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KarinKoch

Diverse Helden

Empfohlene Beiträge

 

Mir jagt es den kalten Angstschauer über den Rücken! Ich oute mich als "Sensitive Reader" für politische Diktaturen und Ideologien. 30 Jahre Lebenserfahrung dürften ausreichen. Das, was die Damen wollen, stellt die Zensur in der DDR weit in den Schatten! Dass für solche krude Ideologien heute auf einer Buchmesse Platz eingeräumt wird, macht mich fassungslos!

Kunstfreiheit ist eine der höchsten Freiheiten, die wir haben. Gegen jede Einschränkung sollten wir diese verteidigen. Ein Autor muss auf niemanden und nichts Rücksicht nehmen. Meine Protagonisten darf die Generation Schneeflocke als Leistungsverweigerer empfinden und das laut und deutlich sagen - die Generation Schneeflocke darf umgekehrt auch meine Protagonisten als rassistisch empfinden. Ich nenne so etwas Meinungsdiversität und die steht für mich vor der Identitätsdiversität.

 

Wortwitz, Schlagfertigkeit, Sarkasmus und Ironie, die Schwächen auf das Korn nehmen, dürften bald der Vergangenheit angehören - Friede, Freude, Eierkuchen wird den Buchmarkt bestimmen. Nehmt mir meinen Sarkasmus nicht übel, wir können uns in Oberursel gerne Face-To-Face über dieses Thema unterhalten.

Bearbeitet von Dietmar
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Wir haben es aber mit verschiedenen Sorten von Lesern zu tun. Solche, die selbst Opfer wurden und deshalb sensibilisiert sind und unter Umständen einen Angriff zu erleben glauben, wo es gar keinen gab. Aber auch solche, die im Grunde selbst massive Vorurteile haben, die sie sich aber, weil sie von Verstand her wissen, dass die unbewussten Vorurteile blödsinnig sind, ganz massiv dagegen ansteuern und nun "Moralpolizei" werden und auch dort, wo gar keine Angriffe stattfanden, welche wahrnehmen - weil sie sich nämlich heimlich in ihrem eigenen Gedankengang ertappt fühlten und den sofort verdrängen müssen. Das sind oft diejenigen, die gar nichts mit einer Gruppe von Betroffenen zu tun haben, aber am lautesten für deren Rechte streiten - auch da, wo das gar nicht notwendig ist. Weil sie damit ihre eigenen Vorurteile in Schach halten - läuft aber alles unbewusst ab. 

Und dann gibt es schlichtweg auch solche Leute, die dem Gedankengang des Autors nicht folgen können und ihn missverstehen. Entweder, weil der Autor sich schlecht und missverständlich ausgedrückt hat, oder weil sie den Text nicht verstanden haben.

 

Letztlich können wir als Autoren nur begrenzt etwas dagegen tun. Man kann überlegen, ob man diese Klientel irgendwie mit ins Boot holen kann, um sich als Autor unmissverständlich auszudrücken, aber das darf nicht soweit führen, dass ein Roman langweilig wird.

 

 

Melanie, das ist sie doch - die Schere im Kopf! Kein Autor kann für alle Leser schreiben. Es wird Leser geben, die dein Buch als schlecht empfinden und es wird Leser geben, die es loben. So what - nein, als Autor  kann man nicht allen und allem gerecht werden.

Bearbeitet von Dietmar
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Genau, das sind die Klischees, die sich in den Köpfen auch einiger Leser festgesetzt haben. Und die man teilweise auch aus seinem eigenen Kopf rausbekommen muss. Dein Beispiel mit dem wegen Homosexualität statt wegen Kindesmordes verurteilten Arztes zeigt ganz deutlich, welche Verwirrungen sich aus so etwas ergeben können. Es kann aber nun einfach nicht sein, dass wir bei jedem Satz darüber nachdenken müssten, wie jemand es auffassen und interpretieren könnte. Als Leserin deines Buches wäre ich niemals draufgekommen, Homosexuelle als böse anzusehen. Mit dem Klischeedenken dieser Leser müssen wir leben, wie du schon ganz richtig sagst. 

 

Um mal bei dem Beispiel zu bleiben - ich denke, jemand der keine Vorurteile gegen Homosexuelle hat und selbst auch nie Opfer von Vorurteilen wurde, kommt auch nicht auf solche Ideen. Weil es für jemanden ohne Vorurteile völlig wurscht ist, welche sexuelle Ausrichtung ein Fiesling hat, aber es trotzdem ungerecht finden kann, wenn ein Fiesling dafür verurteilt wird anstatt für seine wirklichen Straftaten.

 

Wir haben es aber mit verschiedenen Sorten von Lesern zu tun. Solche, die selbst Opfer wurden und deshalb sensibilisiert sind und unter Umständen einen Angriff zu erleben glauben, wo es gar keinen gab. Aber auch solche, die im Grunde selbst massive Vorurteile haben, die sie sich aber, weil sie von Verstand her wissen, dass die unbewussten Vorurteile blödsinnig sind, ganz massiv dagegen ansteuern und nun "Moralpolizei" werden und auch dort, wo gar keine Angriffe stattfanden, welche wahrnehmen - weil sie sich nämlich heimlich in ihrem eigenen Gedankengang ertappt fühlten und den sofort verdrängen müssen. Das sind oft diejenigen, die gar nichts mit einer Gruppe von Betroffenen zu tun haben, aber am lautesten für deren Rechte streiten - auch da, wo das gar nicht notwendig ist. Weil sie damit ihre eigenen Vorurteile in Schach halten - läuft aber alles unbewusst ab. 

Und dann gibt es schlichtweg auch solche Leute, die dem Gedankengang des Autors nicht folgen können und ihn missverstehen. Entweder, weil der Autor sich schlecht und missverständlich ausgedrückt hat, oder weil sie den Text nicht verstanden haben.

 

Letztlich können wir als Autoren nur begrenzt etwas dagegen tun. Man kann überlegen, ob man diese Klientel irgendwie mit ins Boot holen kann, um sich als Autor unmissverständlich auszudrücken, aber das darf nicht soweit führen, dass ein Roman langweilig wird.

 

Als ich ein Kind war - in den späten 70ern oder frühen 80ern, ich weiß nicht mehr so genau wann - da gab es immer Weihnachtsmärchen für Kinder und es gab eine Modewelle in Hamburger Theatern, die Weihnachtsmärchen politisch korrekt zu erzählen und ohne Grausamkeit. Und so sah ich mal eine Darstellung von Hänsel und Gretel, die ohne Grausamkeit auskommen sollte. Und zwar stellte sich im Nachhinein heraus, dass die Kinder bloß paranoide Ängste vor der harmlosen alten Frau hatten, die sie aber auch nicht im Ofen verbrannt, sondern nur im Keller eingesperrt hatten. Fand ich irgendwie nicht so toll, die Geschichte. Ich habe die ganze Zeit gedacht, Hänsel und Gretel sind doof. Es war letztlich keine Geschichte mehr von schlauen, mutigen Kindern, die sich gegen das Böse gemeinsam durchsetzen, sondern die Story von zwei Ausreißern, die von einer netten alten Dame aufgenommen werden und dann glauben, die wolle sie essen und sie dann in den Keller einsperren. 

 

Diese Art von Märchenaufführung blieb im experimentellen Stadium - den Kindern hat es nicht wirklich gefallen. Ist ja auch klar, wenn ihre Identifikationsfiguren plötzlich Doofis sind, die eine arme alte Frau zu Unrecht verdächtigen und schlecht behandeln ...

 

Zum ersten Teil oben hat Dietmar ja schon was geschrieben. Und da ist tatsächlich was dran. Selbst bei Leserunden und Rezensionen kann man  davon ausgehen, dass jemand sich u.U. ganz persönlich betroffen gefühlt hat oder meint, sich für eine bestimmte Personengruppe einsetzen zu müssen. Dass Märchen politisch korrekt erzählt und dadurch völlig langweilig und blutleer werden, hatte ich damals auch mitgekriegt. Als Ausgleich dazu lasen einige von uns Bruno Bettelheims Buch "Kinder brauchen Märchen", in dem sehr anschaulich und überzeugend klargemacht wurde, dass Kinder (und auch Erwachsene) solche Schwarzweiß-Bilder und überspitzten Figuren brauchen. Mir wäre kein Märchen im Gedächtnis geblieben, wenn da nicht ein böser Wolf, eine falsche Schwiegermutter und eine Hexe gewesen wären, die Hänsel essen wollte. Und alle, alle bekommen die gerechte Strafe! Ist das nicht wie in den so beliebten Krimis und Thrillern? Wenn die auch noch weichgespült daherkommen - ich habe schon welche angelesen und wieder weggelegt.

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Dietmar: Meinungsdiversität ist natürlich genauso wichtig wie Identitätsdiversität. Ich fasse diese Diversitätsdiskussion als Anregung auf, nicht als Vorschrift oder Zensur.

 

Als Autorin überkommt mich selten die Vorstellung: oh ich schreibe jetzt über die Figur xy, der ist so und so. Sondern aus einer Vielzahl von Möglichkeiten kristallisiert sich irgendwann die richtige heraus. Diese Entscheidungen laufen nach vielen unbewussten und bewussten Entscheidungen ab: bietet die Figur Konfliktpotenzial, fällt mir zu ihr was ein, ist sie einmalig/originell, passt sie in die Zeit, in der die Geschichte spielt etc. pp. Und dann kommen noch all die Entscheidungen, wie die Figur aussehen soll - eine Blitznarbe, rote Zöpfe, etc.

 

Wenn ich hier nach Originalität strebe, kann ich doch die Frage nach der Diversität mit einfließen lassen? Als weitere Inspiration? Das ist doch nicht gleich eine Schere im Kopf. Oder Zensur. Ein sensivity reader stünde für mich bei der Bearbeitung auf der gleichen Stufe wie die Stilanalyse bei Papyrus - bei jedem rot unterstrichenen Füllwort oder Adjektiv entscheide ich mich, ob ich es drin lasse oder nicht. Ich denke über alles noch mal genau nach. Wer das will, kann es machen - und wer nicht will, eben nicht. Nicht jeder Autor arbeitet mit der Stilanalyse - oder wird in Zukunft mit einem sensitivy reader zusammenarbeiten.

 

Ich habe z.Bsp. das an anderer Stelle erwähnte schwule Nachbarspärchen im Orangenblütenjahr die Aufgabe zugewiesen, der Heldin beim Austauschen von Glühlampen u.a. handwerklichen Dingen zu helfen. So, wie es Nachbarn eben machen. Da Schwule dem Klischee nach aber eher modeaffin sind und angeblich keine Ahnung von männlich konnotierten Tätigkeiten haben, fand ich das für die an sich nicht wichtigen Nebenfiguren einen Kniff, der sie interessanter macht.

 

Wer zur Klischeevermeidung einen sensitivity reader braucht - bitte schön. Gern

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Mir jagt es den kalten Angstschauer über den Rücken! Ich oute mich als "Sensitive Reader" für politische Diktaturen und Ideologien. 30 Jahre Lebenserfahrung dürften ausreichen. Das, was die Damen wollen, stellt die Zensur in der DDR weit in den Schatten! Dass für solche krude Ideologien heute auf einer Buchmesse Platz eingeräumt wird, macht mich fassungslos!

Kunstfreiheit ist eine der höchsten Freiheiten, die wir haben. Gegen jede Einschränkung sollten wir diese verteidigen. Ein Autor muss auf niemanden und nichts Rücksicht nehmen. Meine Protagonisten darf die Generation Schneeflocke als Leistungsverweigerer empfinden und das laut und deutlich sagen - die Generation Schneeflocke darf umgekehrt auch meine Protagonisten als rassistisch empfinden. Ich nenne so etwas Meinungsdiversität und die steht für mich vor der Identitätsdiversität.

 

Dass solchen Themen heute auf einer Buchmesse Platz eingeräumt wird, zeigt nur die Öffentlichkeit, in der das Thema inzwischen angekommen zu sein scheint. Als DDR-gleicher Zensur habe ich es nicht empfunden. Es ist wohl auch nicht auf die typisch deutsche Gründlichkeit zurückzuführen, da es laut Artikel in anderen Ländern schon so gehandhabt werde. Ich finde vieles allerdings übertrieben. Mir haben schon Lektoren und Lektorinnen Rückmeldung gegeben, wenn sie etwas als diskriminierend empfanden. Wozu brauchen wir dann noch extra sensitive Leser oder am Ende gar eine (alternative) Papyrus-Funktion, die solche Formulierungen herausfiltert?

 

Natürlich ist die Kunstfreiheit ein hohes Gut, und wir sollten daran nicht herummeißeln lassen. Aber der Kunstfreiheit standen ja schon immer die Persönlichkeitsrechte entgegen, von denen teilweise nur die Promis ausgenommen sind, die als öffentliche Personen sozusagen Allgemeingut sind. Aber auch sie dürfen nicht diskriminiert werden und haben schon gegen Veröffentlichungen geklagt.

Ich fände es gut, wenn wir auf dem Teppich unserer Möglichkeiten blieben, das Ganze nicht so hochstilisieren und unsere Figuren sorgfältig aufbauen und abklopfen. Wenn sich dann noch jemand auf den Schlips getreten fühlt, sollte man das hinnehmen und sich künftig deswegen nicht verbiegen.

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Was das Thema Zensur angeht, stehe ich zwischen Dietmar und Ulrike. Sensitive Reading kann nämlich - in bester Absicht - schnell dazu werden.

 

Unter oben von Christa verlinktem Artikel gibt es auf der Webseite einen Link, der zu einem weiteren Artikel zum selben Thema führt. Aus dem habe ich folgendes Zitat ungekürzt übernommen (Hervorhebungen von mir):

 

Ist Rücksicht Zensur? Ist die Erkenntnis, dass ich Privilegien habe, die andere nicht haben, Selbstzensur? In dem Augenblick, in dem ich darauf poche, dass ich als straight Person über ein Coming-out schreiben muss, über Homofeindlichkeit schreiben muss, obwohl ich diese nie erleben werde – in dem Moment nehmen ich den Betroffenen/Menschen aus betreffenden Communitys ihre Stimme. Weiße Menschen sollten nicht über Rassismus schreiben, straight Menschen sollten nicht über Homofeindlichkeit schreiben, cis Menschen sollten nicht über Transition schreiben, die Liste ist endlos lang. Menschen, die das erleben, brauchen eine Stimme auf dem Buchmarkt und in dem wir diese Themen schreiben, nehmen wir ihnen diese.

Solche von uns, die nicht Teil der betreffenden Communitys sind, haben eine Perspektive darauf – die von draußen. Eine Vorstellung, wie das sein könnte, wie sich das anfühlen könnte, was man tun könnte. De facto ist das nicht die Perspektive, die der Buchmarkt braucht.

 

1. Mich stört massiv das "Du sollst nicht!". Nach dieser Vorgabe hätten ziemlich viele Bücher der Liste in diesem Thread nicht geschrieben werden können - ich wüsste nicht, dass Hemmingway einbeinig gewesen wäre.

2. Dass ich denjenigen, über die ich schreibe, mit meinem Text automatisch die Stimme nehme, ist blanker Unsinn. Sie können ihre Stimme danach, davor oder zur gleichen Zeit ohne jede Einschränkung auch erheben.

3. Autoren vorschreiben zu wollen, was der Buchmarkt braucht, ist eine Anmaßung.

 

Der Auszug ist von hier. Ich unterstelle der Verfasserin durchaus eine gute Absicht. Aber hier geht es meiner Meinung nach gründlich daneben.

Und das scheint mir auch der Hauptgrund für die teilweise angespannte Stimmung in Threads dieser Art zu sein, auch in diesem Forum. Es ist eine Art Übereifrigkeit auf der einen Seite, die zum Teil fast schon missionarische Züge trägt, und als Gegenreaktion eine (teilweise zu) heftige Abwehr auf der anderen, wie im parallelen Thread noch besser zu beobachten war. Psychologisch laufen da bei uns wahrscheinlich genau die Vorgänge ab, die Melanie so gut für die Leser beschrieben hat.

 

PS: Dem oben zitierten Ausschnitt (und dem gesamten Text) hätte neben einem Sensitive Reading auch ein Lektorat rsp. Korrektorat nicht geschadet.

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Ich stehe auch zwischen Dietmar und Ulrike, Kerstin. Der erhobene Zeigefinger provoziert heftige Abwehrreaktionen. 

Wieso kann jemand öffentlich und auf Buchmessen sich anmaßen zu wissen, was der Buchmarkt braucht? Dass niemand über etwas schreiben könnte, das er nicht selbst erlebt hat, und sei es ein abbes Bein, ist eine überhebliche Unterstellung (bewusst so gesagt).

Den Betroffenen ihre Stimme zu nehmen ebenso.

 

Einen Absatz weiter wird ein Bestseller genannt, der die Psychiatrie als Gruselfaktor verwendet. Da sehe ich es wieder anders. Ich habe mich schon immer darüber geärgert, wenn psychisch Kranke als Täter grotesk und verzerrt dargestellt werden. Das schürt die Angst in der Bevölkerung und gibt ein völlig falsches Bild. Aber es gibt auch Beispiele, bei denen ich merke, dass der Autor gründlich recherchiert hat. Man muss also nicht psychisch krank sein oder mit den Betroffenen arbeiten, um über sie schreiben zu können. Ausschlaggebend wären hier die Recherche jeder Art und der Grad an Empathie, zu welcher der Autor fähig ist.

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Wenn Cis-Menschen nicht über Trans-Menschen schreiben sollen, heißt das im Umkehrschluss, Trans-Menschen sollten nur über Trans-Menschen schreiben, weil sie keine Cis-Menschen sind. Also wird die Nische für Trans-Autoren echt eng. Im Übrigen habe ich weiter oben nicht für die Schere im Kopf plädiert, sondern dafür, dass man sich als Autor um Genauigkeit seiner auszudrückenden Thematik bemühen sollte, aber nicht um den Preis, dass die Geschichte schlecht oder langweilig wird.

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Ich glaube, es hängt auch von der Zielgruppe ab, für die man schreibt.

 

Wenn die Zielgruppe sich viel von Online-Rezensionen beeinflussen lässt, oder zu der Generation gehört, die jetzt die Diskussion angefacht hat, dann hat sie auch eine Antenne für das Thema Diversität.Und dann wird der Verlag diese auch als positiv empfinden, wenn sie in der Geschichte enthalten ist.

 

Andere Lesergruppen wiederum kümmert nicht, was im Internet über ein Buch gesagt wird, die greifen aus anderen Gründen nach einem bestimmten Buch in den Buchhandlungen.

 

Und es gibt auch Leser, die von Diversität jenseits von körperlichen Gebrechen lieber nichts lesen wollen und die froh sind, etwas lesen zu können, in dem die Welt so ist, wie sie es gern hätten.

 

Wie Dietmar es richtig ausdrückt: Man kann nicht für jeden und alle schreiben.

Derzeit in Schreibpause... mit immer wieder Versuchen, dieses Sumpfloch zu verlassen

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Zum Thema "den Leser unbeabsichtigt verletzen": Bei mir hat sich vor Jahren einmal eine Leserin beschwert, dass in der Held in meinem damals aktuellen Roman* den Vornamen hatte, den er eben hatte, denn ihr Ex habe genauso geheißen und sie fühle sich dadurch verletzt …  ::)

 

*Einzelheiten habe ich verdrängt, oder mir vielleicht auch so oft an den Kopf gehauen, dass sie rausgefallen sind …

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Meine Lieblingsheldin überhaupt ist Geneviève Pasquier in "Die Hexe von Paris" von Judith Merkle Riley. Geneviève hat ein Bein, das kürzer ist als das andere, und einen Buckel. Deswegen hinkt sie und wird allgemein als "verkrüppelt" wahrgenommen. Dieses Handicap ist ein wichtiges Teil ihres Seins, genau wie ihr messerscharfer, anderen Menschen überlegener Verstand (der sie in die andere Richtung aus der Masse herausstechen lässt) und ihre Sehnsucht nach Liebe und Akzeptanz (die zutiefst menschlich ist und in der sich wahrscheinlich jeder in der einen oder anderen Form wiederfindet).

 

Diese Mischung aus Handicap, besonderer Stärke und normaler Menschlichkeit macht aus ihr eine extrem gelungene Romanfigur. Nicht, weil sie damit irgendwelchen externen Kriterien genügt, sondern einfach, weil sie dadurch besonders und einzigartig wird.

 

Was die Mischung verschiedener Nationalitäten in einem Roman in Deutschland betrifft, passiert mir das relativ automatisch, weil es meine Lebenswirklichkeit widerspiegelt, genau wie bei der Einbeziehung von Variationen des Menschseins jenseits von Cis-Straightness. Bei Nebenfiguren versuche ich aber tatsächlich, das noch mal etwas bewusster in den Fokus zu rücken. Es schadet nichts, die Welt so bunt zu malen, wie sie ist :).

Bearbeitet von Hanna Aden
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Ich glaube, es hängt auch von der Zielgruppe ab, für die man schreibt.

 

Wenn die Zielgruppe sich viel von Online-Rezensionen beeinflussen lässt, oder zu der Generation gehört, die jetzt die Diskussion angefacht hat, dann hat sie auch eine Antenne für das Thema Diversität.Und dann wird der Verlag diese auch als positiv empfinden, wenn sie in der Geschichte enthalten ist.

 

Andere Lesergruppen wiederum kümmert nicht, was im Internet über ein Buch gesagt wird, die greifen aus anderen Gründen nach einem bestimmten Buch in den Buchhandlungen.

 

Und es gibt auch Leser, die von Diversität jenseits von körperlichen Gebrechen lieber nichts lesen wollen und die froh sind, etwas lesen zu können, in dem die Welt so ist, wie sie es gern hätten.

 

Wie Dietmar es richtig ausdrückt: Man kann nicht für jeden und alle schreiben.

 

Diesen Aspekt finde ich noch bemerkenswert. Welche Generation hat denn diese Diskussion angefacht? Die junge doch, oder? 

Und dann die Leser, die von Diversität nichts lesen wollen, sondern die heile Welt suchen. Für wen schreibe ich denn?

 

Mir ist es übrigens in zwanzig Jahren nie (wissentlich) passiert, dass jemand sich durch die Darstellung einer meiner Figuren verletzt gefühlt hätte. Es geht eher um solche Dinge, die MelanieM weiter oben angesprochen hat. Der Leser, die Leserin hat ein bestimmtes Weltbild im Kopf, ein heiles mit gut funktionierenden Personen oder ein diverses oder was dazwischen. Abweichungen werden als störend empfunden. Eine Rezensentin fand bei einem meiner früheren Romane die Schwester der Prota "unsympathisch". Warum? Weil sie ein bisschen gestört war und gestört hat. Ein zweites Beispiel dafür, dass Leser eine Person anders haben wollen, passierte mir mit einer Testleserin, einer Polizistin. Sie wollte die Prota "stark" haben, "durchsetzungsfähig" - entweder, weil die Testleserin diese Eigenschaften besaß oder eben nicht. ;)

 

Drittes Beispiel, bei einem gerade gelesenen Buch, das mir gut gefallen hat: Eine Nebenfigur darin ist transsexuell. Nach dieser Diskussion hier habe ich mal besonders darauf geachtet. Die Figur ist sehr liebevoll gezeichnet, ist sogar richtungsweisend für das Schicksal der Prota. Aber sie wird zweimal als "schrille Person" bezeichnet. Für mich vollkommen stimmig nach Beschreibung der Figur, aber das hätte so ein Stolperstein werden können.

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Gerade gelesen:"Meistens kommt es anders, wenn man denkt" von Petra Hülsmann. Wie ich finde, ein sehr gutes Beispiel.

 

In aller Kürze (bin mobil unterwegs)

 

Der Bruder der Protagonistin hat Trisomie 21. Sein Streben nach Autonomie ist ein wichtiger Nebenhandlungsstrang. Die Geschichte ist heiter und ehrlich und wirkt authentisch.

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Um ein etwas älteres Thema wieder aufzugreifen: Beim Lesen dieses Threads sind mir zwei Bücher eingefallen, die 'Diverse Helden' als Hauptfiguren haben, aber die Natur der Identität der Figuren auf subtile Weise dem Leser vorstellen.

 

Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten

von Christian Kracht

 

Starship Troopers

von Robert Heinlein

 

In beiden Büchern erfährt der Leser erst sehr spät von der eigentlichen Identität der Hauptfigur. In 'Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten' stellt sich gegen Mitte der Handlung heraus, dass es sich beim Ich-Erzähler, der einem bis dahin wie ein durchschnittlicher Schweizer erscheint, um einen Afrikaner handelt. In 'Starship Troopers' erfährt der Leser auf den letzten Seiten, dass der Ich-Erzähler ein Filipino ist. 

 

Beide Bücher spielen meiner Meinung nach geschickt mit der Identität der Hauptfigur, da der Eindruck der Diversität somit hauptsächlich beim Leser liegt: Manchem mag die bloße Erwähnung der Herkunft des Erzählers, nachdem er den Leser durch die Geschichte geführt hat, wie ein bloßes Detail erscheinen, während Anderen der Hintergrund der Hauptfigur als Überraschung mit großer Tragweite erscheinen wird.

In diesen Erzählungen wird die Herkunft der Figuren nicht als Hauptmerkmal, sondern eher als Nebensächlichkeit behandelt, was meines Erachtens den Effekt hat, dass sie als stärker als Individuen und weniger nach ihrer Gruppenzugehörigkeit gezeichnet werden.

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