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GerdH

Ungewöhnliche (?) Stilmittel im neuen Dupont-Krimi

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Ich lese im Augenblick Bannalecs neuesten Bretagne-Krimi "Bretonische Geheimnisse" (sorry, es muss natürlich nicht Dupont, sondern Dupin heißen:); gefällt mir übrigens viel besser als die Vorgänger, kein Wunder, er hat diesmal die Artus-Sage als Hintergrund ) und stoße dabei auf zwei Stilmittel, die mir, in dieser Häufung, bisher nicht begegnet sind. Vielleicht ist das ja auch nur ein subjektiver Eindruck, trotzdem die Frage, was ihr davon haltet:

 

 

1. eine Aneinanderhäufung von unvollständigen Sätzen, die ich normalerweise mit Komma, Semikolon oder Doppelpunkt abschließen würde, wie etwa in diesem von mir grammatikalisch nachkonstruierten Beispiel (Originalzitate aus dem Buch möchte ich aus rechtlichen Gründen hier nicht veröffentlichen):

 

Er raste mit seinem klapprigen Peugeot durch den Wald. Dem er möglichst schnell wieder entkommen wollte. Weil er Angst hatte, dort ebenfalls verrückt zu werden.

 

 

Überwiegend wirken diese Sprachkonstruktionen auf mich als Lesebremse, irgendwie sperrig, ich frage mich, weshalb er das in dieser Häufung macht.

 

2. Positiver wirkt auf mich, wie er wörtliche Reden formuliert, nämlich meist nicht mit eingeschobenen Redebegleitsätzen nach dem Muster "...", sagte er, "..."

 

 

Sondern durch inhaltlich kommentierende Einschübe, die trotzdem verdeutlichen, wer spricht. Noch ein nachkonstruiertes Beispiel:

 

 

"Die Schatten in Indonesien werden viel positiver wahrgenommen als bei uns. Ja, man spielt in den Aufführungen sogar die Segnungen der Ahnen herbei. Dabei können die Dalang, also die Schattenspieler", Paasche, das wandelnde Schattenspiel-Archiv, "sogar in Ekstase geraten …"

 

 

So zu schreiben finde ich eine interessante Variante, weil man leicht aus stereotypen Konstruktionen herauskommt.

 

 

Was meint ihr, fragt Gerd

Bearbeitet von GerdH
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Hallo Gerd

 

Ich habe nur einen Bannalec gelesen und kann mich an diese Stilmittel gar nicht erinnern. Vielleicht macht er das ja auch erst bei den späteren Romanen ... anyway.

 

Beim ersten Punkt vermute ich, dass er dem Text durch das Abgehackte mehr Drive geben will. Die Situation soll dadurch vermutlich etwas Atemloses erhalten. So nach dem Motto: Achtung, jetzt wird's wichtig/spannend.

Ich müsste das meiner Lektorin aber schon arg gut verkaufen, damit ich damit durchkäme. Aber wer einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat, der kann im Grunde schreiben, was er möchte, weil das dann immer als gewollt und persönliches Stilmittel gewertet wird. ;)

 

Den zweiten Punkt finde ich interessant. Vor allem, weil man dadurch diese meist schwerfälligen Begleitsätze eliminieren kann. Meiner Meinung nach müssen sich aber bei so einem Vorgehen die Sprecher gut kennen, sonst wären diese Einschübe lediglich Vermutungen. Und was ist, wenn mehrere Personen sprechen? Gibt es von so einer Situation auch ein Beispiel? Nichtsdestotrotz ein interessanter Kniff.

 

Gruss

Margot

 

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Ich müsste das meiner Lektorin aber schon arg gut verkaufen, damit ich damit durchkäme. Aber wer einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat, der kann im Grunde schreiben, was er möchte, weil das dann immer als gewollt und persönliches Stilmittel gewertet wird. ;)

 

Ja, genau das Gefühl habe ich auch, er kann sich das leisten. Ich habe die ganze Serie gelesen, aber aufgefallen ist mir das jetzt zum ersten Mal. Ich habe ja noch etwa 100 Seiten vor mir und werde mal schauen, ob ich noch Belege für deine These (bezüglich Drive) oder Beispiele für komplexere Konstruktionen an wörtlicher Rede finde. Was ich jetzt schon sagen kann: Bannalec schreibt sehr kommentierend, für meinen Geschmack manchmal etwas zu viel.

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Sobald einem Stilmittel bewusst auffallen und sie aus dem Lesefluss reißen, haben sie ihre Wirkung verfehlt. Sie sollen ja gerade dazu dienen, das Kopfkino am Laufen zu halten. 

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Sobald einem Stilmittel bewusst auffallen und sie aus dem Lesefluss reißen, haben sie ihre Wirkung verfehlt. Sie sollen ja gerade dazu dienen, das Kopfkino am Laufen zu halten.

 

Danke, Melanie, dass du es noch einmal so auf den Punkt bringst. Denn - jedenfalls mir - geht es beim Lesen so, dass ich mehr über die Stilistik nachdenke als über den Inhalt. Und das ist natürlich gerade dann besonders schade, wenn man als Autor auf die wunderbare Idee gekommen ist, die Magie der Artussage als Krimihintergrund zu nehmen. Denn viel Magie bleibt nicht mehr übrig, wenn man ständig dazu gebracht wird, über den Schreibstil nachzudenken.

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Denn viel Magie bleibt nicht mehr übrig, wenn man ständig dazu gebracht wird, über den Schreibstil nachzudenken.

 

 

Dabei muss man natürlich unterscheiden, dass wir ganz anders lesen, als "normale" Lesenden. Ein Buch wird ja fürs Publikum geschrieben und nicht für die Kollegen/-innen. ;)

Bearbeitet von Margot
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Denn viel Magie bleibt nicht mehr übrig, wenn man ständig dazu gebracht wird, über den Schreibstil nachzudenken.

 

 

Dabei muss man natürlich unterscheiden, dass wir ganz anders lesen, als "normale" Lesenden. Ein Buch wird ja fürs Publikum geschrieben und nicht für die Kollegen/-innen. ;)

 

 

Kollegen mögen das zwar eher bemerken als der gewöhnliche Leser, aber wenn die Stilmittel richtig gut eingesetzt sind, bleibt auch beim Kollegen das Kopfkino an und man merkt es nicht. Insofern scheint es da dann ja schon eine Nuancen-Änderung gegeben zu haben, wenn es erst jetzt auffällt, aber in den vorherigen Bänden nicht.

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Ich reagiere immer ein wenig allergisch, wenn ich bei einem Buch das Gefühl habe, dass jemand seine Geschichte künstlich durch tolle Worte oder verschachtelte/sperrige Sätze aufblähen will. Sprache sollte so einfach lesbar wie irgendwie möglich daherkommen, finde ich (das spricht nicht gegen Eleganz und Eloquenz, im Gegenteil). Wenn die Geschichte, die Figuren und die Atmosphäre nicht ausreichen, um jemanden zu fesseln, können komplizierte oder komische Sätze das auch nicht - höchstens bei Lesenden, die in Wortspielereien verliebt sind. Aber auch das kann man auf sehr elegante Weise tun (Judith Merkle Riley und Terry Pratchett verzaubern mich mit ihren Satzkonstruktionen und dem trockenen Humor darin bei jedem Lesen aufs Neue), die zum Inhalt passt und einen höchstens innehalten lässt, um beglückt aufzulachen, aber nicht, weil man sich fragt, welcher Stil hier verwendet werden soll und was zur Hölle der Autor oder die Autorin mir damit sagen will.

 

Ich bin gegenüber "komischem" Stil und flachen Storys im Lauf der Jahre weniger nachgiebig geworden ... mit so was verprellt man mich inzwischen sehr schnell. Warum soll ich ein Buch lesen, dessen Autor nicht alles gegeben hat, um mir beim Lesen vergnügliche, intensive, emotionale oder nachdenkliche Stunden zu ermöglichen, sondern der stattdessen zu wollen scheint, dass ich ihn für seine tollen Sätze bewundere (oder der vorhersehbaren, platten Story so folge, als ob sie mich zu fesseln in vermöchte)?

Bearbeitet von Hanna Aden
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Bei den von dir genannten Beispielen finde ich vor allem bei den ersten schade, dass sie nicht zitiert werden. Mitunter, ganz selten, können Leute ihre scheinbar seltsamen Sätze auf eine Weise miteinander verknüpfen und zusammenfügen, dass sie einen ganz eigenen Rhythmus und Sog entwickeln. Mir hat mal jemand geraten, Dostojewski in einer neuen Übersetzung auf diese Weise zu lesen, und das war wirklich eine interessante Erfahrung. Manchmal kann man zwischen den Sätzen tatsächlich so etwas wie Musik hören.

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Ich reagiere immer ein wenig allergisch, wenn ich bei einem Buch das Gefühl habe, dass jemand seine Geschichte künstlich durch tolle Worte oder verschachtelte/sperrige Sätze aufblähen will. Sprache sollte so einfach lesbar wie irgendwie möglich daherkommen, finde ich (das spricht nicht gegen Eleganz und Eloquenz, im Gegenteil). Wenn die Geschichte, die Figuren und die Atmosphäre nicht ausreichen, um jemanden zu fesseln, können komplizierte oder komische Sätze das auch nicht - höchstens bei Lesenden, die in Wortspielereien verliebt sind. Aber auch das kann man auf sehr elegante Weise tun (Judith Merkle Riley und Terry Pratchett verzaubern mich mit ihren Satzkonstruktionen und dem trockenen Humor darin bei jedem Lesen aufs Neue), die zum Inhalt passt und einen höchstens innehalten lässt, um beglückt aufzulachen, aber nicht, weil man sich fragt, welcher Stil hier verwendet werden soll und was zur Hölle der Autor oder die Autorin mir damit sagen will.

 

Ich bin gegenüber "komischem" Stil und flachen Storys im Lauf der Jahre weniger nachgiebig geworden ... mit so was verprellt man mich inzwischen sehr schnell. Warum soll ich ein Buch lesen, dessen Autor nicht alles gegeben hat, um mir beim Lesen vergnügliche, intensive, emotionale oder nachdenkliche Stunden zu ermöglichen, sondern der stattdessen zu wollen scheint, dass ich ihn für seine tollen Sätze bewundere (oder der vorhersehbaren, platten Story so folge, als ob sie mich zu fesseln in vermöchte)?

@Hanna: Like.

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Bei den von dir genannten Beispielen finde ich vor allem bei den ersten schade, dass sie nicht zitiert werden.

 

Genau diesen Gedanken hatte ich auch. Auch im öffentlichen Teil spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, wenn man einzelne Beispielsätze zitiert und dabei kenntlich macht. Du hast den Autor und das Buch ja genannt, Gerd.

 

Das 1. Stilmittel finde ich sporadisch eingesetzt spannend, wenn z.B. eine Panik-Situation herrscht, in der das Gehirn des Protagonisten nur eingeschränkt funktioniert und ich genau das mit dem abgehackten Stil ausdrücken will. Sowas verbraucht sich natürlich schnell, wenn es zu gehäuft vorkommt (sowohl die Panik-Situation, als auch das Stilmittel).

 

Das 2. Stilmittel finde ich verwirrend, aber vielleicht liegt es am Beispiel. Da hätte ich mir wirklich ein oder zwei Original-Zitate gewünscht. Was verstehst du unter "stereotype Satzkonstruktionen"? Ich finde, die deutsche Sprache bietet mir eine solche Fülle an Möglichkeiten zur Satzkonstruktion, dass ich mit dem normalen Repertoire unglaublich vielfältig schreiben kann, wenn ich die alle ausschöpfe. Dafür brauche ich keine künstlichen Stilmittel.

Bearbeitet von AndreaRings
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Ich las die Zitate. Wollte nicht noch mehr davon lesen. Werde das Buch deshalb nicht kaufen. Weil sie bemüht klangen. 

Bearbeitet von DirkH

Sagt Abraham zu Bebraham: Kann ich mal dein Cebraham?

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Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass man aufgrund der von mir konstruierten Beispiele den Schreibstil des Romanes natürlich nicht beurteilen kann. Andererseits: Es geht ja nicht nur um einzelne Passagen (die könnte man hier sicher zitieren), sondern dieser Schreibstil zieht sich durch den ganzen Roman. Das ist für mich fremd. Wenn ich so schreiben würde, vermute ich ähnliche Reaktionen von Lektoren, wie Margot das in ihrem Beitrag schildert.

 

Aber natürlich will ich Herrn Bannalec auch nicht Unrecht tun. Denn als Verleger des S. Fischer Verlages, der sich anscheinend hinter seinem Pseudonym verbirgt, kennt er sein Metier mit Sicherheit.

 

Wen das Buch interessiert, der kann sich einfach mal die Leseprobe ("Blick ins Buch" bei Amazon) anschauen: https://www.amazon.de/Bretonische-Geheimnisse-Kommissar-siebter-ermittelt/dp/3462052012/ref=pd_lpo_sbs_14_t_0/257-0641431-9533236?_encoding=UTF8&psc=1&refRID=6PFGSSXZ9N4JKNB3D90S

 

Wie auch immer: eine spannende Auseinandersetzung mit einem Schreibstil, der so für mich neu ist. Was nichts heißen will … :) Aber mich zum Nachdenken anregt, ob ich mich davon anregen lassen möchte.

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Die Leseprobe hatte ich gestern Abend schon gelesen, weil die Diskussion mich neugierig gemacht hatte.

Erst nach ca. zehn Seiten fiel mir dieser Stil auf. Bis dahin las er sich flüssig. Eine der Stellen, die mir aufgefallen sind, lautet so:

 

Zitat:"Rechts eine Treppe; links ein sehr schmaler Flur, dann  drei Stufen und eine Tür, die ebenfalls offen stand."

Hier fehlt das Verb/fehlen die Verben!

 

Davor ein Beispiel, das ich als Beschreibung recht gelungen fand:

Zitat: "Wenig später stand Dupin vor dem alten Manoir. Rötlicher Schiefer, große elegante Blöcke, mächtig aufragend, ein spitzes dunkelgraues Dach. Kompakt gebaut. Sodass es beinahe etwas Turmartiges besaß."

 

Den erklärenden Absatz mit der Butter schreibt er dann wieder "ganz normal". 

 

Dieser Stil erzeugt in sich eine Spannung, die mich beim Lesen fortreißt. Das habe ich auch schon anderswo gesehen. Ein bestimmter Autor, von dem ich einige Bücher gelesen hatte, schrieb auch so kurze Sätze. Ich weiß nur noch, dass es nach längerer Pause manchmal schwierig war, wieder in die Stakkato-Sätze hineinzukommen.

 

Das Artus-Thema ist interessant. Die Bretagne-Bücher sehe ich immer dort, wo es Bücher gibt, sie scheinen also sehr beliebt zu sein.

Bearbeitet von Christa
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Die Leseprobe hatte ich gestern Abend schon gelesen, weil die Diskussion mich neugierig gemacht hatte.

Erst nach ca. zehn Seiten fiel mir dieser Stil auf. Bis dahin las er sich flüssig. Eine der Stellen, die mir aufgefallen sind, lautet so:

 

Zitat:"Rechts eine Treppe; links ein sehr schmaler Flur, dann  drei Stufen und eine Tür, die ebenfalls offen stand."

Hier fehlt das Verb/fehlen die Verben!

 

Davor ein Beispiel, das ich als Beschreibung recht gelungen fand:

Zitat: "Wenig später stand Dupin vor dem alten Manoir. Rötlicher Schiefer, große elegante Blöcke, mächtig aufragend, ein spitzes dunkelgraues Dach. Kompakt gebaut. Sodass es beinahe etwas Turmartiges besaß."

 

Den erklärenden Absatz mit der Butter schreibt er dann wieder "ganz normal". 

 

Dieser Stil erzeugt in sich eine Spannung, die mich beim Lesen fortreißt. Das habe ich auch schon anderswo gesehen. Ein bestimmter Autor, von dem ich einige Bücher gelesen hatte, schrieb auch so kurze Sätze. Ich weiß nur noch, dass es nach längerer Pause manchmal schwierig war, wieder in die Stakkato-Sätze hineinzukommen.

 

Das Artus-Thema ist interessant. Die Bretagne-Bücher sehe ich immer dort, wo es Bücher gibt, sie scheinen also sehr beliebt zu sein

 

Danke für die Beispielsätze, Christa!

So ungewöhnlich finde ich den Stil gar nicht. Manchmal mache ich das auch, v.a. bei Beschreibungen: einfach den Blick zu schwenken und aufzuzählen, was meine Person sieht. Ohne Verben. Da hat sich auch noch nie jemand beschwert ;-)

Auch, das auf Inquit-Formeln verzichtet wird und stattdessen eine Handlung der redenden Person aufgeführt wird, finde ich nicht ungewöhnlich.

Zwischen die wörtliche Rede einer Figur die Gedanken einer anderen Figur zu setzen, finde ich schon schwieriger, da unklar sein könnte, wer gerade redet bzw. denkt/kommentiert. Aber durch die grafische Gestaltung wäre auch das zu lösen und ich bin mir sicher, dass ich auch das bereits gelesen habe.

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Danke, Christa, für die Originalzitate. Ich finde, genau wie Ulrike, die stilistischen Mittel hier völlig gängig. Ein bisschen schaudert es mich, wenn schon so was angeblich in einigen Lektoraten schwer durchzukriegen sein soll. Ich hatte bisher mit diesen und ähnlichen Stilmitteln noch nie Probleme. Im Gegenteil.

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Danke, Christa, für die Originalzitate. Ich finde, genau wie Ulrike, die stilistischen Mittel hier völlig gängig. Ein bisschen schaudert es mich, wenn schon so was angeblich in einigen Lektoraten schwer durchzukriegen sein soll. Ich hatte bisher mit diesen und ähnlichen Stilmitteln noch nie Probleme. Im Gegenteil.

 

Der Stil in der Leseprobe zeigt sich ja durchgängig so. Da müsste ein Lektor, eine Lektorin das ganze Buch umschreiben.

Manchmal fand ich es störend, wenn ein Buch normal geschrieben ist und diese Stilmittel unvermittelt und vereinzelt auftauchen.

Mal sehen, ob ich ein Beispiel konstruieren kann.

 

Nachdem er in der Dunkelheit den Fluss durchquert hatte, sah er am Horizont den Mond aufgehen. Groß. Rot.

 

Oder: Sie hatte sich sehr über ihren Mann aufgeregt, von dem sie immer den Eindruck hatte, er wolle sie niedermachen. Erbarmungslos. Tückisch.

 

Ob man Lektoren erst von solchen Stilmitteln überzeugen muss, weiß ich nicht. Bisher wurden mir nur Dinge gestrichen, die nicht üblich seien wie ein Brötchen, das kracht, oder eine Sprudelkiste (kennt man in Berlin nicht ;) ).

 

Ich habe auch noch ein Zitat rausgeschrieben, das die wechselnde Perspektive während eines Dialoges demonstriert - werde ich an einem späteren Zeitpunkt hier zitieren, wenn es explizit darum geht.

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Danke für deine Originalbeispiele in #14, Christa. Nach einem kurzen Blick in die Leseprobe brach ich ab, werde jetzt aber doch mal weiterlesen. (Dupin & Co. sind ja durchaus mein Ding.)

Bearbeitet von Ramona

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Die Leseprobe hatte ich gestern Abend schon gelesen, weil die Diskussion mich neugierig gemacht hatte.

Erst nach ca. zehn Seiten fiel mir dieser Stil auf. Bis dahin las er sich flüssig. Eine der Stellen, die mir aufgefallen sind, lautet so:

 

Zitat:"Rechts eine Treppe; links ein sehr schmaler Flur, dann  drei Stufen und eine Tür, die ebenfalls offen stand."

Hier fehlt das Verb/fehlen die Verben!

 

Davor ein Beispiel, das ich als Beschreibung recht gelungen fand:

Zitat: "Wenig später stand Dupin vor dem alten Manoir. Rötlicher Schiefer, große elegante Blöcke, mächtig aufragend, ein spitzes dunkelgraues Dach. Kompakt gebaut. Sodass es beinahe etwas Turmartiges besaß."

 

Den erklärenden Absatz mit der Butter schreibt er dann wieder "ganz normal". 

 

Dieser Stil erzeugt in sich eine Spannung, die mich beim Lesen fortreißt. Das habe ich auch schon anderswo gesehen. Ein bestimmter Autor, von dem ich einige Bücher gelesen hatte, schrieb auch so kurze Sätze. Ich weiß nur noch, dass es nach längerer Pause manchmal schwierig war, wieder in die Stakkato-Sätze hineinzukommen.

 

Das Artus-Thema ist interessant. Die Bretagne-Bücher sehe ich immer dort, wo es Bücher gibt, sie scheinen also sehr beliebt zu sein

 

 

Auch, das auf Inquit-Formeln verzichtet wird und stattdessen eine Handlung der redenden Person aufgeführt wird, finde ich nicht ungewöhnlich.

Zwischen die wörtliche Rede einer Figur die Gedanken einer anderen Figur zu setzen, finde ich schon schwieriger, da unklar sein könnte, wer gerade redet bzw. denkt/kommentiert. Aber durch die grafische Gestaltung wäre auch das zu lösen und ich bin mir sicher, dass ich auch das bereits gelesen habe.

 

Ach, da ist es ja. Also bringe ich das Beispiel von Dupin:

 

"Chretien nahm die  Berichte aus der Historie auf", Riwal hatte das Wort Berichte deutlich betont, "ebenso aber uralte keltische Erzählungen. Die mündlichen überlieferten Geschichten von Artus und seiner Tafelrunde. Und sie liegen", Dupin wusste bedauerlicherweise, was folgen würde, "seit zwei Wochen auf Ihrem Schreibtisch, Chef."

 

Klingt schon nicht unelegant.

 

@Ramona: Es muss seine Gründe haben, warum ich bisher das Buch und andere nicht gekauft und gelesen habe. Bei der Leseprobe bin ich immer wieder dabei, Absätze zu überfliegen. Irgendwie reißt es in den Strudel rein, vertieft aber nichts. Die dazwischengeschobenen erklärerischen Ansätze sind wie feste Inseln in diesem Strom, aber wirken dann auch wieder fast wissenschaftlich. Ein wirklich interessanter Mix, aber ich weiß noch nicht, ob ich das über 300 oder 400 Seiten durchhalten möchte. Mal sehen. ;)

Bearbeitet von Christa
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Ich habe jetzt mal nachgesehen, im "Hortensiensommer" mache ich das auch.  Aufgrund des Zusammenhangs weiß man, dass der erste Sprecher hier Philipp ist, der mit Robert, seinem neuen Kollegen, redet. Der Text ist in der 1. Person aus der Sicht von Philipp geschrieben.

 

"Du weißt doch, warum ich noch Würzburg gezogen bin."

"Weil dein Vertrag in Berlin nicht verlängert wurde und du hier mehr Geld kriegst? Vergiss es, das habe ich keine Sekunde geglaubt."

Dabei war es nur halb gelogen, ich verdiente hier wirklich mehr Geld.

"Meine Freundin meint ja, dass du im Zeugenschutzprogramm bist. Da werden die Leute doch auch immer in die langweilige Provinz geschickt. ..."

 

Ich habe noch nie Klagen gehört, dass das nicht verständlich wäre. Philipp kommentiert hier in Gedanken Roberts Aussagen.

Im Lektorat wollten sie mir im Allgemeinen mehr Inquit-Formeln in den Text schreiben, ob das hier auch der Fall war, weiß ich nicht mehr. Ich habe es nur dann übernommen, wenn es unklar war, wer spricht.

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Hallo,

 

diese unvollständigen Sätze sind nicht nur ein Stilmittel, sondern auch eine Beispiel für Moden. Früher war sowas eher verpönt, nur in Groschenheften gestattet. Heute sind jüngere Leser schnelle Schnitte gewöhnt, da passt es dann. Und wird in Krimis viel gebraucht, wenn etwas unvorhergesehenes kommt oder das Tempo sich verschärft.

 

Wie jedes Stilmittel muss es auch passen und die Dosis macht es zum Gift, wenn mans übertreibt. Die Zitate von Bannalec - danke Christa - da passt es, soweit ich das beurteilen kann.

 

Herzliche Grüße, Hans Peter

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Hallo,

 

diese unvollständigen Sätze sind nicht nur ein Stilmittel, sondern auch eine Beispiel für Moden. Früher war sowas eher verpönt, nur in Groschenheften gestattet. Heute sind jüngere Leser schnelle Schnitte gewöhnt, da passt es dann. Und wird in Krimis viel gebraucht, wenn etwas unvorhergesehenes kommt oder das Tempo sich verschärft.

 

Wie jedes Stilmittel muss es auch passen und die Dosis macht es zum Gift, wenn mans übertreibt. Die Zitate von Bannalec - danke Christa - da passt es, soweit ich das beurteilen kann.

 

Genau. Ein bisschen was kann man davon auch lernen, ohne in einen Groschenromanstil zu verfallen, denke ich. Gestern Abend bin ich mal meinen gegenwärtigen Romananfang durchgegangen und habe einige überflüssige "sagte er" und "meinte sie" gestrichen. Man kann das auch durch Gesten ersetzen, um zu wissen, wer spricht (oder einen Gedanken des Gesprächspartners einschieben wie Ulrike). Wobei mir von Bannalec ein eher negatives Beispiel im Kopf geblieben ist: "(…) gab den Clown", nachdem derjenige gesprochen hatte. Insofern negativ, als es den Satz davor nur erklärt.

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diese unvollständigen Sätze sind nicht nur ein Stilmittel, sondern auch eine Beispiel für Moden. ... Heute sind jüngere Leser schnelle Schnitte gewöhnt, da passt es dann.

Ich habe den Roman nun zu Ende gelesen und finde, dass Hans Peters Bild von den "schnellen Schnitten" die Sache schon ziemlich gut trifft; so sind ja auch viele Video-Clips montiert, jede Sekunde ein harter Schnitt. Ich bin jedenfalls froh, dass ich nun wieder ein Buch mit etwas weniger Staccato-Stil lese, ich genieße das nach dem Dupin-Roman richtig. Übrigens hatte ich auch inhaltlich so meine Probleme, bei der Konzeption erinnert viel zu viel an die Donna Leon Romane; eine kommerziell offensichtlich erfolgreiche Herangehensweise, wenn man sich die Bestsellerlisten anschaut.

 

 

Herzlichen Dank jedenfalls für diese interessante Diskussion, die mich in meinem eigenen Schreiben voran gebracht hat!

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