann. Sie empfindet es als beglückend, manchmal auch schmerzvoll, doch immer bereichernd fürs eigene Leben. Eine Erfahrung, die sie in ihren Schreibworkshops und jetzt auch im Buch teilen möchte.

 

„Es geht nicht darum, ob man schreiben lernen kann“, sagte sie zu Beginn es Abends. „Man kann es!“ Eine Überzeugung, gewachsen durch die vielen Workshops, die sie in aller Welt gegeben hat. „Jeder kann schreiben.“

 

Das Ziel des eigenen Schreibens, ob Roman, Erinnerungen, Blog oder Tagebuch spielt hier keine Rolle. Die Übungen setzen vorher an, ähnlich wie beim Schreiben von Morgenseiten.  

 

Ein hörbarer Schreck ging durchs Publikum, als Doris Dörrie für die erste Schreibübung verkündete, wir sollten nun zehn(!) Minuten zum vorgegebenen Thema schreiben. Am Stück. Ohne zu pausieren.

„In dem Moment, in dem man am Stift kaut, ist es vorbei.“ Statt dessen sollte man sich damit retten, den von ihr vorgegebenen Satzanfang „Ich erinnere mich an“ zu schreiben, so oft, bis die Gedanken wieder fließen.

„Es ist wildes Assoziieren – dann eröffnet sich ein ganzer Kosmos, wenn man es jeden Tag macht.“ (Oder jedenfalls öfter.)

 

Die Stille in der riesigen Industriehalle war eindrucksvoll. Man schrieb. Und schrieb. Und viele schrieben immer noch, als der Wecker das Ende der Übung einläutete. Bei der zweiten Übung war es ähnlich.

 

Ich war zusammen mit zwei Freundinnen dort. Eine ist etablierte Autorin, die andere Tagebuchschreiberin und Schreibkurs-Mitglied. Beide haben den Abend als sehr bereichernd empfunden, nicht nur fürs eigene Schreiben. Mir ging es ebenso. Vieles klingt immer noch nach.

 

Nun freue ich mich darauf, das Buch zu lesen.

 

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Vielen Dank für diesen Beitrag, Gesine! Ich kenne Doris Dörrie auch noch von dem Film "Männer" her. War witzig und tiefsinnig zugleich.

Hier ist noch ein interessantes Interview mit dem Deutschlandfunk.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/doris-doerrie-ueber-das-schreiben-in-jedem-tut-sich-ein.1008.de.html?dram:article_id=457409

 

"Wenn ich nicht schreibe, fühle ich mich seltsam." So geht es mir auch. Hohl vielleicht, nicht richtig "geerdet".

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Hinzufügen sollte ich noch, dass Doris Dörrie empfiehlt, diese Übungen mit der Hand zu schreiben. (Ich meine auch, gelesen zu haben, dass sie überhaupt alles, ob Roman oder Drehbuch, zuerst mit der Hand schreibt.)

 

Mir leuchtet das ein. Neurowissenschaftliche Studien haben ja gezeigt, dass durch die Handschrift im Gehirn Verknüpfungen entstehen und Prozesse ausgelöst werden. Beim Stricken (beispielsweise) ebenfalls. Doch nicht beim Tippen auf der Tastatur.

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Hinzufügen sollte ich noch, dass Doris Dörrie empfiehlt, diese Übungen mit der Hand zu schreiben. (Ich meine auch, gelesen zu haben, dass sie überhaupt alles, ob Roman oder Drehbuch, zuerst mit der Hand schreibt.)

 

Mir leuchtet das ein. Neurowissenschaftliche Studien haben ja gezeigt, dass durch die Handschrift im Gehirn Verknüpfungen entstehen und Prozesse ausgelöst werden. Beim Stricken (beispielsweise) ebenfalls. Doch nicht beim Tippen auf der Tastatur.

 

Ich sehe das genau andersrum - bei mir funktionieren die Prozesse viel besser beim Tippen. Liegt vielleicht auch daran, dass ich sehr schnell tippen kann und meine Gedanken so besser festhalten kann, als wenn ich sie langwierig per Hand aufschreiben würde und dann auch noch mal abtippen müsste. Allerdings ist das motorische Gedächtnis tatsächlich ein anderes. Als 2000 die Umstellung von alter auf die neue Rechtschreibung kam, habe ich beim Tippen immer schon in der neuen Rechtschreibung geschrieben, aber handschriftlich war ich immer noch in der alten Rechtschreibung verhaftet. Das hat recht lange gedauert. Es ist auch ganz anders von der Art des Beschreibens, wenn man diktiert - aufgrund einer Erkrankung konnte ich eine Zeitlang nicht mit der linken Hand tippen und habe mir dann Dragon als Diktierprogramm zugelegt. Das war eine große Umstellung, die Gedanken flossen auch hier auf eine andere Weise - es war etwas langsamer. Außerdem irritierte es mich, dass die Buchstaben langsamer auf den Bildschirm kamen, als wenn ich tippe.

 

Ich habe ja den Verdacht, dass man mit der Schreibmethode am Effizientesten ist, mit der man am geübtesten ist. Wer alles zunächst von Hand schreibt und das gewohnt ist, würde vermutlich ebenso stocken beim primären Tippen wie ich beim handschriftlichen Schreiben. Es ist eine Sache der individuellen Art, seine Gedanken möglichst schnell und effizient in Worte zu fassen. Und jede Änderung dieser Gewohnheit hemmt die Schreibgeschwindigkeit. Das kann manchmal inspirierend und bereichernd sein, aber oft genug auch einfach lähmend und bremsend. 

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Ich bin auch beim Tippen um einiges schneller als mit der Hand, das hat ein bisschen was von Steno, wo man es fließen lassen kann und ein bisschen erstaunt "mitliest", was man da gerade schreibt. Ich kenne aber auch den Vorschlag, wenn es überhaupt nicht fließen will, mit der linken Hand zu schreiben, um die Blockade sozusagen auszutricksen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass man seinen Stil mit einer Änderung der Schreibmethode ändern könnte, falls gewünscht.

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Neurowissenschaftliche Studien haben ja gezeigt, dass durch die Handschrift im Gehirn Verknüpfungen entstehen und Prozesse ausgelöst werden. Beim Stricken (beispielsweise) ebenfalls. Doch nicht beim Tippen auf der Tastatur.

 

Kannst du dafür eine Quelle angeben? Ich wüsste nämlich gerne, ob da etwas dran ist oder ob es sich um eine der vielen Legenden handelt, die sich jemand ausdenkt und die vielen gefallen, weil sie so schön ins eigene Weltbild passen. 

 

Wie will jemand das gemessen haben? Durch Sezieren der Gehirne von Toten? Dann darf der eine sein Leben lang nur mit der Hand geschrieben und der andere nur getippt haben. Unwahrscheinlich. Durch Messung des EKGs oder fMRI? Gehen die Hirnsignale dabei nicht durch die motorischen Signale unter? Und woher wissen die Forscher, wie die Kurven zu interpretieren sind? 

 

Nee, ich glaube nicht, dass an dem Satz etwas dran ist. 

 

Obwohl ich selbst auch gerne mit der Hand Notizen mache oder Gedanken festhalte. 

Olaf Fritsche 

www.seitenrascheln.de

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Sebastian Niedlich

 

Neurowissenschaftliche Studien haben ja gezeigt, dass durch die Handschrift im Gehirn Verknüpfungen entstehen und Prozesse ausgelöst werden. Beim Stricken (beispielsweise) ebenfalls. Doch nicht beim Tippen auf der Tastatur.

 

Kannst du dafür eine Quelle angeben? Ich wüsste nämlich gerne, ob da etwas dran ist oder ob es sich um eine der vielen Legenden handelt, die sich jemand ausdenkt und die vielen gefallen, weil sie so schön ins eigene Weltbild passen.

 

Mal schnell gegoogelt...

 

Wobei da nichts Genaues steht. Ich persönlich halte das ja auch eher für fragwürdig, weil das m.E. keinerlei Sinn macht.

Bearbeitet von Sebastian Niedlich
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Neurowissenschaftliche Studien haben ja gezeigt, dass durch die Handschrift im Gehirn Verknüpfungen entstehen und Prozesse ausgelöst werden. Beim Stricken (beispielsweise) ebenfalls. Doch nicht beim Tippen auf der Tastatur.

 

Kannst du dafür eine Quelle angeben? Ich wüsste nämlich gerne, ob da etwas dran ist oder ob es sich um eine der vielen Legenden handelt, die sich jemand ausdenkt und die vielen gefallen, weil sie so schön ins eigene Weltbild passen.

 

Mal schnell gegoogelt...

 

Wobei da nichts Genaues steht. Ich persönlich halte das ja auch eher für fragwürdig, weil das m.E. keinerlei Sinn macht.

 

 

In dem Artikel wird gesagt, dass beim Schreiben mit der Hand zwölf Gehirnareale aktiv sind. Es steht dort nicht, wie viele es beim Tippen sind, oder wofür diese Areale zuständig sind. Insofern nützt die Aussage nicht viel. 

 

Es ist aber naheliegend, dass eine komplexe motorische Aufgabe wie das Schreiben mit der Hand das Gehirn ordentlich fordert, sodass dieses die dafür notwendigen Verknüpfungen aufbaut – das nennt man lernen. Passiert auch beim Zähneputzen mit der nichtelektrischen Bürste, beim Fahrrad fahren, beim Schleife binden, … 

 

Der Artikel enthält keinen Hinweis, dass es von Vorteil wäre, eine Geschichte per Hand zu schreiben, statt sie zu tippen. Auch aus Sicht der Neurophysiologie sollte jede von uns weiterhin schreiben dürfen, wie sie will. Und niemand kann sich herausreden, die Geschichte sei schlapp, weil sie direkt am Computer entstanden ist.  ::)

Olaf Fritsche 

www.seitenrascheln.de

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Inzwischen habe ich das Buch gelesen – in einer Nacht, was mir bei Doris Dörrie aber immer so geht. Zum Teil liegt es daran, dass die Bücher nicht sehr lang sind, zum größeren Teil an der Schreibe: sehr ehrlich, sehr unverschnörkelt, dennoch plastisch und irgendwie – hell. Man glaubt der Autorin/Erzählerin und man mag sie auch – also ich jedenfalls, aber bestimmt bin ich da nicht allein.

 

Ein "Schreibratgeber" im herkömmlichen Sinn ist das Buch nicht. Ohne die kursiv gedruckten Absätze an jedem Kapitelende wäre es eindeutig eine Autobiographie. Nicht linear erzählt, sondern entlang von Begriffen wie "Mittagessen", "Piercing", "Verliebt", "Lost and found" setzt sich mosaikartig das Bild ihres Lebens zusammen: Elternhaus, Schule, USA-Aufenthalt, Freundschaften, Liebschaften, das Kind, der Tod ihres Mannes ...

 

Mit dem Schreiben hat das insofern zu tun, als ihr zufolge jeder Schreibakt aus dem Erinnern kommt. Deshalb beginnen auch die Schreibaufgaben an jedem Kapitelende mit dem Imperativ, sich an eben solche Dinge zu erinnern: Mittagessen, Schulweg, Schokolade etc. und darüber zu schreiben. 

 

Z.B. so: In dem entsprechenden Kapitel war von einer amerikanischen Freundin die Rede, die gern selbsterfundene Wörter mit Jiddisch und Spanisch mischt. "Sie sagt zu mir: Vámonos, meschuggene chick."

 

Die darauf folgende Schreibaufgabe:

 

Welche Wörter kennst du, die sonst niemand gebraucht? Wie nennst du den Matsch, den man braucht, um Sandburgen zu bauen? Bei uns hieß er Kalamatsch, die genau richtige Mischung aus Wasser und Sand, die man über Sandburgen tröpfelt.

Fällt es dir nicht ein? Fällt dir gar nichts ein? Es gibt eine Zauberformel, die immer funktioniert. Sie lautet: Ich erinnere mich. Wenn mir nichts einfällt, schreibe ich diese Zauberformel wieder und wieder: Ich erinnere mich an, ich erinnere mich an ...(1. Regel: Mach keine Pause!) Und irgendwann erinnere ich mich. Garantiert.

 

In ihrer Grundaussage gebe ich Doris Dörrie recht: Alles Schreiben fußt auf dem Erinnern. Hätten wir nie einen Himmel, ein Pferd, einen Musiklehrer gesehen, könnten wir nicht darüber schreiben, und auch wer Hobbits und Elben erfindet, zehrt dabei letztlich von einem privaten und einem kollektiven Erinnern. Ich weiß aber nicht, ob ihre Reihenfolge so auf alle Schreibende übertragbar ist: Hinsetzen und über Erinnerungen schreiben – und dann kommt die Geschichte. Gibt es da nicht viele andere Zwischenschritte? Recherchieren. Viel nachdenken. Eine Idee entfalten. Die Idee in eine Form pressen (die sich etwa aus der Recherche ergeben hat ) und dann die hinten und vorne herausstehenden Reste abschneiden, was die Geschichte in eine andere Richtung lenkt als geplant ...

 

Aber darüber nachzudenken, finde ich jedenfalls interessant und wie gesagt: Das Buch liest sich sehr schön.

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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In ihrer Grundaussage gebe ich Doris Dörrie recht: Alles Schreiben fußt auf dem Erinnern. Hätten wir nie einen Himmel, ein Pferd, einen Musiklehrer gesehen, könnten wir nicht darüber schreiben, und auch wer Hobbits und Elben erfindet, zehrt dabei letztlich von einem privaten und einem kollektiven Erinnern. Ich weiß aber nicht, ob ihre Reihenfolge so auf alle Schreibende übertragbar ist: Hinsetzen und über Erinnerungen schreiben – und dann kommt die Geschichte. Gibt es da nicht viele andere Zwischenschritte? Recherchieren. Viel nachdenken. Eine Idee entfalten. Die Idee in eine Form pressen (die sich etwa aus der Recherche ergeben hat ) und dann die hinten und vorne herausstehenden Reste abschneiden, was die Geschichte in eine andere Richtung lenkt als geplant ...

 

Aber darüber nachzudenken, finde ich jedenfalls interessant und wie gesagt: Das Buch liest sich sehr schön.

 

Den gleichen Eindruck hatte ich auch. Das Buch habe ich mir gekauft, nachdem ich den unglaublich schönen und fesselnden Anfang gelesen hatte. Bisher sind es etwa 30 Seiten. Wenn ich die tollen autobiografischen Stellen gelesen habe, stören die Schreibaufgaben fast im Schreibfluss. Da muss man sich dann extra nochmal hinsetzen und die Erinnerung kommen lassen. Nach dem Prinzip funktionierte auch mal eine Schreibwerkstatt. Da gab es Schreibaufgaben wie "Bei Mama und Papa am Tisch", was zu unglaublichen Kurzgeschichten führte. Als Schreibratgeber für Autoren kann man es gar nicht sehen, sondern als Ermunterung, sich zu erinnern und das in Worte zu fassen.

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Danke Gesine und Angelika für eure Berichte. Das Buch werde ich mir kaufen, eure Berichte erinnern mich sehr an Julia Camerons "Von der Kunst des kreativen Schreibens: Der Weg zum inspirierten Schriftsteller", das ich geradezu verschlungen habe und immer mal gerne an Kolleg*innen verleihe. Kann ich bestimmt auch für meine Schreibwerkstätten brauchen :-)

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Ich kann mir vorstellen, dass dass Buch ganz klar als Anregung oder Anleitung für kreatives Schreiben gedacht ist, nicht mehr und nicht weniger. Als eine Anregung, Schreiben als Ausdrucksmittel überhaupt in sein Leben zu lassen und nicht zu denken, dass es zu kompliziert wäre. Dass Literatur - ein Roman, eine Shortstory - künstlerisch geformt ist und man da einiges an Technik, Handwerk, Wissen und Erfahrung braucht, ist ja eigentlich klar - obwohl, wenn man zum Beispiel den Hype um schreibende Schauspieler sieht, vielleicht zu wenigen.

 

Doris Dörries Prosa finde ich im übrigen auch faszinierend - sehr klar, musterhaft.

 

Und was das Schreiben ohne abzusetzen betrifft: Da muss ich immer an einen Grundschüler denken, den ich mal in einer Schreib-AG hatte, der einzige Junge zwischen einigen Mädchen, der seine Idee zwar skizziert hatte, aber stöhnte, dass ihm nichts einfiele, er einfach nicht schreiben könnte. Darum machte er ziemlich viel Wirbel. Ohne nachzudenken sah ich ihn an und sagte, wenn er jetzt auf der Stelle eine Seite vollschriebe, ohne den Stift abzusetzen, bekäme er von mir eine Tüte Gummibärchen. Er riss die Augen auf: "Echt?! Eine Tüte?" Und schrieb drauflos. Schwupp, war die Seite voll. Er staunte, alle staunten, ich war zufrieden, denn so in Reinform hatte ich das auch noch nicht erlebt.

Eine (kleine) Tüte bekamen beim nächsten Mal alle, diese vielleicht eher fragwürdige Methode hab ich auch nicht nochmal angewendet, aber: Er hatte gelernt, dass etwas möglich ist, von dem er glaubte, dass es unmöglich wäre und war sehr stolz.

 

Viele Grüße

Anna

Bearbeitet von AnnaW

               Website Anna             Instagram            

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Eine (kleine) Tüte bekamen beim nächsten Mal alle, diese vielleicht eher fragwürdige Methode hab ich auch nicht nochmal angewendet ...

 

Eine äußerst fragwürdige Methode, Anna ...  :) !

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Doris Dörries Buch habe ich jetzt in zwei Nächten durchgelesen und war sehr, sehr beeindruckt. Ich glaube, es kann eine fast therapeutische Wirkung haben. Bei allen Kapiteln kamen mir zunehmend Erinnerungen zu fast allen Themen. Muss ich erst mal sacken lassen und mich später damit beschäftigen. Bei mir zumindest könnte es die Auflösung einer Schreibblockade bewirken. :D

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Neurowissenschaftliche Studien haben ja gezeigt, dass durch die Handschrift im Gehirn Verknüpfungen entstehen und Prozesse ausgelöst werden. Beim Stricken (beispielsweise) ebenfalls. Doch nicht beim Tippen auf der Tastatur.

 

Kannst du dafür eine Quelle angeben? Ich wüsste nämlich gerne, ob da etwas dran ist oder ob es sich um eine der vielen Legenden handelt, die sich jemand ausdenkt und die vielen gefallen, weil sie so schön ins eigene Weltbild passen. 

 

Wie will jemand das gemessen haben? Durch Sezieren der Gehirne von Toten? Dann darf der eine sein Leben lang nur mit der Hand geschrieben und der andere nur getippt haben. Unwahrscheinlich. Durch Messung des EKGs oder fMRI?

 

Genau, durch Bildgebungsverfahren des zentralen Nervensystems (Neuroimaging), z. B. auch bei Menschen, die eine Hirnverletzung erlitten haben. Es gibt viele Studien dazu. Hier zwei Artikel zum Thema:

 

"Recent neuroscientific research has uncovered a distinct neural pathway that is only activated when we physically draw out our letters. And this pathway, etched deep with practice, is linked to our overall success in learning and memory."

https://www.headspace.com/blog/2015/09/23/can-handwriting-sharpen-your-mind

 

"According to a study performed at the Indiana University, the mere action of writing by hand unleashes creativity not easily accessed in any other way. And high-tech magnetic resonance imaging has indeed shown that low-tech writing by hand increases neural activity in certain sections of the brain, much like meditation."

https://www.forbes.com/sites/nancyolson/2016/05/15/three-ways-that-writing-with-a-pen-positively-affects-your-brain/#6024dd395705

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Neurowissenschaftliche Studien haben ja gezeigt, dass durch die Handschrift im Gehirn Verknüpfungen entstehen und Prozesse ausgelöst werden. Beim Stricken (beispielsweise) ebenfalls. Doch nicht beim Tippen auf der Tastatur.

 

Kannst du dafür eine Quelle angeben? Ich wüsste nämlich gerne, ob da etwas dran ist oder ob es sich um eine der vielen Legenden handelt, die sich jemand ausdenkt und die vielen gefallen, weil sie so schön ins eigene Weltbild passen. 

 

Wie will jemand das gemessen haben? Durch Sezieren der Gehirne von Toten? Dann darf der eine sein Leben lang nur mit der Hand geschrieben und der andere nur getippt haben. Unwahrscheinlich. Durch Messung des EKGs oder fMRI?

 

Genau, durch Bildgebungsverfahren des zentralen Nervensystems (Neuroimaging), z. B. auch bei Menschen, die eine Hirnverletzung erlitten haben. Es gibt viele Studien dazu. Hier zwei Artikel zum Thema:

 

"Recent neuroscientific research has uncovered a distinct neural pathway that is only activated when we physically draw out our letters. And this pathway, etched deep with practice, is linked to our overall success in learning and memory."

https://www.headspace.com/blog/2015/09/23/can-handwriting-sharpen-your-mind

 

"According to a study performed at the Indiana University, the mere action of writing by hand unleashes creativity not easily accessed in any other way. And high-tech magnetic resonance imaging has indeed shown that low-tech writing by hand increases neural activity in certain sections of the brain, much like meditation."

https://www.forbes.com/sites/nancyolson/2016/05/15/three-ways-that-writing-with-a-pen-positively-affects-your-brain/#6024dd395705

 

 

Danke für die Links, Gesine! 

 

Ich habe die Artikel gelesen und darin die gleiche Aussage gefunden, aber leider weiterhin keine überprüfbaren Belege. 

 

- Der erste Artikel ist zwar von einer Neurowissenschaftlerin geschrieben, bietet aber lediglich die Behauptung, dass Schreiben mit der Hand alles Mögliche bewirke. Es gibt keine Erläuterung, wie das gemessen wurde (ok, da steht "Imaging studies", aber davon gibt es mehrere, und die sind immer sehr vorsichtig zu interpretieren), und es fehlt der Link auf den Originalartikel. Bei solch einer Aussage würde ich gerne lesen, was die Forscher wirklich getan haben und wie sie selbst ihre Ergebnisse einordnen. Wissenschaftsjournalisten neigen dazu, Aussagen auf die Spitze oder drüber hinaus zu treiben (bin ja selber Wissenschaftsjournalist). Die Links im Artikel sind zu anderen Teilaspekten und führen ins Nichts. 

 

- Der zweite Artikel stellt ebenfalls Aussagen auf, ohne Belege zu liefern. Er verweist auf Artikel im Wall Street Journal, die ich nicht gelesen habe, weil sie hinter einer Bezahlschranke liegen, und in der Huffington Post, die mich schließlich zu einem wissenschaftlichen Übersichtsartikel aus dem Jahr 2010 geführt haben. 

 

- Dieser Übersichtsartikel fasst zusammen, was über die Unterschiede zwischen händischen Schreiben und Tippen für das Erwerben der Schreib- und Lesekompetenz bekannt war. Kurz gesagt: Weil beim Schreiben mit der Hand mehr Sinne und Muskeln beteiligt sind, weil es langsamer abläuft und man sich mehr auf den Prozess konzentrieren muss, lernt man die Form von Buchstaben und damit letztlich das Lesen besser als beim Tippen.  

Es steht dort nicht, dass Schreiben mit der Hand besser wäre für Kreativität oder das Denken in Zusammenhängen. 

 

Fazit: Gerade zum Lernen von Lesen und Schreiben ist es besser, mit Stift und Papier zu üben. Aber es fehlt weiterhin ein Beleg, dass kreatives Denken von der Modalität des Schreibens abhängt. 

 

Ich will das damit nicht abstreiten. Mir geht es nur darum, dass wir – trotz diverser Zeitungsartikel mit dieser Behauptung – diese Frage einfach noch nicht beantworten können. 

 

Und ich selbst schreibe Gedanken und Notizen häufig erstmal schnell mit der Hand nieder. Die kommen bei mir allerdings immer vor dem Schreiben, weniger dabei. 

Bearbeitet von Olaf

Olaf Fritsche 

www.seitenrascheln.de

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