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AndreasS

Sigrid Löffler: "Die Verlage sind schlimmer als Bundesliga-Vereine"

Empfohlene Beiträge

Michael Beisteiner

 

Ich frage ja schon seit geraumer Zeit: Liegt der Leserschwund letztlich an der Qualität des Gedruckten?

 

Bequemlichkeit und Unlust an Investition bzw. Offenheit für das Neue, Riskante, Aneckende hat ja noch keinem Unternehmen geholfen auf lange Sicht.

 

Es gibt jede Menge erstklassige Bücher auf dem Markt, das kann ich dir aus buchhändlerischer Sicht versichern, Michael. Aber wir leben nun mal auch im "Bücher-Überfluss" und das hat sicher auch gewisse Auswirkungen auf die Leserinnen und Leser und damit auf den Markt. (Der nächste Kick muss noch mal höher sein …)

 

Den Leserschwund an sich gibt es nicht, klingt allerdings um Längen besser, wenn man politisch etwas bewegen will. Immerhin gibt es nun jede Menge Leseförderung, Diskussionen und Präsentationen rund ums Buch. Und das ist enorm wichtig. Trotzdem werden sich die Märkte weiter verschieben. Es gibt nun mal sehr viel mehr Buchquellen und Märkte, als noch vor ein paar Jahren.

 

Btw. finanziert der sogenannte Mainstream das Neue, Riskante, Aneckende ja mit. Es gibt etliche mutige Verlegerinnen und Verleger, die auch solchen Bücher sehr wohl eine Chance geben.

 

Ich dachte wir reden über große Verlage. Bei kleineren wird ein Führungswechsel nicht so oft stattfinden, sie sind ja zumeist Ein-Zwei-Mann-Frau-Betriebe. Dass große Verlage etliche erstklassige Bücher rausbringen, sehe ich nicht. Dass sie Aneckendes, Sperriges, Neues! rausbringen, auch nicht. (Und damit meine ich durchaus auch die Sichtbarkeit solcher Werke im Handel.)

 

Der Meinung, Bücher sollten im besten Fall Unterhaltung sein, kann ich mich nicht anschließen. Ein Buch sollte mich tief aufrütteln, aufregen, erschüttern, mich dazu bringen alles in Frage zu stellen, und wieder beruhigen. Ein erstklassiges Buch sollte mich berauschen, herumwirbeln und beflügelt zurücklassen. Für mich sind Bücher in erster Linie Kommunikation. Eine Übermittlung von Emotionalität, die in anderen Medien schwer bis gar nicht durchführbar ist. Die größte Stärke der Bücher ist es, unter die Oberfläche dringen zu können. Mit reiner Unterhaltung sollten wir uns nicht (immer und allein) begnügen.   

Zuletzt erschienen: Der Tomatenrebell (wortweit)

                                 zwischenlandungen (Arovell)

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... Ein Buch sollte mich tief aufrütteln, aufregen, erschüttern, mich dazu bringen alles in Frage zu stellen, und wieder beruhigen. Ein erstklassiges Buch sollte mich berauschen, herumwirbeln und beflügelt zurücklassen. Für mich sind Bücher in erster Linie Kommunikation. Eine Übermittlung von Emotionalität, die in anderen Medien schwer bis gar nicht durchführbar ist. Die größte Stärke der Bücher ist es, unter die Oberfläche dringen zu können. Mit reiner Unterhaltung sollten wir uns nicht (immer und allein) begnügen.

Aber damit würde man zum Beispiel dem Medium Film unterstellen, keine Emotionalität erzeugen zu können. Ich erinnere mich noch gut daran, nach manchen Kinobesuchen gar nicht ansprechbar gewesen zu sein, weil ich mich erstmal wieder zusammensuchen musste, einer dieser Filme war "Dead Man Walking", ein anderer "Zeit des Erwachens". Und es gibt Musik, oft klassische, die das bei mir genauso schafft.

Ich verstehe die Verteidigung des Mediums Buch vor der maßlos um sich greifenden Oberflächlichkeit, aber das trifft m.E. weder auf alle Bücher noch auf alle anderen Medien (oder Kunstgattungen) zu. Und ich finde auch die Trennung von "Emotionalität" und "Unterhaltung" problematisch. Ich fühle mich z.B. gerade dann sehr gut unterhalten, wenn ich nach einer emotionalen Berg- und Talfahrt beflügelt zurückgelassen wurde - im besten Fall noch mit neuen Erkenntnissen.

Bearbeitet von KerstinH
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Ich frage ja schon seit geraumer Zeit: Liegt der Leserschwund letztlich an der Qualität des Gedruckten?

 

Bequemlichkeit und Unlust an Investition bzw. Offenheit für das Neue, Riskante, Aneckende hat ja noch keinem Unternehmen geholfen auf lange Sicht.

 

Es gibt jede Menge erstklassige Bücher auf dem Markt, das kann ich dir aus buchhändlerischer Sicht versichern, Michael. Aber wir leben nun mal auch im "Bücher-Überfluss" und das hat sicher auch gewisse Auswirkungen auf die Leserinnen und Leser und damit auf den Markt. (Der nächste Kick muss noch mal höher sein …)

 

Den Leserschwund an sich gibt es nicht, klingt allerdings um Längen besser, wenn man politisch etwas bewegen will. Immerhin gibt es nun jede Menge Leseförderung, Diskussionen und Präsentationen rund ums Buch. Und das ist enorm wichtig. Trotzdem werden sich die Märkte weiter verschieben. Es gibt nun mal sehr viel mehr Buchquellen und Märkte, als noch vor ein paar Jahren.

 

Btw. finanziert der sogenannte Mainstream das Neue, Riskante, Aneckende ja mit. Es gibt etliche mutige Verlegerinnen und Verleger, die auch solchen Bücher sehr wohl eine Chance geben.

 

Ich dachte wir reden über große Verlage. Bei kleineren wird ein Führungswechsel nicht so oft stattfinden, sie sind ja zumeist Ein-Zwei-Mann-Frau-Betriebe. Dass große Verlage etliche erstklassige Bücher rausbringen, sehe ich nicht. Dass sie Aneckendes, Sperriges, Neues! rausbringen, auch nicht. (Und damit meine ich durchaus auch die Sichtbarkeit solcher Werke im Handel.)

 

Der Meinung, Bücher sollten im besten Fall Unterhaltung sein, kann ich mich nicht anschließen. Ein Buch sollte mich tief aufrütteln, aufregen, erschüttern, mich dazu bringen alles in Frage zu stellen, und wieder beruhigen. Ein erstklassiges Buch sollte mich berauschen, herumwirbeln und beflügelt zurücklassen. Für mich sind Bücher in erster Linie Kommunikation. Eine Übermittlung von Emotionalität, die in anderen Medien schwer bis gar nicht durchführbar ist. Die größte Stärke der Bücher ist es, unter die Oberfläche dringen zu können. Mit reiner Unterhaltung sollten wir uns nicht (immer und allein) begnügen.   

 

 

Aber auch reine Unterhaltung hat ihre Berechtigung.

Wer nach einem langen Arbeitstag mit dem Kopf voller finanzieller oder gesundheitlicher Sorgen noch um kranke Kinder und Eltern kümmern muss, wessen Leben jeden Tag aufrüttelt, aufregt und erschüttert - für den ist ein unterhaltender Roman doch genau das richtige. Übrigens geht es bei den meisten Unterhaltungsromanen auch um aufrüttelnde oder erschütternde Dinge - nur, dass sie gelöst werden. Man mit dem befriedigenden Gefühl, das man alles im Leben schon irgendwie schaffen wird, das Buch aus der Hand legt. 

Für jemanden zu schreiben, dessen Leben grad echt übel abgeht, den man trösten und aufheitern möchte, kann sehr viel Spaß machen.

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Ich dachte wir reden über große Verlage. 

 

Genau darum ging es doch in dem Artikel. Nicht um die kleinen regionalen Vereine, sondern um die Bundesliga und ihre Führungswechsel. 

 

Der Meinung, Bücher sollten im besten Fall Unterhaltung sein, kann ich mich nicht anschließen.

 

Warum auch. Gute und beste Bücher haben ja beides drauf. Sie erweitern den Horizont ihrer Leserinnen und Leser während sie ausgezeichnet unterhalten.

Bearbeitet von Ramona

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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 Der Meinung, Bücher sollten im besten Fall Unterhaltung sein, kann ich mich nicht anschließen. Ein Buch sollte mich tief aufrütteln, aufregen, erschüttern, mich dazu bringen alles in Frage zu stellen, und wieder beruhigen. Ein erstklassiges Buch sollte mich berauschen, herumwirbeln und beflügelt zurücklassen. Für mich sind Bücher in erster Linie Kommunikation. Eine Übermittlung von Emotionalität, die in anderen Medien schwer bis gar nicht durchführbar ist. Die größte Stärke der Bücher ist es, unter die Oberfläche dringen zu können. Mit reiner Unterhaltung sollten wir uns nicht (immer und allein) begnügen.   

 

Kommt drauf an, was man mit "Unterhaltung" meint. Wenn ich sie konsumieren kann wie Soaps im Fernsehen oder wenn sie etwas in mir, der Leserin, auslöst. Habe gerade erst ein Buch gelesen, das mich aufgerüttelt und beflügelt zurückgelassen hat. Und es war durchaus der gängigen "Unterhaltungsliteratur" zuzurechnen. Für mich persönlich ist die Sprache noch wichtig. Bücher sind in erster Linie Kommunikation, jawohl! Ein Text muss mich ansprechen. Unterhaltend ist er immer dann, wenn er mich aus meinem Alltag herauskatapultiert und mir neue Erlebnisse und Anregungen verschafft.

 

Das mit der Emotion kann ich so auch nicht stehen lassen. Es gab und gibt Musik, die mich genauso erschüttert, wie ein Buch es hätte können, und es gibt Bilder, deren Intensität und Aussagekraft ich niemals vergessen werde. Oder Filme wie "Odyssee im Weltraum" und "Clockwerk Orange" von Stanley Kubrick. Aber um beim Thema zu bleiben:

Ich begrüße und merke es, dass auch die Verlage, von denen ich bisher anderes gewohnt war, inzwischen Bücher herausbringen, die 

mich ansprechen.

Bearbeitet von Christa
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Michael Beisteiner

@Kerstin, Ulrike, Christa, Ramona:

 

Selbstverständlich trifft meine Meinung nicht auf alle Bücher zu. (Sowas kann man ja nicht ernsthaft behaupten. Ich denke, das habe ich auch nicht. Falls doch, möchte ich das hiermit bitte korrigieren.) Und selbstverständlich hat reine Unterhaltung weit mehr als ihre bloße Berechtigung. Auch ich schätze sie! Von Emotionalität möchte ich sie auch gar nicht trennen, oder sie anderen Medien absprechen, sie war nur als Beispiel gedacht. Es ging mir nur darum: Sich so detailliert, explizit auszudrücken, wie man es mit Sprache kann, das wird man in einem Film, einem Musikstück nicht können. Die Aussagen bleiben darin weiträumiger, behalten mehr Interpretationsspielraum. (Was natürlich auch erwünscht sein kann.) Wenn man will, kann man das auch in der Literatur machen, es ist dann aber eine Entscheidung des Autors, der Autorin.

 

Die Wahl eines Buches hängt sicher auch mit den aktuellen Lebensumständen eines Menschen zusammen. Ist man ausgelaugt, oder gar am Boden zerstört, und liest ein Buch, das einen dann zum Lachen bringt, ist das großartig. Aber war das dann ein reiner Unterhaltungsroman, auch wenn er nur als solcher gedacht war? Die Grenzen sind, wie so oft, fließend. 

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