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Quidam

Figurenblässe

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Für mich ist es ein deutlicheres Bild. Wenn auch ein ungenaues. Aber ich hab einen Berg vor mir.

 

Dann eben anders und noch augenscheinlicher:

 

Er träumte von einer Frau, mit roten Haaren, Stupsnase, Nickelbrille.

Er träumte von einem Löwen.

 

Obwohl der Löwe nur Löwe ist, ist er klarer vor Augen, wie die Frau, obwohl ihr zusätzlich drei Merkmale verpasst wurden.

 

Quid

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Funktioniert leider genauso wenig wie der Berg, Quidam... Erklärung siehe Marco.

Es funktioniert für DICH ganz allein, weil für dich wahrscheinlich alle Löwen gleich aussehen. Aber gib den Satz mal einen Löwenpfleger... Gib deinen Berg einem Förster...

womit wir wieder bei Marcos Hirnerklärungen wären.

Schöne Grüße,

Petra

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Da gebe ich dir recht, Petra!

 

Aber wieviele Löwenpfleger lesen den Text?

Ich behaupte ja auch nicht, dass alle ein klareres Bild haben, aber die meisten eben.

 

Im Grunde kann ich jetzt sagen, dass besagter Testleserin das Aussehen der Figuren so blass vorkam, weil kein bestimmtes Detail ein Bild in ihren Gedanken löste, keinen Anstoß genommen hat. Wohingegen die Landschaftsbeschreibungen, Räume, Gegenstände usw. sie Bilder knüpfen konnte.

 

Ich muss dann halt meine Aussage reviedieren, indem ich sage, dass bei den meisten Leuten Figuren schwerer klar vor Augen zu führen sind, wie Landschaftsbeschreibungen. Oder z.b. Gerüche! Jeder riecht es, wenn ich die Nase einer Figur gegen eine Scheibe Zitrone drücken lasse und kräftig riechen lasse.

Aber Süßkinds Mörder aus dem Parfum würde da sein veto einlegen und sagen: Hey! Kein klarer Geruch! Schließlich hat Zitronengeruch auch soviele Facetten. ;)

 

Quiddy

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beim Wort "Berg" ist das Bild auch nicht deutlicher ;D. Es gibt sanfte Hügel, Berge mit viel Wiese, Berge mit Wäldern, felsiges Gebirge, schneebedeckte Berge, kahle Berge, bedrohliche Berge, Berge in der Abendsonne ...

 

Hallo Anna,

 

kommt sicher darauf an, welche Bedeutung der Berg in der Geschichte (oder im Traum) hatte. Ist es wichtig, dass er kahl ist, ratzekahl? dann reicht "Ich träumte von einem Berg" sicher nicht. Muss es einfach ein Berg sein? dann reicht es natürlich Ich träumte von einem Berg zu sagen.

 

grüße

 

Hans Peter

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Er träumte von einem Löwen.

 

Hey Quiddy!

 

Habe über diese Sache nochmal nachgedacht, weil ich ursprünglich dir Recht gegeben habe, aber Petras Beispiel vom Löwenpfleger wiederum auch eingesehen habe.

 

Vielleicht ist "Löwe", ebenso wie "Berg" an sich tatsächlich ZU allgemein. Sicher, du kannst es schreiben, und vermutlich würde es funktionieren, aber du hast do auch einen bestimmten Löwen im kopf.

 

Ich würde an dieser Stelle tatsächlich mit Adjektiven arbeiten.

 

"Ein zerklüfteter Berg", "Ein idyllischer Berg", "ein verschneiter Berg". Und ebenso würde ich mit dem Löwen hantieren:

"Ein gefährlich aussehender Löwe", "ein friedlich dösender Löwe", "ein zerzauster Löwe", denn dass sind wieder Assoziationen. jeder Bergliebhaber und jeder Durchschnittsautor hat eine andere Vorstellung von zerklüftet, idyllisch und verschneit, und jeder Durchschnittsleser und jeder Löwentrainer hat ein anderes Bild von zerzaust, gefährlich und verdöst. Trotzdem sehen sie alle das gleiche: einen idyllischen Berg und einen zerzausten Löwen.

 

Ähnliches würde auch mit deinem Zitronengeruch funktionieren (nehme ich geruchsblinder Ignorant an): Ein frischer Zitronenduft, ein angenehmer Zitronenduft, ein beißender zitronenduft, ein desinfizierender Zitronenduft, alles das mag in jedem zwar eine andere, aber doch für jeen individuell wieder gleiche reaktion hervorrufen. Selbst für Grenouille. :)

 

Wäre jedenfalls meine Art, das anzugehen: Assoziative Adjektive.

 

Lieben Gruß,

Marco! :s17

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Hallo Marco,

 

ich wollte damit ja auch nicht sagen, dass ich so allgemein bleibe. Ich wollte damit sagen, dass ein allgemeines Bild nicht gleich ein allgemeines Bild ist. Eins ist klarer, das andere eben nicht. Selbst wenn ich das nicht so klare Bild mit Adjektiven schmücke, kann es abstrakter bleiben, wie eben ein allgemeines Bild.

 

Berg. <- jeder stellt sich halt gerade den Berg vor, der ihm gerade in den Sinn kommt.

 

Gesicht. <- viele stellen sich eben KEIN Gesicht vor. Auch wenn es nicht minder abstrakt und allgemein ist, wie der Berg.

 

Banane. <- hier hat der Leser doch defintiv ein Bild! Auch wenn es unterschiedlich aussehende Bananen gibt. Mal grün, mal mit schwarzen flecken, usw.

 

Grüße

Quidam

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Hallo Marco,

 

ich wollte damit ja auch nicht sagen, dass ich so allgemein bleibe. Ich wollte damit sagen, dass ein allgemeines Bild nicht gleich ein allgemeines Bild ist. Eins ist klarer, das andere eben nicht. Selbst wenn ich das nicht so klare Bild mit Adjektiven schmücke, kann es abstrakter bleiben, wie eben ein allgemeines Bild.

 

Berg. <- jeder stellt sich halt gerade den Berg vor, der ihm gerade in den Sinn kommt.

 

Gesicht. <- viele stellen sich eben KEIN Gesicht vor. Auch wenn es nicht minder abstrakt und allgemein ist, wie der Berg.

 

Banane. <- hier hat der Leser doch defintiv ein Bild! Auch wenn es unterschiedlich aussehende Bananen gibt. Mal grün, mal mit schwarzen flecken, usw.

 

Grüße

Quidam

 

 

Ahh..

Okay, da hast du natürlich recht! Obwohl ich dennoch empfehlen würde, etwas einzuschränken und zu präzisieren, aber das weißt du vermutlich selbst.

 

ICH habe übrigens bei 'Gesicht' ein Bild im Kopf.

 

Lustigerweise sogar ein sehr konkretes: Ich habe mal eine Doku gesehen, in der es um Schönheit ging, und dass wir Gesichter, die sich dem Durchschnitt nähern, als hübsch empfinden.

 

Es gab dann ein Bild eines absolut durchschnittlichen (noch dazu haarlosen) Gesichtes, das im Computer entstanden war, und aus den Daten von über zehntausend Einzelgesichtern berechnet worden ist. Und zwar beider Geschlechter.

Ich fand das nicht nur nicht hübsch, sondern eher unangenehm. Es war androgyn, leblos, jeglicher Substanz und Anziehungskraft beraubt und wirkte eher unheimlich. So stelle ich mir eine Halloweenmaske vor.

 

Aber es war eben auch der Prototyp eines 'Gesichts'.

 

Auf jeden Fall habe ich immer, wenn du 'Gesicht' sagst, dieses Bild vor Augen! ;)

 

Lustig, gell?

 

Gruß,

Marco! :s17

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Ja aber eben darum, Marco, weil du mit dem Wort 'Gesicht' jene Gesichter verknüpfst. ;)

 

 

:o ??? :-/

 

Höh?

 

Sach ich doch!

 

War ja nur ne Anekdote. (Weil du meintest, bei 'Gesicht' hat keiner ein konkretes Gesicht vor Augen, und ich sag, naja, ICH hab dann schon eins vor Augen...)

 

Oder wie oder was?!

 

Verwirrt,

Marco! :s17

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Hallo zusammen,

 

Dagegen!!!! :s23 :s23 :s23 :s23 :s23 :s23 :s23

 

Natürlich nehmen die Leser das Bild der Figuren unterschiedlich wahr, aber wenn ein Leser die Figuren als blass bezeichnet, sind damit eben nicht nur die Personenbeschreibungen gemeint.

Ein ganz konkretes Beispiel ist "Effi Briest" von Fontane- obwohl die meisten Leser die Figur mit blonden Haaren beschreiben, gibt es im Roman eine Personenbeschreibung, die auf die braunen Haare der Figur verweist.

Was ist passiert??

Die Charaktereigenschaften, die in einem Roman gezeichnet werden, führen bei dem Leser zu einem bestimmten Bild- das individuell ist, aber auch überindividuelle Elemente (teilw. Klischees) enthält. Bei Fontane paßt beides in "Effi Briest" nicht zusammen.

 

Blasse Figuren sind oft zweidimensional, sie sind mit genauso vielen Charaktereigenschaften und Beziehungen ausgestattet, wie sie für die Bewältigung der Handlung brauchen- das sogenannte "Dan Brown" Syndrom (o.k., ich habe es mir nach kurzer Überlegung ausgedacht).

Und die Personen sind austauschbar, nicht in ihrem Aussehen, aber in ihren Handlungen. Aus Peter kann ein Jan werden, der einen anderen Beruf hat, andere Vorlieben- und der Roman funktioniert trotzdem mit geringen Umarbeitungen.

 

Eine Figur wird aber erst farbig, wenn sie lebendig erscheint, also wenn die Charaktereigenschaften eine Rolle in den Roman spielen, und nicht nur die Handlung voran treiben. Wenn diese Charaktereigenschaften der Figur eine Lebendigkeit geben- wer Lust hat, kann dies z.B. in vielen neuen Büchern beobachtet- bei E. George gibt es um die Krimis eine Rahmenhandlung mit den teilnehmenden Figuren. Bei G.R.R.Martin entwickeln sich die Charaktere langsam in unterschiedliche Richtungen, zeigen nach und nach mehr Facetten- was die Geschichte immer mehr bereichert (oft leider auch überfrachtet).

Manche Autoren verwenden dazu bestimmte Macken der Figuren, oft auch bestimmte Gestiken- die sich erkennbar wiederholen. Thomas Mann fängt z.B. mit ausführlichen Beschreibungen an, reduziert diese aber nach und nach auf einige wenige Charakteristikas.

Andere entwickeln in den Haupthandlungssträngen, in Dialogen und überall eine Art individuellen Umgang von Figuren, etwas persönliches. Dazu kommen bestimmte Wege, wie Probleme angegangen werden, eigene Weltsichten und Ansichten, die überall durchschimmern.

 

Wenn so ausgefeilte Figuren erscheinen, nennt kein Testleser sie blass. Einige nehmen sie kapriziös, übertrieben, manchmal auch überzogen, oder sie meinen die Handlung würde so nicht funktionieren. Und immer wieder kommt die Frage nach Glaubwürdigkeit und ähnliches....

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Hallo zusammen,

 

Dagegen!!!! :s23 :s23 :s23 :s23 :s23 :s23 :s23

 

Hatte mich schon gefragt, wer der erste ist! ;)

 

Ich gebe dir sogar unumwunden Recht, wie vermutlich alle hier.

 

Nur: Es ging eben NICHT um Charaktereigenschaften o.ä., sondern, wie Quidam meinte, um ganz und gar reine äußerliche Beschreibungen...

 

Dass die nicht von dem rest der Figur isoliert ist, ist klar, dennoch gelten für eine reine optische Beschreibung auch eigene Regeln und Möglichkeiten, die von der Restfunktion der Charaktere losgelöst ist!

 

Gruß,

Marco! :s17

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Wenn so ausgefeilte Figuren erscheinen, nennt kein Testleser sie blass. Einige nehmen sie kapriziös, übertrieben, manchmal auch überzogen, oder sie meinen die Handlung würde so nicht funktionieren. Und immer wieder kommt die Frage nach Glaubwürdigkeit und ähnliches....

 

Ich korrigiere, denn hier empfinde ich anders.

 

Ich habe keine einzige Figur von John Irving jemals klar vor Augen gehabt. Nicht eine einzige. Er hat wunderbare, facettenreiche Charaktere, die tiefgründig sind, zerrissen und sich entwickeln, aber rein äußerlich bleiben sie bei mir blasse, langweilige Schemen ohne Konturen, weil er sie für mich nicht passend beschreibt. (Beschreibt er überhaupt?)

 

Erst seit ich die Verfilmungen kenne, kann ich wenigstens einige der Figuren mit Bildern füllen.

 

Ausgefeilt kann also äußerlich sehr wohl blaß bleiben, denn Charakteristika lassen nicht automatisch auf Äußerlichkeiten schließen!

 

Gruß,

Marco!

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Hallo Quidam,

 

eine ganz wichtige Äußerlichkeit ist für mich der Name der Figur. Ich meine hierbei nicht den von Marco angeführten Vergleich 'sieht aus wie...', sondern den ganz persönlichen Namen, den die Figur in der Erzählung erhält. Ich erwische mich jedes Mal beim Lesen, sobald die Figur einen Namen hat, wird sie für mich lebendig, egal wieviel ich bis zu diesem Zeitpunkt über sie schon weiß. Der Autor kann namenlose Figuren noch so gut beschreiben, sie bleiben für mich gespensterhaft. Mit der Namenswahl entstehen in der Regel Assoziationen, die eine Figur restlos ruinieren oder hervorheben können.

Auf der anderen Seite ist für mich die Art und Weise der Dialogführung ein wichtiges, äußeres (ich behaupte das einfach, das es so ist), Merkmal einer Figur. Wortwahl, Sprachstil und Gestik beim Sprechen haben bei meinen Testlesern Figuren lebendiger in Erinnerung bleiben lassen, als jede Beschreibung von Eigenschaften.

Weiterhin versuche ich Figuren irgendwelche Unikate bei ihrer Vorstellung mitzugeben, aber nicht die Augenfarbe, Haarfarbe oder so was, sondern, ähnlich wie bei 'sieht aus wie...', er hat eine John-Lennon-Brille. Damit ist eine Äußerlichkeit exakt beschrieben und es entsteht sofort eine Assoziation zu einem Gesicht, zu einer Person.

 

Viele Grüße Dietmar

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Hallo Dietmar,

 

das mit dem namen ist ein toller Aspekt.

Allerdings ist es ja so, dass jeder unterschiedliche Assoiazionen mit Namen knüpft. Ich finde z.b. Julia, Nadine und auch Caroline ungemein prickelnd. Weil die Frauen, die mir sehr Nahe gekommen sind, eben so hießen.-) Wohingegen ich bei dem namen Jana an eine Furie denken muss. Und wenn eine Oma in einer Geschichte so heißt, hat sie einen schlechten Stand, auch wenn sie liebevoll und eben ne richtige Oma ist.

 

Hallo Thomas,

 

du hast wohl auch nicht genau gelesen. Ich hab ja extra betont, dass diese testleserin die Figuren allgemein als nicht blass angesehen hat, sondern lediglich monierte, dass ich diese Figuren vom Aussehen her nicht so genau gezeichnet habe, wie eben alles andere. Wären sie für die Leserin so blass gewesen, wie hier immer wieder gemeint wird, dann hätte die Leserin wohl keine Charakteristika der Figuren abgeben können. Sie hat alle Namen zuordnen können, hat mir gesagt, wie sie die Figuren empfindet - eben so, wie ich es auch empfunden haben will. Nur eben ein blasses Aussehen.

 

Grüße

Quidam

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:)

 

Hallo,

 

also zu dem Thema fällt mir jetzt ganz allgemein Einiges ein, auch wenn der thread schon tausend Umwege genommen hat, die ich nicht alle mitverfolgt habe.

 

Ich sehe meine Figuren immer sehr klar vor mir. Wie stehen sie da, was machen sie für ein Gesicht, in welchem Tonfall reden sie etc. Dann bewege ich mich von außen nach innen: am wichtigsten sind äußere Merkmale, die Aufschlüsse über Wesen und Empfindungen einer Figur geben. Den Berg, welchen ihr vor euch seht, beschreibt ihr doch auch nicht bis ins letzte Detail: wie hoch, wie breit, Fauna, Flora etc. Das wäre ein Reiseführer. Man muss sich auf das Wesentliche konzentrieren.

Ich versuche, im Alltag Menschen genau zu beobachten und mir allmählich ein Bild von ihnen zu machen. Meiner Meinung nach kann Äußeres und Inneres schon zusammenhängen. Hat jemand Lachfalten oder mißmutig verzogene Mundwinkel? Hält er sich aufrecht oder krümmt er sich die meiste Zeit? Auch Kleidung und Frisur sagen etwas über einen Menschen aus.

Oft beschreibt man eine Figur aus der Perspektive einer anderen. Dann kommt es mir darauf an, was dieser bestimmten Figur ins Auge sticht.

"Sie war die schönste Frau, die er je gesehen hatte" ist reichlich abgedroschen. Was findet er an der Frau schön und warum? So kann man gleichzeitig den Charakter des Beobachters deutlicher machen.

 

Davon abgesehen würde ich mich von der Kritik einer einzelnen Person auch nicht verrückt machen lassen. Pertra hatte Recht: erst, wenn mehrere Leute so etwas sagen, ist es vielleicht relevant. Oder man erkennt selbst, dass die Kritik treffend ist. Dann sollte man daran arbeiten, einfach, um für sich selbst besser zu werden.

 

Ich weiss nicht, ob das irgendjemand weiterhilft, aber es ist meine Meinung zu diesem Thema.

 

Celia

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Hallo Celia,

 

ein sehr interessanter Beitrag. Verräterische Merkmale. Eine meiner Figuren hat eine Narbe über der Augenbraue, eine andere Brandmale an Hals und Brust. usw. Und all diese Dnge haben natürlich eine Geschichte.

Noch besser sind Merkmale, die nicht so augenscheinlich sind - und trotzdem verraten. Lachfalten, gebückte Haltung, kaputte Zehen (Ballett) usw.

 

Übrigens lasse ich mich von einer Kritik sicher nicht verrückt machen. Aber ich nehme jede Kritik ernst. Will verstehen, was der Kritiker monierte - und entscheide, ob es die Geschichte verbessern würde, würde ich die Kritik umsetzen.

 

Grüße

Quidam

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(SiskianHerbstblatt)

Hallo Quidam!

 

Tja, warum wirken Figuren blass, während sich andere Bilder glasklar vor dem Auge auftauchen?

Dazu habe ich zwei Theorien:

1) Letzteres ist - wie Marco/Huutini schon sagte - tatsächlich ein Abbild von Bildern, die man schon einmal gesehen hat. Warum also klappt dies nicht bei Menschen? Ich glaube, das ist eine Leistung (?) unseres Gehirn. Wir sehen eigentlich tagtäglich so viele Menschen, das der Informationspool schlichtweg überfluten würde, würden die ganzen Bilder nicht im Abfluß der Erinnerung untergehen. Und weil dieser Pool trotzdem groß genug ist, um viele Menschen/Bilder in sich aufzunehmen, kommt es zu einer Übersättigung, so das man eben das Umfeld doch nicht richtig aufnimmt, sondern nur Fragmente. Darum wirken Figuren blass.

 

Nun kommt natürlich das Aufbegehren und die Proteste vieler User hier, die sagen: Moment, Siskian, Bäume sehen wir auch tagtäglich! Warum also haben wir bei der Beschreibung: "Ein Baum spendete Schatten" das Bild eines Baumes vor uns?

Auch dies schreibe ich der Leistung unseres Gehirns zu: wir sehen zwar die Bäume, aber erfassen wir sie auch? Wenn ja, dann höchstwahrscheinlich nur für einen so kurzen Moment, das es vom Ultrakurzzeitgedächtnis schnell wieder vor die Tür gekehrt wird. Eben auch, weil es etwas Altbekanntes ist.

Von daher kramen wir ein Bild hervor von einem Baum, den wir intensiver in Erinnerung haben.

Und damit kommt auch schon Theorie Nummer

 

2) Wir Menschen sind nicht in der Lage, Bilder in Teilen zu sehen; wir erfassen alles immer ganz, als ein vollständiges Bild, und es ist m.E. schwierig, sich ein Gesicht vorzustellen, das umrahmt ist vom rotem, schulterlangen Haar, das tiefblaue Augen in sich birgt, gefolgt von einer Stupsnase und Sommersprossen.

Warum es schwierig ist? Weil unser Hirn nicht in der Lage ist, alles das zu einem vollständigen Bild zusammenzusetzen!

Ich kann sagen: Enten schwammen auf einem Teich. Das Bild sehen wir vor uns.

Schreibe ich nun: Ein Radfahrer fuhr vorbei, sehen wir NUR NOCH den Radfahrer, aber nicht mehr die schwimmenden Quaks-Quaks auf dem Teich. ;D

 

Ich hoffe, ich war jetzt nicht zu wissenschaftlich nüchtern

 

LG

 

Siskian

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Hallo Quidam!

Nun habe ich mich durch den gesamten Thread gelesen und dabei einige Erkenntnisse gewonnen. Wirklich beeindruckt hat mich, wie die meisten, Marcos Erklärung. Das leuchtete mir sofort ein. Denn in Gedanken habe ich abgeglichen, was in meinem Hirn abläuft, z.B., weshalb ich Probleme habe, Menschen wiederzuerkennen, Namen mir aber merken kann.

Es liegt wohl daran, dass ich mir weniger als fünf Merkmale einpräge: alt, jung, Mann, Frau im schlimmsten Falle. Mehr überfordert mich schnell - mein Pech, wenn ich mal wieder scheinbar Fremde auf der Straße zurückgrüßen muss.

Dazu kommt mir dann aber folgender Gedanke:

Anfangs schriebst du etwas von Wolkenbergen. Ich hatte sofort ein klares Bild vor Augen. Das eine Wort reichte. Um jedoch einen konkreten Wolkenberg zu beschreiben, bedarf es mehrerer Absätze. Ein Gesicht schließlich hat so viele Merkmale, dass man ein gesamtes Buch über ein einziges Gesicht schreiben könnte. Also muss man auswählen, was markant ist, wobei wir wieder bei Marcos Erklärung wären. Die entscheidenden 5 Merkmale, die dann aber so geschickt gewählt sein sollten, dass nicht nur der Schreiber selbst eine Vorstellung davon hat.

(Spitzes Kinn mit roten Haaren, Stupsnase etc. - da kenne ich keine Vergleichsperson, also bleibt die Figur blass.) Stämmiges Mopsgesicht, freundliche Miene, Brille und helle Haut - den Fritzen kenne ich persönlich, also kann ich die Beschreibung einordnen.

Das Problem ist nun, die individuellen Merkmale herauszufiltern, die möglichst viele Leser ansprechen. - Hängt sicher ab vom Kulturkreis.

Abgesehen davon hat es noch nie zwei völlig gleich aussehende Menschen gegeben, seit Anbeginn der Zeit vermutlich. Darum gebe ich bei Beschreibungen vielleicht innerlich schnell auf. Ich weiß, die Mühe lohnt sich nicht, um ein wirklich exaktes Bild vor mein inneres Auge zu projizieren. Weshalb also sich durch ellenlange Absätze hindurchlesen, die, wie oben angemerkt, ja auch die Informationen nacheinander liefern, während unsere Hirne darauf programmiert sind, sämtliche Informationen eines Bildes gleichzeitig zu verarbeiten?

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich kenne dein Problem und hätte gerne auch plastischere Figuren - wobei ich gestehen muss, dass meine Protas - männlich wie weiblich - immer >ansehnlich< sein müssen, weil es mir mehr Spaß macht, von schönen Helden zu schreiben. Und da noch wieder individuelle Züge zu beschreiben, die den einen vom nächsten unterscheiden - oha! Ich fürchte, da fühle ich mich - noch - überfordert.

Trotzdem lohnt es sich, daran zu arbeiten - eine Annäherung ans Ziel in Millimeterschrittchen.

Gruß, Gefion - Claudia  - assoziiere bei diesen beiden Namen mal die Urheberin! Da kommt auch was sehr unterschiedliches heraus, insofern stimme ich zu: Namen besagen für mich sehr, sehr viel.  

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