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(Lionne)

Wie schreibt Ihr eine Geschichte? Planung vs Freier Lauf

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Nur warum ist das dann so, dass dann aber soviele Romane geschrieben werden, deren Figuren hölzern wirken? Deren Plot an den Haaren herbei gezogen wirkt? (Ich habe dabei keinen Roman eines Mitglieds aus diesem Forum im Sinn) Der Autor liefert keine andere Antwort, wie die meisten es hier tun, trotzdem kommt das nicht rüber, was er rüber bringen wollte. Oder ist es so, dass das, was für ihn glaubhaft ist, realitätsfern ist? Fehlt es da an Empathie? An Menschenkenntnis?

Hm, wahrscheinlich fehlen Möglichkeiten, die Figuren und Bilder, die sie in ihrem Kopf haben -und die sicher bunt und lebendig sind- ordentlich auf Papier wiederzugeben oder es sind Fehler in der Komposition des Romans, einzelne Figuren bekommen zu wenig Spielraum, zu wenige Szenen, zu wenige Sätze und bleiben so blass.

Manche Plots und Figuren sind auch einfach dämlich und haben riesige Lücken, da fehlt es vielleicht an Sorgfalt, Übersicht oder Verstand.

Daß es an Menschenkenntnis oder Emphatie mangelt...das kommt stark auf das Genre an. Die meisten Romanfiguren, auch in Romanen, die uns fesseln, sind ja keine "echten Figuren", sondern Personifizierungen bestimmter Charaktereigenschaften und der Protagonist oder Hauptfiguren sind oft idealisierte Versionen des Autors selbst. ;) Für einen, echten, natürlichen Menschen mit all seinen zahllosen Brüchen und Widersprüchen ist doch nur in den wenigsten Romanen wirklich Platz und dann sind sie meist egozentrische Ich-Erzähler. ;)

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Hi,

 

ich schreibe sehr viele Kurzgeschichten und da habe ich meist nur eine Grundidee oder einen ersten Satz und irgendwann im Laufe des ersten Drittels kriege ich dann eine Idee für den Schluss und steuere da mehr oder weniger geradlinig drauf zu. Häufig kann ich dann beim Überarbeiten den ersten Absatz komplett streichen, also so ziemlich alles bis zu dem Punkt, an dem die Geschichte ein Ziel bekam.

 

Längere Texte, also alles was sich dem Format "Buch" annähert, muss ich vorher planen, sonst hab ich spätestens im dritten Kapitel keine Lust, kein Ziel und keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Da zwinge ich mich also, ein Handlungsgerüst für das komplette Buch zu planen, bevor ich anfange zu schreiben. Meist tue ich das auf Karteikarten. Ich liebe Karteikarten, so richtige aus Pappe. Ich habe es auch mal mit dieser Storylines Software versucht, wo man ja auch so virtuelle Karteikarten hat, aber das ist nicht das gleiche. Ich muss die in die Hand nehmen und mit ins Wohnzimmer tragen können.

 

Ich schreibe dann eine Karte für jede Szene, da steht drauf, welche Personen beteiligt sind, wo die Szene stattfindet, wann sie stattfindet und dann eine grobe Inhaltsangabe. Das ist so ähnlich wie der Header, der in einem Drehbuch über eine Szene kommt. Falls ich schon konkrete Ideen für die Szene habe, also einzelne Sätze oder Dialogfetzen, aber auch wenn ich spezielle Probleme vorraussehe (also sowas wie "Aufpassen, dass es hier nicht zu kitschig wird" ), dann schreibe ich das auf eine eigene Karte, die ich hinter der eigentlichen Szenenkarte einsortiere. Wenn ich mich ans Schreiben mache, habe ich dann also so einen Stapel mit Karten (für das Jugendbuch, an dem ich gerade schreibe, sind es ca. 40), durch den ich mich von oben nach unten durcharbeite und es hat etwas sehr befriedigendes, wenn ich wieder eine Szene abgearbeitet habe und die Karte unter den Stapel wandert.

 

Eine solche Szene führt im Schnitt zu 5 Normseiten in der Rohfassung (ist natürlich ein grobes Maß, es gibt auch Szenen, die nur eine Seite lang sind und welche, die 10 Seiten lang sind), so dass ich mit meinen 40 Kärtchen mit ca. 200 Seiten Text rechne. (Bisher kommt das mit 5 geschriebenen Szenen und 27 Seiten ganz gut hin)

 

"Gelernt" habe ich diese Karteikarten-Methode in meinem Austauschjahr in den USA, als ich noch auf der Schule war. Da wurden research papers (also das, was bei uns an der Uni Hausarbeiten sind) so geschrieben. Allerdings waren da die Abstände zwischen den Karten kleiner, eine Karte entsprach ca. einem Absatz. So habe ich auch an der Uni viele Hausarbeiten geschrieben.

 

Wenn die Geschichte mit mir durchgeht (was durchaus vorkommt) und die Protagonisten plötzlich lieber was ganz anderes tun wollen, dann lass ich sie normalerweise und gucke dann anschließend, wie ich meine Planung ändern muss, damit es wieder passt. Ich empfinde die Planung also nicht als Korsett, sondern mehr als Landkarte, damit ich mich in den Weiten meiner Fantasie nicht völlig verlaufe.

 

Gruß,

Capella

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Ich brauche nur ein loses Konzept, ein Thema, eine Grundidee.

Dann setze ich mich an den PC und fange an zu tippen und zu löschen, zu tippen und zu löschen, zu tippen und zu löschen...

 

Deshalb kann ich auch nicht auf Papier vorarbeiten. Da steige ich dann selbst nicht mehr durch, wenn ich schreibe und streiche, schreibe und streiche...

 

Am liebsten mag ich Kurzgeschichten auf Anfrage schreiben. Dann hat der Verlag schon eine vage Vorstellung, was er haben möchte und ich muss das nur noch mit Leben füllen. Das macht mir viel Spaß, da muss ich nicht im Trüben fischen und weiß, dass das, was ich schreibe auch wirklich gebraucht wird.

 

Bei meinem Buch "Lesefix-Ratekrimi" habe ich immer mit dem Rätsel angefangen und ne Geschichte darum herum gestrickt. Das war einfacher, als sich ne Geschichte auszudenken und dann ein Rätsel einzufügen  :s20

 

Ich denke, jede Art von Buch erfordert eine andere vorgehensweise. Sachbuchautoren recherchieren von Schreibbeginn sicher sehr viel, Fantasyautoren können schreiben was ihnen einfällt...

Und jeder Autor hat eine eigene Arbeitsweise. Ob "Lose-Blatt-Sammlung" oder "Wäscheleinenprinzip", ob "Drauflosschreiben" oder "Strenges Konzept" - Hauptsache man kommt selbst damit gut klar, dann klappt auch mit dem Buch  ;)

 

Sabine

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Da sprichtst du einen wichtigen Punkt an, Sabine: Schreibe ich aus eigenem Antrieb für etwas, von dem ich noch nicht weiß, was daraus wird und ob es je gedruckt wird, oder schreibe ich auf Grund einer Anfrage. Im Moment geht es mir genau wie von dir beschrieben, der Aufhänger kommt vom Verlag und nun liegt es an mir, daraus etwas zu machen. Personen erfinden, die im gewünschten Umfeld handeln, eine Idee verfolgen, der eine Verlagsvorgabe zugrunde liegt. Aus all dem ein Gerüst bauen, das mit Fleisch füllen und eine überzeugende Erzählung schreiben. Und das komische ist, es fällt mir viel leichter als sonst, wo ich Urheber aller Ideen bin. Ich weiß nur nicht genau, woran das liegt.

 

LG Luise

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Häufig kann ich dann beim Überarbeiten den ersten Absatz komplett streichen' date=' also so ziemlich alles bis zu dem Punkt, an dem die Geschichte ein Ziel bekam.[/quote']

 

... und bei einer längeren Geschichte sind es die ersten Kapitel.  ;D

Ich denke, die Leute, die ordentlich plotten, produzieren wesentlich weniger Ausschuss. Schmeißt ihr auch viel weg von ihrer Geschichte, ihr lieben "Geschwister Drauflosschreiber"?

Bei mir kommt z.B. die ursprüngliche Hauptperson, mit der der erste Kapitel entstand, gar nicht mehr vor - oder höchstens als Gesprächsthema in ein paar Szenen.

 

Es ist wahrscheinlich so, dass tatsächlich der Grad der Professionalität mit entscheidet, wie viel man plottet. Jemand, der Aufträge und Termine hat, kann sich nicht leisten, Kapitel für Kapitel weg zu streichen, nur weil seine Geschichte einen unerwarteten Lauf genommen hat. Der Feierabendschreiber kann es eher verkraften. Anderseits glaube ich, dass jemand wie du, Petra, die schon einige Bücher geschrieben hat, tatsächlich nicht mehr einen sehr genau ausgearbeiteten Plot braucht - mit der mehr Erfahrung hat man bestimmt ein gutes Bauchgefühl dafür entwickelt, was geht und was noch fehlt.

 

Gruß

Maaja

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Ich habe vor kurzem eine "Kurzgeschichte" für Ueberreuter fertig gestellt. Das Schreiben war - für mich - ungewöhnlich schwierig, weil die Kurzgeschichte von ca. 30 richtigen Seiten für mich schon eine richtig lange Geschichte war.

Auch hier habe ich einfach drauflosgeschrieben, wie ich es sonst auch mache, aber nach der zwanzigsten Seite habe ich festgestellt, dass ich die ersten acht Seiten "in die Tonne" schmeißen konnte. Die Story lief einfach zu langsam an  :-/

Geärgert hat mich das nicht. Warscheinlich würde ich es beim nächsten Mal genauso wieder machen. Ich bin eben eine unverbesserliche "Drauflosschreiberin"

 

@Luise

Ich glaube, das Auftragsarbeiten deshalb leichter fallen, weil der Rahmen schon abgesteckt ist. Ich weiß dann genau, worauf ich hinaus muss, wie weit ich ausholen kann und wo die Grenzen sind.

Beim freien Schreiben steht mir das ganze Universum mit seinen Abermillionen von Geschichten zur Verfügung, die gern geschrieben werden wollen - Und ich kann mich doch so schwer entscheiden  ;)

 

Schönen Abend noch

Sabine

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(Peter_Dobrovka)

Deshalb denke ich, dass man bei solchen Threads auch immer definieren muss, welchen Status der einzelne Schreiber hat. Was für mich (Amateur, KG, niedriger Anspruch) prima funktioniert, kann für andere (Profi, Roman, Hochliteratur) fatal sein.

Das hat DAMIT so wenig zu tun wie die Farbe der Unterwäsche, die man dazu trägt.

Es sind die unterschiedlichen Persönlichkeiten, die die unterschiedlichen Herangehensweisen begründen.

 

Sollte ich mich eventuell noch mal an einen Roman wagen, werde ich auch besser planen, die Figuren und den Plot vorher ausarbeiten, und mich an diesem Skellett entlang hangeln. Ob das Schreiben dann allerdings noch Spaß macht, das steht auf einem anderen Blatt.

Probier's doch mal aus.

 

Peter

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@Maaja:

Schmeißt ihr auch viel weg von ihrer Geschichte, ihr lieben "Geschwister Drauflosschreiber"?

 

;)

Das ist ja bei mir das komische, dass das eben nicht so ist... bei meinen ersten Romanen, wo ich extrem ausgefeilte Szenen hatte und furchtbar viel geplottet habe, sind locker drei viertel in den Papierkorb gewandert,

Inzwischen (nur noch grobes Grundgerüst) hat sich das Verhältnis umgekehrt.

Aber ob das nun nur am weniger Plotten liegt - oder nicht doch an der Übung (wie war das mit den 100 000 Wörtern) ... das ist dann die Frage ???

 

Ich glaube allerdings schon, dass man zumindest ein paar Mal versucht haben sollte, sich Szenen sehr gründlich zurechtzulegen - einfach, um Erfahrung darin zu bekommen, was möglich ist und was nicht, welche Logik Geschichten haben - und welche Umwege sinnvoll sind und welche nicht (und was diese Umwege mit den Charakteren und dem eigenen Schreibstil machen).

Ich denke, es gibt da einfach ganz unterschiedliche Herangehensweisen, die alle ihre Berechtigung haben, und je nach Person (und Erfahrung) völlig verschieden sein und trotzdem funktionieren können.

 

Viele Grüße,

Lionne

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Hallo Lionne,

 

ich habe mehrere Jahre gebraucht, um zu einer Arbeitsweise zu kommen, die für mich funktioniert. Ich versuche mal, sie möglichst detailliert darzulegen:

 

1. Am Anfang steht immer die Grundidee: ein Thema, das mich gepackt hat, das mich elektrisiert.

2. Davon ausgehend entwickele ich Prota und Anta und meist auch schon eine Reihe von Nebenfiguren.

3. Gleichzeitig stelle ich Recherchen an und plane den Plot. Der Plot entsteht bei mir immer durch die aufeinander bezogenen Handlungen der Charaktere.

4. Wenn Figuren, Hintergrund und Plot einigermaßen feststehen, schreibe ich ein 10-20-seitiges Exposé. Dabei "rastet" alles ineinander ein, und ich finde meist schon ein Ende für die Geschichte (ich rede hier nur von Romanen; für KG's fehlt mir eine Gehirnwindung ...).

5. Von allen wichtigen Charakteren erstelle ich "Charakteranalysen", also Psychogramme, die auch genaue Beschreibungen des Aussehens enthalten.

6. Ich fange an zu schreiben, um ein Gefühl für Charaktere und Geschichte zu bekommen.

7. Feinrecherchen begleiten den ganzen Prozess des Schreibens ("Welche Fische schwimmen im Schwarzen Meer?" und so Zeug).

8. An einem gewissen Punkt , meist zwischen 50 und 100 Seiten, stelle ich fest, dass am Plot gefeilt werden muss. Zu diesem Zweck zerlege ich mein Exposé mit der Schere und klebe die Einzelteile, sortiert nach Kapiteln, auf große DIN-A3-Blätter, damit viel Platz für Notizen bleibt.

9. Ach ja, die Notizen: Neben dem Laptop liegt immer ein Notizbuch, in das ich alle Ideen schreibe. Auch Anmerkungen, die dem Erhalt der Logik dienen, kommen da rein. Etwa: "Michaels Schulterverletzung aus Kapitel 5 nicht vergessen!" oder "Auf dem Ritt durch Kleinasien geht Cornelius' Medizin zur Neige" usw.

10. Nach und nach werden die Notizen auf die entsprechenden Kapitelblätter übertragen. (Mit solchen Arbeiten überbrücke ich auch Phasen, in denen es nicht so läuft. Komischerweise regt dieser Sortierkram meine Phantasie an.)

11. So geht's weiter, bis ich endlich und glücklich "ENDE" tippe. ;)

 

Lieben Gruß Chris

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Liebe Leute,

 

es wurde ja hier schon erwähnt - jeder braucht, hat, sucht sich, findet seine ganz eigene Herangehensweise, die für ihn / für sie am besten funktioniert.

 

Ich glaube auch, da gibt es kein allgemeingültiges Patentrezept, das man schlicht übernehmen könnte.

 

In meinen Romanen arbeite ich mit bis zu fünf Protagonisten gleichzeitig.

Da ist ein strenger Plot fast unmöglich. Wenn es dicke kommt schreibe ich fünf Ereignisse an verschiedenen Orten, die zur selben Tageszeit geschehen.

 

Wann sich meine Protagonisten begegnen und was ihnen bis dahin wiederfährt, kann ich zu Anfang nur im Groben festlegen.

 

Also lasse ich sie losziehen und schaue was passiert, das Ziel immer fest im Blick.

Unterwegs können auch neue Protagonisten hinzukommen oder alte sterben. So ist das nun mal  ;)

 

Ein Expose von zwei bis drei Seiten, das den groben Faden enthält, muss für den Anfang genügen. Alles andere entwickelt sich im Lauf des Schreibprozesses.

Bisher hatte ich damit keine Probleme, aber es ist ja auch nur U-Fantasy  ;)

 

Monika, da bin ich ja froh, daß ich nicht der einzige Verrückte bin, der einfach aus dem Bauch drauflos schreibt mit bestenfalls so einem "Knochengerüst" an der Hand.

 

Aber!

Jawohl, aber! Es fällt mir in diesem thread und in anderen in letzter Zeit zu oft das Wörtchen "nur"!

Ich schreib ja "nur" Fantasy" - ich schreib ja "nur" für Kinder - ich schreib ja "nur" Kurzgeschichten" .... und das ist Blödsinn!

 

Ich verstehe nicht, warum hier plötzlich die Tendenz ausgebrochen ist, sich selbst kleinzureden.  :s16

Ob jemand Tausendseitenwälzer schreibt, Unterhaltungsromane, Kurzgeschichten oder Aphorismen - das ist völlig schnurz.

Ihr schreibt.

Darum geht es.

Und deshalb (auch wenn wir mal aneinander vorbeireden) verstehen wir uns.

 

Also - wer jetzt noch mal das Wort "nur" gebraucht, muß fünfmal um die Festung Montségur laufen, dabei sagen: "ich sage nie wieder nur, ich sage nie wieder nur", muß ein Belegexemplar seines neusten Buchs der Montségur-Bibliothek stiften und 79 % seiner Tantiemen abgeben ;D

 

Ich glaube, dann sagt niemand mehr so rasch 'Ich schreibe ja "nur"...'

 

War jetzt off-topic,

trotzdem mal nötig.

 

Gruß

Jan

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Hallo, Quidam!

 

Ich mache das ähnlich, wie viele von euch. Und ich denke, dass die meisten Schriftsteller es genauso machen. Und wenn ich mir die Vorgehensweise so ansehe, denke ich mir immer, dass das grandiose Geschichten sein müssen, mit Figuren, die lebendiger nicht sein könnten.

 

Nur warum ist das dann so, dass dann aber soviele Romane geschrieben werden, deren Figuren hölzern wirken? Deren Plot an den Haaren herbei gezogen wirkt? Der Autor liefert keine andere Antwort, wie die meisten es hier tun, trotzdem kommt das nicht rüber, was er rüber bringen wollte. Oder ist es so, dass das, was für ihn glaubhaft ist, realitätsfern ist? Fehlt es da an Empathie? An Menschenkenntnis?

 

Versteh das bitte nicht als Veräppelung, ich meine die Frage ganz ernst: Liegt es wirklich am Autor?

Kann es nicht auch am Leser liegen?

 

Gib ein Buch zehn Lesern - Du wirst 10 verschiedene Meinungen und Einschätzungen hören....

 

Gruß

Jan

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Ich bin immer erstaunt, weil ich es nicht nachvollziehen kann, dass diejenigen, die hier "nur" (:s21) drauflosschreiben, sagen, sie könnten auf keinen Fall einen Plan machen...

 

Ich trenne das gar nicht so streng. Für mich ist die Planung DAS schreiben. Die Planung ist ein langwieriger Prozess, in der meine Charaktere meist schon all ihr 'Eigenleben' entwickeln.

 

Anders gesagt: DAs, was viele hier als schrieben bezeichnen, ist für mich das planen. Ich 'schreibe' meinen Plan, entwickle, lasse meine Charaktere laufen, ziehe sie wieder ein, lenke sie mal hierhin, mal dorthin, mache mal dies, mal das, lasse mir auch Dinge zeigen, die ich selber nicht im kopf hatte, meine Charaktere aber schon.

 

Den 'Plan', dem ich am Ende folge, habe ich in Zusammenarbeit mit meinen Charakteren entwickelt.

 

Ich verfasse dann nur noch einen 'lesbaren' Text anhand dieses Gemeinschaftsproduktes...

 

Anders gesagt: Für mich ist mein planen DAS schreiben, das kreieren. Der eigentliche Text ist dann nur noch Fleißarbeit... (Und als solche manchmal tatsächlich etwas lästig! ::);D)

 

Gruß,

Marco! :s17

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Anders gesagt: Für mich ist mein planen DAS schreiben, das kreieren. Der eigentliche Text ist dann nur noch Fleißarbeit... (Und als solche manchmal tatsächlich etwas lästig!

Genau anders rum, Marco. Genau anders rum. Planen ist planen - schreiben ist schreiben! Und das Planen ist doch die Fleißarbeit, das mühselige Plotten, analysieren, recherchieren, charakterisieren, kanalisieren, exposieren. Das sind alles die Dinge, die mich vom sinnlichen Vorgang des Schreibens abhalten.

 

Bei einem so übergenau geplanten Manuskript ist es doch kein Wunder, wenn Dir das reine Schreiben lästig wird. Wäre es mir auch, da es in dem Falle zu einer Pflichterfüllung wird, dem lästigen Erfüllen eines Plans. Und genau das versuche ich zu vermeiden, indem ich die Zügel etwas lockerlasse, meinen Figuren Platz lasse, um zu atmen, sich zu bewegen, sich zu entwickeln. Und der Charakter entwickelt sich anhand der Schwierigkeiten, auf die er im Laufe der Handlung stößt, von selbst. Dadurch wird er glaubwürdiger, als wenn ich ihn von vorneherein mit einem definierten Set an Eigenschaften ins Rennen schicke. Von diesen Charaktereigenschaften darf er dann nämlich nicht mehr abweichen, wird zu einem durchsichtigen Langweiler, lähmt sich selbst und die Handlung.

 

Ich liebe es, wenn meine Figuren plötzlich etwas tun, was niemand von ihnen erwartet hätte, der zum Zuschauer degradierte Autor eingeschlossen. Dadurch kommt Leben in die Bude! Das ist Schreiben!

 

Wie gesagt, falls ich mich noch mal an einen Roman machen sollte, werde ich die Handlung besser plotten als beim ersten Mal, aber die Figuren, die bleiben freie, selbstbestimmte Bürger meines Kopfes. Natürlich haben sie ihre Aufgaben zu erfüllen, aber wie sie das machen, da halte ich mich raus.

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Ein immer wieder faszinierendes Thema...

 

Wenn ich eine Geschichte schreibe, habe ich als erstes immer ein Grund-Thema. Und dieses Thema gibt mir ja schon so einiges an Handlung vor – also Ereignisse, die sich fast zwangsläufig entwickeln.

Damit verbunden ist meistens der Prota da und einige Mitspieler.

 

Mein erster Schritt besteht darin, am PC in einer eigenen Datei alle Personen aufzulisten und ihnen ihre Biografien zuzuschreiben. Das beginnt damit, wann sie geboren sind, in welcher Stadt sie leben und so weiter. Ich beschreibe ganz genau ihr Aussehen, auch wenn ich das im Roman dann überhaupt nicht verwende – dazu kommen: Gefühle, Denken, Ansichten, politische Haltung, Begabungen, positive und negative Eigenschaften, besondere Eigenheiten und ihr biografischer Hintergrund (wenn er wichtig ist).

Später können auch neue Personen auftauchen.

 

Wie gesagt, das meiste in diesen Personenbeschreibungen kommt später im Roman überhaupt nicht direkt vor und in Personenbeschreibungen bin ich eh sehr zurückhaltend, weil ich meine "Leute" lieber über das, was sie tun und sagen, lebendig mache. Aber durch diese ausführlichen Biografien meiner Figuren mache ich sie mir gewissermaßen zu eigen.

Dass sie dann trotzdem ein Eigenleben entwickeln und mich immer wieder damit überraschen, steht auf einem anderen Blatt. ;D

 

Habe ich die Biografien, probiere ich mit und am Prota aus, welche Erzählperspektive die beste ist. Bei meinem letzten Roman hatte ich erst alles in der 3. Person erzählt. Als er eigentlich fast fertig war, entdeckte ich, dass er nicht dicht genug war und das wegen der Erzählperspektive. Also habe ich den Roman in die Ich-Perspektive verlegt, was leider auch zu unglaublich aufwändigen Änderungen führte – puuuh.

 

Parallel dazu habe ich dicke Collegblöcke, in denen ich in schlichten Sätzen handschriftlich notiere und sie durchnummeriere, was die jeweiligen Personen in meiner Geschichte tun/erleben ("1. Vater zündet die Erinnerungskerze an" – "2. Alle müssen 5 Minuten traurig aussehen" – "3. Emma ist immer hungrig" … blablabla).

Das mache ich zugleich an Hand eines groben Jahreszeiten-Rahmens: Winter, Frühling, Sommer, Herbst, Winter, Frühling, Sommer… usw. und so fülle ich erst einmal Seite um Seite mit kurzen Notizen über meinen zukünftigen Roman.

 

Ich denke und lebe mit meinen Figuren und dann schreibe ich irgendwann am PC, das geschieht ziemlich chronologisch. Ab da beginnt viel "aus dem Bauch schreiben", auch wenn ich mich in etwa an meinen Notizen in den Collegblöcken orientiere – die Notizen geben aber dem Schreiben Struktur. Jetzt kann sich auch noch viel ändern – was gedanklich in der Mitte des Buches passieren sollte, rutscht an den Anfang oder umgekehrt. Lücken im Plot fülle ich eigentlich aus dem Bauch heraus.

Zwischendurch recherchiere ich, was ich übrigens gern mache. Durch Querverweise entdecke ich oft die erstaunlichsten Dinge, die mich weiterbringen.

 

Wenn ich eine Bilderbuchgeschichte schreibe, gehe ich ganz genau so vor – als Erstes das "Thema" und danach die Biografien der Figuren schaffen – dazu bergeweise handschriftliche kurze Notizen zum Inhalt und den Ereignissen, in die die Figuren der Geschichte verwickelt werden.

 

Liebe Grüße - Elisabeth

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Hier tauchte die Frage auf, ob die "Drauflosschreiber" am Schluss viel in die Tonne kippen können. Ich bin ja so eine Mischung aus Drauflosschreiber und Gerüstbauer (das Gerüst ist auf jeden Fall immer ein paar Schritte weiter als das Schreiben) und ich muss sagen, mit meiner Art zu schreiben kippe ich sehr wenig in die Tonne.

 

Was die Charaktere angeht: Ich mache mir vorher zwar Gedanken über die Grundcharaktere (ist der Junge mutig oder eher ängstlich, ist das Mädchen eine Zicke oder spielt gern Fußball, welchen Platz nimmt das Kind in einer Gruppe ein), aber dazu mache ich mir nicht groß Notizen, sondern verinnerliche das. Und dann merke ich beim Schreiben, wie die Figur auf die jeweiligen Situationen reagiert. Das muss ich dann nicht an Hand von Notizen (ach, der ist ja mutig, der muss jetzt also losstürmen und darf nicht zögern), sondern dann stürmt der von selber los.

 

Ich hab mal ein Interview mit Kirsten Boie gelesen, deren Bücher ich sehr liebe, und darin hat sie gesagt, sie wüsste gar nicht, wie ihre Figuren aussehen, es sei denn, es ist für die Handlung wichtig. Das fand ich bemerkenswert.

 

LG Luise

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Hey Rocker!

 

 

 

Bei einem so übergenau geplanten Manuskript ist es doch kein Wunder, wenn Dir das reine Schreiben lästig wird. Wäre es mir auch, da es in dem Falle zu einer Pflichterfüllung wird, dem lästigen Erfüllen eines Plans. Und genau das versuche ich zu vermeiden, indem ich die Zügel etwas lockerlasse, meinen Figuren Platz lasse, um zu atmen, sich zu bewegen, sich zu entwickeln. Und der Charakter entwickelt sich anhand der Schwierigkeiten, auf die er im Laufe der Handlung stößt, von selbst. Dadurch wird er glaubwürdiger, als wenn ich ihn von vorneherein mit einem definierten Set an Eigenschaften ins Rennen schicke. Von diesen Charaktereigenschaften darf er dann nämlich nicht mehr abweichen, wird zu einem durchsichtigen Langweiler, lähmt sich selbst und die Handlung.

 

Ich liebe es, wenn meine Figuren plötzlich etwas tun, was niemand von ihnen erwartet hätte, der zum Zuschauer degradierte Autor eingeschlossen. Dadurch kommt Leben in die Bude! Das ist Schreiben

 

Ich bin, wie Peter D. sagen würde, fasziniert, weil ich mich fühle, als würde ich euch zuhören, wie ihr eine Geheimsprache sprecht!

 

Siehst du, genau das meine ich: Klar verstehe ich, was du meinst, denke mir: Okay, der Rocker, der macht das so - aber ich, für mich, kann das total nicht nachvollziehen, WIE man das so empfindet.

 

Viellelicht ist es so: Mein 'planen' ist das erzählen, das kreative, der Prozess, an dem meine Charaktere teilnehmen, alles das, was du beim 'schreiben' erlebst. Und mein 'schreiben' ist ein Umsetzen meiner Erzählung in einen Text. Und da haben meine Charaktere nichts verloren, die können nämlich nicht schreiben...

Oder, anders gesagt: Du verstehst planen als etwas, was von den Charakteren losgelöst ist, und dass die Charaktere erst beim schreiben dabei sein dürften. Ich empfinde es als genau anders herum: Meine Charaktere dürfen an meiner Planung teilhaben, sich ganz und gar einbringen. Und wenn ich mich dann daran mache, das alles niederzuschrieben (Also, aus meinem Plan eine Rohfassung des textes zu Zimmern), dann verlassen meine Charaktere die Bühne, und überlassen dem Experten das Feld.

Vielelicht versteh ich es auch deshalb nicht: Weil meine Charaktere beim schreiben nichts zu suchen haben, denn schreiben ist Arbeit! Nichts kreatives. Die Kreativität steckt im Plan.

 

Anders gesagt: Rocker, genau die Dinge, die du beim schreiben empfindest, die dir beim schreiben wichtig sind:

Zügel etwas lockerlasse[n] [...] meinen Figuren Platz lasse[n], um zu atmen, sich zu bewegen, sich zu entwickeln [...] der Charakter der sich entwickelt anhand der Schwierigkeiten, auf die er im Laufe der Handlung stößt [...], Figuren, die plötzlich etwas tun, etwas unerwartetets, selbst vom Autor nocht vorhergesehen,

Alles das, was du so mit dem Schrieben verbindest, habe ich beim Plotten, beim Planen, beim Szenen erstellen. NUR: Es fällt nicht soviel Textmüll an.

 

Und genau das, was du mit dem 'Planen' verbindest:

Dadurch wird er glaubwürdiger, als wenn ich ihn von vorneherein mit einem definierten Set an Eigenschaften ins Rennen schicke. Von diesen Charaktereigenschaften darf er dann nämlich nicht mehr abweichen, wird zu einem durchsichtigen Langweiler, lähmt sich selbst und die Handlung.

Habe ich nie. Niemals. Weder während des planens (Das für mich ja eher schreiben ist], noch während des eigentlichen Schreibvorgangs.

 

Für mich ist das Leben während des Planens in der Bude. Und ich find das herrlich, weil ich ÜBERALL schreiben kann.

 

Für mich sieht das so aus, dass ihr 'Drauflosschrieber' am Rechner sitzt, und stundenlange Textwüsten in die Tasten haut, nur um eine Seite sinnvolle Handlung aus euren Charakteren zu pressen. Meine 'Planung' dauert manchmal Jahre, das ist wie schreiben im Kopf: Ich lasse meine Charaktere überall, in der Bahn, auf der Arbeit, im Stau, im Schwimmbad, im Urlaub, jederzeit lasse ich meine Charaktere im Kopf leben, Abenteuer haben, staunen, sich selbst einbringen. Eben all das, was du beim schrieben hast, Rocker, habe ich bei der Planung. DAS ist mein kreativer Porzess.

 

Ich empfinde das sitzen am Rechner und dort erst herausfinden, was meine Charaktere wollen, als steif, als leblos, als Korsett, weil keine Einflüsse kommen. Wie soll ich denn etwas über meine Charaktere lernen, wenn sie immer nur neben mir am Rechner sitzen?

 

Ich erinnere mich an eine Sache: Als ich meinen Krimi geschrieben habe (den mit Sebastian, der hier in den Textkritiken rumschwirrt), war ich unterwegs auf dem Weg zur Arbeit, und habe dabei im Kopf die Szene geschrieben, in der Sebastian den Dennis besucht. Das Gespräch lief wieder und wieder ab, ich fand einfach nichts, Dennis blieb blass und leer, ich konnte ihn nicht einordnen, wie sein Charakter ist, was mich fuchsig gemacht hat.

In dem Moment stieg ich aus der U-Bahn, und bekam mit, wie jemand, der irgendwie so aussah, wie ich mir Dennis vorstellte, der ein bisschen wie Dennis war, auf dem tierischen Streit mit jemandem bekam, der in der Bahn saß. Mein Dennis-Typ warf sich gegen die Scheibe, fluchte und trat, spuckte ans Fenster, bis der Fahrer ihn über die Sprechanlage ermahnte, was ihm aber Scheiß egal war. Er hat sich sogar noch an die Bahn geklammert, ls die langsam losfuhr.

Ich wusste plötzlich genau, wie Dennis ist, und das wäre mir nie passiert, wenn ich meine Sachen nicht unterwegs im Kopf, sondern zu Hause am Rechner schreiben würde.

 

Deshalb kann ich absolut nicht nachvollziehen, wie man planen als Korsett oder langweilig empfinden kann, weil, wie gesagt, das was ihr unter schreiben versteht, ist all das, was ich beim planen habe. Nur mit weniger Text, weniger Mühen, weniger Leerem Papier. (Weshalb ich die Angst vor dem Leeren papier nicht kenne - wenn ich mcih daran setze, weiß ich genau, wie es fülle.)

 

Irgendwann stell ich hier mal einen Plan von mir ein - Wenn ich plane, entsteht eine Szenenidee, die fünf Seiten lang sein kann. Ein Exposee. Schon meine Pläne sind durchaus lesbar.

 

Deshalb stimmt es nicht, dass ich das 'Schreiben' als mühsam empfinde. Ich empfinde die 'Umsetzung' meines Plans in einen Manuskripttext als mühsam, weil er so unkreativ ist, nur noch Arbeit, selten neue Ideen kommen. Aber die hatte ich, wie erwähnt, schon in den Jahren der Planung.

 

Ich sitze seit zehn Jahren an meinem Science-Fiction Epos. Geschrieben habe ich etwa fünf Seiten Text, aber meine Planung, und meine Geschichte... die erinnert an Astrids Rabenzeit. ;)

 

Ich finde faszinierend, dass ihr planen alle als etwas so trockenes seht... ;)

 

Ohje, so lang sollte der Post gar nicht werden... Siehste, das kommt nämlich bei mir dabei raus, wenn ich meine Gedanken nicht im Kopf bearbeite, sondern gleich im Texteditor... ;)

 

Gruß,

Marco! :s17

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Hallo Marco,

ich verstehe dich total.

Wenn ich sage, ich plane diesmal nicht mehr, bezieht sich das nur auf all diesen kreativeinschränkenden Beamtenkram mit Millimeterpapier von der Rolle, bunten Filzstiften und Sonderzeichen. Storyboard würde der Filmer sagen. Jetzt, wo ich eure Beiträge lese, kommt mir, warum ich das nicht mehr machen muss: Ich habe es dermaßen plastisch und fotografisch genau vor Augen, dass es Zeit- und Energieverschwendung für mich wäre, das auch noch aufzumalen / in den Comp zu hacken.

 

Ich denke, diese Veränderung kommt tatsächlich durch eine Routine zustande... nämlich dass ich gelernt habe, mit welcher Technik ich meine Figuren zum Leben erwecke.

 

Und das läuft bei mir wie bei dir, Marco! Ich sag ja immer, ich säße mit den Leuten am Frühstückstisch und würde mir einfach erzählen lassen, wie es weitergeht. Wenn ich täglich viel schreibe, träume ich regelmäßig das nächste Kapitel im Voraus und muss nur noch "abschreiben". Ich hab auch schon mitgespielt oder eine Figur angebrüllt (es hat Vorteile, wenn man allein lebt...). Und diese Vorgänge vorweg dauern in der Regel, gemessen an der Schreibzeit, recht lang. Dafür brauche ich dann aber keine Karteikarten und Millimeterlisten mehr.

 

Der Zustand dazwischen macht mich aber auch schier verrückt, dass ich meine, ich müsste platzen. Im Moment habe ich meinen gesamten Roman intus, sehe die ganze Welt vor mir, kann mit den Leuten reden. Dann ist das wie eine Explosion, dass ich loslegen muss mit schreiben und mir alles nicht schnell genug geht. Wenn aber andere Arbeiten dazwischenkommen, fühle ich mich innerlich wie das HB-Männchen (für die Jüngeren: das ging immer in die Luft).

 

Wie du, Marco, kann ich Figuren nicht am Tisch planen. In der Planungsphase brauche ich den Gegensatz zwischen quirlendem Leben und Alleinsein fürs Austräumen. Ich fokussiere dann so stark meine Geschichte, dass mir Dinge passieren oder begegnen, die mich entscheidend weiterbringen. Etwa so wie jetzt, wo mir ein wildfremder Mensch einen Brief zu einer uralten Recherche geschrieben hat, die eigentlich meine Romanfigur macht. In dem Moment weiß ich: Das ist DAS Ding. Jetzt geht es los.

 

Schöne Grüße,

Petra

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Also ich male mir meine Szenen auch woanders aus als vor dem Rechner. Aber das passiert in meinem Kopf und wird nicht Szene für Szene als Rohentwurf in den Rechner geschrieben, so wie Charlie sagt, dass ihr Konzept schon fast Romanlänge erreicht.

Die Szenen erscheinen in meinem Kopf, wenn ich sie brauche. Mehr oder weniger chronologisch. Daher kann ich vorher noch nicht wissen was der Prota gegen Ende macht (genaue Szene planen), weil mir ja noch etliche Szenen davor nicht eingefallen sind!

Narürlich hangelt sich das alles am roten Faden entlang, der vorher geplant sein will, aber so detailliert, dass schon ein halber Roman dabei rauskommt, kann ich das nicht.

Ich wünschte ich könnte! Denn ich empfinde es als leichter nach etwas "vorgegebenem" zu schreiben, als alles beim Schreiben zu entwickeln. So gesehen beneide ich Charlie um ihre Planungsfähigkeit, selbst wenn ihr vorgeworfen wird ihre Figuren steckten in einem Zwangskorsett. Dafür nimmt ihre Story keine plötzlichen Wendungen! Was bei mir schon mal passieren kann. Dann muss ich mühsam wieder zum Plot zurück arbeiten... streichen, neu schreiben, usw. Das alles könnte ich mir sparen, wenn ich ein gut ausgefeiltes Konzept hätte.

 

So oder so, ich finde beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile.

 

LG

Joy

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Hah, und ich dachte immer, ich bin mindestens mittelgradig verrückt, wenn ich schon mit meinen Figuren frühstücke, mit ihnen Einkaufen gehe und sie mir eigentlich permanent im Hinterkopf rumgeistern... und ich abends in der Kneipe überlege, was meine Prota jetzt wohl sagen würde, und dass die Handbewegung von dem Typ am Nebentisch so wunderbar zu dem Lehrer passt, den meine Prota in der Kindheit hatte...

 

Hach wie schön, dass es anderen auch so geht!!! http://smilies.montsegur.de/18.gif

 

Begeisterte Grüße,

Lionne

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Der Zustand dazwischen macht mich aber auch schier verrückt' date=' dass ich meine, ich müsste platzen. Im Moment habe ich meinen gesamten Roman intus, sehe die ganze Welt vor mir, kann mit den Leuten reden. Dann ist das wie eine Explosion, dass ich loslegen muss mit schreiben und mir alles nicht schnell genug geht. Wenn aber andere Arbeiten dazwischenkommen, fühle ich mich innerlich wie das HB-Männchen (für die Jüngeren: das ging immer in die Luft).[/quote']

 

Hallo Petra!

 

Oh ja, das kenne ich zur Genüge, und du beschreibst sehr schön, weshalb ich das erstellen des Rohtextes als so mühsam empfinde!

Ich habe einen ganzen Roman, als einen Klops im Kopf, kann mich einfach so, hierhin, dorthin bewegen, es ist eine richtige Welt, in der ich frei herumgeistern kann, und alles steht bereits, nur das noch immer wieder etwas dazukommt, exakt so, als hätte ich den 'Roman' schon ein Dutzend Mal gelesen und würde alles und jeden irgendwie schon kennen, als könne ich mit meinen Figuren, die wie gute Bekannte oder Freunde sind, essen gehen, wenn sonst keiner Zeit hat. (Pah, von wegen, Autoen wären einsam! ;D)

 

Und das hinsetzen, und diese Welt, diese Geschehnisse, jetzt so 'relativ' langsam aufzuschreiben, das ist, als müsste ich plötzlich im Schneckentempo durch meine Welt kriechen, und als müsste ich mir vorschreiben lassen, wo es langgeht, da fehlt mir das sich frei bewegen, das spielerische, das aufbauende, und deshalb müht es mich manchmal so.

 

Das ist bei mir übrigens, wie erwähnt, nur so, während ich den Rohtext schreibe. Die Überarbeitung ist dann wieder Spaß, weil ich die Welt, die ich im Kopf habe, langsam in das Rohtextskelett einmeißeln kann, weil ich wieder kreativ werden kann, und weil ich endlich an dem Punkt bin, an dem ich versuchen kann, die Aussenwelt an der Welt in meinem Kopf teilhaben zu lassen.

 

Gruß,

Marco! :s17

*Mitbekloppt*

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Beim Schreiben selbst verändert sich doch auch nochmal alles, ich verstehe beide Seiten nicht so ganz. Das eigentliche Schreiben als reine Finger- und Fleißübung, das hört sich ja grausam an. Wo ist da die Lust an der Sprache, die Lust am Formulieren?

 

Da muß man sich doch auch nochmal treiben lassen und die Sprache atmen lassen. Die eigentliche Geschichte entsteht vorher im Kopf, bei mir auch, sogar recht detailliert, aber beim Schreiben verändert sie sich. Man schreibt ein Kapitel, legt sich nachts in Bett und denkt noch einmal darüber nach, denkt über die nächste Szene nocheinmal nach. Das Schreiben intensiviert die Planungsphase doch noch einmal.

 

Außerdem wird hier die Plot-Phase und die Schreiben-Phase thematisiert, aber die -meiner Ansicht nach- wichtigste aller Phasen, die Überarbeitungsphase, wird dezent totgeschwiegen. Dort findet auch der Feinschliff am Plot nocheinmal statt, man schaut sich an, welche Linien funktionieren, welche Nicht, wo man Rückbezüge schaffen könnte, wo man noch basteln und drehen kann.

 

Zu dem "nur": Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob man 500,5.000, 50.000 oder 500.000 Wörter schreibt, was Planung und Plotten angeht. Bei Kurzgeschichten können Idee und Umsetzung eher fast Hand in Hand gehen, so wie Rocker das schreibt. Aber um einen 50.000er-Roman allein aus einer ersten Idee oder einem ersten Satz zu entwickeln, brauch man schon ein gerüttet Maß Genialität, glaube ich. Eine Kurzgeschichte aus so einem ersten Satz zu entwickeln, halte ich durchaus für möglich.

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Hallo Peter,

Wo ist da die Lust an der Sprache' date=' die Lust am Formulieren?[/quote']

Die ist schon da, wenn ich mit der Figurenmeute am Küchentisch sitze. Die verlässt mich nie.

 

Außerdem wird hier die Plot-Phase und die Schreiben-Phase thematisiert, aber die -meiner Ansicht nach- wichtigste aller Phasen, die Überarbeitungsphase, wird dezent totgeschwiegen. Dort findet auch der Feinschliff am Plot nocheinmal statt, man schaut sich an, welche Linien funktionieren, welche Nicht, wo man Rückbezüge schaffen könnte, wo man noch basteln und drehen kann.

Ich schweige darüber, weil ich die Überarbeitungsphasen von den anderen nicht trennen kann. Das passiert permanent. Wenn ich dann am Ende unter verschiedenen Gesichtpunkten über das fertige MS gehe, ist das reine Lektoratsarbeit.

 

Aber um einen 50.000er-Roman allein aus einer ersten Idee oder einem ersten Satz zu entwickeln, brauch man schon ein gerüttet Maß Genialität, glaube ich.

Absolut nicht. Lediglich Handwerk, Begabung, Inspiration (als Ableger der Kreativität) und jede Menge Schweiß.

Wer seinen Roman mit drei Sätzen verkauft, kann auch aus drei Sätzen einen Roman entwickeln.

Mein letzter Roman entstand auch nur aus einer Frage: Warum wirkt das Lebensgefühl in Frankreich so anders als das in Deutschland?

 

Schöne Grüße,

Petra

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Hallo zusammen,

 

wenn ich ein Exposee schreibe, oder plane, habe ich die Figuren nicht bei mir- deshalb ist meine Planung so schlecht, dass ich sie zum Schreiben nicht verwenden kann.

Deshalb plane ich nur eine Grundidee, entwickele Figuren grob dazu, und lasse die Figuren machen- und während des Schreibens entwickeln sich die Kapitel weiter, die ich noch nicht geschrieben habe. Der kreative Prozeß ist bei mir das Schreiben- weil ich einen Film im Kopf praktisch mitnotiere- und dabei in jede der Figuren hineingehe.

Der Schwund dabei ist unterschiedliche. Bei Kurzgeschichten praktisch null, entweder die Geschichte ist gelungen, oder nicht. Aber ich muss eigentlich selten streichen, sondern nur ein paar Überarbeitungsschritte machen.

Bei meinem Roman schreibe ich gelegentlich eine Szene zwei- dreimal, gelegentlich an zentralen brauche ich auch zehn bis fünfzehn Versuche, bis ich weiß, welche Szene genau dahin kommt. Der Schwund ist nicht sehr hoch, weil ich die meisten Versuche nur erst durchdenke, und zwischen einem Satz und einer Seite ausprobiere- bevor klar ist, was funktioniert, und was nicht.

Am schwierigsten ist die Überarbeitung, wie z.B. gerade seit Januar- wo ich einen zentralen Plotteil umbauen muss. Da muss ich mich erst überwinden, und mir Gedanken machen. Und dann brauche ich noch einige Wochen, bis ich wirklich an eine Überarbeitung gehe.

Vor allem finde ich es schwierig ganze Teile des "bestehenden" Films zu streichen und zu ersetzen- und das Niveau des umhergeschriebenen Textes zu erhalten- ich bin halt etwas raus...

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Vor allem finde ich es schwierig ganze Teile des "bestehenden" Films zu streichen und zu ersetzen- und das Niveau des umhergeschriebenen Textes zu erhalten- ich bin halt etwas raus...

 

Das spricht genau an, was ich immer meine, wenn ich sage, ich habe kein Kopfkino, weil ich Kino als etwas starres, lineares verstehe - eine steife, unveränderliche Aneinanderreihung von Bildern, deren Ausschnitt begrenzt ist und bei der sich jede Ersetzung auf alles drum herum auswirkt. Die Welten, die ich beim Schreiben und Lesen im Kopf habe, sind aber dynamisch und lebendig, Virtual reality, sozusagen, deshalb macht mir das umändern von Sachverhalten auch keine Probleme, deshalb liebe ich es, meine Geschichte manchmal Jahrelang nur für mich in meinem Kopf mit mir herumzutragen und die beste Reihenfolge zu finden, in der man sie erzählen sollte und deshalb fällt es mir so schwer, und sträube ich mich ein wenig, durch das niederschreiben diese Dynamik in eine stringente Reihenfolge zu stopfen, in der sie gar nicht mehr so schön ist, nicht mehr so gut atmen kann, weil das Produkt auf dem Papier nie so schön 'lebendig' ist, wie das, was ich im Kopf habe, und es immer ein Verlust ist, wenn meine schönen, dynamischen Kopfwelten zu einem stringenten, nur einen beschränkten Ausschnitt darbietendem "Film" werden. :s03

 

Was auf Papier steht, ist schon steif, und wie bei einem Brett, auf das man tritt, wirkt sich jede Änderung an anderer Stelle in der Handlung aus, und man muss nachbessern und so weiter.

 

Deshalb kann ich immer nicht nachvollziehen, dass die Leute das lieber auf einem steifen Papier mit einem steifen, linearen Text machen, als schön im Kopf, dynamisch, lebendig, atmend... Wobei ich es ja nicht verdamme, sondern faszinierend finde. Es ist halt, wie gesagt, so weit, weit weg von meiner Vorstellungskraft und meiner Empathie.

 

Fasziniert wie Spock,

Marco! :s17

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