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ClaudiaB

Über den ersten Satz

Empfohlene Beiträge

Ein schöner Artikel in der NZZ.

https://www.nzz.ch/feuilleton/der-erste-satz-entscheidet-alles-eine-poetik-des-anfangs-ld.1480976

 

Wie geht es euch mit den ersten Sätzen?

Oder dem ersten Satz überhaupt?

Es wird hier schön kontrovers beschrieben.

 

Die Erfahrung, dass laute oder auffällige oder besondere erste Sätze nicht weiterhelfen, sogar lähmen können, habe ich beim Schreiben und auch beim Lesen schon oft gemacht.

 

 

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Interessanter Artikel!

 

Als Leser ist bei mir nicht unbedingt der erste Satz ausschlaggebend, ob ich ein Buch weiterlesen will, sondern die ersten zwei bis fünf Sätze. Wenn hier das Versprechen aufgeworfen wird, dass mich ein spannendes Buch erwartet, stehen die Chancen gut, dass ich es lesen will. Aber nur, wenn auch Stil und Perspektive meinem Geschmack entsprechen. Letzteres ist eigentlich der Grund, warum ich überhaupt erst in ein Buch reinlese.

 

Als Autor kann ich in einen neuen Roman oder in ein neues Kapitel erst dann abtauchen, wenn mir ein erster Satz einfällt, der mich packt. Aber das bedeutet nicht, dass der ab da in Stein gemeißelt ist.

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Michael Beisteiner

Besonders bei den ersten Sätzen könnte das Unterbewusste ein paar Wörtchen mitzureden haben. Darob, ob wir weiterlesen oder nicht. 

Zuletzt erschienen: Der Tomatenrebell (wortweit)

                                 zwischenlandungen (Arovell)

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Na ja, ich teile die Meinung der NZZ nicht unbedingt, weil dort grundsätzliche Dinge weggelassen oder durcheinander geworfen werden.

 

Der erste Satz eines Textes ist nicht unbedingt der erste Satz, den der Autor schreibt, sondern häufig auch der letzte.

 

Und er hat aus der Sicht des Autors oft eine andere Funktion als aus der Sicht des Lesers.

 

Sicherlich gilt, dass der erste Satz so geschrieben sein sollte, dass ein Leser auch den zweiten lesen will, aber das gilt für jeden Satz und ist deshalb banal.

 

Wichtiger ist die überlegung, wieviel Wörter hat der Autor Zeit, bis er den Leser verliert. In der Rhetorik ist das ganz gut untersucht. Ein guter erster Satz (Anfang) fesselt den Zuhörer für ungefähr drei Minuten (manche sagen fünf). Dann hat der Redner drei Minuten Zeit, den Zuhörer ganz in seinen Bann zu ziehen.

Das ist beim Schreiben etwas anders. Aber das Prinzip passt auch hier. Ich selber gebe einem mir unbekannten Autor die Chance eines kurzen bis mittellangen Absatzes mich einzufangen. Gelingt es ihm bis dahin nicht, klappe ich das buch zu. Aber ich mag auch Bedächtigkeit am Anfang, Sprachmelodie, Wortwahl, eine interessante Perspektive und viele Dinge mehr, dodass auch der mir unbekannte Autor eine wirkliche Chance hat, sich mir zu präsentieren. Ich verzeihe ihm meist nur eines nicht. Er darf mich nicht langweilen.

 

Liebe Grüße

Wolf

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Als Leser ist der erste Satz für mich durchaus ein Kriterium, ausschlaggebend für einen Kauf ist er nicht. Ich belasse es auch nicht bei einem ersten Satz oder Abschnitt, ich blättere drauflos und gebe mir noch zwei, drei Absätze irgendwo mittendrin, um einen Eindruck zu gewinnen.

Ansonsten gibt es auch Autoren, von denen ich grundsätzlich alle Werke kaufe, ganz gleich, wie der erste Satz lautet.

Als Autor finde ich viel Wahres darin, was Wolf anreißt: "Der erste Satz eines Textes ist nicht unbedingt der erste Satz, den der Autor schreibt, sondern häufig auch der letzte."

Ich verwende im ersten Wurf nie viel Zeit für den ersten Satz, sonst fange ich an, mich zu verkünsteln und brüte eine Woche darüber, und das empfinde ich als wenig effektiv.

Ich setze einen Einstieg. Und am Ende (manchmal auch mittendrin) stellt sich heraus, ob er bleibt oder ersetzt wird. Bei mir ist es im Augenblick dieser: "Er würde ihm die mitgebrachten Plätzchen in die Hand drücken, ein paar Worte über die alten Zeiten verlieren und ihm dann mit aufgesetzter Mündung in den Kopf schießen."
​Bis jetzt funktioniert er für mich. Keine Ahnung, ob es dabei bleibt. 

Schöne Grüße,

Holger

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Eine interessante Methode, sich dem ersten Satz zu nähern, praktiziert John Irving: er schreibt seine Geschichten rückwärts. Er beginnt mit dem letzten Kapitel und arbeitet sich so abschnittsweise bis zum Anfang der Geschichte vor (oder zurück?). Dass dadurch ein erster Satz entstehen kann, der bereits den gesamten Plot in sich trägt, finde ich grossartig.

 

Eine weniger unkonventionelle Methode ist: den Text liegen lassen und mit Abstand neu lesen. Manchmal erkenne ich so am besten, was die Quintessenz der Geschichte ist und wie ich das im ersten Satz bereits andeuten kann. Insgesamt geht es mir aber auch so, dass es nicht der erste Satz ist, dem ich am meisten Aufmerksamkeit widme, sondern der erste Abschnitt, die ersten dreißig Seiten. Schließlich muss ich damit den Verlag überzeugen.

 

Holgers Kombination von Plätzchen und aufgesetzem Kopfschuss ist auf alle Fälle ein Anfang mit Knalleffekt.

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Ja, das mit dem Einstieg geht mir genauso, Holger. Es würde mich sonst wahnsinnig machen ... :) Und Wolf: Ich fand den Artikel kontrovers, weil er diese beiden Arten, damit umzugehen, beschreibt: Bei vielen AutorInnen ist der erste Satz erst einmal nur Teil eines Einstiegs. 

Es gibt aber anscheinend einige - viele - die es verrückt macht, wenn sie wissen, dass der erste Satz im Manuskript nur ein Platzhalter ist, im Vertrauen darauf, dass ihnen im Lauf des Schreibens der richtige Anfangssatz noch einfallen möge. Und die tüfteln dann lange am ersten Satz und der Rest fügt sich, wenn er ihnen eingefallen ist (so habe ich das verstanden). Und ein wenig verstehe ich das auch, mich machen meine Einstiege nämlich auch unruhig. Dabei schreibe ich sehr gern Anfänge, und zwar besonders dann, wenn ich noch ganz ganz wenig über die Geschichte weiß ... Und oft sind die intuitiv geschriebenen ersten Sätze auch später tatsächlich die ersten Sätze des späteren Buchs. Das weiß ich aber beim Weiterschreiben (und Planen :)) nicht, dann zweifle ich an dem Anfang herum und wünschte ich hätte einen ersten Satz, der perfekt ist und an den sich alles andere reihen lässt. Das hat ja etwas Mystisch-Zwanghaftes und so ist es auch beschrieben in diesem Artikel, finde ich. Und klar kommen die ganzen gern zitierten (nicht besonders differenzierten) Sprüche vor: Schreibe den ersten Satz so, dass der Leser unbedingt den zweiten lesen will etc :-X  (Ilsebill salzte nach. Dann griff sie nach dem Pfefferstreuer)

Gerade durch diese Zitate der immergleichen Mythen über erste Sätze wird einem aber das eigene unbewusste Anhaften an solchen Mythen bewusst, finde ich.

 

Als Leserin empfinde ich die bewusst polierten und "lauten" ersten Sätze meist unangenehm. Aber es kommt vor, dass mich Anfänge - und die beginnen ja mit einem ersten Satz - in einen Text ziehen, mich für seinen Rhythmus begeistern können - natürlich auch für den Inhalt, aber vor allem für die Art, wie jemand mit Inhalt und Form umgeht.

Interessant finde ich es übrigens bei Geschichtensammlungen eines Autor/Autorin, wo immer wieder funkelnde, leise, zarte, prunkvolle erste Sätze zu finden sind, die genau richtig für die jeweilige Geschichte sind. Das bewundere ich sehr.

 

 

 

Als Autor kann ich in einen neuen Roman oder in ein neues Kapitel erst dann abtauchen, wenn mir ein erster Satz einfällt, der mich packt. Aber das bedeutet nicht, dass der ab da in Stein gemeißelt ist.

Ja, das trifft es ziemlich genau. Er muss mir ein Gefühl von Stimmigkeit geben, daraus entwickelt sich die Motivation, weiterzuschreiben bzw zu wissen, dass sich etwas entwickelt, womit ich etwas anfangen kann. Erst nur ich selbst, mich muss die Geschichte intereressieren. Manchmal streiche ich dann den ganzen Absatz, samt des Einstiegssatzes. Aber zuerst gab er das Stimmigkeitsgefühl und er taucht vielleicht später noch mal auf, wenn er etwas Besonderes und vor allem für die Geschichte Essentielles hat.

Bearbeitet von ClaudiaB

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Mir gefallen erste Sätze, die wie zweite klingen. Holgers Satz ist so einer. Eigentlich bräuchte man eine Erklärung, wer "er" ist - dass man sie (noch) nicht hat, macht den Satz interessant und den Einstieg spannend. Man will's wissen und liest weiter. Dann noch die Mischung von Plätzchen und aufgesetztem Kopfschuss.

Thomas Mann hat mal eine seiner Kurzgeschichten (weiß grade nicht, welche, und zitiere aus dem Kopf) so beginnen lassen:

"Und hier also ist Einsiedel, das Sanatorium."

Drei eigentliche Referenzwörter, die den Leser aber hängen lassen. Man muss einfach weiterlesen.

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Das Sanatorium heißt "Einfried" und die Erzählung "Tristan". Darin steht über den Schriftsteller Spinell auch der bemerkenswerte Satz:

„Für einen, dessen bürgerlicher Beruf das Schreiben ist, kam er jämmerlich langsam von der Stelle, und wer ihn sah, mußte zu der Anschauung gelangen, daß ein Schriftsteller ein Mann ist, dem das Schreiben schwerer fällt als allen anderen Leuten."

Allerdings ist er die Parodie eines Schriftstellers und über erste Sätze nie hinausgekommen.

Erste Sätze in der Gegenwartsliteratur kommen mir oft gesucht vor, absichtlich provokativ.

 "Je näher man ein Wort ansieht, desto ferner sieht es zurück." Karl Kraus

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„Für einen, dessen bürgerlicher Beruf das Schreiben ist, kam er jämmerlich langsam von der Stelle, und wer ihn sah, mußte zu der Anschauung gelangen, daß ein Schriftsteller ein Mann ist, dem das Schreiben schwerer fällt als allen anderen Leuten."

 

Schöner Satz - ich glaube, viele Schriftsteller/innnen sind ein ganz klein bisschen so oder fühlen sich /scheinen anderen bisweilen so.

 

 

 

Mir gefallen erste Sätze, die wie zweite klingen.

 

Ja, man bekommt vielleicht das Gefühl, einem selbst wird etwas zugetraut, ein Vorwissen, das man gar nicht haben kann. Man ist mittendrin und hofft gleichzeitig, dass die Erklärung noch kommt.

 

 

 

Eine interessante Methode, sich dem ersten Satz zu nähern, praktiziert John Irving: er schreibt seine Geschichten rückwärts. Er beginnt mit dem letzten Kapitel und arbeitet sich so abschnittsweise bis zum Anfang der Geschichte vor (oder zurück?). Dass dadurch ein erster Satz entstehen kann, der bereits den gesamten Plot in sich trägt, finde ich grossartig.

 

Vom Ende her schreiben ja einige - zumindest sagen sie, dass sie es täten - es wird auch immer wieder propagiert, und es stimmt ja auch: Erst wenn man weiß, wo und wer die Figur am Ende ist, kann man sie wirklich zeichnen, erst, wenn man weiß, was der Spannungshöhepunkt ist, kann man die Spannung aufbauen (Poe sagt das ja auch über seinen "Raven" - ohne den Ausgang zu wissen, braucht er damit nicht anfangen, allerdings ist das ein Langgedicht und kein 400- Seiten- Roman wie bei Irving ... dennoch, er soll zehn Jahre daran gearbeitet haben ...) Nur der Weg, wie man dorthinkommt, das Ende zu nutzen, um anfangen zu können, ist bei jedem ein anderer. Manche müssen eben erst den Roman schreiben ... vorwärts oder in Sprüngen oder wie auch immer.

Bei Irving stört mich dieses Dauerzitat, sobald er irgendwo erwähnt wird taucht es auf: Ich beginne ein Buch nie, bevor ich den letzten Satz geschrieben habe, manchmal steht es sogar in der Überschrift: Den letzten Satz immer zuerst. So ähnlich wie die Maxime von Faulkner, schreib den ersten Satz so, dass man auch den zweiten lesen will, das ist auch zum ständigen Zitat verkommen und dadurch fällt seine Fragwürdigkeit ziemlich auf. Wenn man den ersten Satz so verkackt, dass Leser gar nicht erst den zweiten lesen wollen, dann muss er schon verdammt schlecht sein. Vermutlich kommt das aus einer Zeit und Mode, als erste Sätze oft sehr lang waren ...  In dem Buch "Romananfänge", in dem auch viele Anfänge von Romanen des 19 Jhds aufgelistet sind, gibt es einige sehr verschachtelte Anfangssätze, die tatsächlich ein wenig ermüdend wirken, sodass man auf den zweiten Satz nicht mehr allzuviel Lust hat ...

 

 

 

Erste Sätze in der Gegenwartsliteratur kommen mir oft gesucht vor, absichtlich provokativ.

 

Ja - und ich bin mir sicher, dass man für einen Knaller-Einstieg als AutorIn immer in irgendeiner Form bezahlen muss. Das heißt, dass es sehr schwer ist, beim weiteren Text dem Effekt gerecht zu werden. 

Erst das Sensationellste, der Höhepunkt einer Szene, dann eine lange Rückblende, wie es dazu kam - das ist ein beliebtes Stilmittel der U-Literatur und meist schwächelt die Rückblende irgendwann oder die Naht zum Anschluss ist spürbar holprig. Auch dann, wenn man  (eher "literarisch"), nicht szenisch anfängt und nur etwas vorwegnimmt, das eigentlich erst etwas später erzählt werden sollte, ist die Bruchstelle oder das Zulaufen darauf ein Problem.

Oder der Anfangssatz verspricht in seiner Tiefe, Dramatik, Kompaktheit etwas, das der Text gar nicht leisten kann und soll. 

 

Was mir an den "Romananfängen" gut gefällt, ist der erste - und zweite - Satz im Nachwort des Herausgebers Harald Beck: Die meisten Romane beginnen mit dem ersten Satz. Die andern müssen sich vorher noch räuspern mit Mottos, Vorworten, Prologen, Überschriften.

 

(Wobei das meiste Geräusper ja notwendig und in manchen Fällen zwingend für die Dramaturgie ist ... Aber halt nicht immer.)

Bearbeitet von ClaudiaB

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Mir geht es so wie King. Ich kenne fast nie das Ende meiner Geschichte. (Ausnahme kurze Form) Deshalb kann ich die erste Szene auch erst relativ spät schreiben. Aber wenn sie mir dann geglückt ist, ist der erste Satz einfach der Beginn der ersten Szene.

 

Liebe Grüße

Wolf

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Meistens notiere ich mir den letzten Satz, auf den ich hinarbeiten kann. Ich verzettle mich sonst sehr schnell. Danach kommt der erste dran, der mir dadurch irgendwie leichter fällt und schließlich beginne ich den Mittelteil.

Übrigens bin ich beim Lesen ein Junkie, der nach guten ersten Sätzen giert. Gebe ich gern zu. Schätze, ich werde mich da auch nicht mehr ändern.   

E-Book August 2018: Zeit für eine Pause: Interviews von 2010 bis 2017

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Interessante Vorgehensweise, Helga. Mir fehlt meistens beides. :) Der erste ein Platzhalter - öfter war allerdings der vermeintliche Platzhalter dann doch der erste Satz- vom letzten keine Ahnung. Auch dann nicht, wenn ich genau weiß oder zumindest glaube, genau zu wissen, was wo wann und mit wem passieren soll und ein Szenenplan/in manchen Fällen sogar bereits eine grobe Szene für das Ende existiert. Dennoch gibt es nicht den ultimativen Satz.

Und es gibt genug Geschichten, die ich komplett intuitiv schreibe oder die Struktur sehr spät kommt/oder tausendmal verworfen wird. Ein Phänomen wie bei Irving- der konkrete letzte Satz in Stein gemeißelt - wird mir wohl immer schleierhaft sein.

 

Und dass der erste Satz, wie bei Wolf, einfach der Anfang der ersten Szene ist - diese Vorstellung ist mir sehr sympathisch. Ein erster-Satz-Junkie war ich noch nie, vermutlich weil ich ja auch viel Komisches geschrieben habe und es hier tatsächlich auf den Effekt des ersten Satzes ankommt, auch und gerade auf der Bühne: sofort ein Lacher. Unter anderem deshalb bin ich Effekte manchmal ziemlich leid.

 

Der erste Satz muss sicher eine Hookline sein, für mich als Autorin, für meine anvisierten LeserInnen, auch für mich als Leserin, wenn ich irgendwo blättere - es sind allerdings meist oder immer mehrere Sätze, die mich anziehen oder eben nicht - aber auf welche Weise er mich in den Text hereinholt oder hineingeleitet, ob sanft, still, verschwurbelt, frech, durch ein prunkvolles Tor oder bescheiden, mich überraschend, fordernd, verblüffend, gar empörend, schockierend - das hängt ja mit der Intention des Textes zusammen, mit seinem Inhalt/Rhythmus/Form/Genre, und eventuell entschließt sich einiges erst später und ich verstehe mehr, wenn ich den Anfang nachher noch einmal lese ... Aber was man immer relativ schnell spürt, ist, in welchem Verhältnis AutorIn und Sprache stehen, wie wichtig die Sprache ist ("Kopfkino"= Sprache als Transportmittel für inneren Film der AutorInnen, der auch bei den Lesern ablaufen soll) wieviel Eitelkeit durchschimmert ...

Eigentlich schade, dass die "Lieber Leser"-Anfänge so aus der Mode gekommen sind. :) (Ginge sowieso nicht mehr so einfach wegen Gender).

Bearbeitet von ClaudiaB

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Ein guter erster Satz fängt den zentralen Konflikt der Story auf einer subtilen, alltäglichen, sprachlich scheinbar simplen oder sehr komplexen Ebene ein. Ich gehöre auch zu denen, die ihn ganz am Ende schreiben, und rate das auch jedem. Den wirklichen zentralen Konflikt der Story entdeckt man oft erst beim Schreiben. Wenn das Manuskript steht, kann man um dieses Thema ruhig noch mal brainstormen und daraus dann etwas ableiten, was genau einfängt, worum es wirklich gehen könnte.

 

Also, damit meine ich natürlich nicht, dass man die Lösung verraten sollte!

 

Aber wenn es zum Beispiel um den Konflikt zwischen Liebe und Autonomie geht (das ist im Liebesroman oft der Fall), dann ist es gut, wenn dieser Konflikt im ersten Satz irgendwie spürbar wird. Spontan fällt mir etwas wie "Wenn du vertraust, töten sie deine Seele" ein. Das stellt dieses Konfliktpaar krass nebeneinander. Natürlich muss der Ton auch zum Rest der Story passen. Den Sprachduktus sollte man am Ende eines Manuskripts aber gefunden haben :).

Bearbeitet von Hanna Aden
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