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Quidam

Figurenblässe

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Hallo Quid,

ich finde auch, das genügt.

Man spürt die Unsicherheit des Mannes und hat ein Bild von ihm vor sich. Aber was viel wichtiger ist: Man merkt, wie ihm in ihrer Nähe zumute ist. Von diesem Kontrast handelt ein wichtiger Teil der Szene. Da reicht es, sein Äußeres mit wenigen Strichen zu zeichnen, so, wie Du es machst.

Ich persönlich habe allerdings immer Probleme mit Vergleichen. Gut, in diesem Fall sagt allein die Erklärung, sie erinnere ihn an ein Model schon viel aus. Aber wenn Du Vergleiche ziehst, würde ich sie allgemeiner halten und nicht an bestimmte Namen knüpfen. Hier gehts gerade noch. Aber ich denke, es gibt genug (reale) Personen, die dann wieder ein Großteil der Leser nicht kennt. Und dann erreichst Du mit Deinem ganzen, schönen Vergleich gar nichts :).

 

Liebe Grüße

Anna

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Aber jetzt seht ihr mal: Ihr findet die Szene ok und die Figuren vorstellbar, ich finde, dass Martin kein Aussehen hat. Das findet man ja oft, dass die Haare, Augenfarbe, das Gesicht allgemein nicht beschrieben wird - aber ich finde, dass das ein ganz schöner Makel sein kann, schließlich wäre ich glücklicher, könnte ich klare Figuren zeichnen. Aber so, wie ich es mir vorstelle, ist es eben nicht erlernbar. Und daran hab ich zu knabbern.

 

Rocker, kenn ich selbst nicht. ;D Ist nur ein Name - steht aber als Model dafür, dass sie eine perfekte Figur hat und schwarze, lange Haare. ;) Die Frau gibt es wirklich ... und ich wollte einen Namen, weil es blöd klingen würde, würde ich schreiben: An das model, dass er aus den Zeitschriften kennt und das er Zuhause herumliegen hat. Denn dann würde man fragen: Welches Model?-)

 

Grüße

Quidam

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Lieber Quidam,

 

ich finde, Du machst Dir völlig unnötige Gedanken (blockierst Dich vielleicht sogar?).

 

Klar, man liest es immer wieder - manchmal wirklich seitenlange Personenbeschreibungen bis in den letzten Krähenfuß hinein, aber das ist einfach grausig.

 

Und absolut unnötig.

 

Es hat ohnehin jeder ein ganz eigenes Bild im Kopf! Und ich möchte gern mein eigenes Bild im Kopf haben, hab ich auch, da kann mir der Autor noch so viel vorsetzen!

 

Ob da irgendwer irgendwo eine Warze hat, einen Pickel, ein Muttermal - das ist mir völlig schnurz, dadurch wird eine Person nicht lebendiger, nicht anschaulicher.

Aber wenn ich in seinen (ihren) Kopf schauen darf.... ja, dann schon.

Und ob der oder die dann schwarze oder blonde Haare hat, ist mir herzlich schnurz.

 

Gruß

Jan

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Lieber Jan,

 

da bin ich vollkommen deiner Meinung. Ich gebe auch immer nur wenige Stichpunkte. Und ich hatte auch nicht vor, dies zu ändern.

 

Ähnlich skizziere ich ja auch Naturbeschreibungen. Drei, vier Striche, das reicht. Nur ist mir eben eines klar geworden:

 

Die Landschaften hat man klarer vor sich, mit nur drei Strichen, wie eben die Figur, mit vielleicht sogar fünf Strichen. Verstehst du, was ich meine?

Keine Sorge, so schnell blockiert mich nichts. Wenn du mal einen Blick in meinen Blog wirfst, wirst du sehen, dass ich derzeit soviel schreibe, wie nie zuvor. ;D

 

Nur möchte ich mich eben eine Weile mit dieser Frage beschäftigen, wie ich Figuren klarer beschreiben kann. Und dass ich sie nicht klarer beschreibe, wenn ich alles beschreibe, war mir klar, bevor ich den Thread eröffnet hatte.

Das schnürt die Phantasie des Lesers zu.

 

Ok. Dann beschreibe ich mal mein Gesicht - und jeder bekommt ein Bild, welches dem realen Bild wohl nicht enspricht. -) (Bild gibts in meinem Profil und auf meiner Hp.)

 

Meine Geheimratsecken sind nicht mehr geheim. Gerade Nase, an der ich mit dem Finger reibe, wenn ich mich beobachtet fühle. An der linken Wange ein Grübchen, markante Gesichtszüge, blaue Augen. und meine dunkelbraunen Haare würde ich gerne Schwarz färben, wären sie strapazierfähig. :s02

 

Grüße

Quidam

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Vielleicht liegts auch an der Testleserin ;) fand den Text eigentlich auch soweit ok.

 

Also ich mach das so, ich habe einen ganzen Pool von Testlesern parat. Welche die mich kennen, welche die nur meine Email haben.

 

Ich habe die Erfahrung gemacht, daß dreissig Testleser auch dreissig Meinungen zu einem Ms haben können.

 

Eine Schwachstelle als solches, habe ich immer nur dann aufgegriffen, wenn mehrere Leute das gleiche sagen. Dann wusste ich sicher, daß was nicht stimmt.

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Hallo Quidam, :)

 

ich habe mal auf Deiner Homepage Deine Texte gelesen.

Und muss sagen, ich fand Deine Figuren nicht blass. Mir persönlich reichen die Beschreibungen völlig, ich kann sie mir vorstellen, ich finde sie lebendig. Und ich denke, Du hast sie gut beschrieben (Dich übrigens auch...*g*)

Andererseits kenne ich auch Leute, die genau beschrieben haben wollen, wie jemand aussieht, und denen das dann vielleicht tatsächlich fehlt.

 

Ich bin von daher nicht ganz sicher, ob das jetzt eine Geschmacksache ist, von der jeweiligen Phantasie abhängt usw.

 

Oder ob Du nicht eher meinst, dass Du Deine Figuren gerne plastischer beschreiben würdest und das nicht so geht, wie Du Dir das vorstellst, was dann natürlich eine völlig andere Frage ist. Und das Problem verstehe ich:

 

Ich kenne das von Landschaftsbeschreibungen: Ich sehe die Landschaft vor mir, aber wenn ich dann lese, was ich geschrieben habe, finde ich, dass mindestens die Hälfte fehlt. Vielleicht meintest Du ja auch das?

Meine Lösung ist: Ich male noch nebenher, und bei so Sachen frage ich mich dann, wie ich es malen würde, welche Farben, Linien usw. und beschreibe danach nochmal, und dann wird es meistens besser.

 

Hoffe, das hilft irgendwie weiter!

 

Viele frühe Grüße :)

Lionne

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Hallo Irena, was lag an der Testleserin? Ich sagte, dass ich ihr Recht gebe! Und wenn ihr den Martin lebendig findet, ist das ja auch wunderbar! ich sagte selbst, dass er mir lebendig genug ist. Nur habe ich ihn eben nicht vor meinem geistigen Auge. Aber ich hab auch nicht vor, alles abzuarbeiten und gebe mich nunmal damit zufrieden, dass es nicht möglich ist, dass Aussehen so klar zu beschreiben, wie eben Landschaften.

 

Ich höre mir auch viele Meinungen an - und ziehe mir das Beste heraus. Egal, von wem die Kritik kommt. Oftmals habe ich von den Eindrücke einer Putzfrau mehr gelernt, als von der Kritik eines Autors.

 

Hallo Lionne, du hast mich verstanden! Es geht um das plastische beschreiben. Besagte Kritikerin hätte sich eben gewünscht, dass sie das gesicht der Prots genauso klar vor ihrem Auge hat, wie die Räume, die ich beschreibe, die Umgebung allgemein. Auf meine Frage, wie sie denn die Figuren sieht, hat sie sehr wohl beschreiben können, wie sie sind. Trotzdem wirken sie schemenhaft - und ich gebe ihr Recht. Nur ist dieses Problem nicht zu lösen.

Wie SMü richtig sagt: Ich will es auch garnicht mehr. Mir reicht es nun, Nebenfiguren mit einem knackigen Merkmal zu skizzieren (die Bäckereiverkäuferin sah lustig aus, mit dem Semmelbrösel auf ihrer Stupsnase, das wunderbar zu den Sommersprossen auf ihrer Wangen passte) die Hauptfiguren mit ein paar mehr Details.

 

Grüße

Quidam

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Sorry, ich wollte nur damit sagen, daß jeder einen Text anders liest und was dem einen fehlt, dem anderen da vielleicht zuviel ist. Ich wollte nichts gegen deine Testleserin sagen, sorry.

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Hallo Quidam,

ich frage mich gerade, ob dein Problem nicht lange vor der Beschreibung entsteht...

Schau, mir geht es so, dass ich erst schreiben kann, wenn meine Figuren tatsächlich LEBEN... ich hab ja mal beschrieben, dass man dann sozusagen mit ihnen frühstücken kann. Das ist ein ganz eigenartiger Punkt, wann das passiert (der hat mit der Ausformung des Charakters zu tun). Vorher ist es mir unmöglich, einen zufriedenstellenden Text zu bringen.

 

Ist aber dieser "point of no return" überschritten, dann sind die Leute absolut plastisch, dann kann ich die auch riechen und fühlen, das ist mehr als nur Holographie. Ich kann dann wirklich nachschauen, ob derjenige Haare auf der Brust hat oder nicht und wie die sich anfühlen - selbst wenn ich das im Buch nie beschreibe. Gekoppelt ist das bei mir an Emotionen und Sinneswahrnehmungen. Fehlt die Koppelung, wirkt mir die Figur blass. (Deshalb beschreibe ich z.B. Figuren nicht in extra Abschnitten, sondern nur in Koppelungen)

 

Nun weiß ich nicht, wie du vorgehst beim Schreiben, aber kann es sein, dass du von vornherein deine Figuren nicht so genau siehst?

Oder gibt es - ähnlich wie Geruchsblindheit - auch eine Figurenblindheit?

 

Schöne Grüße,

Petra

 

PS: Deine Theorie mit den Landschaften stimmt übrigens nicht als Gegensatz. Beschreibe Berge und jeder wird andere sehen.

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Hallo Petra,

 

ich schreibe auch nicht bloße Details, sondern koppel sie in Bewegungen, mache sie an Dingen fest, usw..

 

Nur wenn du mein Problem wirklich erkannt hast, und es eben auch als Problem deklarierst, musst du dir eingestehen, dass du dasselbe Problem hast.

 

Natürlich beschreibe ich einen Berg - und jeder sieht einen anderen Berg. Aber! es ist ein KLARES Bild. Zumindest klarer, wie eine Figurenbeschreibung je sein kann.

 

Du kannst gerne ein Beispiel von einer deiner Figuren posten - und sie wird ebenso blass sein, egal, ob du die Anzahl der Haare auf seiner Brust kennst, oder weißt, dass er nach Knoblauch duftet, mit einem Spritzer Zitrone.

 

Grüße

Quidam

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Nur wenn du mein Problem wirklich erkannt hast' date=' und es eben auch als Problem deklarierst, musst du dir eingestehen, dass du dasselbe Problem hast.[/quote']

Nein Quidam, habe ich nicht erkannt... ich versuche, irgendwie dein Problem zu verstehen, sehe aber, dass ich scheitere.

 

Natürlich beschreibe ich einen Berg - und jeder sieht einen anderen Berg. Aber! es ist ein KLARES Bild. Zumindest klarer, wie eine Figurenbeschreibung je sein kann.

Genau das bezweifle ich.

 

Du kannst gerne ein Beispiel von einer deiner Figuren posten - und sie wird ebenso blass sein

Kann ich nicht beurteilen, das müsste jemand anderes zerpflücken. Posten geht nicht, weil sich das Aussehen mener Figuren im Kopf des Lesers über mehrere Seiten hinweg entwickelt...

 

Kurzum: Ich verstehe dein Problem nicht, weil es mir beim Lesen ganz anders geht.

 

Schöne Grüße,

Petra

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Ich habe das Problem, fuerchte ich, auch nicht begriffen.

 

Aber vielleicht kommt ein Problem, das ich auch kenne, dem nahe?

Wenn ich einen Berg beschreibe, sehe ich mir einen an.

Wenn ich ein Schloss beschreibe, seh' ich mir eines an.

Wenn ich einen erdachten Menschen beschreibe - steh' ich dumm da.

 

Das, was Du machst, Petra, das kann ich leider nicht. (Vielleicht ist es bei uns am Fruehstueckstisch zu voll? Ich glaube aber, es liegt eher an einem Fehler/einer Schwaeche in meiner Vorstellungskraft) Ich habe zur Personenbeschreibung (oder zur Beschreibung ALLER anderen Dinge, die ich mir nicht real ansehen kann) dann nur das sehr sehr muehsam beschworene, womoeglich schemenhafte Bild in meinem Kopf zur Verfuegung. Und damit zu arbeiten, ist sehr schwer. Ich komme nur ganz schleppend, Satz fuer Satz, vorwaerts und muss immer wieder unterbrechen, um das Bild in Einzelheiten neu aufzubauen.

 

Zurzeit schreibe ich ueber reale Menschen. Deren Portraets haengen ueber meinem Schreibtisch. Und ich bemerke, dass es wesentlich einfacher geht.

 

Ob die Figuren im Endeffekt plastischer, farbiger werden als meine ausgedachten, werden mir die Testleser sagen. Ich denke schon, dass das moeglich ist.

 

Hast Du das schon mal versucht, Quidam? Reale Menschen zu beschreiben? Wenn ja, ging das besser?

 

Wenn dies am Problem vorbeischoss, bitte ich, es zu ignorieren.

 

Gruesse von Charlie.

"Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nein, in Paris regnet's ja jetzt auch."

Lektorat, Übersetzung, Ghostwriting, Coaching www.charlotte-lyne.com

 

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Hallo ihr Beiden,

 

ich weiß einfach nicht, wie ich mein Problem anders beschreiben soll.

 

Die Figuren habe ich vor mir, wie alles andere auch. Nur warum bleiben die Figuren vom Aussehen her blass, alles andere aber nicht?

Und das betrifft ja jetzt nicht nur meine Prosa - sondern jeden Text!

 

Mit anderen Worten: Meiner Meinung nach hat der Leser immer nur eine schemenhafte Figur (was jetzt das rein äussere betrifft) vor sich, egal wie genial der Autor die Figur beschreibt. Wohingegen er z.b. Landschaftsbeschreibungen klarer vor sich sieht - auch wenn der Autor ein anderes Bild zeichnete. (also ein nicht grundsätzlich anderes.-))

 

Grüße

Quidam

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Hey Quidam!

 

Ehrlich gesagt, glaube ich, machst du dich unnnötig verrückt!

 

Ansonsten kann ich nur mal wieder dozieren, was ich mal (so oder so ähnlich) darüber gelernt habe, wie Menschen andere Menschen wahrnehmen. (Ein Teil davon kam auch wieder in der hinreissenden Doku letzten Mittwoch!)

 

Kennst du das Gefühl, dass du jemanden kennenlernst, und du bist dir sicher, ihn schonmal gesehen zu haben, aber nicht zu wissen, wo?

Oder dass du meinst, jemand, den du kennst, sieht jemand anderem ZUM VERWECHSELN ähnlich, und jeder, dem du das sagst, tippt sich an die Stirn, und hält dich für bekloppt?

Oder dass zwei Geschwister gar keine Ähnlichkeit haben, während dein bester Freund sagt, sie sehen aus wie Zwillinge?

Oder dass jemand auf einem Foto plötzlich gaaanz anders aussieht als in der Realität?

 

Das Problem ist: Menschen sehen andere Menschen nicht richtig an, weil das zuviele Informationen wären. Sie nehmen eine Handvoll Punkte wahr, und bilden daraus eine Assoziation.

 

Das heisst: Du hast von jeder Person, die du kennst, vier oder fünf Merkmale, Proportionen, Punkte, abgespeichert, und wenn du irgendein Gesicht auf der Strasse siehst, wird es mit diesen fünf Punkten abgeglichen, und darauf gründet sich die Entscheidung deines Gehirns, wie diese Person aussieht. So entsteht das Phänomen, des: "Findest du nicht, der sieht aus wie George Clooney'"

"Was? Der? Quatsch. Der Sieht höchstens aus wie Timmy aus dem Supermarkt. Er ist ja nicht mal so groß, wie der Clooney..."

 

Mir ist aufgefallen, dass viele besonders bildliche Charaktere eben NICHT beschrieben wurden, sondern diese Form der Assoziation des Gehirns genutzt wurde.

 

Wenn du dem Leser ein spitzes Kinn, rote Haare, eine Warze auf der Nase und buschige Augenbrauen vorsetzt, dann versucht das Gehirn des Lesers, bestenfalls, diese Fünf Merkmale mit den im Hirn abgespeicherten Punkten abzugleichen - auf der Suche nach jemand bekanntem. Wenn nun Onkel Manfred ein spitzes Kinn, rote Haare, eine Warze und buschige Augenbrauen hat, wird es sich evtl. Onkel Manfred als Bild suchen.

 

Problem dabei ist: Du schreibst dem Hirn des Lesers exakt vor, welche Merkmale es abzugleichen hat. Findet es keine solche Schablone, und das dürfte meistens der Fall sein, oder lieferst du zuviele, vielleicht fünfzehn, Merkmale, was das Hirn dann nicht mehr unterbringen kann, bleiben all die schönen Merkmale als Einzelteile, und nicht zusammengesetzt, im Gehirn des Lesers und schwirren dort blass herum, ohne ein echtes Bild zu formen.

Das Hirn, wie gesagt, ist immer auf der Suche nach der geringsten Arbeit, und nach Assoziationen, nach Dingen, die es bereits kennt, nach Mustern.

 

Es empfiehlt sich, und, wie gesagt, habe ich festgestellt, dass viele Autoren so arbeiten: Wenige Merkmale, und vor allem dem Leser bereits die Assoziationen bieten!!!

Ein spitzes Kinn, rote Haare, eine Warze und buschige Augenbrauen sind eine ungenaue Beschreibung, wenn der Leser damit nihcts bekanntes verbinden kann.

 

Knallst du dem Leser aber einen Charakter vor, der groß und breit ist wie ein Schrank, mit Trenchcoat und Schlapphut, chronisch grimmigem Gesichtsausdruck und struppigem Bart, der aus tiefliegenden Augen auf jemanden herabblickt, sucht sich das Hirn, für gewöhnlich, dieses halbwegs unkonkrete Bild aus den Tiefen seiner Merkmalsliste hervor, und setzt dort irgendetwas ein, was er damit verbindet...

Vielleicht ein Bild aus einem Film, der Onkel aus der Theateraufführung, ein anderes Bild, dass er mal im Kopf hatte, was auch immer...

 

Du solltest diese Assoziative Seite des Hirns ansprechen, nicht die beschreibende, denn wenn dein Leser das nicht mit seinen Erfahrungen abgleichen kann, DANN bleibt die Figur blass...

 

Aber, wie gesagt, ich glaube, du denkst einfach zuviel darüber nach... ;D

 

Lieben Gruß,

Marco! :s17

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Kleiner Nachtrag: Genau deshalb funktionieren blidliche Vergleiche mit bekannten Personen so gut:

 

"Er sah aus wie ein junger Sean Connery", oder "Sie schritt wie die Garbo und lächelte wie die Monroe"

 

Jeder Leser hat ein anderes Bild von Connery, Monroe und Garbo im Kopf, das aber automatisch abgerufen wird, und ZACK, das Aussehen des Charakters sitzt.

 

Natürlich ist das ein recht billiger Taschenspielertrick... ;)

 

Wenn du jetzt anfangen würdest, zu sagen: "Er sah aus wie ein junger Sean Connery: Die Wangenknochen so, und ie Stirn so, und die Nase so, und die Augen so, und der Mund so..." Würdest du es wieder ruinieren, denn deine Leser haben vermutlich einen ganz anderen Connery abgespeichert.

Die Wahrnehmung von Gesichtern und Personen ist gaaanz streng subjektiv! Da wirken objektive Beschreibungen, die bei Landschaften funktionieren, gar nicht!

 

Gruß,

Marco!

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Wow! Marco, du bist genial. Ich bin wirklich beeindruckt über deine Ausführungen. Du hast mir die Antworten geliefert, die ich gesucht habe.

 

Und im Grund bestätigst du, was ich meinte: Wenn die Merkmale nicht zünden, bleibt dem Leser die Figur zu blass. Und wenn ich einen Berg beschreibe (oder andere bekannte Naturmerkmale), hat jeder einen Berg klar vor Augen, eben weil jeder einen Berg kennt.

 

Danke!

 

Grüße

Quidam

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Und wenn ich einen Berg beschreibe (oder andere bekannte Naturmerkmale), hat jeder einen Berg klar vor Augen, eben weil jeder einen Berg kennt.

Aber jeder kennt auch Menschen. Und Berge gibt es in ebenso vielen Ausprägungen wie menschliche Gesichter: flache, hohe, bewaldete, kahle, schroffe, steile, graue, rote, weiße, gelbliche, steile, sanfte, aus Sandstein, Granit, Geröll usw. Sie wirken auch verschieden auf den Betrachter. Was der eine als lieblich sieht, ist für den anderen bereits eine bedrohliche Mondlandschaft. Oh je, wo führt das hin?

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Hallo Marco,

das war eben die Erleuchtung pur! :-* Genau das meinte ich mit meinen Koppelungen, hatte nur nicht den Background dafür... kommt davon, wenn man am Küchentisch entwirft ;-)

Da kann ich jetzt auch ein Beispiel geben von einer Figur, die meine Testleser besonders plastisch fanden, die ich aber - analog zu Marcos Ausführungen, kaum beschreibe.

Sie wird von allen spaßhaft "Madame Dinde" genannt, Frau Truthahn... und vorgestellt, wie zwei Figuren im Laden sie durch ein Schaufenster sehen.

 

"Die Frau ist zweiundachtzig, und ein Hang zu Altweiberfarben ist in dieser ländlichen Region normal. Aber ihre Garderobe besteht ausschließlich aus Wollstrumpfbraun mit beigen Spitzen oder Trachtenschwarz mit Aufhellungen in Anthrazit.

"Gleich schlägt sie ein Rad!", flüstert Estelle.

Und so wirkt sie tatsächlich. Herausgeputzt mit perlgrauer Schürze, den Busen überbordend vorgereckt, stolziert sie in ihren Truthahnfarben wie das gleichnamige Tier zur Tür herein und wedelt mit einer Hand voll Post."

 

Ich denke, bin mir fast sicher, dass ich im ganzen Buch kein einziges Wort darüber verloren habe, welche Augen- oder Haarfarbe die Frau hat, geschweige denn, welche Frisur oder was für ein Gesicht (obwohl ich selbst das vor mir sehe). Es gibt in allem nur diese Assoziationen zu ihrem Namensgebertier...

 

Dank Marco weiß ich nun, wie ich das mache... merci!

 

Schöne Grüße,

Petra

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Hallo an alle,

 

nur eine Zwischenfrage, weil ich mir wirklich nicht ganz sicher bin: Ist nicht das ausführliche Beschreiben einer Person von Kopf bis Fuß ein Merkmal der Trivialliteratur? Allerdings dürfte dort das Äußere nach ganz bestimmten Topoi geformt sein. Ist nur eine Vermutung, ich weiß es nicht. Aber es würde mich interessieren.

 

Liebe Grüße

Anna

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Und wenn ich einen Berg beschreibe (oder andere bekannte Naturmerkmale)' date=' hat jeder einen Berg klar vor Augen, eben weil jeder einen Berg kennt. [/quote']

Aber jeder kennt auch Menschen. Und Berge gibt es in ebenso vielen Ausprägungen wie menschliche Gesichter: flache, hohe, bewaldete, kahle, schroffe, steile, graue, rote, weiße, gelbliche, steile, sanfte, aus Sandstein, Granit, Geröll usw. Sie wirken auch verschieden auf den Betrachter. Was der eine als lieblich sieht, ist für den anderen bereits eine bedrohliche Mondlandschaft. Oh je, wo führt das hin?

Jeder hat den Prototyp eines Berges im Kopf und jeder hat auch den Prototyp eines Boxers, einer Sexbombe, eines Soldaten im Kopf. Es reicht also gewisse Hinweise zu geben, welchen Prototypen sich der Leser bei dieser Person vorzustellen braucht; bei Menschen müssen die Hinweise etwas spezieller sein als bei einem Berg, außer der Leser ist Gebirgsforscher. Es ist bei diesen Beschreibungen ja wichtiger Anreize, Hinweise und Winke zu geben, wie Figuren aussehen könnten als dem Leser klipp und klar zu sagen, was er sich gefälligst vorzustellen habe.

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Wow!  Marco' date=' du bist genial. [/quote']

 

Quidam hat mir den Satz geklaut, den ich gerade schreiben wollte.

Marco, kann man Dich irgendwie engagieren für solche fabelhaften Erklärungen?

 

@Anna - stimmt! Und mich persönlich würde es verrückt machen, oder ich würde einfach abschalten (wie Marco vorhin schon andeutete) und mir ein eigenes Bild machen, bzw ich hätte rasch ein Bild der Figur im Kopf, das ich mir durch weitere Beschreibungen nicht mehr "durchkreuzen" ließe ;D

 

Deshalb finde ich auch, Quidam, Du hast Dir völlig unnötige Gedanken gemacht - aber ein interessanter thread.

 

Gruß

Jan

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Marco' date=' kann man Dich irgendwie engagieren für solche fabelhaften Erklärungen?[/quote']

???

Aber das habt ihr doch schon...?!

 

::)

 

@Anna

 

Ich kann nicht für Trivialliteratur per se sprechen, wohl aber für die Trivialstliteratur: Die Heftchenromane!

 

Dort dienen Beschreibungen jedoch tatsächlich noch einem anderen Zweck: Der Charaktersierung.

 

Eine Fürstenreihe etwa (Also Liebesromane im Adelsumfeld): Die gute Frau hat ländlich, harmlos, nett auszusehen, aus bürgerlichen bis armen Verhältnissen, oft Dienstmädchen o.ä., meist lange, hell- oder mittelblonde Haare, hübsch bis klassisch schön, eher zierlich, jung aussehend (Vielleicht anfang zwanzig), kann aber gerne schon ein Kind zwischen drei und zehn Jahren haben. (Das ist absolut kein Widerspruch und ist etwa bei Dr. Norden Gang und Gäbe...)

 

Die böse Frau hingegen hat ältlich, rothaarig, meist grünäugig zu sein, etwas verblasst damenhaft, eine Diva, die es sich nicht mehr leisten kann, sich mit schwerem Schmuck behängt, eher kleiner, bis untersetzt, stolz auf ihre frühere Schönheit und krampfhaft versuchend, sie mit viel Schminke zu halten.

 

Diese beiden Frauen kämpfen nun um den plötzlich alleinstehend dastehenden jungen Fürsten, der, natürlich, groß ist, kurze, dunkle Haare hat, stets teuer und adrett gekleidet, Anzüge bis Smoking, muskulös, beschützerhaft, immer selbstsicher und eloquent, talentiert, hat viele Fähigkeiten, von reiten über Fremdsprachen bis hin zum drachenfliegen, dabei immer nett und human, mag kleine Kinder und weiches Kaninchenfell.

 

Der Knackpunkt ist hier die Wiedererkennbarkeit der Figuren: Sie haben, damit die leser Woche für Woche ihr immenses Lesevergnügen wiedererleben, stets gleich auszusehen, sich gleich zu verhalten, und gleiche Konflikte auszutragen, in diesem Falle natürlich:

 

Gute Frau und böse Frau lernen Fürsten kennen, wollen ihn. Gute Frau ist schüchtern und nett, hält sich zurück und striegelt dem Herrn die Pferde, böse Frau schmeißt sich mit dem Charme einer Dampflok an den jungen Mann heran, der ihr kurz verfällt, dann aber in den braunen Rehaugen der guten Frau erkennt, dass nur sie ihn wirklich liebt, die böse Frau in den Wind schießt, und gute Frau und Fürst heiraten.

 

Aufgrund der beständigen Repetition dieser Muster erübrigt sich eine pro Heft individuelle Beschreibung der Charaktere, und es kommt eben nur drauf an, genau diese Charakterschablone zu treffen.

 

Beim Wildwestheftchen ist das ähnlich:

 

Bösewicht: Groß, Drei-Tage Bart, lange, schlanke Finger, eher dunkle Haut, trägt dunkle Klamotten, drahtige Figur, einen Kopf größer als alle anderen, stechende, eisblaue Augen. (Der Bösewicht ist immer blauäugig und mit stechendem Bick!!)

 

Der Gute: Groß, hell gekleidet, ebenfalls einen Kopf größer als alle anderen (Muß ja ebenbürtig sein), hat für gewöhnlich braune, freundliche Augen, eine hellere Haut, ein warmes Auftreten, viel erdfarbenes, ist glatt rasiert und die Frauen finden ihn durch die Bank attraktiv.

 

In Heftchenromanen erkennt man die Funktion einer Figur für gewöhnlich schon am Aussehen, und eben diese Funktion haben die Beschreibungen. Wer in einem Liebesroman etwas dreckig gekleidet ist und einen drei-Tage Bart hat: BÖSEWICHT!!!

 

Also ja, diese genauen Beschreibungen gibt es, sie sind notwendig, erfüllen jedoch meist einen anderen Zweck als den, dass der Leser sich jetzt jemanden vorstellen kann, denn die Charaktere sehen halt immer genau gleich aus.

 

Lieben Gruß,

Marco! :s17

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Ohje.. Marco, dann bin ich definitv der Bösewicht. :s03

 

Jan, überflüssig war das ganze ja nicht. Ich hatte eine Meinung und hätte mich gerne eines Besseren belehren lassen. Nur hat mich quasi jeder in meiner Meinung bestärkt, ausser die, die mich falsch verstanden haben. Und Marco hat das, was ich eben gedacht aber nie ihn Worte hätte fassen können, plausibel dargestellt.

 

Rocker, natürlich gibt es so unterschiedliche Berge wie Menschen. Nur macht es keine Mühe, sich einen berg vorzustellen. man stellt sich einen x-beliebigen vor und schon hat er ein klares Bild. Wohingegen man bei der Figurenbeschreibung Glück (neben dem Können) haben muss, wenn man beim Leser überhaupt ein klares Bild lösen kann! Verstehst du?

 

Ein Beispiel:

 

Ich träumte von seinem Gesicht.

Ich träumte von einem Berg.

 

Gesicht ist so abstrakt, wie der Berg. trotzdem hat man klar einen Berg vor Augen, während das Gesicht nicht ausgefüllt wird. Natürlich gibt es leser, die sich dann irgendein Gesicht vorstellen, aber ich und sicher die meisten bekommen beim Wort 'Gesicht' kein klares Bild. Wohl aber bei dem Wort 'Berg'

 

Grüße

Quidam

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Hallo Quid,

beim Wort "Berg" ist das Bild auch nicht deutlicher ;D. Es gibt sanfte Hügel, Berge mit viel Wiese, Berge mit Wäldern, felsiges Gebirge, schneebedeckte Berge, kahle Berge, bedrohliche Berge, Berge in der Abendsonne ...

Grüße aus dem Voralpenland :)

Anna

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